Shoppingtour der anderen Art

  • Es war Nachmittag, bald würde es Zeit für die cena sein, und Caius war mit seinem Leibsklaven Katander auf den Märkten unterwegs. Wie beinahe alle Männer, die nicht regelmäßig selbst einkauften sondern vielmehr ihre Lakeien schickten, wollte er eigentlich nur mal gucken. Doch der geneigte Leser wird wissen, dass selbst der Mann bisweilen nicht umhin kommt, vollkommen unnützes Brimborium zu erstehen, nur weil es günstig ist. So befanden sich Sklave und Herr also gerade am Tresen eines ansonsten einsamen Standes für Wechselsand aus dem Kriegsgebiet für Sanduhren.


    »Und der ist sicher vom Schlachtfeld aus Parthien?« hakte Caius nach. Der Händler indes nickte bestätigend.
    »O ja, Herr, gewiss! Ambrix Leo verkauft keine Mogelpackungen! Ich mache dir einen guten Preis.«
    »Also ich weiß nicht recht. Sieht für mich aus wie stinknormaler Sand«, sagte Katander und zuckte mit den Schultern.
    »Na weil du noch nie in Parthien warst«, erwiderte Caius und ließ sich abermals die feinen Körnchen durch die Hände rieseln. Katander seufzte derweil ergeben und beobachtete den siegessicheren Händler.
    »Nur siebzehn Sesterzen, mein Herr. Dreißig, wenn du gleich zwei Nachfüllsets kaufst.«
    »Ist ja Wucher«, murmelte Katander und warf einen Seitenblick zu seinem Herrn.
    »Dreißig!« entfuhr es jenem.
    »Na fein, dann nehme ich gleich zwei davon. Einmal von diesem und einmal von dem schwarzen Sand hier.«
    »Du hast doch nur eine Sanduhr. Und die hat nicht mal zehn gekostet", wandte Katander ein.
    »Na und? Jetzt stell dir mal vor, die geht kaputt. Und außerdem hat keiner den ich kenne eine Sanduhr mit parthischem Sand


    Der Händler indes füllte zweimal die gleiche Menge Sand ab, band die Säcklein zu und reichte sie Katander, der sie missmutig entgegen nahm und dreißig Sesterzen zahlte. Mit einem Seufzer legte er den Sand in einen Korb, der bereits eine geschmückte stola in Jadegrün enthielt - »Falls ich mal heirate, damit ich gleich ein passendes Geschenk habe.« - und eine Schachtel mit Süßigkeiten. Katanders Herr steuerte nun bereits den nächsten Stand an.


    »Guck dir das mal an, Katander. Die haben hier sogar Wagenräder mit dem Abzeichen der factio veneta! Was denkst du, Quarto würde sich doch sicher darüber freuen, meinst du nicht?«
    Katander schwieg. Seine Miene war Einspruch genug.

  • »Katander?« fragte Caius noch mals nach und wedelte mit einer Hand vor dem Gesicht seines Sklaven herum. So musste jener schließlich doch noch antworten, was er mit einem Seufzen tat.
    »Naja, es ist ein Wagenrad. Mit einem Brandzeichen, das so ausschaut wie das von der Veneta«", stellte Katander folgerichtig fest und zuckte mit den Schultern. Caius indes trat näher heran und begutachtete das augenscheinliche Objekt seiner Begierde etwas näher. Da fiel Katander etwas ein.
    »Quarto befindet sich aber doch in Parthien. Da kann er den Wagen gar nicht benutzen, an den du die Räder montieren lässt.«
    »Ach Quark. Dann schicken wir eben jedes Rad als Frachtpoststück mit dem cursus publicus, ganz einfach«, erwiderte Caius und winkte ab. Katander hob eine Augenbraue und konnte es gerade noch unterdrücken, seinem Herrn einen Vogel zu zeigen.
    »Und was soll er mit vier Wagenrädern im Krieg? Abgesehen davon...weißt du eigentlich, wie teuer so ein Versand ist?«
    »Hm. Naja...« begann Caius und runzelte nachdenklich die Stirn.
    »Also, so teuer kann das nicht sein. Aber du hast recht. Hinterher macht irgendso ein Parther noch eine Delle in ein Rad, und dann kann Quarto ja auch nichts mehr mit anfangen. Richtig?«
    »Richtig«, entgegnete Katander erleichtert und zog seinen Herren allmählich, aber mit Nachdruck von dem Stand weg und zum nächsten.


    »Gute Waaare feil, schöne Waaaaare feil....« brummte eine dickliche Dame nicht weit entfernt mit einem Bauchladen unter der Oberweite.
    »Na Süßer? Auch ein Säckchen kostbares Grün?« hauchte sie Caius zu, der wie gebannt auf die massige Rothaarige in Violettgelb starrte.

  • Lars:
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    ~~~ Lars ~~~


    "Eh, gugg' ma' dominusluca, die fätteste Frau de' Welt!! Jetzkommschon, gugg' doch!"


    Herrschaftszeiten! Von wegen Hilfe. Das war definitiv und das allerallerletzte Mal, solange diese Welt existiert, daß ich mit Laas zum einkaufen gehe. Den hätte ich mit einem Strick anbinden sollen wie einen jungen Hund. Hierhin - dahin - wieder hierin - dann dorthin. Lieber mit allen Patrizierinnen dieser Stadt zum Einkaufen gehen als mit Laas. Keine zwei Minuten bleibt er wo stehen, sondern kauft hier etwas, da etwas, verliert die Hälfte wieder, zerbricht irgendwas, löchert alle mit seinen dummen Fragen. Kein Wunder, daß er eigentlich für die Heizung im balneum zuständig war. Den hätte man ins Hypokausten-System kriechen und dann einmauern sollen. Würd' er wahrscheinlich erst nach Stunden merken, wenn er auf seinen Entdeckungstouren unter dem Boden seine Schätze ans Tageslicht herren wollte. Hühnerknochen, ein zerfetztes Halsband von irgendeinem flavischen Schoßhund, einen Backenzahn ... Kindereien.


    "Komm endlich!"


    Ich dränge mich durch die Menge und entdecke Laas mit hochgerecktem Kopf frech einer wirklich sehr, hm, gut gebaute Frau, ins Gesicht starrend. Neben ihr zwei junge Männer.


    "Ich bitte um Verzeihung für den Jungen - es scheint, als sei das sein erster Ausflug auf einen Markt, aber nichts könnte falscher sein. Der ist immer so" wende ich mich zuerst an die Frau und dann an die beiden Männer [Aelius Archias und Kassander].


    "Mein Sklave hat mich noch nicht gut erzogen, er muß immer irgendwo auf mich warten" sage ich achselzucken und gebe Laas eine Kopfnus der mittleren Stärke. "Autsch, ich bin doch daa, was haste, dominusluca!" Laas grinst verstrubbelt, an seinem Kinn glänzt ein Fettfleck, er hat die Hälfte seines Taschengelds für Mäuseblasen ausgegeben und sogar mir - von meinem Geld! - eine spendiert.

  • Caius konnte seinen Blick erst losreißen, als Katander ihm den Ellbogen unsanft in die Rippen stieß.
    »Tja..äh...also«, stammelte er in Ermangelung einer passenden Antwort auf eine Frage, die er gar nicht mitbekommen hatte.
    »Nein, danke«", erledigte Katander das für ihn, als die üppige Dame eine Braue hob und fragend von einem zum anderen sah und schließlich gekränkt auf einen kleinen Rotzbengel heruntersah, der sie als fetteste Frau der Welt titulierte.
    »Püh!« machte sie beleidigt und rauschte mit ihrem gut gefüllten Unterbrustladen von dannen. Zurück blieb, neben einem ratlosen Katander und einem verdutzt wirkendem Caius, der ungehobelte Junge mit seinem nicht viel älter aussehenden, aber doch gescheiter wirkenden Herrn.


    »Jaah... Was war denn das gerade?« fragte Caius irritiert in die Runde und kratzte sich am Ohr.
    »Weiß auch nicht. Die wollte Räucherzeugs verkaufen, glaube ich. Aber du hast ja noch keine Pfeife«", fügte Katander schnell hinzu, als es Caius dämmerte, dass er eigentlich hätte zugreifen können. Dann fielen dem Aelier die beiden Neuankömmlinge wieder auf, und er grinste breit.
    »Salve - und macht nichts. Im Grunde hat er sogar recht gehabt. Ich hab noch nie eine Matrone mit diesem Umfang gesehen. Auch, wenn das natürlich nicht besonders nett war«, sagte Caius zu dem Nichtsklaven, der eigentlich recht nett aussah.
    »Bin übrigens Archias von den Aeliern«, stellte er sich vor, als er einen entsprechenden, zur Höflichkeit mahnenden Blick von Katander auffing, der manchmal wirklich lästig sein konnte, wie Caius gerade wieder einmal feststellte.

  • Kaum war Seiana in Rom angekommen, hatte Elena sie auch schon auf den Markt geschleppt. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie die ersten Tage hauptsächlich im Haus verbracht, mit ihren Verwandten geredet, sich einigermaßen eingerichtet und alles kennen gelernt. Aber Elena hatte davon nicht sonderlich viel gehalten und beschlossen, dass sie hinaus musste. Und da die nur wenige Jahre ältere Spanierin – mit der sie als Kind schon gespielt hatte – sich so etwas auch herausnehmen durfte, jedenfalls wenn sie alleine waren, und Seiana wusste, dass es wenig Sinn hatte zu diskutieren, hatte sie nachgegeben. Vor Elena, weil es schlicht einfacher war, in Wirklichkeit aber auch, weil ein Teil von ihr wirklich raus wollte – aber das hätte sie nicht zugegeben. Das musste sie auch gar nicht, denn Elena wusste es vermutlich ohnehin. Es wurde Zeit, dass sie sich ablenkte, dafür war sie nach Rom gekommen. Die letzten Monate hatte Seiana damit verbracht, die letzten Angelegenheiten ihrer Mutter zu ordnen, soweit sie das konnte, hieß das, und private Dinge durchzusehen. Aber eigentlich war es nur Beschäftigungstherapie gewesen, denn ihre Mutter war schon länger leidend gewesen, und vieles hatte sie selbst noch erledigt, in alter Manier, so wie sie immer gewesen war – mit strenger Hand und ohne Widerspruch zu dulden. Aber sie war immer schwächer geworden, und es hatte Seiana das Herz gebrochen, dabei zusehen zu müssen, ohne helfen zu können. So streng ihre Mutter immer gewesen war, so sehr sie selbst früher gegen sie rebelliert hatte, hatte sie sie doch über alles geliebt. Und so war sie bei ihr geblieben, hatte sich um sie gekümmert, war einfach für sie da gewesen… Seiana presste die Lippen zusammen. Faustus war nicht da gewesen, und das hatte ihrer Mutter letztlich das Herz gebrochen. Sie hatte es nie wirklich gezeigt, aber Seiana kannte sie gut genug um es dennoch zu merken. Aber ihr Bruder hatte vermutlich nicht einmal geahnt, wie es um ihre Mutter stand… Sie wusste, was er getrieben hatte, hatte den Boten dazu gebracht es ihr zu erzählen, auch wenn ihre Mutter es vor ihr verbergen wollte und vermutlich an die Decke gegangen wäre, wenn sie herausgefunden hätte, dass Seiana gegen ihren Willen gehandelt hatte. Und auch sie machte sich Sorgen um Faustus, wie ihre Mutter, aber gleichzeitig war sie sich auch sicher, dass er immer auf seinen Füßen landen würde – vielleicht hatte er Schwierigkeiten, vielleicht ging es ihm schlecht, aber er würde sich auf die ein oder andere Art wieder fangen, zumindest hoffte sie das. Auch wenn sie nach wie vor einen Groll gegen ihn hegte, weil er gegangen war… Sie hatte selbst immer ihre Schwierigkeiten gehabt mit ihrer Mutter, und sie hatte so gut verstehen können, warum es Faustus fort gezogen hatte. Viel zu gut… daher hatte sie sich auch mit ihm zerstritten. Nicht weil er Mutter und sie allein lassen wollte, sondern weil er gehen konnte – im Gegensatz zu ihr. Sie hatte keine Möglichkeit gehabt zu fliehen, auszubrechen, und dabei hatte sie sich genau das mehr als einmal gewünscht. Wie gern hätte sie ihn vor zwei Jahren einfach begleitet… aber das war nicht in Frage gekommen, bei ihr noch viel weniger als bei ihm. Das war der wahre Grund, warum sie wütend gewesen war, auch wenn sie bei ihrem Streit mit Faustus andere Gründe vorgeschoben hatte, um diesen einen zu verbergen.


    Und so ging Seiana nun mit Elena über den Markt, besah sich die Stände, ohne wirklich etwas kaufen zu wollen. Sie würde sich vermutlich vor allem mit Kleidung neu eindecken müssen, jedenfalls war Elena dieser Meinung, aber das hatte Zeit, fand sie. Heute ließ sie sich einfach treiben – vielleicht zu sehr, denn sie sah nicht die Frau mit dem Bauchladen, die sich gerade umdrehte, durch die Menge schob und darauf verließ, dass die Menschen ihr auswichen. Bevor Elena oder sie reagieren konnten, wurde Seiana vom Bauchladen zur Seite gedrängt, stolperte und stieß gegen einen Mann [Aelius Archias], der mit drei anderen herumstand und offenbar gerade in einer Unterhaltung war. Seiana trat schnell einen Schritt zurück, nachdem sie ihr Gleichgewicht wieder gefunden hatte, und neigte leicht den Kopf. „Verzeiht mir die Ungeschicklichkeit.“

  • Zitat

    Original von Caius Aelius Archias


    Lars:
    [Blockierte Grafik: http://img411.imageshack.us/img411/994/larsfp1.jpg]
    ~~~ Lars ~~~


    "Und ich bin Laas", sagt Lars grinsend. "Das ist dominusluca und die fette Frau wollte uns wirklich was zum 'reinknallen verkaufen? Echt? Spitze!" Sehnsüchtig schaut er ihrem Hinterteil nach.


    "Cnaeus Flavius Lucanus", korrigiere und präzisiere ich mit einem leichten Lächeln den Jungen und verbeuge mich, als ich seiner Familienzugehörigkeit gewahr werde. "Laas, du solltest unter Umständen etwas vorsichtiger sein, es gibt genügend Dinge, die diese Frau nicht feilbietet, und die einem kleinen Schei... Scheusal wie Dir trotzdem gehörig reinknallen." Ich sage das weitgehend unbeteiligt und unbestimmt, aber Laas verdreht die Augen. "Öööää" mault er.


    "Möchtest Du den Kleinen kaufen? Normalerweise ist sein Preis eine Amphore billiger Wein, aber heute gibt's ein Post-Saturnalien-Schnäppchen: mindestens 100% Rabatt ... auf alles ... " biete ich Aelius Archias an. Er wäre der erste, der das Angebot angenommen hätte, das zu unterbreiten ich schon öfters die Gelegenheit hatte.


    "Oh, Verzeihung, wie ungeschickt von uns" erwidere ich, als eine junge Dame [Decima Seiana] etwas aus dem Gleichgewicht kommt und in die Gruppe treidelt.

  • Ein Flavier also. Der gute Katander verlor etwas an Farbe, verbeugte sich leicht und schwieg dann, wie man es von einem guten Sklave erwartete. Dass er den kleinen Lausebengel nicht so mochte, stand ihm aufs Gesicht geschrieben, während er ihn fortwährend anstierte. Caius indes fiel das gar nicht weiter auf. Die Familie der Flavier war fortwährend in aller Munde, und als jemand, der die acta aufmerksam verfolgte, kannte man die wichtigsten Persönlichkeiten dieser Familie sowieso. Ein Lucanus aber sagte Caius rein gar nichts.


    »Freut mich«, erwiderte Caius und reichte Lucanus die Hand. Kur darauf hoben sich seine Mundwinkel zu einem schelmischen Grinsen an, als der Flavier seinen Sklaven verscherbeln wollte.
    »Ah, nein, ich bedaure... Das gibt mein Kontingent leider noch nicht her«, entgegnete Caius und schmunzelte.
    »Wohl eher nicht mehr«", korrigierte Katander murmelnd mit einem vielsagenden Blick in den Korb, den er herumtrug.


    In diesem Moment schienen die Götter eine Begegnung arrangiert zu haben, mit der Caius schon gar nicht mehr gerechnet hatte: Sie schickten eine Frau in seine Nähe. Sie sah Caius an, Caius sah sie an - und er hoffte inständig, dass kein kleiner Quälgeist an ihrem Rockzipfel verborgen hing, gleich hervortreten und sie Mama nennen würde.
    »Das, werte Dame, ist leider nur möglich, wenn du uns deinen Namen nennst«, erwiderte er freundlich lächelnd. Natürlich war das Quatsch. Ihr hätte er vermutlich alles verziehen. Ob sie noch zu haben war? Katander hatte inzwischen ein skeptisches Auge auf seinen Herren. Zumindest, bis er die hübsche Leibsklavin entdeckte, von der die holde Maid begleitet wurde. 8)

  • Seiana lächelte höflich, als sie die Reaktionen vernahm – so höflich wie es sich geziemte, wie die Menschen ihres Standes nun einmal waren, zu sein hatten. Sie hätte sich lieber über die Frau mit dem Bauchladen ausgelassen, die inzwischen in der Menge verschwunden war, aber das kam kaum in Frage. Stattdessen war sie nun wohl oder übel gezwungen, sich in ein ebenso höfliches Gespräch verwickeln zu lassen, wonach ihr ebenfalls wenig der Sinn stand. Aber nun einfach wieder zu gehen wäre unhöflich gewesen, und sie hatte ja nach Ablenkung gesucht – vielleicht würde es ein Gespräch mit den ihr noch Unbekannten ja schaffen, sie auf etwas anderes zu bringen. Nach außen ließ sie sich wenig von ihren doch etwas trüben Gedanken anmerken, und ihr höfliches Lächeln wurde freundlicher und erreichte ihre Augen, als der Mann, den sie angerempelt hatte, als Gegenleistung ihren Namen verlangte.


    Sie nickte dem Jüngeren der beiden kurz zu, bevor sie antwortete. „Es war nicht eure Schuld, dass ich gestolpert bin. Nun“, ihr Blick wanderte zu dem anderen, und ihre Miene blieb ruhig – nur das Funkeln in ihren Augenwinkeln und der etwas veränderte Ton ihrer Stimme verrieten, dass sie auf seinen Spaß einging, „dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig als mich vorzustellen. Ich bin Decima Seiana.“ Sie musterte die kleine Gruppe, in die sie gestolpert war – zwei Männer, einer wohl etwa so alt wie sie, einer älter, beide offenbar aus einer besseren Familie, beide in Begleitung eines Sklaven. „Ich freue mich, eure Bekanntschaft zu machen…“ Abwartend sah sie die beiden an, während Elena dem Jungen, der sich in der Begleitung eines der beiden Männer befand, zuzwinkerte.

  • "Cnaeus Flavius Lucanus, es ist mir eine Freude" stelle ich mich - den Gepflogenheiten der Höflichkeit sofort vor. Ein warnender Blick zu Laas, ich nehme an, daß zwar er die Bekanntschaft der jungen Dame machen möchte, sie aber kaum die mit ihm. Der driftet ein wenig ab, irgendwas hat seine Aufmerksamkeit gefesselt.

  • Decima...war das nicht einer der Namen gewesen, die Callidus Caius als geeignet genannt hatte? Caius sah die junge Dame unverwandt an, die zu ihnen gestoßen war. Wie alt mochte sie sein? Keck ging sie auf seinen Spaß ein, was Caius erfreute, immerhin saß der Schalk ihm so sehr im Nacken, dass er selten bierernst sein konnte. Bisweilen kam es gar vor, dass er über seine eigenen Witze mehr lachte als eventuelle Zuhörer. Der junge Flavier an seiner Seite holte sogleich zum Gegenschlag aus, und Caius zog nach, um nicht minder höflich zu erscheinen.


    »Dann sei dir verziehen, edle Decima. Ich bin Caius Archias von den Aeliern« sagte er und deutete eine Verbeugung an, nicht ohne dabei ein Schmunzeln unterdrücken zu können. Katander schien inzwischen enttäuscht, dass die Begleitung der Decima vielmehr an dem Lausebenge interessiert zu sein schien als an ihm.
    »Flavius und ich sind uns gerade zuällig begegnet. Ich wollte eben vorschlagen, doch gemeinsam anzusehen, was der Markt noch so bietet. Hättest du nicht zufällig Lust, uns zu begleiten?« fragte Caius recht dreist und deutete wahllos in eine Richtung. Ganz in der Annahme, dass auch Lucanus mitkommen würde.


    »Es soll dort hinten einiges an Sonderangeboten geben«, bemerkte Katander nun und deutete auf einen Stand, der über und über mit bunten Wimpeln und Fähnchen behangen war. Zwischen grünblau-gestreift und gelbpink-mit mauvefarbenen Punkten schien sich ein dürrer Herr mit Hakennase zu bewegen. Was genau dort angepriesen wurde, war von ihr leider nicht zu erkennen, so sehr sich Caius auch bemühte.

  • Seiana neigte leicht ihren Kopf und lächelte erneut, als die beiden Männer sich vorstellten, musste dann etwas schmunzeln, als mehr als nur höfliches Geplänkel kam. „Da bin ich erleichtert, Aelius Archias. Ich wäre untröstlich gewesen, wäre mir nicht verziehen worden“, meinte sie trocken, und in ihrer Stimme schwang ein Hauch von gutmütigem Spott mit. Die Aufmerksamkeit des Jungen wandte sich inzwischen irgendwo anders hin, in jedem Fall schien er Elena nicht zu bemerken, und diese zuckte leicht die Achseln und zwinkerte nun auch dem anderen Sklaven zu, der sie zu musterte. Unterdessen schlug der Aelier vor, gemeinsam über den Markt zu gehen, und das lenkte die Aufmerksamkeit der Leibsklavin wieder auf ihn.


    Elena war von diesen Worten sichtlich angetan – sie fand, ihrer Herrin konnte es nut gut tun, etwas Gesellschaft zu haben. Wären sie allein gewesen, hätte sie auch etwas dementsprechendes gesagt, aber sie waren nicht allein, und Elena wusste was sich für sie gehörte. Seiana dagegen wusste zwar ohnehin, was ihre Sklavin dachte, war aber hin- und hergerissen. Sie war zur Zeit keine sonderlich gute Gesellschaft, das hieß, sie war es doch, wenn es sein musste, einfach weil sie gelernt hatte, die Maske zu wahren – aber sie hatte sich in den letzten Monaten so oft dazu zwingen müssen, dass sie eher wenig Bedürfnis danach hatte. Sie ließ ihren Blick kurz über den Markt schweifen und zögerte einen Moment. „Nun… Um ehrlich zu sein, ich bin erst vor kurzem nach Rom gekommen und heute das erste Mal auf dem Markt. Ich denke…“ Wieder ein Zögern, kaum merklich, dann gab sie sich einen Ruck. „Ich denke es kann nur von Vorteil sein, ihn nicht alleine zu erkunden.“„Wo es doch Sonderangebote gibt“, murmelte Elena grinsend, erfreut, dass ihre Herrin offenbar selbst merkte, was gut für sie war.

  • Ich äuge ein wenig unsicher in den Korb, den der Sklave des Aeliden trägt. Kleine Säckchen, Konfekt, irgendein Stück Stoff in einer leicht ungesunden Farbe. Was will er damit?


    "Hem, ich brauche eine weitere Lampe für meinen Schreibtisch, das war der- He Laas!" ich schüttele bedauernd den Kopf "Verzeihung, wie gesagt: eine Lampe - darum bin ich überhaupt auf dem Markt." Laas trottet zurück, in der Hand einen halben Apfel, der so aussieht, als hätte er einige Zeit am Boden gelegen.


    "Ich weiß nicht, ob Ihr Euch für sowas interessiert, oder? Was hattet Ihr eigentlich hier vor, außer nach Sonderangeboten zu schauen." Naja, Sonderangebote. Ist das schon wieder flavische Zickigkeit oder ist es normal, für gute Dinge auch gutes Geld zahlen zu wollen und sich nicht mit vielen anderen um Restposten an der Grabbelkiste zu keilen?


    "Glasmurmeln" steuert Laas bei und hält ein Säckchen hoch. "Die warn im Sonderangebot und sind echt Spitze. Jetzt brauch' ich nur noch 'ne Zwille."


    Ich nicke. Istgut, istgut. Ein Glück, daß ich keine Geschwister habe. Ziemlich nervig.


    "Nunja" sage ich etwas flatternd, Laas bringt mich immer etwas aus dem Konzept, "Glasmurmeln, ja."

  • Nun war es an Caius, zum ersten Mal seit diesem Zusammentreffen etwas irrtiert dreinzuschauen. Meinte sie das nun wie sie sagte oder sagte sie es, weil sie es so meinte? Leicht zertreut blinzelte der Aelier, und Katander erwiderte unterdessen entzückt den Augenaufschlag der Decimabegleitung.


    »Jaaah...« gab Caius in Ermangelung einer besseren Reaktion von sich und legte die Hand in seinen Nacken - eine Geste, die er meistens zeigte, wenn er nachdenklich war oder in eine Bredouille geriet. Dann allerdings sagte sie etwas, das ihn schlagartig alle Unsicherheiten vergessen ließ und den Kavalier hinauskehrte, der in gewisser Weise selbst in Callidus stecken musste. Und das, obwohl er sich hinter seinen Büchern vergrub.


    »Na selbstverständlich«, intonierte er und strahlte die Dritte im Bunde an.
    »Ist auch viel zu gefährlich für eine edle Dame wie dich, so ganz allein auf dem Markt.« Die Sklavin zählte nicht, entschied er. Obwohl er sich durchaus vorstellen könnte, dass sie einem allzu hartnäckigen Verehrer zähnefletschend an die Kehle gehen würde, sollte es nötig sein, die ihr Anvertraute zu schützen.
    »Nicht wahr, Flavius?« suchte er nach Unterstützung bei ebendiesem.


    Katander unterdrückte indessen nur mit Müh und Not ein Augenrollen. Es gelang ihm nur, weil der Blick der fremden Sklavin noch auf ihm ruhte, doch kaum sah er genauer hin, blickte sie bereits wieder fort.
    »Da hinten gibt's Lampen«, erwähnte Katander und deutete auf einen Stand, der sich irgendwo hinter jenem mit den bunten Wimpeln befinden musste.
    »Dann wäre das ja geklärt«, fasste Caius zusammen und deutete auf den Wimpelstand.
    »Sag mal, Flavius. Bist du eigentlich näher mit Flavius Gracchus oder Flavius Felix verwandt?« Man konnte schließlich nie früh genug damit anfangen, Kontakte zu knüpfen. Verstohlen musterte Caius Seiana. Eine wirklich anmutige Schönheit. Ob ihr vielleicht eine Strähne aus dem Haar fiel, wenn sie merkte, dass er sie ansah?
    »Oh, nichts bestimmtes eigentlich.« Katander verdrehte die Augen.
    »Ich wollte mich nur mal informieren, was derzeit so los ist in Rom. Die Märkte sind dafür ja bestens geeignet«, erzählte er und setzte sich in Bewegung. Katander schwieg und trug den Korb. Körbe brauchte man schließlich immer, um herauszufinden, was so los war in Rom. Für den Fall, dass man plötzlich an Schnäppchen vorbeikam...


    »Pssst, federnde Äste für zum Zwillenmachen gibt es hinter dem Mars-Ultor-Tempel - aber das hast du nicht von mir!« sagte er im Vorübergehen zu dem Sklavenjungen und warf ihm ein Grinsen über die Schulter zu, während die anderen bereits auf den schreiend bunten Stand zuspazierten. Da kam Katander eine nette Idee. Etwas, woran sein Herr mal wieder nicht dachte. Er steuerte die neue Bekanntschaft an und nahm die Tüte mit Konfekt herbei.
    »Möchtest du etwas Naschwerk, domina?« fragte er liebenswürdig - und hoffte, damit bei der Sklavin der Dame punkten zu können.

  • Zitat

    Original von Caius Aelius Archias


    "Certe", völlige Übereinstimmung - ich beschütze die Dame und der Aelide beschützt mich vor der Dame - und wir beide unsere Geldbeutel vor Beutelschneidern und wuchernden Händlern. Und in gewisser Weise sind wir uns gegenseitig die Anstandsherren. Die leichte Verhaltensänderung bei Aelius Archias ist mir schon aufgefallen, vielleicht mußte ich ihn vor Decima Seiana oder sie vor ihm ... das leichte Glitzern in seinen Augen erinnert mich an Pedro, wenn er gerade ein interessantes Mädchen entdeckt hatte. Meistens war ich dann sofort - puff - Luft für ihn, aber jetzt sind wir ja unter Erwachsenen.


    Wir setzen uns in Bewegung, nirgendwohin bestimmes anscheinend. "Im Grunde ja" beantworte ich Archias Frage nach meiner Verwandtschaft. "Man kann sicher sein, daß alles, was Flavius oder Flavia heißt, miteinander verwandt ist. Flavius Felix ist mein Großonkel und auch Flavius Gracchus ist mein Großonkel. Haben aber beide unterschiedliche Väter, sie sind also Cousins. In meinem Fall ist jeder, der Flavius heißt, mein Onkel oder eher noch mein Großonkel. Eine onkelreiche Familie, jedenfalls aus meiner Sicht.


    "Sollen wir da hinten mal nach Lampen schaun?" knüpfte ich an den Hinweis des aelischen Sklaven an und schaue mich nach ihm um. Laas grinst mich heiter und unschuldig an. Der aelische Sklave hat ihm gerade wohl irgendetwas ins Ohr geflüstert, Laas' Gesichtsausdruck ist irgendwie eigenartig, wie ein kleiner amor. Ob er meint, ich würde Aurelia Helena untreu? Ich zwinkere ihm zu und wende mich wieder meinen neuen Bekannten zu.

  • Seiana musste schmunzeln, als ihr Kommentar eher Verwirrung als Heiterkeit auszulösen schien, aber sie ging nicht weiter darauf ein. Stattdessen wurde ihr Schmunzeln noch etwas breiter, als die Herren sich anboten sie zu beschützen. Die Frage ‚Und wer schützt mich vor euch’, lag ihr auf der Zunge, aber sie verbiss sie sich rechtzeitig. Sie kannte beide zu wenig, als dass sie sich so einen Kommentar erlauben würde. Nur ihre linke Augenbraue wanderte leicht nach oben, bevor sie lächelte. „Eindeutig zu gefährlich.“ Der Markt strotzte vermutlich nur so vor verborgenen Untiefen und Gefahren, die sie nur noch nicht entdeckt hatte. Ihre Gedanken schweiften kurz ab, wanderten zurück, nach Spanien, und den Spielen, die sie sich früher als Kinder ausgedacht hatten… Selbst die langweiligsten Orte waren zu aufregenden Abenteuerschauplätzen geworden, allein durch ihre Phantasie. Seiana konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart und meinte zu dem Flavier gewandt: „Offen gestanden hatte ich gar nichts vor. Ich wollte nur ein wenig über den Markt schlendern“, weil mich Elena überredet hat…, „um“, ja, um was eigentlich? Um Zerstreuung, Ablenkung zu suchen von einem Haus, das sie noch gar nicht wirklich kannte? „ihn kennen zu lernen. Erst mal. Von daher richte ich mich gerne nach euch beiden, wo es hingehen soll.“


    Im Gegensatz zu Seiana bemerkte Elena durchaus, dass der Aelier ihre Herrin länger zu mustern schien als normal war, und innerlich schüttelte sie über diese den Kopf, aber sie hielt sich zurück, und während sie sich in Bewegung setzten und aus Seianas Haar sich tatsächlich eine Strähne löste – die sie allerdings nicht weiter beachtete –, begannen sich die beiden Männer über die Flavier zu unterhalten. Seiana konnte nicht viel dazu beitragen – zwar gab es auch einen hispanischen Zweig der flavischen Familie, aber sie hatte nie viel mit ihnen zu tun gehabt, und so hörte sie schweigend, aber dennoch interessiert zu, bis ihr der Sklave des Aeliers etwas anbot. „Gerne.“ Mit einem freundlichen Lächeln nahm sie ein Stück Konfekt, während Elena sich ein Grinsen verkniff. Auch wenn sie der Meinung war, dass ihre Herrin manchmal zu sehr dem folgte, was ihrer Meinung nach von ihr erwartet wurde, war sie in diesem Fall froh darum. „Das nächste Mal sollte ich sie vielleicht schubsen, wenn das immer so gut funktioniert“, murmelte sie leise vor sich hin und lächelte dem anderen Sklaven zu, der neben ihr ging, während Seiana in eine Richtung deutete. „Dort drüben. An diesem Stand gibt es Lampen.“ Verwirrt zog sie die Augenbrauen zusammen, als sie näher kamen und sie die Auslage genauer betrachten konnte. „Etwas… ausgefallene Modelle, scheint mir.“ Lampen in allen Formen und Größen schien es zu geben – bauchige, längliche, solche mit schlangenartigen Fortsätzen und jene mit fremdartig anmutenden Verzierungen. Darüber hinaus schillerten sie in allen möglichen Farben und allen unmöglichen Farbkombinationen. Etwas ratlos sah Seiana den Flavier an, bevor sie wieder die Ware musterte. „Ich weiß nicht… ob du hier tatsächlich etwas finden wirst…“ Möglicherweise fand sich ja irgendwo unter diesen teils recht absurden Lampen eine, die den Geschmack des Flaviers traf.

  • Caius nickte zufrieden, als Lucanus ihm zustimmte. Cleveres Bürschchen. Und Seianas Lächeln bewies doch eindeutig, dass sie ihn mochte. Oder nicht? Caius' Lebensgeister jedenfalls tanzten fröhlich im Kreis herum, und sein manchmal etwas vorschneller Verstand formulierte bereits die ersten Worte für das Werben um eine ganz bestimmte junge Dame. Jetzt musste er nur noch herausfinden, ob sie aus Rom stammte und ob ihr Vormund hier wohnte...
    »Über den Markt schlenden, um ihn kennenzulernen? Dann kommst du gar nicht hier aus Rom?« Klasse, Caius. Das war der erste Schritt.
    »Aber deine Familie lebt schon hier, nicht?« Numero Zwo. Caius schüttelte sich innerlich selbst die Hand.


    Zurück zu Lucanus, der immer noch neben Caius herging.
    »Deswegen fragte ich auch, ob du näher mit ihnen verwandt bist«, betonte Caius und grinste breit.
    »Großonkels also. Und willst du ihnen nacheifern? Politik und so? Oder vielleicht eher Priester werden, so wie dein Großonkel? Also, dein Großonkel Gracchus?« fragte Caius seinen neuen Freund mit den vielen Großonkels aus. Vielleicht, überlegte er, nannte Lucanus einfach jeden entfernten Verwandten Großonkel. So der Einfachheit wegen. Eigentlich eine gute Sache, zumindest kam man da nicht so schnell durcheinander wie bei Vettern weißdergeierwievielten Grades oder Großcousins. Praktisch.


    »Gehen wir also erstmal zu den Lampen«, verkündete Caius und beschloss damit das Ziel ihres gemeinsamen Bummels. Sie passierten den Stand mit den bunten Wimpeln und Fähnchen und steuerten auf einen zu, der verschiedenartige Lampen anbot. Katander führte sie dorthin, schließlich hatte jener den Stand auch zuvor entdeckt gehabt.
    »Hmmmm«, machte Caius und besah sich die Auslage mit aufgesetzter Kennermiene. Katander ahnte bereits Schlimmes, zog es jedoch vor, die Sklavin zu beobachten und sie zu fragen, was sie mit ihrem gemurmelten Satz meinte. Er stellte sich im gleichen Atemzug als Katander vor, langjähriger Sklave des Caius Archias, und bot seine Dienste an - wie auch immer die wohl ausfallen mochten. Caius indes bekam von alledem überhaupt nichts mit, denn er hatte eine Lampe in der geschwungenen Form eines nachempfundenen Frauenkörpers entdeckt.
    »Schau dir die mal an«, sagte er zu Lucanus und drehte die Lampe unter kritischen Blicken des Verkäufers in den Händen.
    »Mit der hättest du bei der Arbeit auch immer einen netten Ausblick«, witzelte er und grinste von Ohr zu Ohr.
    »Sag mal, Katander - braucht Callidus nicht mal ne neue Lampe? Die hier wär doch perfekt!« Katander tauschte einen Blick mit der Sklavin der Decima und seufzte schließlich.
    »Na ich weiß nicht«, murmelte er hilflos und zuckte mit der Schulter.
    »Eigentlich steht er ja nicht so auf sowas.« Und das war noch vorsichtig formuliert.
    »Hm«, machte Caius und runzelte die Stirn, ehe er von Lucanus zu Seiana sah und wieder zurück.
    »Was meint ihr? Also ich find die gar nicht so schlecht.« Plus: Callidus hatte keine Frau, die ihn für das Aufstellen einer solchen Lampe würde verhauen können.

  • „Nein, ich komme aus Tarraco. Ein Großteil meiner Familie lebt aber hier in Rom.“ Seiana überlegte einen Moment und fügte dann hinzu: „Ich bin erst vor ein paar Tagen hier angekommen.“ Alles weitere verschwieg sie – warum, wie lange, das war nichts worüber sie jetzt reden wollte. Vor allem über das Warum nicht. Und das Wie lange… sie wusste ja selbst nicht wie es weitergehen sollte. Aber zum ersten Mal seit längerem verzogen sich die trüben Gedanken und Grübeleien – nicht nur oberflächlich, sondern beinahe vollständig. Sie wollte nicht wieder damit anfangen, auch wenn das hieß, dass sie sich etwas wortkarg gegenüber ihrer neuen Bekanntschaft gab. Sie hörte sich lieber amüsiert die weitere Unterhaltung über diverse Großonkel an, die die zwei Männer führten, während sie die Lampen musterte und nach einer suchte, die ihr wenigstens etwas zusagte – es konnte doch nicht sein, dass jede der angebotenen so seltsam war.


    Elena stellte sich unterdessen ebenfalls vor und erklärte dann – so leise, dass Seiana es nicht hören konnte –, dass ihre Herrin es gerade nicht leicht hätte und etwas Spaß gebrauchen könne, sich dies aber ihrer Meinung leider viel zu selten gönne oder besser gesagt: sich meistens gar nicht darauf einließe, selbst wenn sich die Gelegenheit böte. Anschließend fragte sie Katander mit einem neckischen Augenaufschlag, was für ‚Dienste’ ihm denn vorschwebten. Seiana bekam davon tatsächlich nichts mit, war sie doch in genau diesem Moment damit beschäftigt, etwas verwirrt und ziemlich verblüfft den Aelier zu betrachten, der sich für eine der Lampen zu erwärmen begann. Genauer gesagt schien er begeistert zu sein. Seiana sah sich das gute Stück an, musterte ihn, anschließend den Flavier, nur um dann wieder, etwas zweifelnd, die Lampe zu betrachten. Meinte er das ernst? Es war nicht einmal so sehr die Form, die Seiana störte – im Gegenteil, diese Lampe hatte, im Gegensatz zu den meisten anderen, eine durchaus ansprechende Form. Aber die Farben… eine eher seltsame Mischung aus rot und grün zeichnete die Lampe aus. Und dann noch für ein Arbeitszimmer… Seiana legte den Kopf leicht schief. „Ich weiß nicht… Die Farben sind… gewöhnungsbedürftig.“

  • "Die Nähe ist eher geographischer Natur. Flavius Gracchus, Flavius Aquilius und ich wohnen unter demselben Dach. Wirklich näher verwandt bin ich nur mit Flavius Aquilius, dem Bruder meines Großvaters. Aber im Grunde spielt das eigentlich auch keine Rolle, wenn ich mit den anderen Flaviern nur den Ururgroßvater gemeinsam habe. Familie ist Familie."


    Auerdem versteht man sich mit weit entfernteren Verwandten auch oft besser, weil man nicht so unter Druck steht. Man ist sich Freund und hat zufällig auch denselben Gentilnamen. Und nach außen hin ist es für die anderen auch keine wirkliche Sache, wer jetzt wie mit wem ...


    "Jaja, Politik, Religion und so ... " knüpfe ich noch an, während wir langsam an den Ständen vorbeischlendern, mein Blick über die Auslagen schweifend.


    "aber das eine schließt ja das andere nicht aus, im Gegenteil! Nur was, achje, das ist ja im Grunde nicht meine Entscheidung, sondern die meiner Familie und zweifellos werde ich den cursus honorum beschreiten müssen; viel Wahlmöglichkeiten gibt's da im Grunde nicht." Solange niemand auf die Idee kommt, ich solle mich beim Militär verpflichten - 'Männer, kommt zu den Legionen, da erlebt ihr Abenteuer usw.' ...


    "Tarraco?" hake ich bei Decima Seiana nach. "Tatsächlich? Ich komme aus Flaviobriga an der hispanischen Atlantikküste. Mein Onkel Flavius Furianus ist ja über Hispanien Proconsul, auch wenn er nicht aus dem hispanischen Zweig der Familie ... oh nein!" Ich werde rot und mache ein Gesicht, als hätte man mir diese Lampe mit dem Frauenkörper über den Schädel geschlagen.


    "Ich, äh, suche etwas schlichtes, am besten vierflammig mit beweglichen Armen, nicht, äh, sowas." Aelius Archias' Geschmack hält wohl noch Winterschlaf.

  • Caius nickte. Das verstand er. Natürlich gab man sich gern als Verwandter von demunddem aus, besonders, wenn derjenige bereits einen Namen besaß. Er selbst konnte also stolz darauf sein, dass Callidus sein Vetter war. Und Quarto sein....sein.... Verwandter eben.
    Verwundert bedachte Caius Lucanus mit einem Seitenblick.
    »Öhm...« begann er mit fragendem Unterton und runzelte die Stirn.
    »Also, du willst damit sagen, dass du da...gar kein Mitspracherecht hast?« hakte er nach. Puh, wenn das wirklich so war, war er doch froh, nur ein kleiner Mann im Bienenstock des Kaisers zu sein. Zumindest erstmal. Und patrizisch würde er ohnehin wohl nie werden, was auch gut so war. Fand er. Und Lucanus kam ihn gar nicht so schnöselhaft vor. Ob das an seinem Alter lag? Caius warf gleich noch einen prüfenden Blick auf den Flavier.
    »Hm, wie alt bist du eigentlich, Flavius?« fragte er schließlich. Und diese Frage gereichte Katander zu einem Seufzen und klammheimlichen Augenrollen. Wo ein Fettnäpfchen war, da war auch immer jemand, der hereintrat. Und wenn sein Herr sich in der Nähe befand, war er es für gewöhnlich selbst.


    Da wandte er sich lieber der kecken Sklavin zu.
    »Och, ich dachte da an- « begann er, würde jedoch von Caius unterbrochen, als dieser sich zu der Lampe äußerte.
    »Gewöhnungsbedürftig?« Er sah von Seiana zu Lucanus und wieder zurück, seine Miene unverständlich.
    »Genau das macht sie einzigartig. Ihre erlesene Form, in Kombination mit diesen ultrahochmodernen Farben bringt nicht nur den Raum des Besitzers, sondern auch dessen Wangen zum Glühen«, pries er das hässliche Ding an und meinte damit 'vor Freude'. Katander grinste kurz hinterfotzig und murmelte etwas.
    »Joa, vor Scham, wenn Besuch kommt...«


    Caius indes hatte das nicht vernommen und himmelte nach wie vor die Lampe an. Sogar der Händler grinste erheitert. Vermutlich freute der sich, dass er den Schund endlich los wurde. Und prompt...
    »Naja, ich nehm sie. Callidus freut sich bestimmt«, sagte Caius und reichte dem Händler das geschmacklose Teil.
    »Eh... Die Flamme kommt...woraus?« fiel ihm dann noch ein und blinzelte den Händler an, welcher breit grinste und die Öllampe für den Aelier kurz entzündete. Woraufhin die Brüste der nachempfundenen Dame Feuer fingen.


    Katander konnte sich nun nicht mehr halten und lachte meckernd drauflos, er knuffte Elena in die Seite und kicherte. Caius indes gewann an Farbe und ähnelte nun um ein Haar selbst der Lampe.
    »Ich nehm....sie wohl lieber doch nicht«, sagte er dem Händler und trat drei Schritte vom Tresen zurück. Er räusperte sich vernehmlich.
    »Äh...und....was...macht ihr sonst so?« wollte er recht plump ablenken. Katander kriegte sich langsam wieder ein, nicht zuletzt des bösen Blickes wegen, den Katander ihm zuwarf.

  • Aelius Callidus freut sich bestimmt? Ich stelle mir vor, wie dieses ... dieses Ding im Büro des Rectors steht und ihm in einsamen Stunden des Studiums ... nein, ich will nicht darüber nachdenken. "Hübsch häßlich" als leichthin gesagtes Lob würde in diesem Fall einen defätistisch-bösartigen Charakter bekommen, würde man diese, ähm, Lampe damit beschreiben wollen. Ich wende mich leicht ab, die Demonstration ignoriere ich geflissentlich, hoffe, nicht allzu demonstrativ zu wirken. Wo ist Laas eigentlich wieder? -.^


    "Nunja, Vestalin würde ich nicht gerne werden. :D Den Wunsch werden meine Onkel sicherlich verstehen, außerdem bin ich dazu schon zu alt, ich werde demnächst zwanzig." Ich zucke mit den Schultern.


    "Viele Möglichkeiten gibt es nunmal nicht, natürlich kann ich einfach Fischer werden oder Gelehrter, aber das wäre undankbar und selbstsüchtig, nicht? Was ich bekomme, muß ich auch zurückgeben und die Aufgaben übernehmen, die erfüllt werden müssen." Was das dann ist, spielt ja keine Rolle, wichtig ist, daß ich die Aufgabe erfüllen kann und es auch so gut wie möglich tue. Und: wenn ich ehrlich bin - eine echte Vorliebe habe ich nicht, außer vielleicht Fischer zu werden, aber das ist ziemlich weit weg.


    "Und Du? Hast Du ein ... Mitspracherecht? Wohin willst Du Dich wenden? Schließlich bist Du auch indirekt mit dem Kaiserhaus verwandt - willst Du Gemüse in Campanien züchten?" :)

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