Mit einer leichten Verspätung betrat Legat Macer das Auditorium der Academia und ließ einen Blick über die anwesenden Studentzen gleiten. Er kannte sie alle aus dem letzten Cursus, ihr Wissensdurst war offensichtlich noch nicht gestillt.
Sein Adjutant hatte bereits die Anwesenheit überprüft und reichte ihm die Liste, auf die er nur einen kurzen Blick warf, bevor er das Wort ergriff.
"Ich bitte Sie, meine leichte Verspätung zu entschuldigen; die Geschäfte der Legion haben mich aufgehalten. Nun möchte ich Sie aber ganz herzlich zum zweiten Cursus der Academia Militaris hier in der hauptstadt unseres geliebten Imperiums begrüßen.
Bevor wir uns den Truppen auf dem Marsch zuwenden, möchte ich wieder einmal noch ein paar Worte zur Organisation des Cursus verlieren. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist dies hier ein mittlerer Cursus, der mit dem Examen Tertium abschließt. Ich werde Ihnen also zwei Wochen lang in (vermutlich sechs) Vorlesungseinheiten das Thema vorstellen und ihnen Gelegenheit geben, Fragen zu stellen. Danach werde ich eine Prüfung mit 12 Fragen stellen, von denen 10 richtig und vollständig zu beantworten sind. Dafür ist eine Woche Zeit. Ferner werde ich Sie mit einer Fragestellung konfrontieren, die sie gemeinsam als Kolloquium, d.h. als Gruppendiskussion, bearbeiten sollen. Ähnlichkeiten mit den Diskussionen, die während einer Stabsbesprechung entstehen können, sind dabei keineswegs Zufall, sondern Absicht.
Das Ergennis der Prüfung und des Kolloquiums werde ich spätestens eine Woche nach Abgabeschluß bekannt geben. Wie beim Examen Secundum wird die Beantworten der Prüfungsfragen Sie nicht über den Umfang der Vorlesung hinaus beanspruchen - lediglich etwas mehr eigene Leistung wird diesmal von Ihnen erwartet. Dies gilt natürlich insbesondere auch für das Kolloquium."
Er machte eine kurze Pause, um eventuelle Gegenfragen entgegen zu nehmen und setzte seinen Vortrag dann fort.
"Kommen wir nun also zum Thema der Vorlesung. Nachdem sich der letzte Cursus mit dem Standlager als Heimstadt der Soldaten in Friedenszeiten beschäftigt hat, wollen wir nun einen Blick auf den Marsch der Soldaten legen. Wenngleich er nicht zum Alltag der Armee gehört ist er doch ein wichtiger Bestandteil des Militärlebens und eine große Mobilität der Truppen ist ein entscheidender Faktor ihres Erfolges.
Es gibt grundsätzlich zwei Gründe, Soldaten auf den Marsch zu schicken: die Verlegung von Truppen oder Truppenteilen von einem Standlager in ein anderes und das Führen eines längeren Feldzuges. Zwar ist in der Regel auch die Bewegung kleiner Truppenabordnungen für besondere Aufgaben, z.B. Arbeitseinsätze etc. oder der lokal begrenzte Einsatz einer Einheit bei Aufständen u.ä. mit Marschaktivitäten verbunden, diese unterscheiden sich aber in einigen Punkten von den größeren Operationen und sollen daher hier nicht weiter betrachtet werden.
Die Bewegung einer großen Zahl von Soldaten von einem Ort zum anderen erfordert eine sorgfältige Planung und ist insbesondere eine große logistische Herausforderung. Dementsprechend werden wir uns in diesem Cursus eingehender mit der Vorbereitung eines Marsches und der Zusammenstellung von Marschgepäck und Marschausrüstung befassen.
Verläuft bei einer einfachen Truppenverlegung ein Marsch in der Regel auf befriedetem Gebiet und bekannten, gut vorbereiteten und befestigten Wegen, so kommen im Falle eines Feldzuges die umfangreichen Anforderungen der Erkundung und Sicherung des Marschweges hinzu. Hier ist auch das Geschick des Feldherren in der Wahl der richtigen Marschformation gefordert, um die Verletzbarkeit der Marschkolonne möglichst gering zu halten. Diesen wichtigen Punkt werden wir uns daher ebenfalls eingehend widmen.
Insbesondere im Feindesland, aber auch auf eigenem Gebiet wird sich den Soldaten jeden Abend auf's neue die Aufgabe stellen, ein Marschlager als geschütztes Quartier für die Nacht zu errichten. Aufbau und Struktur entsprechen zwar in weiten Teilen den inzwischen hinreichend bekannten Standlagern, trotzdem werden wir uns in diesem Cursus noch einmal mit den Besonderheiten eines Marschlagers befassen müssen."