Das Begräbnis des Kaisers

  • Die Sitzung hatte an diesem Tag gerade begonnen, als der Consul den ersten Tagesordnungspunkt verlas.


    "Quirites! Ich wurde davon in Kenntnis gesetzt, daß die Truppen nach Italia zurückgekehrt sind und die Asche des Imperators nach Rom zurückgebracht haben. Der Senat sollte darüber entscheiden, an welchem Ort der Verstorbene begraben werden soll und ob ein Staatsbegräbnis in unser aller Sinne sei."

  • "Natürlich ist ein Staatsbegräbnis in unserem Sinne und wozu wird gerade wohl ein Ulpianum gebaut?" murmelte Macer nur halblaut zu seinen Nebensitzern, da es wie immer den amtierenden Magistraten vorbehalten war, als erste mit einem tatsächlichen Redebeitrag an der Debatte teilzunehmen.

  • Da Gracchus derzeitig nicht nur Aedilis Curulis, sondern gleichsam auch noch immer Pontifex war, und das Collegium Pontificium bereits während einer Sitzung eben jene Thematik in ähnlicher Weise hatte durchdacht, erhob er sich, um zu sprechen.
    "Ein Staatsbegräbnis muss zweifellos in unserer aller Sinne sein, gleichsam jedoch sollten wir in dieser Angelegenheit die Ankunft des designierten Kaisers abwarten, da die Ehre, jenem Akte beizuwohnen, gar ihn anzuführen, diesem nicht nur als Imperator zusteht, sondern gleichsam auch als an Kindes statt angenommenem Sohn des Ulpius Iulianus. Da die körperliche Hülle des Ulpianus bereits in Parthia dem Feuer wurde übergeben und seinem Geist der Übertritt in die elysischen Gefilde ermöglicht, bleibt genügend Raum, um bis zur Ankunft seines Sohnes zu harren."

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  • Da Durus inzwischen zu den Praetoriern gehörte, saß er nun nicht mehr neben Macer im Senat, wo alles streng nach Rangfolge aufgestellt wurde. Als Gracchus das Wort ergriff, stimmte er zu, hatte jedoch noch eine Idee zusätzlich.


    "Da das Ulpianum nicht gebaut ist, wäre es vielleicht sinnvoll, vorläufig eine alternative Grabstätte zu suchen, die wir dann dem Caesar anbieten könnten. Später könnte man ihn ja immer noch in das Ulpianum umbetten."


    Da noch immer alle Tempel standen und nicht einmal das Fundament des Ulpianum gelegt waren, war das wohl die beste Lösung, wie Durus fand.

  • Ein Armutszeugnis für den Senat, daß dieses große Projekt noch immer nicht fertiggestellt wurde. grummelte Hungi in seinen Bart. Dies blieb aber nicht seine einzige Wortmeldung.


    Selbstverständlich ist ein Staatsbegräbnis dem verstorbenen Kaiser angemessen. Ich stimme Flavius zu, daß wir auf die Ankunft des Valerian warten sollten und stelle gleich die Frage, wann wir damit denn rechnen können?

  • Menecrates zog erstaunt die Brauen nach oben. Wurde hier tatsächlich darüber diskutiert, ob es ein Staatsbegräbnis geben würde oder nicht? Als sich der Claudier zu Wort meldete, ging er jedoch nicht auf diese ihm überflüssig erscheinende Fragestellung ein, sondern er gedachte, die Diskussion mit konkreten Einwürfen zu beleben. Auf jeden Fall wollte er für sich selbst den Durchblick schaffen, weil es ihm so vorkam, als sei er der Einzige, der ein Problem mit den Gottheiten sah. Möglicherweise war er selbst aber auch nicht auf dem Laufenden, wer wusste das schon?


    "Über den möglichen Ort der Bestattung kann doch durchaus schon im Vorfeld beratschlagt werden. Unsere Möglichkeiten sind ja nicht allzu groß. Um im sakralen Stadtbezirk bestattet werden zu können, müsste Iulianus zum Gott erhoben werden. Die Frage ist doch jetzt, wann soll dies geschehen? Nach der Fertigstellung des Ulpianum? Dann müsste seine vorübergehende Ruhestätte VOR den Stadtmauern zu suchen sein. Beschließen wir, ihn sofort zu erheben, würde mir spontan eine zeitweise Unterbringung im Mausoleum des Augustus einfallen. Beispielsweise…"


    Sicherlich gab es noch diverse andere Möglichkeiten.


    "Sinnvoll erscheint es mir außerdem, die Gelegenheit zu nutzen und den Bau des Ulpianums als Thema einer der nächsten Sitzungen anzusetzen. Bereits während meiner letzten quaestur, die ja bekanntermaßen einige Zweit zurückliegt, habe ich mich freiwillig als Berater für dieses Projekt angeboten, konnte aber aus Mangel an Befugnis rein gar nichts bewirken. Der Fortschritt in dieser Sache ist derart beschämend, dass er fast zur Feststellung berechtigt, der Senat sei inkompetent."

  • Auch Senator Avarus stimmte dem Vorschlag des Flaviers zu. Dies sichtlich durch ein knappes Nicken. Wörtlich hielt er sich diesmal raus. Immerhin gab es bei einem Kaiserbegräbnis traditionellere Römer, die verinnerlicht hatten, wie man diese Gebeine bettete. Als Zugezogener nach Rom hatte der Germanicus noch keinen Kaiserkult im Todesstadium beigewohnt.


    Zum Ulpianum gingen ihm nur einige Gedanken durch den Kopf. Das stümperhafte Vorgehen erreichte schon den Status legendär. Aber der Senat hatte es damals so gewollt. Wer eben willig zu billig ist, muß die Konsequenzen später auch tragen können. Weiter belastetete Avarus sich dann nicht damit, sondern lehnte sich auf seinem Platz etwas zurück, um die Szenerie weiter nur zu beobachten.







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  • Ganz wie der Consul erwartet hatte, fiel das Staatsbegräbnis als solches auf die selbstverständliche Zustimmung der Senatoren. Der Rest der Debatte war kontroverser.


    "Das Ulpianum ist in der Tat kein Glanzpunkt der Planung und Umsetzung."


    Er gab dem Senatsschreiber den Wink, das Stichwort für die nächste Tagesordnung vorzusehen.


    "Über die Ankunft des Caesaren in Rom ist nichts genaues bekannt. Die Delegation des Senates ist auf dem Weg zu ihm. Den letzten inoffiziellen Meldungen zufolge reist der Caesar nur langsam. Wir sollten uns einen geeigneten Aufbewahrungort für die Asche des Imperators erwählen, sowohl im Hinblick auf das ungewisse Eintreffen seines Sohnes als auch auf das Fehlen des Ulpianums."

  • Dazu wiederum konnte Tiberius Durus etwas beisteuern. Dass Menecrates den Senat beinahe als inkompetent bezeichnete, belustigte ihn jedoch vorher ein wenig. Das klang ja fast wie der Pöbel auf der Straße! Aber dann war er doch wieder ernst - es gab wohl kaum ein ernsteres Thema als den Tod...


    "Bis zum Begräbnis empfielt das Collegium Pontificium, die Asche des Iulianus wie üblich in seinem Haus aufzubewahren, also in der Domus Augustana. Wir haben bereits einen Brief an den Praefectus Praetorio gesandt, um ihn darum zu bitten.


    Wir können uns also ganz der Zeit nach dem Begräbnis widmen."


    Die Ulpianums-Sache an sich wollte er gar nicht erst kommentieren. Inzwischen fragte er sich, ob dieses Bauwerk überhaupt tatsächlich gewollt war...

  • Hungi sah ein wenig erstaunt seinen Klienten und Mitsenator Tiberius an.


    Wieso den Praefectus Praetorio darum bitten? Hatte Hungi etwas nicht mitbekommen? War Crassus jetzt etwa der Oberchef über das Haus des alten und neuen Kaisers?

  • Den Vorschlag, das Mausoleum des Augustus zu verwenden, fand Macer zwar interessant, aber er konnte ihm nicht zustimmen. "Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist, wenn sich der verstorbene Kaiser die Begräbnisstätte mit einem seiner Vorgänger teilen muss", nahm er daher an der Debatte teil. "Auch wenn es nur zeitweise wäre, würde es meiner Meinung nach weder seinem Andenken noch dem Andenken an eben jenen Vorgänger angemessen sein. Wir sollten einen würdigen Ort finden, der bisher keine solche Funktion hat."


    Um die rituelle Stadtgrenze machte er sich dabei wenig Sorgen. Rom war schon lange darüber hinaus gewachen und hatte auch außerhalb viele Bauwerke zu bieten.

  • Durus verzichtete darauf, seinen Patron darauf hinzuweisen, dass das Collegium Pontificium eben nur Gutachten erstellen konnte und nicht in der Position war, Befehle zu erteilen. Aber im Grunde war eine Bitte des Collegium Pontificium ja so etwas wie ein Befehl, wie auch ein Senatus Consultum praktisch ein Gesetz war.


    Doch dann kehrte die Aufmerksamkeit wieder zu der Sachfrage des heutigen Tages zurück und auch Durus beschloss, einen Vorschlag abzugeben. Aber eigentlich hatte er keine Idee...die Tempel waren den Göttern vorbehalten, die übrigen Gebäude hatten bereits die ein oder andere Funktion. Innerhalb des Pomeriums war es ohnehin nicht gestattet...diesmal musste sich der Tiberier wundern, dass Iulianus in diesen Belangen nicht vorausschauend gehandelt hatte.


    ""Vielleicht wäre es sinnvoll, in der Saepta Iulia ein repräsentatives Grabmahl zu errichten. Im Augenblick finden dort häufig Märkte statt, aber ich denke, man könnte dort leicht einen Steinsarkophag und einige Figuren errichten, sodass es ein würdiges Grab für einen Kaiser würde."


    Die Saepta Iulia hatte zudem einen republikanischen Beigeschmack - hatten doch dort einstmals die Wahlen stattgefunden! Dort einen Kaiser zu bestatten, war auch ein Machtsymbol des Senates, wie er fand...

  • "Könnte man nicht vielleicht auch eines der alten Stadttore als Begräbnisstätte verwenden", schlug Macer vor, ohne dass er diese Idee für so viel besser halten würde. "Das hätte durchaus auch symbolischen Charakter, denke ich. Gerade wenn es sich um eine vorläufige Stätte handelt, würde sie diesem Übergangszustand angemessen Ausdruck verleihen. Zudem sind die Stadtmauern auch ein Zeichen der Stärke und ein solches wäre dem Verstorbenen Kaiser sicher angemessen. Oder zumindest vielleicht etwas besser geeignet als ein Marktplatz, immerhin ist er auch vor den Mauern von Dura Europos verstorben und nicht beim Zählen seines Vermögens", versuchte er ein paar Stichworte zu geben, die ihn zu diesem Vorschlag geführt hatten.

  • Durus fand die Idee an sich nicht schlecht, nur kam ihm ein Bedenken...


    "Und wie stellst du dir diese Ruhestätte vor? Die meisten Stadttore liegen doch noch immer an wichtigen Straßen - soll man die Grabstätte dann über dem Durchgang errichten? Ich fürchte nämlich, dass an einem Ort, den täglich tausende Menschen passieren, die Voraussetzungen für eine Ruhestätte nicht unbedingt gegeben sind."


    An dieser Stelle kam ihm, dass dies bei der Saepta Iulia ebenfalls kaum der Fall war - andererseits konnte man diesen Markt wohl leichter verlegen als den Verlauf einer Straße.

  • Macer kratzte sich langsam am Kopf. "Ja, das ist sicher ein guter Einwand. Mit Ruhe wird es an einem Stadtor nicht allzu weit her sein. Einige Tore scheiden daher sicher aus." Zumal es auch welche gab, die gleichzeitig als Aquaeduktbrücke dienten und daher überhaupt keinen Raum boten, eine Begräbnisstätte einzurichten oder zumindest nicht beliebig umgebaut werden konnten. "Andererseits hätten wir das Problem ja auch bei der Nutzung irgendeines Forums. Zumindest die Plätze im Zentrum der Stadt sind in ständiger Benutzung. Es sei denn, wir finden auf einem der äußeren Hügel der Stadt einen kleineren Platz, ruhig, aber nicht zu abgelegen, wo man ein entsprechendes Ehrenmal errichten kann."

  • "So es sich nur um eine vorübergehende Lösung würde handeln, würde sich ebenso die Gruft der Gens Ulpia an der Gräberstraße anbieten, allfällig könnte sie um ein repräsentatives Grabmahl erweitert werden, welches nicht eben so pompös und aufwändig wie das Ulpianum wird sein, dafür jedoch in absehbarer Zeit realisierbar"
    , warf Gracchus die einem Toten naheliegendste Begräbnisstätte in die Runde, da ihm ebenfalls kein Gebäude in den Sinn wollte kommen, welches als Ruhestätte eines Kaisers innerhalb der Stadtmauern wäre angemessen, ohne gleichsam bereits mit einer Funktion oder einem Bewohner belegt zu sein.

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  • Macer blickte den Senatskollegen eine Weile verblüfft an. Nicht so sehr verblüfft darüber, dass dieser diesen Vorschlag gemacht hatte, sondern eher darüber, dass noch niemand vorher auf diese naheliegende Idee gekommen war. "Ich stimme dem Kollegen zu. Die einfachsten und naheliegendsten Gedanken sind manchmal einfach die besten."


    Nun wusste Macer allerdings spontan nicht, an welcher Straße es schon ein Grabmal der Ulpier gab und in welchem Zustand es war. Er wusste nicht einmal, welche Ulpier vor den Mauern Roms überhaupt begraben waren. Es rächte sich mal wieder, dass er sich kaum für fremde Familiengeschichten interessierte. Da machte er beim Kaiser keine Ausnahme.

  • Ich finde auch, daß dieser Vorschlag am besten klingt. meldete sich auch Hungi mal wieder zu Wort. Und weil er gerade draufkam, daß noch etwas nicht wirklich hinterfragt wurde: Der Zeitpunkt des Begräbnisses wurde meines Wissens nach noch nicht erörtert, oder habe ich diesbezüglich etwas verpasst?

  • Durus war ebenfalls ziemlich überrascht. Er hatte gehört, dass der Kaiser aus Hispania kam, daher war er davon ausgegangen, dass dort auch seine Toten begraben waren. Wenn seine Familie allerdings in Rom bestattet war, war es natürlich einleuchtend, ihn ebenfalls dort aufzubewahren. Und Gracchus würde so etwas sicher nicht sagen, ohne zu wissen, dass es dieses Grabmahl auch gab.


    "Ich stimme ebenfalls zu."


    Und bei dieser Gelegenheit sah er gleich zu seinem Patron und meinte


    "Er wird bestattet, sobald der Caesar in Rom eintrifft. Es ist das traurige Vorrecht des Sohnes, seinen Vater zu Grabe zu tragen."

  • Der Consul schaute zu jenen Senatoren, die sich bisher nicht zu Wort gemeldet hatten.


    "Keine weiteren Meinungen? Dann werden wir dem Caesar unmittelbar nach seiner Ankunft diesen Vorschlag unterbreiten und jetzt schon entsprechende Vorbereitungen treffen. Sofern der Caesar unseren Vorschlag dann nicht ablehnt und durch einen eigenen ersetzt, kann die Bestattung dann zügig vorgenommen werden."

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