Vestibulum / Eingangsbereich

  • An einem späten Abend mitte Dezember traf Epicharis in Mantua ein. Die vergangenen zwei Tage waren unbequem und müßig gewesen, denn sie hatte sie in einer Kutsche verbringen müssen, die stets auf Fahrt gewesen war und nur angehalten hatte, als der Sonne hinter dem Horizont versunken war. Die Nacht hatte sie in einem unbequemen Gästehausbett des Cursus Publicus verbringen müssen. Nun aber stand sie vor den Stufen zur Villa, streckte sich ungeniert und ließ den Kutscher klopfen, damit man ihr aufmachen möge.

  • Es war ungewohnt, in dieser Villa zur Tür zu gehen, aber Samira dachte bei sich, man gewöhnt sich mit der Zeit an alles. Komisch konnte es nur werden, werden sie, als neue Sklavin des Hauses, die Familienmitglieder der Claudia nicht erkannte. Da blieb nur durchfragen oder sich geschickt verhalten und genau das nahm sie sich im Augenblick vor, als sie die Nase aus der Tür steckte.
    Dann aber stand ein offensichtlich unpatrizischer Mann davor. Samira entspannte sich, richtete sich sogleich zu auffallender Größe auf und warf noch einen Blick auf die Kutsche, bevor sie bei dem Mann nachfragte.


    "Ja bitte, was ist dein Begehr?"

  • Der Kutscher war zwar einiges gewohnt, nicht aber, dass man ihn nicht auf Anhieb erkannte. So stand er eine Weile verblüfft herum. In der Zeit hatte auch Epicharis die Stufen erklommen und stand nun vor der Schwelle, um in das Gesicht einer ihr ebenfalls unbekannten Sklavin zu schauen.


    "Die Herrin Claudia Epicharis wünscht eingelassen zu werden", beeilte sich der Blondschopf zu sagen, was ihm einen leicht spöttischen Blick seitens Epicharis einbrachte, die kurz darauf nickte und ins Innere der Villa deutete.


    "Richtig. Es ist nämlich kalt hier draußen."

  • Samira blickte nur einmal zwischen dem Kutscher und der Herrin hin und her, dann trat sie schleunigst beiseite. Na prima, bereits zum ersten Mal annähernd schief gegangen. Aber sie war nicht erst seit gestern Sklavin in edlen Häusern und so hatte sie gelernt, routiniert mit überraschenden Situationen umzugehen.


    "Aber selbstverständlich", sagte sie - nicht zu spät, aber auch keinesfalls mit Anzeichen größerer Unsicherheit. "Man muss heutzutage vorsichtig sein."


    Samira wartete bis die ihr unbekannte junge Frau, die sie aufgrund des claudischen Wappens an der Kutsche als solche - leider erst im Nachhinein - erkannt hatte, eingetreten war.


    „Darf ich deine Palla abnehmen, Herrin?", fragte sie freundlich.

  • "Ganz genau. Aber jetzt möchte ich mir zuerst einmal aufwärmen", entgegnete Epicharis und trat ein. Die Frage der Sklavin beantwortete sie mit einem erfreuten Nicken und drehte sich dann so, dass die Sklavin ihr die Palla abnehmenn konnte.


    "Wie heißt du?" wollte sie wissen. " Und ist mein Vater da? Vesuvianus?"
    Vermutlich war er wieder bei der Legion, dachte sie sich. Dann würde sie eine Nachricht ins Castellum schicken, beschloss sie. Nur für den Fall, dass ihr Vater erwägte, auch Das Abendmahl und die Nacht dort zu verbringen, in Unkenntnis, dass Epicharis heimgekehrt war.

  • Samira streifte die Palla von den Schultern und legte sie vorsichtig über den Arm.


    "Mein Name ist Samira, ich bin die Sklavin von Deandra. Wir sind erst gestern eingezogen, das Haus und das Personal sind neu. Eins kann ich aber mit Sicherheit sagen: Dein Vater Vesuvianus befindet sich derzeit nicht hier."


    Flugs merkte sich Samira, in welcher Beziehung die neue Herrin zu Vesuvianus stand bzw. er zu ihr. Und prompt fiel ihr ein, dass ja Vesuvianus der neue Adoptivvater von Deandra war. Bisher gab es keinen Kontakt, vielleicht wusste der Claudier auch nichts von der Anwesenheit seiner Töchter.

  • Epicharis wollte eben fragen, ob Samira eine Neuanschaffung sei, als diese etwas von einer Deandra erzählte. Die Claudierin kannte nur eine Deandra, und das nicht einmal persönlich, sondern nur vom Hörensagen. Es war eine Aurelierin, ein Mitglied jener ehrbaren Familie, die Freunde und Weggenossen der Claudier waren. Überrascht runzelte sie die Stirn, als die Sklavin etwas von einem Einzug erzählte. Um ihr Einhalt zu gebieten, hob sie schnell die Hand.


    "Moment, nicht so hastig. Welche Deandra? Wer ist "wir"? Und warum eingezogen?"
    Verwirrt wartete sie darauf, dass man sie aufklärte. Es hatte doch nicht etwa jemand geheiratet und vergessen, sie einzuladen? Ein empörter Ausdruck schlich sich auf ihr Gesicht.

  • So routiniert Samira auch in der Villa der Aurelier hantiert hatte, hier fiel sie von einem Problem in das nächste, weil sie bisher einfach nichts und niemanden kannte, sowie zusätzlich in ungewohnt heikle Situationen kam. Dass es nun an ihr war, die Tochter des Hausherrn von ihrer neuen Adoptivschwester zu unterrichten, fand sie durchaus unpassend, aber sie wurde gefragt, also würde sie auch antworten. Dennoch war ihre innere Einstellung von bangem Abwarten geprägt, denn sie konnte nicht voraussehen, wie die junge Herrin auf die Enthüllung reagieren würde.


    „Meine Herrin ist als Aurelia aufgewachsen. Sie wurde vor wenigen Wochen von dem Herrn Claudius Vesuvianus, deinem Vater, adoptiert und hat erst vor Tagen die Villa Claudia bezogen. „Wir“, das sind etliche Sklaven, die sie stets begleiten.“


    Zur Sicherheit hielt Samira erst einmal inne, bereits vorhin gingen die Erklärungen der Claudia zu schnell. Unsicher und abwartend blickte Samira zu Boden.

  • Oje, schon wieder Besuch und Samira kannte sich in diesem Haus immer noch nicht aus. Weder kannte sie alle Familienmitglieder, noch Hausbedienstete, Klienten oder sonst wen. Puh, hoffentlich ging es diesmal gut.


    Zögerlich öffnete sie die Tür und steckte nicht viel mehr als die Nase hinaus.


    "Ja, bitte? Wie kann ich helfen?", fragte sie. Als sie eine junge Frau erkannte, öffnete sie die Tür ganz und trat hinaus.

  • Sie lächelte freundlich und musterte die Frau die ihr öffnete kurz und wohlwollend " Ich grüße Euch, mein Name ist Claudia Dolabella, ich bin auf der Suche nach meinem Vater Lucius Claudius Marcellus , kann ich ihn hier vielleicht antreffen?"
    Verlegen streicht sie sich eine Strähne ihres Haares zur Seite und ihre Hand gleitet dann auch kurz an das Band das sie um ihren Hals trägt, sie hofft man gewährt ihr Einlass...

  • Ach herrje, schon wieder eine Tochter des Hauses und Samira hatte sie nicht erkannt. Eilig trat sie zur Seite.


    "Bitte erst einmal einzutreten, auch wenn der Herr Marcellus hier leider nicht anzutreffen ist."


    Samira hielt die Tür auf und ging in Gedanken bereits die Anweisungen für die Küchen- und Zimmersklaven durch, denn die junge Herrin Dolabella musste sicher müde von der Reise sein. Eigentlich waren ja gerade die Saturnalien, was allen Sklaven eine arbeitsfreie Zeit garantierte, aber Samira wollte sich möglichst schnell in dem neuen Zuhause ihrer Herrin zurechfinden und so war sie eben diensteifrig, wo es nur ging. Zur Not würde sie selbst für die Bewirtung und das Herrichten des Zimmers sorgen.

  • Man sah ihr die Enttäuschung nicht an, als sie an der Dienerin vorbeitrat und ins Haus ging, sie sah sich um und hoffte wenn sie ihren Vater hier schon nicht treffen würde, könne man ihr doch weiterhelfen.
    "Dankesehr"
    sagte sie leise zu der Dienerin und lächelte diese an, sie seufzte leicht auf, denn sie wusste jetzt war sie erstmal in guten Händen....

  • Samira bemerkte die Ratlosigkeit der jungen Herrin, denn diese war ungewohnt zurückhaltend und bedankte sich sogar. Hier war wohl etwas Unterstützung angebracht und zumindest darin kannte sich Samira durch ihre langjährigen Dienste in Patrizierhäusern aus.


    "Ich nehme erst einmal die Palla ab, wenn es recht ist", schlug sie Dolabella vor, ließ aber in der Bestimmtheit ihrer Worte auch Entschlusskraft erkennen. "Dann würde ich vorschlagen, einen kleinen Imbiss im Tablinum einzunehmen. Ich sage den hier weilenden Herrschaften Bescheid oder hast du einen besonderen Wunsch, wen du sonst als erstes sprechen möchtest?"

  • Sie drehte sich überrascht um bei den Worten der Dienerin, sie war ihr dankbar für die Hilfe , unsicher fuhr ihre Hand erneut an ihren Hals , dann antwortete sie ruhig und freundlich
    Das wäre wunderbar, mein Hunger ist groß und ich habe niemanden den ich hier zuerst sprechen möchteAlso melde mich bitte den hier weilenden Herrschaftenund führe mich ins Tablinum schloss sie ihren Satz ab und lächelte erneut offen und dankbar

  • Samira nickte. Ihr war sofort klar, wenn sie die junge Herrin führen sollte, konnte diese sich unmöglich hier auskennen. Daraus schlussfolgerte Samira, dass die junge Herrin offenbar nur zu Besuch in Mantua war. Fraglich war noch, ob sonst der Herr Marcellus hier weilte oder nicht, aber das würde sich im Laufe der Zeit schon noch herausstellen. Zunächst ging sie schweigend voraus, wies dann nach etlichen Biegungen und durchlaufenen Gängen mit der Hand auf eine Tür zum Wohnbereich.


    "Bitte sehr. Ich kümmere mich um das Essen und sage zudem meiner Herrin Bescheid."


    Da sie keine Antwort erwartete, machte sich Samira ohne zu verweilen auf den Weg.

  • Zitat

    Original von Samira
    So routiniert Samira auch in der Villa der Aurelier hantiert hatte, hier fiel sie von einem Problem in das nächste, weil sie bisher einfach nichts und niemanden kannte, sowie zusätzlich in ungewohnt heikle Situationen kam. Dass es nun an ihr war, die Tochter des Hausherrn von ihrer neuen Adoptivschwester zu unterrichten, fand sie durchaus unpassend, aber sie wurde gefragt, also würde sie auch antworten. Dennoch war ihre innere Einstellung von bangem Abwarten geprägt, denn sie konnte nicht voraussehen, wie die junge Herrin auf die Enthüllung reagieren würde.


    „Meine Herrin ist als Aurelia aufgewachsen. Sie wurde vor wenigen Wochen von dem Herrn Claudius Vesuvianus, deinem Vater, adoptiert und hat erst vor Tagen die Villa Claudia bezogen. „Wir“, das sind etliche Sklaven, die sie stets begleiten.“


    Zur Sicherheit hielt Samira erst einmal inne, bereits vorhin gingen die Erklärungen der Claudia zu schnell. Unsicher und abwartend blickte Samira zu Boden.


    Epicharis kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und lauschte den Ausführungen der Sklavin. Als das Wort der Adoption fiel, machte sie große Augen und ihr Mund formte ein stummes Oh. So stand sie einen kurzen Moment vor Samira, rätselnd, warum die Sklavin sie belügen sollte. Doch Epicharis kam schnell zu dem Schluss, dass es keine Lüge war. Abgesehen davon, dass sie der Sklavin einige Peitschenhiebe hätte einbringen können, nutzte sie ihr rein gar nichts. So schloss Epicharis ihren Mund wieder und sann darüber nach, was das nun für sie bedeuten würde. Mit dem Zeigefinger an den Lippen wirkte sie nachdenklich und grüblerisch, was angesichts des unverhofften Willkommens an der Tür wohl auch nicht weiter verwunderlich war - immerhin hatte sie nun eine neue Schwester.


    "Weiß Prisca schon davon?" fragte sie verwundert, denn ihre kleine Schwester hatte nichts dergleichen erwähnt oder sie hatte es einfach überhört. Epicharis nagte an ihrer Unterlippe und nickte dann sich selbst zu, als sie folgendes beschloss:


    "Dann möchte ich meine neue Schwester nun kennenlernen."

  • Samira wusste theoretisch Bescheid, dass Prisca eine weitere Tochter des Vesuvianus' war, die nicht in Mantua lebte, kannte sie allerdings nicht von Angesicht. Sie holte tief Luft und versuchte mit der ganzen Überforderung klar zu kommen.


    "Wenn der Herr Prisca nicht eingeweiht hat - meine Herrin hatte bisher noch keine Gelegenheit ... Wobei auch das sehr unwahrscheinlich ist, denn der Herr ist sicherlich, wie alle anderen Offiziere der Legion, selten genug hier und sicherlich noch seltener an anderen Orten des Imperiums anzutreffen."


    Samira kannte die langfristige Abwesenheit von dem Herrn Aurelius, den sie bestenfalls zweimal im Jahr zu Gesicht bekommen hatte. Und schon kam ein neuer Wunsch, auf den sie eingehen musste.


    "Ich werde meiner Herrin deinen Wunsch überbringen. Wo wird sie auf dich treffen?"


    Wenn man keinerlei Gepflogenheiten einer Familie kennt, bleibt selbständiges Handeln praktisch im Keim erstickt. Das musste sich schnellstens ändern, beschloss Samira bei sich. Sie brauchte den Über- und Durchblick in dem Hause, wo sie diente.

  • "Ja, dann ist es eher unwahrscheinlich. Naja.."


    Epicharis legte den Finger an die Lippen, dachte einen Moment nach und sagte schließlich:
    "Ich werde mich etwas frisch machen und dann ins Tablinum kommen. Wenn sie Zeit hat, würde ich mich freuen, sie kennenzulernen, ich werde einen Sklaven zu ihr schicken."


    Sie nickte noch einmal und ließ die Sklavin dann stehen. In anderen Familien mochten Adoptionen üblich sein, Epicharis aber hatte davon gerade genug. Erst adoptierte man den iulischen Plebejer, dann eine Aurelia, die auch noch ihre Schwester war. Sie hatte weder etwas gegen den einen noch die andere, aber es waren einfach zu viele Informationen auf einmal, die sie nicht augenblicklich verbuchen konnte. Das brauchte Zeit, und die nahm sie sich - zusammen mit einem entspannenden Bad in der hauseignen Therme.

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