Übungsmarsch von Nikopolis nach Menuthis

  • Ein jähes Ende der Nachtruhe... >>>


    Zwei Centurien, die I. und die II. der II. Kohorte der Legio XXII Deiotariana, unternahmen einen Übungsmarsch nach Menuthis. Das Ziel lag rund 15 römische Meilen von ihrem Lager in Nikopolis entfernt, an einem der Mündungsarme des Nils. Es war keine weite Strecke, aber es war Sommer und ägyptische Sommer waren heiß!
    Außerdem befanden sich viele junge Rekruten unter den Soldaten. Sie marschierten zum ersten mal mit vollem Gepäck und sie würden am Abend auch erstmals ein Marschlager aufbauen müssen.


    Doch das lag am Morgen dieses Marschtages noch weit vor ihnen. In einer Kolonne verließen die beiden Centurien, gemeinsam rund 160 Mann, dass Lager durch die Porta Praetoria und begaben sich auf die nach Nordwesten führende Küstenstraße, die sie zunächst, entlang der Küste, nach Taposiris führen würde.


    An der Spitze marschierte Aulus Trebellius Posca, der Centurio der I. Centurie.

  • ... und so marschierten sie einträchtig nebeneinander:
    Cursor, Veratius, Verus und die anderen ...


    Wie sie so aussahen, konnte man meinen, sie wären schon länger bei der Armee und nicht erst probati:


    Über tunica und Panzer waren beide Gürtel mit Schwert und Dolch geschnallt, der Helm war am Brusthaken des Panzers befestigt und hing über der Magengrube, der Schild mit übergezogener Lederhülle war mit dem um Brust, Oberarme und über die linke Schulter geführten Tragegurt so umgeschnallt, daß er die linke Seite und den Rücken bis zu den Kniekehlen bedeckte, nach oben reichte er etwa bis zur Höhe des Scheitels. Über die linke Schulter war die Tragestange gelegt. Sie saß mit einer breiten Querstange und der an dieser befestigten sacrina auf der Oberkanze des Schildes auf. Kochgeschirr und Proviantnetz hingen über den Schild nach hinten herab. Die linke Hand umfaßte die Tragestange und balancierte sie aus. In der rechten war das pilum, das über die rechte Schulter gelegt war.


    Cursor sah zu Verus, dem, genau wie ihm, der Schweiß zu rinnen begann.


    "Du, Verus, ich habe so mitbekommen, daß wir ein Marschlager aufbauen sollen. Hast Du zufällig mitbekommen, wo die dafür nötigen Gerätschaften sind und überhaupt: weißt Du, wie so der Aufbau eines Marschlagers vonstatten geht?"

  • Verus, der nun sehr viel Wasser transperierte, wusste nicht so genau, wie ein Aufbau eines Marschlager zu bewerkstelligen war.


    Verus antwortete:
    " Ich glaube, man errichtet mit sogenannten Pila Murale eine Art Befestigungswall. Pila Murale sind, nach meiner Erinnerung nach, gespitzten Holzpfählen. Aber genau, wie ein solches Lager aufgebaut wird, weiss ich nicht. "


    Still hoffte er, dass der Marsch sich jetzt schon dem Ende nahte. Aber wie er wusste, war Menuthis nicht gerade nahe bei Nikopolis, wenn man das viele Gepäck in Anbetracht zog. Wie Verus wusste, war seine Ausdauer nicht gerade auf dem Höchststand. Er musste sich jetzt aber Tapfer geben und hoffnungsvoll in die Zukunft schauen. Er konnte ja später es sich in den Thermen mit Cursor wohl ergehen lassen.


    Er wendete sich ein bisschen zu Cursor und fragte ihn:


    "Weisst du wie lange, der ganze Spass noch geht? Ein par Tage oder sogar Wochen?"

  • Das Marschgepäck wurde immer schwerer.


    "Dann sind wir schon zu Zweit", ächzte Cursor, "die sich mit dem Aufbau eines Marschlagers nicht auskennen!"


    Auch für Cursor war das der erste Übungsmarsch als miles impeditus.


    Das Balancieren der Tragestange war so eine Sache! Er versuchte die Tragestange nun schräg über die Schulter zu legen und sie dort ruhen zu lassen. Das entlastete zwar den Arm, übte aber einen einschneidenden unerträglichen Druck auf die Schulter aus. Es war also doch etwas dran, daß sich, wenn man die Querstange am oberen Rand des Schildes aufsitzen läßt, eine verhältnismäßig bequeme Trageweise ergibt.


    "Ach ja", meinte er zu Verus, "der Marsch soll doch vier Tage dauern, da wir Verpflegung für vier Tage bekommen haben und, Du warst mit dabei, wie uns der Lagerverwalter keine Eisernen Rationen aushändigen wollte. Und wenn der centurio vier Tage ansetzt, bleibt es bei den vier Tagen, schließlich ist es unser erster Marsch und das weiß er auch: ein centurio - ein Wort!"

  • Wenn sich der Rekrut da mal nicht verrechnet hatte. Denn eigentlich erwartete der Centurio von den Männern, dass sie die 15 Meilen binnen eines Tages schaffen würden und den Weg zurück ebenfalls. Das sie Proviant für vier und nicht für zwei Tage dabei hatten, war typisch, militärische Denkweise. Denn wenn etwas Unvorhergesehenes passierte und sich ihre Rückkehr doch um ein oder zwei Tage verzögerte – man konnte schließlich niemals alles voraussehen – dann sollte niemand Hunger leiden. ;)


    Bislang war der Centurio recht zufrieden. Der Drill auf dem Exerzierplatz machte sich nun bezahlt. Auch die jungen Probati hielten ordentlich mit und die Kolonne nicht auf. Sie kamen gut voran.
    Aber noch war es Morgen, die Hitze erträglich und noch hatte keiner von ihnen Blasen an den Füßen. Beides würde sich im Laufe des Tages mit Sicherheit ändern. :D

  • Noch vor der Mittagsstunde erreichte der kleine Trupp römischer Soldaten das erste Etappenziel ihres Marsches, die Stadt Taposiris. Vor den Stadtmauern ließ Centurio Trebellius Posca die Männer halt machen und erlaubte ihnen, ihr schweres Gepäck abzulegen und zu rasten.

  • Veratius dachte sich, das wird auch allerhöchste Zeit, mir tut schon alles weh, den anderen Probati ging es sicher nicht viel anders.


    Veratius legte sein Gepäck ab und nahm erstmal einen Schluck zu trinken.


    "Wie geht es euch, könnt Ihr noch?"


    fragte Veratius, die zwei anderen Probati, die neben Ihm saßen

  • Verus ging es auch nicht besser, als Veratius. Verus legte ebenfalls die erschwerende Last ab.


    Er antwortete dann auf Veratiuss Frage:
    " Ich glaube nicht, dass ich noch sehr lange durchhalte. Ich habe bereits Blasen auf den Blasen meiner Füsse. Dazu kommt noch meinen fast stündlichen Krampf in der Muskulatur des Allerwertesten. Ich hoffe dass es bald Schlafenszeit ist! "


    Dies sagte Verus in nicht alzulautem Ton, denn er wusste, dass es sehr sadistische Führer gab, die Freude hatten ihre Soldaten zu ver* * *** **.


    Verus trank einen grossen Schluck und sagte dann:


    " Und wie geht es dir Cursor?"

  • "Was willst Du hören?"


    fragte Cursor seinen Leidensgenossen.


    "Ich habe ebenfalls Blasen, der Rücken schmerzt, ich habe Hunger und höllischen Durst und bin hundemüde".
    In gemäßigtem Tonfall meinte er:


    "Was die sadistischen Führer, von denen Du sprichst, angeht, wollen wir besser Äußerungen über unser Wohlbefinden vermeiden! Ich gehe davon aus, daß unser ganzes Verhalten während des Marsches, sagen wir mal, beobachtet wird. Irgendwann, höchstwahrscheinlich wenn unsere Beurteilungen am Ende der Grundausbildung anstehen, wäre es ungut, daß wir Schwäche zeigten oder unser Durchhaltevermögen zu wünschen übrig ließ. Es reicht schon, wenn uns die "Ausbilder" etwas anmerkten".


    Cursor wischte sich die Schweißperlen von der Stirn und nahm einen tiefen Schluck aus seiner Feldflasche.

  • Da war die Pause auch schon wieder vorüber. Der Centurio marschierte durch die Reihen de lagernden Soldaten und rief: “So meine Vögelchen, nicht das ihr mir einschlaft. Auf, auf. Marschgepäck aufnehmen, in Kolonne antreten und weiter geht’s!“

  • Verus liess sich Zeit, er wollte nicht gerade der erste sein, der sein Gepäck schultert und weitermarschiert. Seine Füsse schmerzten nämlich sooo.. sehr. Er nahm sich aber die Worte von Cursor zu Herzen, desshalb probierte er, sich nichts anmerken zu lassen. Es war gar nicht so einfach! Als der Centurio zu ihm herüberschaute, liess er aus seiem schmerzverzerrten Gesicht ein künstliches Lächeln entstehen.


    " Und schon wieder geht es los!"


    Stellte Verus verzweifelt fest.

  • Auch Cursor hatte sein Marschgepäck wieder geschultert.


    Es half nichts. Sie mußten weiter. Und wieder Zähne zusammenbeißen und vor allem: keine Miene verziehen.


    Cursor sah zu Verus und lächelte sarkastisch.


    "Und nun müßte der centurio nur noch auf die Idee kommen, die Kampfbereitschaft herstellen zu lassen!"

  • Cursor sah Veratius an, daß er sich ein Lächeln abringen mußte, obwohl ihm gar nicht danach zumute war.


    "Laß mal gut sein, Veratius. Irgendwie habe ich es im Gefühl, daß noch manches bei diesem Marsch auf uns zukommen wird. Was es auch immer sein wird, denk` dran, wir müssen durch, egal wie!"


    Cursor sah nach vorne und marschierte weiter ...

  • Ein paar Kilometer später, murrten bereits einige Soldaten. Ihnen ging es folglich nicht besser, als den drei Probaten.


    Verus hoffte, dass der ehrenwerte Centurio endlich mal eine Pause einlegen würde. Leider war davon nichts die Rede. Er stellte sich vor, wie die ganze Truppe den Centurio packen würde und ihn am Meer ins Salzwasser werfen würde. Sammt seiner Ausrüstung. Verus schmunzelte bei diesem Gedanken. Da würde alles Brüllen und Fluchen des Centurios nichts nützten.


    Der Schrei des Centurios durchfuhr seine Wirbelsäule er wusste nun, dass er nicht mehr vor sich hin träumte sondern, dass der Centurio etwas anzuordnen hatte...

  • Cursor ergab sich einer der militärischen "Tugenden":


    Er hatte abgeschaltet; seine Augen blickten geradeaus, seiner Miene war nichts zu entnehmen; wie in Trance setzte er einen Fuß vor den anderen.


    Sollte der centurio irgendwelche Wünsche haben, so mußte er diese laut und deutlich von sich geben!

  • Der Centurio teilte die Leiden seiner Männer nur zum Teil. Zwar machte die Hitze des Tages auch vor ihm nicht Halt, aber im Gegensatz zu ihnen musste er nicht etliche Pfund Gepäck schleppen.


    Endlich kam in der Ferne erneut eine Stadt in Sicht. Zwischen den saftig-grünen Feldern des fruchtbaren Schwemmlandes waren bereits die hellbraunen und ockerfarbenen Lehmziegelhäuser der Ortschaft zu sehen.


    “Männer, dass dort ist unser Ziel! Das ist Menuthis!“


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