Ein Abschied aus dem römischen Reich...

  • Der Winter kam. Die Tage wurden kürzer, dunkler und düsterer. Ebenso war es Eilas Stimmung ergangen. So sehr sie sich auch in den letzten Monaten und Jahren bemüht hatte, so wenig hatte der Schmerz, der in ihr war, nachgelassen. Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Lebte und lebte zugleich doch nicht. Nach dem Tod ihres Bruders hatte ihr Leben bis zu einem gewissen Punkt seinen Sinn verloren, wie sie sich zusehends eingestand. Und obwohl ihr viele der Menschen in ihrer Umgebung viel bedeuteten - so wie Witjon oder natürlich ihre Nichte Naha - reichte dies nicht aus, ihr die Kraft zu geben, die sie brauchte, um so weiter zu machen wie bisher.
    Es war an der Zeit, gestand sie sich daher nicht ohne Trauer ein, einen neuen Weg zu gehen. Einen, der sie zwar nicht würde vergessen lassen, was gewesen war. Aber einen, der sie - die Erinnerungen in sich wahrend - vielleicht wieder glücklich machen würde. Hier in der Casa Duccia, in Mogontiacum war einfach zu viel, das sie nicht losließ oder nicht loslassen konnte. Und das musste sie, wenn sie wieder zu sich selbst finden wollen würde.
    Viele Gedanken, ein Ergebnis. Eila hatte sich entschlossen nicht nur Mogontiacum, sondern das gesamte Römische Reich zu verlassen. Sie würde dorthin zurückkehren, wo sie herkam. In ihre Heimat. In das freie Germanien.
    Sie hatte sich im Stillen einzeln von denen verabschiedet, die ihr etwas bedeuteten. Sie wollte keinen großen Abschied. Nein, sie hatte denen auf die es ankam, gesagt, was zu sagen war und das sollte reichen. Daher saß sie an diesem kalten und nebelverhangenen Morgen allein auf ihrer geliebten und schwer beladenen Stute Neisti, als sie durch das Tor Mogontiacums ritt. Sie drehte sich einmal um und blickte seufzend auf das zurück, was sie hinter sich ließ. Diesen einen Moment gab sie sich dem Schmerz hin. Dann wandte sie sich um, entschlossen, nicht wieder zurück zu blicken. Sie atmete die frische, kalte Morgenluft tief ein und drückte dann ihre Fersen fest in Neistis Seite. Voran, dachte sie, voran.

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