Anleitung zum Unglücklichsein

  • Es geschah eines schönen Tages, dass niemand Geringerer als der ehrenwerte A. Flavius Piso, in Gedanken versunken, weitab aller Realität, über die Märkte Roms einherging. Waren es noble Ideen, denen der Patrizier in seinen Gedankengängen nachging? Wohl kaum. Innerlich war er gerade dran, sich vollends fertig zu machen. Ein Bösewicht in seinem Hirn sprang auf und ab, ihm ständig zurufend: Du bist Schuld! Du bist Schuld! Die Märkte, die ihm früher so viel Freude und Spaß bereitet hatten, wie fade und langweilig waren sie dieser Tage! Fast könnte man meinen, der Flavier wollte sich selber herunter ziehen, indem er genau diesen Ort auswählte als Ziel seines bisher ziellosen Herumschlenderns in Rom.
    Denn dies hier war die Gasse in den Märkten, die er mit Serrana entlang gegangen war. Und vor ihm nun erschloss sich ihm der kleine Platz, wo der Parther mit dem frechen Grinsen seinen Elefanten zum Reiten angeboten hatte. Er konnte sich nicht einmal mehr richtig an den Ritt erinnern. Er wusste nur noch – es war schön gewesen. Das Bild von der schönen Tochter des Decimus Verus ging ihm nicht aus dem Sinn. Er wollte es gar nicht aus seinem gedächtnis verdrängen, im Gegenteil. Er baute darüber auf. Verklärte die Decimerin zu seinem Idol, zur Perfektion erhob er sie. Niemals würde es einer anderen Frau gelingen, so zu sein wie sie! Niemals würde er wieder eine Frau lieben, glaubte er, als er über den Platz schlich.
    Auf den Boden schaute er unwillkürlich. Er suchte nach Holzsplitter vom Podest, auf welchem der Parther gestanden war. Er suchte nach Elefantendung. Doch nichts war mehr da, der Mann war vor Ewigkeiten schon abgezogen.
    So wie Decima Serrana. Ihr Vater hatte sich die Schuld daran gegeben, dass sie gegangen war, spurlos, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Doch das war nicht die Wahrheit. Er war es gewesen, redete sich piso ein. Er war es gewesen, der sie dazu getrieben hatte zu gehen. Mit seiner aufdringlichen Art! Mit seinen Aufforderungen! Wieso hatte er sich nicht zurückhalten können? Wieso musste er sie in den Wahnsinn treiben?
    Dies war der Grund gewesen, warum sie geflüchtet war. Er war der Grund, und niemand sonst.
    Piso atmete tief ein und schritt weiter. Flüchtig blickte er eine leichte Dame neben sich an, die eigentlich ziemlich schwer war. Nein, so war Serrana nicht gewesen, dachte er, als er an ihr vorbei ging. Sie war perfekt gewesen...
    Er blieb stehen und seufzte. Gerade wollte er weiter gehen und seinen traurigen Gedanken weiter nachhängen. Da merkte er etwas an seinem Ellenbogen. Es war ein unangenehmes, ja, fast schon schmerzhaftes Zwicken. Er fuhr herum und blickte in das grinsende Gesicht der unansehnlichen Prostituierten von eben.
    „Na, Süßer? Du schaust traurig aus. Willst du dich ein bisschen amüsieren?“ Piso blickte die Frau streng an. „Nein, danke.“ Das unmoralische Ding lachte. Sie wusste, dass Patrizier gut zahlten. Jene konnte man gut übers Ohr hauen. „Komm schon.“ Piso schüttelte den Kopf, und seinen Körper selber schüttelte es, als sie begann, ihn mit ihren Armen zu umschlingen. „Mir ist wirklich nicht danach.“, meinte Piso scharf. Wie sollte er jemals wieder mit einer anderen Frau das Bett teilen? Das kam nicht in die Tüte!
    Und das Flittchen merkte das ebenfalls, denn als ihre rechte Hand noch seinen Hals umkoste, griff ihre linke Hand geschickt nach seinen rechts hängenden Geldbeutel. Sie hoffte wohl, Piso würde das, abgelenkt wie er war, nicht merken.
    Doch sie hatte sich getäuscht. Piso jaulte auf, als ob sie ihm in die Weichteile gekickt hätte, und umgriff seinen Beutel mit beiden Händen! Er hatte einiges an Geld da drinnen, das würde er sich nicht von einer Prostituierten, Schrägstrich, Diebin klauen lassen. Er riss sich unter Aufwendung all seiner Kräfte weg, drehte sich um, und rannte, was das Zeug hielt, direkt in irgendjemandes Arme.
    Er keuchte entsetzt. Das musste die Diebin sein! Jetzt war er geliefert! „Lass mich los, du mieses, verdammtes Stück, du willst mich doch umbringen, du billiges Flittchen du, du Drecksweib, du elend... OOOOOHHHHHHH, gnädigste Aurelia, welch Freude!“ Er rang sich ein verlegenes Grinsen ab, als er sah, in wen er da wirklich hineingerannt war.


    Sim-Off:

    Reserviert :D


    EDIT: Farbe...

  • Es war ein Tag wie viele andere auch, an dem die Langweile die Aurelia auf die Märkte Roms getrieben hatte. Zwar kannte sie mittlerweile fast jeden wichtigen Laden in dieser Stadt, doch langweilig wurde es ihr beim Einkaufen eigentlich nie. Jedes Mal staunte Prisca erneut über die Vielfalt an Waren und wunderte sich stets aufs Neue, aus welchen Winkeln der Erde diese wohl stammen könnten. Ob nun funkelnder Schmuck, edle Kleider und Stoffe, duftende Öle, leckere Köstlichkeiten oder auch exotische Tiere und Sklaven. Für das Begutachten und Anprobieren, das Probeschnuppern und Kosten reichte ein einziger Tag allein kaum aus.


    Ein Tag wie dieser also, an dem Prisca wieder einmal, zusammen mit ihrer Leibsklavin und ihren beiden Leibwächtern Einar und Bernulf, über die Marktplätze und durch die Basare streifte, wo unzählige Händler mit vollmundigen Worten ihre Waren anpriesen. Mal blieb die junge Patrizierin stehen und betrachtete eingehend die Auslagen, dann schlenderte sie scheinbar ziellos zum nächsten Stand hinüber und überblickte diesen nur flüchtig. Die beiden custodes hatten demnach alle Hände voll zu tun um die übrige Menschenmenge genügend auf Abstand zu halten. Immer zwei Schritte hinter ihrer Herrin folgte Saba, die besonders darauf achtete, dass das Kleid der Aurelia korrekt saß und vor allem nicht schmutzig wurde. Denn ausgerechnet ein weißes Kleid hatte es heute sein müssen, an diesem schönen und sonnigen Tag.


    Eben hatte Prisca an einem Stand eine Tüte gebrannter Mandeln erstanden welche sie nun - gedankenverloren knabbernd - auf ihrem weiteren Weg verzehrte. Im übrigen eine weitere Herausforderung für die Leibsklavin, im Gehen etwaige Krümel von den Falten des Kleides ihrer Herrin fern zu halten.


    Gut gelaunt bog die junge Aurelia mit ihrem kleinen Gefolge in eine Gasse ein von der sie gehört hatte, dass es dort einige gute Schmuckhändler geben sollte. Das hier um diese Zeit auch Prostituierte verkehrten ahnte und interessierte die Aurelia allerdings nicht. Lediglich den Argusaugen ihrer Begleiter fiel auf, dass ganz in der Nähe ein Mann von einer leichten Dame bedrängt wurde, die ihn anscheinend ohne Gegenleistung um sein Geld erleichtern wollte. "Herrin wir sollten besser einen anderen Ort aufsuchen. Hier ist es nicht sicher!", flüsterte Einar deshalb dezent seiner Herrin zu in der Hoffnung, sie würde seinem Ratschlag sofort folgen. "Ja ja …gleich …", winkte Prisca jedoch ab, ohne von den Schmuckauslagen aufzusehen. Sie hörte nur beiläufig hin wie die beiden nahestehenden Personen miteinander stritten und es kümmerte sie nicht weiter. Wozu hatte sie schließlich zwei starke Beschützer dabei.


    Diese waren allerdings gerade damit beschäftigt den Rückweg zu sondieren, so dass weder sie noch Prisca selbst verhindern konnten, was geradewegs wie ein Wirbelwind und in Gestalt eines Flaviers auf sie zu geprescht kam.


    Prisca fühlte zuerst einen unsanften Stoß, der sie zum Glück nur gegen Saba drückte und nicht gänzlich umwarf. Dann erst realisierte sie nacheinander wie in Zeitlupe, wie:

    .. sie eng umschlungen mit diesem Fremden rang, der sie beinahe völlig umgerannt hätte ..
    .. ihr dabei die Tüte aus der Hand glitt und ein paar von den gebrannten Mandeln ihr schönes weißes Kleid beschmutzten ..
    .. Saba noch entsetzt auf schrie "Oh nein Herrin pass auf, dein schönes Kleid"Als ob mich das jetzt interessieren würde ..
    .. gleichzeitig ein wahrer Schwall an unflätigen Beschimpfungen auf sie einprasselte … umbringen, du Drecksweib, du elende … also bitte, ich hör wohl nicht recht? ..
    .. sich dann jene Stimme sofort ins Gegenteil wandelte und süßlich grüßend ihren Namen nannte. Moment, die Stimme kenn ich doch. Nur woher kennt sie mich? ..
    .. sich dann herausstellte, wem die Stimme gehörte Das ist doch der Flavier, von der Hochzeit meines Onkels. Du meine Güte. So eine schmutzige Ausdrucksweise hätte ich dem nie zu getraut..
    .. ihre beiden Leibwächter sich gerade auf den potentiellen Attentäter stürzen wollten um ihn mit ihren Holzknüppeln zu bearbeiten ..


    Ach herrje, das geht jetzt zu weit! - "Halt!..."gebot Prisca irritiert blinzend ihren custodes im letzten Moment Einhalt, worauf diese den Angreifer lediglich mit ihren Blicken durchbohrten. Ebenso böse sah Saba den Fremden an während sie hastig das Kleid der Aurelia wieder zurecht zupfte. "Hat er dir weh getan Herrin? Sieh nur wie der schöne Stoff jetzt aussieht. So ein Rüpel", wetterte sie dabei leise vor sich hin, ohne von ihrer Herrin beachtet zu werden.


    "Flavius??...", und wie hieß er gleich noch? "Piso!", presste Prisca den Namen des Flaviers hervor, während sie ihn ungläubig anstarrte und erst einmal Luft holen musste. In ihrer Stimme schwang eine Mischung aus Vorwurf, Erstaunen, Angst, Ungläubigkeit aber auch Freude mit. Ja - der Flavier war ihr damals auf dem Schiff durchaus aus sympathisch erschienen und in Erinnerung geblieben, auch wenn er sich damals kaum für sie interessiert hatte. War da nicht eine junge hübsche Decima bei ihm? Ob die weiß was für schmutzige Worte er in den Mund nehmen kann? Ich bin schockiert Aus den Augenwinkeln heraus glaubte die Aurelia die eigentliche Empfängerin der Schimpfworte, eine grell geschminkte lupa, ausgemacht zu haben. Galt ihr sein Wutausbruch? Prisca beäugte kurz die fremde Frau und dann wieder eingehend den Flavier, dabei zog sie fragend eine Augenbraue hoch. Wollte er gar? Nein ! Also mit so Einer doch hoffentlich nicht freiwillig, oder? …


    Pisos leicht verlegenes Lächeln ließ indes den Eindruck, der sich Prisca aufdrängen wollte, sofort wieder verblassen und auch der Schock war schnell überwunden angesichts der Tatsache, dass hier ein Angehöriger aus edlem Patrizierhaus vor ihr stand : "Die Freude ist ganz meinerseits. So ein Zufall!… Du hättest mich allerdings nicht gleich mit so vielen Komplimenten auf einmal überhäufen müssen", versuchte die Aurelia seine unpassend gewählten Worte scherzend ab zu tun, ohne das Thema noch einmal vertiefen zu wollen. Stattdessen bedachte Prisca den Flavier mit einem herzlichen und offenen Lächeln und sah ihm interessiert in die Augen. Schade nur, dass er wie alle anderen interessanten Männer schon vergeben ist. - "Bist du auch auf der Suche nach einem Schmuckhändler? Ich hatte gehört hier soll es einige gute Geschäfte geben." Gut möglich, dass er nach einem Geschenk für seine Freundin, Verlobte oder Frau gesucht hatte …

  • Es gab unangenehme Situationen, und es gab Situationen, die eindeutig Steigerung von solchen waren. Situationen wie jene, in die sich Piso nun, geschickt wie eh und je, hineinmanövriert hatte. Wieso hatte er die Beherrschung verlieren müssen? Wieso hatte er unbedingt glauben müssen, die Hure hätte ihn eingeholt und würde nun versuchen, ihn zu ermorden? Nun, unwahrscheinlich wäre es nicht gewesen. Aber trotzdem, einen Blick hätte er schon riskieren können, als er sich in den Händen einer Mörderin wähnte. Und so hatte er jetzt einer jungen Frau aus einem der angesehensten Geschlechtern Roms einen direktgehend unglaublichen Affront angedeihen lassen. Wenn ich das jemandem erzähle, wird mir das keiner glauben, dachte er sich selber. Wenigstens hatte er der Aurelierin nicht die volle Palette seines unflätigen Vokabulariums zugemutet. Wenn man der Sohn eines Mannes wie Flavius Aetius war, lernte man zwangsläufig mehrere schlimme Schimpfwörter. Hie und da waren sie ja nützlich, aber nun gereichten sie ihm absolut zum Nachteil. Der vorhin wie ein Fuhrknecht fluchende Patrizier war absolut verstummt, er grinste aber noch immer wie ein kleiner dummer Junge, der etwas Schlimmes getan hatte. Nun ja, so war es ja auch ein wenig.
    Innerlich musste er sich aber dazu beglückwünschen, dass die beiden Leibwächter sich nicht auf ihn gestürzt hatten. So, wie die aussehen, hätten sie ihn, ohne groß nachzudenken, zu Hackfleisch verarbeitet. Der einzige Grund dafür war wohl, dass die Aurelierin ihnen Einhalt geboten hatte. Und zudem hatte er Glück in der Art und Weise, wie Prisca die unverhoffte Begegnung aufnahm. Piso hätte sich nicht gewundert, hätte sie reagiert wie eine veritable Furie. Aurelische Unbill hätte er sonder Zweifel verdient. Stattdessen reagierte Prisca aber... in einer seltsamen Art und Weise amüsiert, als ob das ganze ein gelungener Scherz gewesen wäre.
    Er musste noch immer seinen dämlichen Gesichtsausdruck drauf haben, als sie seinen Namen nannte – sie hatte ihn also nicht vergessen – und tief Luft zu holen schien. Ja, Piso hatte sich nicht geirrt, hierbei handelte es sich um die Aurelierin, die er damals am Schiff kennen gelernt hatte, wo er von seiner Eskapade mit Serrana jedoch abgehalten wurde, sie näher kennen zu lernen. Genau, Aurelia Prisca, Verwandte des Aurelius Corvinus, dem Ehemann der Celerina. Welche ja die Hochzeit auf diesem verfluchten Schiff gehabt hatten. Irgendwie schien ihn die Sache wohl auf ewig zu verfolgen. Was hatte er falsch gemacht, um die Götter so dermaßen zu erzürnen, dass sie ihm ständig sein persönliches (denn das war es, war er sich mittlerweile sicher) Versagen vorführen mussten?
    Und dann noch diese ungeschminkte Katastrophe hier, die er angezettelt hatte. So eine Frau dermaßen anzufahren, wie er es getan hatte, kam einem gesellschaftlichen Kamikazefluges gleich. Um seinen Ruf musste er sich jetzt nicht mehr sorgen.
    Doch war jener erst ruiniert, lebt es sich, wie das Sprichwort sagt, sowieso gänzlich ungeniert. Piso grinste gleich ncoh ein wenig breiter, sodass es weniger vertrottelt und vielmehr erfreut aussah. Doch als sie ihren ironisch formulierten Vorwurf auf ihn herunterfahren ließ, wie Veiovis seine tödlichen, vernichtenden (aber durchaus nicht böse gemeinten, sondern im Gegenteil gnädigen) Strahlen, wurde jenes ganz hurtig wieder von seinem Gesicht gewischt.
    „Ähm.“, begann er. Da an der Bedeutsamkeit dieses Wortes, für sich alleine, doch zu zweifeln war, sah Piso sich in der Situation, dass er einen Satz zusammenbasteln musste. Und gerade jetzt sah er, dass sich Prisca infolge dieser unmöglichen Episode angepatzt hatte. Außer der Ehre der Aurelierin hatte er also auch noch ihr Kleid beschmiert. Deplorabel „Also, Aurelia Prisca, das ist mir jetzt wirklich sehr unangenehm. Ich habe dich mit der lupa da hinten verwechselt, die mir Geld stehlen wollte. Ich frage mich, wie ich das konnte.“ Er wagte es wieder, ganz leicht und vage zu lächeln. „Die Götter haben mich scheinbar mit Blindheit geschlagen, dass ich dich mit einer unschönen, uneleganten Kriminellen bar jeder Anmut und Sitten verwechsle, stellst du doch das komplette Gegenteil davon dar.“, sprach er, hoffend, mit ein paar mehr oder weniger geschickten Worten die Situation wieder hinbiegen zu können, während er ganz verkrampft sich darauf konzentrierte, dass er ihrem festen Blick nicht auswich. „Und... danke, dass du deinen...“ ...aus der Unterwelt zu kommen scheinden Monströsitäten... „...Leibwächtern Einhalt geboten hast...“ Peinlich berührt klang er durchaus, das konnte er nicht verhehlen.
    Ihre nächste Frage war ein wenig unerwartet. „Schmuckhändler?“ Was? Was sollte er bei einem Schmuckhändler? Für wen sollte er Schmuck kaufen? Etwa für das nichtsnutzige Luder Semiramis? Oder für wen? Ganz langsam jedoch dämmerte es Piso, wen Prisca damit meinen könnte. Sie hatte seine (an jenem Tag erfolgreiche, langfristig gesehen jedoch ins Wasser schlagenden) Annäherungsversuche an die Decimerin gesehen. Vielleicht glaubte sie ja, er wäre hier, um ihr Schmuck zu kaufen. Schon wieder Serrana! Würde sie ihn nie los lassen?
    Er senkte seine Schultern, besser gesagt, sie sackten nach unten. „Ach, kann sein, kann auch nicht sein. Wonach ich suche, ist mir selber schleierhaft.“ Er schüttelte den Kopf. „Vielleicht aber, ziemlich sicher sogar, bin ich wohl jetzt auf der Suche nach einem Schmuckladen. Denn ich bin dir eine Wiedergutmachung für das ganze Unglück, welches ja ganz und gar meine Schuld war, schuldig. Ich hoffe, ein Schmuckstück deiner Wahl für dich lässt dich meine Fahrlässigkeit vielleicht vergessen machen...“ Er schielte kurz an den Fleck an Priscas Gewand, der sich doch realtiv deutlich abzeichnete. Aulus, Aulus, was für ein Katastrophenjunkie bist du bloß, schalt eine Stimme innerhalb seines Kopfes.

  • Für einen kurzen Moment zogen sich Priscas Augenbrauen zu einem missmutigen Gesichtsausdruck zusammen als der Flavier entschuldigend gestand, dass er sie mit dieser lupa verwechselt hatte. So eine Frechheit! Ein Unterschied wie Tag und Nacht!! Wobei offensichtlich sein müsste, wer von beiden der Tag und wer die Nacht wäre. Legt der Flavier es bewusst darauf an mich zu beleidigen oder ist er gar mit Blindheit geschlagen?! Letzteres schob Piso auch gleich als Grund für sein unflätiges Verhalten nach, wobei er sich dabei fast um Kopf und Kragen redete. Wäre Prisca wirklich bösartig gewesen, oder hätte sie etwas persönliches gegen den jungen Flavier gehabt, wäre es sicher ein leichtes gewesen ihn für seine Verfehlungen gesellschaftlich zu vernichten. Aber an diese Möglichkeit dachte die Aurelia keine Sekunde lang, denn Pisos verzweifelte und hilflos wirkende Art berührten sie irgendwie und machten ihn nur sympathischer.


    Letztendlich kannte Prisca das Gefühl, in ein Fettnäpfchen zu treten, selbst nur zu gut als das sie den Flavier dafür auf ewig verurteilen würde. Wobei eine Wiedergutmachung für sein unziemliches Verhalten durchaus angebracht schien. Aha, Schmuck will er mir kaufen. Als Wiedergutmachung … hm, soll ich ihn wirklich so leicht davon kommen lassen, oder wäre es unverschämt ihn beim Wort zu nehmen, spielte Prisca gedanklich mit Pisos Schicksal, ohne daraus Profit schlagen zu wollen. Geld hatte sie schließlich selbst genug und eigentlich wollte Prisca nichts geschenkt, was nur der Wiedergutmachung galt. Vielmehr sehnte sie sich insgeheim so lange schon nach einem Geschenk, das jemand allein ihretwegen machen würde. Doch waren dies nur unerfüllte Wunschgedanken!


    "Vielen Dank für dein Angebot werter Flavius. Aber du musst mir wirklich nichts schenken." , erwiderte Prisca mit gespielt ernster Miene, worauf bewusst eine Pause folgte, so als ob es mit einem Geschenk allein nicht getan wäre. Schockierte den Flavier diese Aussage womöglich? Eigentlich sollte ich mich schämen, ihn so zappeln zu lassen, tadelte sich Prisca selbst. Doch wann hatte sie schon mal die Gelegenheit einem Mann, die womöglich schlimmste Strafe auf Erden auf zu erlegen indem sie diese - verschmitzt grinsend - laut aussprach:"Du könntest mich allerdings bei meinem Einkauf begleiten, sofern du nichts besseres vor hast und mich beraten, falls es dir nichts ausmacht?! … Ich brauche nämlich dringend ein neues Kleid, wie du sicher bemerkt hast", besiegelte Prisca Pisos Schicksal mit einem unschuldigen Augenaufschlag. Ein 'Nein' würde sie jedenfalls nicht akzeptieren und von seiner 'ehrlichen Meinung' wollte sie sich gerne selbst überzeugen. Es galt schließlich unzählige Kleider mit einander zu vergleichen und es reizte Prisca den Flavier, zumidnest für den Rest des Tages, als ihren persönlichen Einkaufsberater zu missbrauchen.


    Wirkte Piso deshalb so niedergeschlagen, oder warum ließ er plötzlich die Schultern so hängen?


    Hm, irgend etwas scheint ihn sehr zu bedrücken. Zumindest würde das erklären warum er gerade eben so kopflos in mich hineingerannt ist, überlegte Prisca für sich und deshalb fügte sie ihren neckenden Worten noch ernst gemeinte hinzu: "Täusche ich mich? Du wirkst ein wenig bedrückt werter Flavius. Doch nicht etwa wegen deinem kleinen Fauxpas von eben? … Ich versichere dir, niemand wird je etwas davon erfahren und ich bin alles andere als nachtragend was das angeht", versicherte Prisca ihm ehrlich und sie unterstrich dies mit einem versöhnlichen Lächeln. Schließlich gehörten sie beide dem römischen Adel an und unter Gleichen, wurden solche Angelegenheiten eben im stillschweigenden Einvernehmen behandelt.


    Einar und Bernuf knurrten indes missmutig im Hintergrund. Die beiden Germanen waren alles andere als erfreut von einer Frau herum kommandiert zu werden. Noch dazu wenn sie einmal die Gelegenheit hatten, einen Römer ungeschoren zu verprügeln. Doch sie mussten sich fügen so wie Saba, die immer noch vergeblich versuchte die Flecken auf dem Kleid der Aurelia, zumindest durch einen anderen Faltenwurf zu verdecken….

  • Dass sich der Gesichtsausdruck der edlen Frau sich einen Moment verdüsterte, konnte Piso nachvollziehen. Was musste er auch immer so ehrlich sein? Er hätte irgendeine Flunkergeschichte aus dem Ärmel ziehen können. Er war doch sonst nicht so... die alte Geschichte, die heute wieder richtig schön ans Tageslicht gekehrt worden war, machte ihm noch immer zu schaffen. Sie verdrehte sein Gehirn komplett. Er musste wirken wie ein Mann, der komplett aus der Bahn geworfen worden war, und irgendwie fühlte er sich auch so. Als er merkte, dass seine Wortwahl in die Tunika gegangen war, machte er innerlich schon einmal seinen Frieden mit den Göttern. Die beiden werden mich jetzt zerreißen. Da wird es gar nichts geben, dachte er sich. Er malte sich vorm inneren Auge schon seinen Trauerzug aus. Doch auch hier bewies die Aurelia wieder Einsicht.
    Man kann sich den Stein, der dem unglückseligen Flavier vom Herzen fiel, als er von der Lockerung ihres Gesichtsausdruckes sah, dass Prisca keine solchen Ziele hatte. Wenn er etwas Glück hatte, würde nichts von diesem unsäglichen Vorfall in die Öffentlichkeit gelangen. Er wusste ja nicht, ob Prisca tratschsüchtig oder verschwiegen war. Die meisten Frauen waren doch Tratschweiber, dachte Piso sich verzweifelt. Am Liebsten wäre er davon gelaufen, doch die Folgen wären unabsehbar gewesen. Und es war ja auch nicht so, dass der Aurelierin jeglicher Charme abging. Im Gegenteil, sie schien wirklich nett. Zumindest bezeugte das der Umstand, dass er noch lebte – auch wenn er vor lauter Scham eine rote Rübe mittlerweile haben dürfte.
    Er wäre wirklich bereit, Schmuck zu kaufen für Prisca, auch wenn dies tüchtig an seinen Finanzen zehren würden. Zwar hatte er kürzlich einige gute Einnahmen durch wirtschaftliches Engagement gemacht, und sein Lohn war auch wieder nicht so schlecht, wie er ihn gerne immer wieder darstellte. Und doch behauptete er gerne immer wieder, nicht ohne Stolz, wollte man fast glauben, von sich selber, er wäre der Ärmste aller Flavier. Obwohl, bei so einem Luxusfrauchen wie dem vor ihm wollte er dies lieber nicht behaupten. Da konnte er sicher sein Gesicht verlieren. Und so entsetzlich arm war er, Steuerfreiheit sei Dank, auch wieder nicht. Zumindest ein Schmuckstück dürfte er sich leisten können.
    Auch wenn dies, scheinends, nicht nötig war. Vielmehr schlug sie seine Bitte aus. Piso fühlte sich gleichsam erleichtert, und vom schlechten Gewissen ein wenig niedergedrückt. Es musste doch etwas anderes geben, was er tun könnte. So leicht wollte er sich selber nicht davon kommen lassen, das war er seiner Ehre schuldig! Er lächelte nur beschämt, so wie das nun halt die Leute tun, die keine Ahnung haben, was sie nun sagen sollten. Er wartete lieber ab, was ihr nun einfiel, bevor er selber etwas sagte.
    Er entwickelte einen Krampf an der rechten Augenbraue, als er versuchte, sie nicht reflexartig hochschnellen zu lassen, als sie ihm ein ganz spezielles Wiedergutmachungsangebot unterbreitete. Hahaha, du bist geliefert, höhnte in ihm tief drinnen eine böswillige Stimme, welche wohl das sich selber herunterziehende Element in Piso darstellte.
    Genau dies musste man wohl also tun, um wirklich schön unglücklich zu werden, dachte er sich. Man musste so lange an die verflossene Liebe denken, bis man komplett irre wird, eine Wahnsinnstat begeht und dann eine fürchterliche Art und Weise Wiedergutmachung betreiben musste.
    Nun erschloss sich ihm die grausame Option, stundenlang mit der Aurelierin durch die Klamottenläden zu rennen und dabei sie in verschiedenen Kleidern anzuschauen. Option? Ein schlechtes Wort, es implizierte, dass es wegbare Alternativen gäbe.
    Es waren mehrere Faktoren, die Piso seine Entscheidung fallen ließen. Zuerst seine Manieren (er hatte doch noch ein paar, auch wenn sie hie und da wie die traurigen paar Überreste menschlicher Zivilisation inmitten eines riesigen Schlachtfeldes wirken wollten). Dann das Gefühl, Buße betreiben zu müssen. Er war immerhin Anwalt, und als solcher war es für ihn selbstredend, für selber verursachte Schäden aufzukommen. Und dann dieser Augenaufschlag. Er hatte... durchaus etwas. Etwas... Piso konnte sich sein Lieblingswort nicht verkneifen in seinen Gedanken, Ästhetisches. Ja, diese Frau hatte etwas Schickes an sich. Es gab schrecklichere Weiber, mit denen man einen Nachmittag verbringen konnte. Durchaus.
    Und so nickte er. „Nichts wäre mir lieber, als dich zu begleiten, Aurelia Prisca. Ich hoffe, meine bescheidenen Kenntnisse, was schöne Kleidung angeht, können dir im Laufe des Tages eine Hilfe sein.“ Er mühte sich ein freundliches Lächeln ab. Was für eine Wahl hatte er denn? Gerne hätte ich so eine Markttour mit Serrana gemacht, dachte er sich.
    Prisca merkte offenbar seine Beklommenheit, und fragte ihn danach. War das wirklich so offensichtlich gewesen? Offenbar! Piso blickte unsicher Prisca an. „Ähm.“ Irgendwann hatte er das doch schon einmal gesagt, bei Bona Dea.
    Er blickte sich um, als er überlegte, welche Antwort er geben sollte. Er atmete tief ein und entschloss sich für die Wahrheit. „Ich vertraue dir, Aurelia Prisca. Wenn du sagst, dass du diese Begebenheit nicht weitererzählst, bin ich dir zu viel Dank verpflichtet.“ Er schüttelte den Kopf. „In letzter Zeit ist einfach etwas mit mir los. Ich kann nicht sagen, was. Ich stehe so... daneben, wenn ich das so sagen darf. Sag, erinnerst du dich an die Decima, welche ich auf der Hochzeit deines...“ Onkels? Vetters? Onkels 2. Oder 3. Grades? „...Verwandten Aurelius Corvinus kennen lernte. Ich muss dir anvertrauen... wir sind uns ziemlich nahe gekommen. Und dann... eines Tages...“ Er hob seine rechte Hand und schnippte seine Finger, „war sie verschwunden. Weg. Sie war abgereist, nach Griechenland, sagte ihr Vater mir. Einfach so, ohne Nachricht. Warum, wusste niemand. Sie hatte uns alle verlassen.“ Er seufzte. „Ich habe gedacht, sie wäre die Eine... und dann passierte das.“ Er blinzelte, als ob er irgendetwas aus den Augen bekommen wollte.
    „Ich... es... es tut mir Leid, dass ich dich damit belaste.“, meinte er dann, senkte den Blick und schüttelte den Kopf unwillig. „Verzeih mir. Nur, heute... ist es wieder einmal besonders schwer...“ Er atmete tief ein und aus.

  • Die Leiden des jungen Piso standen ihm natürlich nicht direkt ins Gesicht geschrieben. Wobei seine Mimik, verbunden mit der gesunden Gesichtsfarbe und der beklommenen Art ihr gegenüber, Prisca über die vielseitigen Gründe mutmaßen ließ, weswegen er (seinen eigenen Worten nach) 'so daneben stand'. An seinem oberpeinlichen Auftritt allein schien es nicht zu liegen, obwohl Piso daran sichtlich noch zu kauen hatte. Nur Verständlich, so wie er sich aufgeführt hat. Nur zu gerne hätte Prisca geglaubt, seine anschließende Verlegenheit wäre vielleicht ihretwegen. Dementsprechend geschmeichelt hätte sie sich natürlich gefühlt, vor allem, da die zuvorkommende Art des Flaviers keineswegs aufgesetzt wirkte. Lediglich die ihm auferlegte Buße schien Piso den Todesstoß ins Herz zu versetzen, angesichts der flüchtigen Angespanntheit seiner Gesichtszüge.


    Doch Piso hielt tapfer dem auffordernden Blick der jungen Patrizierin stand und er nahm seine "Strafe" mit Würde an, was Prisca sehr zu schätzen wusste.Warum stellen sich dich Männer eigentlich immer so an, wenn sie uns beim einkaufen begleiten und beraten sollen?, schmunzelte sie dabei in sich hinein ehe sie weiter zu hörte wie der Flavier ihr sein Herz ausschüttete, anstatt es ihr zu Füssen legen zu wollen.


    Ach du meine Güte. Er hat Liebeskummer!, erkannte Prisca schlagartig den eigentlichen Grund für Pisos desaströses Verhalten und damit war ihr klar, dass alles noch viel komplizierter wäre, wie befürchtet. "Ja ich erinnere mich daran. … Es war auf der Hochzeit meines Onkels", nickte Prisca auf die Zwischenfrage hin, während sie mit den Augen seiner Geste folgte und bei dem Fingerschnipser instinktiv blinzeln musste. "Einfach verschwunden?...", echote sie darauf hin andächtig und sie musste daran denken, dass es ihr vor einiger Zeit ganz ähnlich ergangen war. Damals mit jenem Flavier (immer diese Flavier), der sie zuerst auf so romantische Weise hofiert hatte und plötzlich *zack* …. Einfach verschwunden war. Grrr, kann ich denn nie aufhören daran zu denken!!, ärgerte sich Prisca innerlich und schluckte die Erinnerung an diesen wundervollen Tag schnell wieder herunter.


    Es passierte anscheinend öfters, dass Menschen einfach so verschwanden, nachdem sie in einem anderen so viele Hoffnung und Zuneigung geweckt hatten. Über die Gründe konnte man freilich nur mutmaßen und was darüber blieb war die Ungewissheit und die Frage nach dem 'Warum?' Nur wie soll ich ihm dabei helfen?, fühlte sich Prisca durchaus ein wenig hilflos in dieser Situation, aus der es jedoch für sie beide kein Entrinnen mehr gab.


    "Es muss dir nicht leid tun! … ", schüttelte Prisca leicht mit dem Kopf und sah ihm dabei direkt in seine verräterisch glänzenden Augen. "Glaub mir, ich kann durchaus nachfühlen wie es in dir aussehen muss ..."Prisca versuchte mitfühlend zu lächeln, wobei sich ihr Blick für einen flüchtigen Moment im Nichts ihrer eigenen Erinnerung verlor. "Jemand geht einfach fort ohne dir zu sagen wohin. Kein Wort des Abschieds oder der Erklärung. …Warum tut er das? ... Zurück bleibst du. Allein und in der Ungewissheit, geplagt von Selbstzweifeln und der Frage was du vielleicht falsch gemacht haben könntest…", fasste Prisca sinnierend ihre eigenen Gefühle dazu in Worte, ehe sie Piso ein wenig traurig ansah. Ob er dies ähnlich empfand, wie sie bei "ihrem" Flavier? ...

  • Ihr Schmunzeln entging ihm nicht, als er einwilligte darinnen, ihr beim Einkauf behilflich zu sein. Er versuchte sich darin, zurückzuschmunzeln. Man konnte das ja auch positiv sehen, redete er sich ein. Er war schon lange nicht mehr mit jemandem anderen einkaufen gegangen. Vielleicht entdeckte er selber ja dabei das eine oder andere. Für sich selber. Um es dann in seinem Zimmer zu horten, was er schon mit so vielen alten, aber ansprechenden Gegenständen rein sentimentalen Wertes und ohne ersichtlichen Nutzen tat. Er hatte zwar ein wenig aufgeräumt – ach was, Cassivellaunus hatte aufgeräumt – aber der Krempel stand noch immer herum. Und trotzdem wagte Piso es nicht, auch nur eine einzige Sache wegzuwerfen. Auch wenn das eine oder andere mit schlechten Erinnerungen verbunden war. Wie mit seiner Kindheit in Ravenna.
    Ravenna. Wenn er daran dachte. Seltsamerweise schaffte Piso es, seine Gefühle darob, dass sein Vater ein Mörder war, der seine Mutter umgebracht hatte – was er niemandem weiter erzählen würde, nie, so dachte er – halbwegs im Zaum zu halten, auch wenn sie ihn sehr erschüttert hatte, und eine Basis für eine grundlegende gedrückte Stimmung in diesen Tagen bot. Aber er schaffte es nicht, seinen Liebeskummer zu kontrollieren. Es schien eine Sache der Gewöhnung zu sein. Er war es gewohnt, dass er Gefühle bezüglich seinem Vater herunter schluckte. Aber eine amouröse Tragödie dieses Ausmaßes war dem Flavier fremd.
    Natürlich erinnerte sich Prisca an die Eskapade am Schiff. Wer tat das nicht? Piso hatte sich aufgeführt wie ein liebestoller Hund. Das eine oder andere peinliche Verhalten mochte er an den Tag gelegt haben. Mochte? Hatte, korrigierte er sich innerlich. Besonders peinlich war es im Hinblick darauf, dass sie so kurze Zeit später verschwunden war. Und sein Herz scheinends mit ihr genommen hatte.
    Er merkte gar nicht, dass er mit seinen Gesten Prisca beinahe dazu brachte, eine Tätlichkeit zu wähnen. „Einfach verschwunden. Über Nacht.“, wiederholte er ernsthaft.
    Seine Erklärung schien die Aurelierin doch durchaus zu erschüttern. Sie war wohl ein wenig überrascht und überrumpelt, was man sah, als sie nach Worten rang, während Piso noch immer versuchte, der Feuchtigkeit in seinen Augen durch ein paar gezielten Zwinkereien Einhalt zu gebieten.
    Immerhin meinte sie, ihm müsse es nicht Leid tun. Das war ja schon einmal etwas! Und sie sagte, sie könne sich in ihn hinein versetzen. Sie klang dabei sogar sehr überzeugend.
    Das erwärmte Pisos Herz. Vielleicht war sie tatsächlich jemand, der ihn verstehen konnte, mit seinen ganzen Sorgen. Er nickte nur, als sie ihm ihre Version der Geschichte erzählte. Eines fiel ihm auf. Er. Sie sagte er. Als ob es sich um einen Mann handelt.
    Er schaffte es, ihr wiederum zuzulächeln. Es war ein ehrliches, dankbares, ein wenig schüchternes Lächeln, keine der übermäßig gut gelaunten, etwas schmierigen Lächeln, von denen Piso glaubte, sie würden gut bei Frauen ankommen (dem war aber niemals so). Wenn sein Lächeln nur immer so ehrlich und ungekünstelt wäre wie jetzt. Gleichsam merkte er aber, dass ein Schatten über die Gesichtszüge der jungen Frau vor ihm zu huschen schien. Und dazu noch die Formulierung ihres Satzes. Er. Wer mochte er sein?
    Der Flavier, noch immer heruntergedrückt von Melancholie, die die sonst scheinbar unverwüstliche Laune des Piso komplett überdeckte, blickte unsicher vor sich hin, bevor er begann, etwas zu sagen. „Ich... denke, ich weiß, wieso sie mich verlassen hat. Ich meine... ich bin Patrizier. Sie ist Plebejerin. Es hätte nie funktioniert. Meine Verwandtschaft hätte einen Riegel vor eine Bindung geschoben. Und... sie wollte weggehen, weil... sie mich sauer auf sie machen wollte. Sodass ich sie vergessen kann. Und irgendwann, so, wie meine Familie es mir zugedacht hat, standesgemäß heiraten kann.“ Er seufzte und blickte an irgendeinen Punkt in der Ferne. "Nur... erfolgreich war sie bislang nicht..."
    Dann räusperte er sich. „Ich weiß nicht, ob es angemessen ist, dies zu sagen. Aber... passierte dir das auch einmal? Dass jemand dich verlassen hat, einfach so?“
    So, für diese Frage hätte er sich ohrfeigen können. Ihm war wohl wirklich nichts Blöderes und Affigeres eingefallen. Aber jetzt war sie draußen, die Frage, und wartete darauf, beantwortet zu werden.

  • Sollten die Beiden nicht langsam losgehen, wenn sie schon einen Einkaufsbummel unternehmen wollten? Mochten sich die Sklaven vielleicht in dem Moment denken, da die Aurelia und der Flavier immer noch wie angewurzelt beisammen standen und sich gegenseitig ihren Kummer beichteten.


    In der Tat stand Prisca augenblicklich weniger der Sinn nach den vielen Kostbarkeiten ringsherum. Vielmehr hatte Pisos Geschichte durchaus ihr Interesse und Mitgefühl geweckt, welche sie aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen konnte. Zudem berührte sie seine nette Art und sein offenes und ehrliches Wesen, welches Prisca hinter seinem verlegenen Lächeln, seinen glänzenden Augen vermutete. Es kam schließlich selten genug vor, dass ein Mann so offen seine Gefühle zeigte, noch dazu in der Öffentlichkeit, dass ihr so etwas nicht aufgefallen wäre. Na gut, sein Ausraster von eben mochte irgendwie gar nicht zu dem sympathischen Bild passen, welches er nun wieder bot. Aber was soll´s. Vielleicht waren seine Gefühle zu dieser Frau wirklich so immens gewesen, dass die Verzweiflung über den Verlust ihrer Liebe, ihm derart zu setzte.


    Ganz nebenbei bemerkte Prisca allerdings auch, dass der Einfluss seiner Familie einer solchen Beziehung mit Sicherheit keine Zukunft gegeben hätte. Tja, kein Wunder eigentlich, waren die Flavier als altes und angesehenes Adelsgeschlecht doch bekannt für ihre hohen Prinzipen und Erwartungen. Hm, wenigstens ist seine Familie konsequent was eine Verbindung mit den Plebejern angeht, was man von meiner Familie leider nicht sagen kann, dachte Prisca ohne es laut zu äußern. Piso hätte sie mit so einer Äußerung wohl am wenigsten geholfen, auch wenn es sicher nicht von der Hand zu weisen war, dass solche Verbindungen eben nicht überall gern gesehen waren. Andererseits erkannte Prisca auch wie ernst es Piso mit dieser Frau gewesen war und das überraschte sie doch sehr.Du meine Güte, er hat sie tatsächlich geliebt - naja zumindest begehrt, so wie er es schildert! Ach warum gibt es nicht mehr von seiner Sorte, schwärmte Prisca innerlich, wobei der tiefe Seufzer den sie dabei unbewusst ausstieß, durch die folgende Frage des Flaviers, eher wie das Schnappen nach Luft klang. Zum Glück oder? ...

    Bei allen Göttern!! So indiskret konnte aber auch nur ein Mann sein. Prisca schluckte und sah beschämt zur Seite, dann zu Boden ehe sie wieder unsicher in Pisos Augen sah. Längst war der Flecken auf ihrem Kleid vergessen angesichts des Schandfleckes, welchen Prisca nun auf ihrer eigenen Stirn wähnte. Wie oft hatte sie sich die Frage gestellt warum jener Flavier, ohne ein Wort 'einfach so' verschwunden war. Längst glaubte sie darüber hinweg zu sein, nachdem auch seine Familie angeblich nicht wusste warum er so plötzlich verschwunden ist. Und nun diese Frage! Vielleicht bin ich zu unattraktiv oder zu ungebildet. Oder hatte Caius am Ende gar Bedenken gehabt, dass ich ihn mit meinen Manieren vielleicht blamieren könnte, nachdem was auf unserem Ausflug alles passiert war!?, plagten Prisca wieder die alten Selbstzweifel da sie sich damals am Meer ganz ungezwungen und natürlich verhalten hatte. Doch das würde ihr so schnell nicht wieder passieren.


    Am liebsten hätte die Aurelia deshalb Pisos letzte Frage einfach ungehört verklingen lassen, oder diesbezüglich gelogen. Lügen genau! Gehörten diese nicht ebenso zu diesem Thema? Vielleicht hatte Caius sie damals auch belogen und genauso erging es nun Piso? Wer wusste das schon. Jedenfalls hatte Piso nicht verdient belogen zu werden und darum nickte Prisca schließlich zaghaft, nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit brauchte um sich zu dem Geständnis durch zu ringen:"Ja ich, ehm … mir ist dies auch schon einmal passiert. … Erst machte er mir Geschenke, dann lud er mich zu einem Ausflug ein damit wir uns besser kennen lernen und dann , … dann war er plötzlich weg - verschwunden. … Es hieß er sei zurück nach Hispania gegangen. Nicht einmal seiner Familie soll er verraten haben wohin genau und warum er so plötzlich weg wollte." .. Möglicherweise war das ja auch eine Lüge. … Ob Piso mir die Wahrheit sagen würde?, dachte sich Prisca wobei sie es vermied, irgendwelche Namen zu nennen. "Vielleicht habe ich ja seinen hohen Ansprüchen oder denen seiner Familie nicht genügt, … wer weiß", rutschte es ihr dann schulterzuckend noch heraus und für diesen - rein nach Komplimenten fischenden - Satz hätte sie sich am liebsten selbst geohrfeigt. Warum sag ich nur so was? …


    Prisca fühlte genau, wie in diesem Moment ihre Wangen zu glühen begannen und deshalb versuchte sie irgendwie das Thema zurück zu Pisos "Problem" zu bringen. Nur wie? : "Hast du denn gar keinen Anhaltspunkt wohin sie gegangen sein könnte? … Und würdest du ihr nachreisen, wenn du es wüsstest? … Auch wenn deine Familie damit vor den Kopf stoßen würdest?" Und was dann? Ob er sie wirklich so sehr liebt, dass er alles für sie aufgeben würde?, dachte sich Prisca dabei und kam fast ins schwärmen, ehe sie sich am liebsten die zweite Ohrfeige geben können. Herrje warum frag gerade ich ihn das …

  • Piso hatte ganz und gar nichts dagegen, dass sich das unlustige Schauspiel des Einkaufengehens noch nicht sofort vollzog, sondern er vielmehr eine Galgenfrist zu bekommen schien, welche so lange anhielt, bis sich die beiden Patrizier wohl gegenseitig ausgeheult hatten. Bis dahin würden Priscas Sklaven weiterhin blöd starrend in der Gegend herumstehen müssen. Pech gehabt.
    An Priscas Mimik konnte Piso nicht allzu viel ablesen (für einen Mann wäre das sowieso exzeptionell gewesen). Erst Priscas... was zum Henker mochte das sein? Ein Husten? Ein Keuchen? Ein Stöhnen? Pisos rechte Augenbraue hob sich angesichts jenes befremdlichen Tones marginal, obwohl er selber wusste, dass es seine Frage gewesen war, welche diesen Ton ausgelöst hatte. Trotzdem empfand er ihn als... bemerkenswert. Daheim würde er vielleicht, in seiner Obsession mit Akustik allgemein, versuchen, ihn nachzumachen. Alleine. In seinem Kämmerchen, wo ihn keiner hören konnte. Vielleicht konnte man etwas ästhetisches daraus basteln.
    Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Priscas Reaktion auf Pisos belämmerte Frage. Am Liebsten wäre unser Flavier im Boden versunken, als er sah, wie Prisca weg schaute. Oder halt, sie sah wieder zu ihm hin. Piso schöpfte wieder Hoffnung, dass ihm die Aurelierin nicht bis ans Ende ihrer Tage böse sein würde.
    Und dann kam das Unerwartete. Prisca antwortete auf seine Frage. Nach einer Pause, während jener sie offenbar mit sich selber innerlich kämpfte, ob sie etwas sagen sollte oder nicht. Die peinliche Stille, die ihm fast noch unangenehmer schien als Priscas Reaktion selber, wurde endlich unterbrochen, und er hörte zu. Was sie sagte, veranlasste ihn dazu, nochmals seine Augenbraue zu heben. Dieses mal aber die linke. Bevor er sie vermittelst seines Stirnmuskels wieder ruckartig herunterzog.
    „Das tut mir sehr Leid.“, meinte er bedauernd. „Aber... das ist wirklich eine seltsame Geschichte.“, rechtfertigte er seine Mimik. „Höchst merkwürdig. Weißt du, du könntest genau so gut von einem meiner Vetter reden. Am einen Tag war er noch hier, lustig den Cursus Honorum erklimmend, um am nächsten Tag war er weg. Er hat sich ebenfalls nach Hispania zurückgezogen. Er muss jetzt wohl irgendwo in Tarraco oder Flaviobriga oder weiß der Kuckuck wo sitzen, ohne, dass irgendjemand weiß, wieso... das war, ganz kurz, bevor ich nach Rom gekommen bin. Naja. Es scheint wohl eine Volkskrankheit zu sein.“ Er rang sich ein Lächeln ab, welches er jedoch nicht lange aufrecht erhalten konnte, bevor es erstarb. Das Fortgehen des Aquilius, ohne Grund, war ein schwerer Schlag für die Familie gewesen. Und Piso hatte bisher Aquilius wohl innerhalb seiner Familie nicht ersetzen können. Zu klein waren bisher seine Errungenschaften gewesen, und zu groß die Distanz, die sich zwischen den Familienmitgliedern der Gens Flavia entwickelt hatte.
    Was Prisca aber dann sagte, erstaunte ihn. Vor allem erschütterte es ihn. Was sollte er jetzt bloß als Antwort auf so eine Ansage sagen? „Äh... nein! Woher?“, begann er etwas ungeschickt. „Ich denke... dass ein Mann, dessen Ansprüchen du nicht genügst, ein Narr sein muss!" Er schluckte. "Ja, ein Narr. Und eine solche Familie könnte ich mir nie vorstellen, die wäre ja übler als...“ ...die meinige, führte er in Gedanken fort, ein wenig trist drein schauend, das Ende des Satzes im Raum stehen lassend. „Das redest du dir ein. Ganz sicher.“, schloss er seine Worte ab. Eine rhetorische Glanzleistung waren sie nicht gewesen. Nichts hätte er sagen sollen! Sogar zu muhen wie eine Kuh wäre der Situation fast noch angemessener gewesen.
    Prisca errötete. Irgendwie schaute das nett aus, dachte er sich nebenbei. Gut, dass sie ein anderes Gesprächsthema aufs Tapet brachte. Piso hätte mit mehr Enthusiasmus in die vorgegebene Kerbe gehauen, wenn das Thema weniger heikel gewesen wäre.
    „Nun... in Griechenland. Aber ich weiß nicht, wo. Ihr Vater auch nicht. Griechenland ist groß... aber ich würde sie trotzdem suchen. Wenn es mir nicht klar wäre, dass...“ Er schwieg ein paar Sekunden lang. „...dass sie nicht will, dass ich sie suche. Du kennst den Standesdünkel, Aurelia Prisca, du kennst ihn. Genauso, wie ihn Serrana kennt.“ Zum ersten Mal erwähnte er den Namen seiner Liebe wieder, und sein Gesichtausdruck krampfte sich gleichsam wie sein Herz. „Sie ist gegangen, um uns den sinnlosen Kampf dagegen zu ersparen. Sie will nicht, dass ich sie finde, das ist klar. Und ich muss dies akzeptieren.“ Er ließ den Kopf hängen. „Ich muss sie vergessen... irgendwie muss ich es tun. Denn dies war ohne Zweifel das, was Serrana wollte, und will.“ Er machte seine Augen zu, noch immer gen Boden schauend, und presste seine Augenlider fest zusammen.


    [SIZE=7]EDIT: Gebt mir Farbe!!!![/SIZE]

  • Ja in der Tat! Dieser Eine muss tatsächlich ein Narr gewesen sein, und seine Familie obendrein, sofern es der Wahrheit entspräche was ich mir da einzureden versuche, fand Prisca sich in Pisos schmeichelnden Worten sofort bestätigt. Nur dumm, dass dieser Eine ausgerechnet der Vetter von Piso war und der sich mittlerweile fast denken konnte, von wem die Rede war - oder? Prisca wusste es zumindest genau und deshalb war es ihr peinlich weiter darauf ein zugehen. Nur ein beipflichtendes Nicken und ein dankbares Lächeln unterstrichen die 'rhetorische Glanzleistung' des Flaviers, welche zwar lieb und ehrlich gemeint sein mochte, letztendlich Priscas Selbstzweifel aber nicht wirklich wegwischen konnte, sondern eher noch verstärkte. Und warum finde ich dann partout keinen passenden Mann? … keinen Patrizier?… Einen, der mich begehrt und mich wirklich … ? Oh Bei allen Göttern - es war zum verzweifeln!


    Prisca seufzte tief und zum Glück wechselten sie in genau dem Moment wieder das Thema, so dass es hoffentlich nicht auffiel wie unglücklich sie tief in ihrem Inneren war. >Stichwort: unglücklich.< Dem Flavier ging es kaum besser angesichts der Tatsachen, die er selbst für das Dilemma anführte in dem er sich befand. "Ja ich kenne den Standesdünkel nur zu gut", bestätigte die Aurelia tonlos den "Kern" von Pisos Problem, der in ihrem Fall leider keine so große Rolle spielte wie ihr lieb gewesen wäre.


    Serrana hieß die hübsche Decima nebenbei bemerkt und ganz offensichtlich hatte sie genau das einzig Richtige getan, was in so einer Situation von ihr erwartet wurde. Einfach spurlos verschwinden, nur, damit er sie vergessen kann, ... na toll ... War das wirklich der Weisheit letzter Schluss? Nein, vielmehr war es zum heulen. Und genau das tat der Flavier jetzt, … oder?


    Jedenfalls presste Piso die Augenlider fest zusammen und ließ den Kopf hängen als wäre jede Hoffnung aus ihm gewichen. Du meine Güte! Leicht betreten sah Prisca sich um und am liebsten hätte sie Piso einfach in den Arm genommen und gehofft, er könne ihr vielleicht mehr Halt geben als sie ihm geben konnte. "Ich … du, ehm wir, … es" - ist zum verzweifeln, was soll ich denn jetzt nur tun?, hoffte Prisca auf irgend eine göttliche Eingebung, derer folgend sie tröstend seinen Arm berührte und ihm aufmunternd zu sprach: "… tut mir sehr leid für dich. … Wenn ich … dir irgendwie helfen kann?", bot Prisca angesichts ihrer eigenen Planlosigkeit nun auch noch völlig sinnlos ihre Hilfe an. Wie soll das denn gehen?? ... Der Strudel der Gefühle schien sie beide - jeden für sich - schon längst erfasst zu haben in der Absicht, sie immer weiter hinunter in ein scheinbar bodenloses Loch zu ziehen …

  • Piso konnte sich nicht denken, wer es war. Solch seltsames Verschwinden war neuerdings des Öfteren auszumachen, und es betraf die Patrizierfamilien genauso wie die Plebeier, wenn man sich dies so anschaute. Wenn es ihn auch verwunderte, dass sie gar nicht einging auf das, was er sagte über Aquilius, den er persönlich nie kennen gelernt hatte. Immerhin lächelte sie ihm zu. Das war schon einmal etwas. Er versuchte, ein wenig trost in der tatsache zu finden, dass ihn einmal wieder eine Frau anlächelte, obwohl er den Gedanken nicht abschütteln konnte, dass es eher mitleidig war als sonst etwas. Und vor allem ein wenig verlegen. Na prima, dacht er sich, jetzt hatte er sie auch noch in seinen typisch pisonischen Strudel mit hineingezogen. Er sollte wohl überhaupt nicht auf die Menschheit losgelassen werden, dachte er sich in einem Anfall von Selbstmitleid.
    Als er plötzlich was hörte, Prisca sprach. Sie bestätigte seine Vermutung, und er nickte nur. Es war zum aus der Haut fahren. Doch aus derselbigen konnte er nicht heraus. Durch seine Geburt alleine war ihm ein Schema aufgepresst bekommen. Werde Senator, werde reich, heirate eine Patrizierin. Gegen die ersten beiden hatte er nichts zu sagen. Doch beim dritten wollte es einfach ein Problem geben.
    Und gerade, als er sich komplett gehen lassen wollte, spürte er eine warme Berührung auf seinem Arm. Prisca hatte es scheinends ob seines nicht ungewaltigen Kummers auch die Sprache verschlagen. Das konnte man von kultivierten Leuten auch wohl erwarten, dachte Piso sich, sich in seinem eigenen Schmerz schier suhlend. Nur leider gab es heutzutage nur so wenige kultivierte Leute... geradezu Mangelware waren sie. Er öffnete seine Augen vorsichtig, nur einen Spalt, als ob seine Augen herausfliegen würden, machte er sie nur eine Winzigkeit zu weit auf. Und auf seinen Lippen erschien ein Lächeln. Kein breites, vor Freude jauchzendes, auch kein verlegenes, oder höfliches... nur ein dankbares.
    In jenen Sekunden hatte er das Gefühl, jemand, ein Mensch immerhin, würde ihn verstehen. Endlich einmal jemand. Er hörte ihrer dahergestammelten Frage zu und schüttelte dann den Kopf.
    „Nein... nein, danke, Prisca.“ Verdammt, jetzt hatte er ihren Cognomen benutzt, fiel ihm ein, als er schon weiter redete, und er nur hoffen konnte, sie würde den kleinen Faux-Pas nicht bemerken. „Es ist schon gut. Ich meine... ich weiß nicht einmal selber, ob mir noch zu helfen ist.“ Er versuchte sich wieder in einem Lächeln, welches wohl auch ein wenig selbst-ironisch gemeint war. „Aber danke.“ Die Wärme ihrer Hand noch immer auf seinem Arm spürend, merkte er, wie sein Herz einen winzigen Takt schneller schlug. Sicher vor Aufgeregtheit, dass sich jemand seiner annahm, dachte er sich. Oder doch vielleicht einfach nur deshalb, weil sie ihn berührte? Sein Lächeln verging ihm, als er versuchte, seine komplett durcheinandergewirbelten Gefühle, die sein Gehirn, wie es aussah, komplett fertig machten, auszusortieren.
    Jetzt standen sie also tatsächlich noch immer voreinander und hatten noch keinen Schritt getätigt. Piso räusperte sich. Er hatte das Bedürftnis, etwas zu tun. Und zudem wollte er sich auch nicht aus bereits gegebenen Versprechen heraushauen. „Du wolltest... einkaufen gehen, nicht wahr?“, fragte er.

  • In der Tat hätte Prisca sehr gerne geholfen. Doch was hätte sie Piso schon großartig raten können? Vergiss den ganzen Standesdünkel … schere dich nicht weiter um dein Ansehen und das deiner Familie … brüskiere sie alle ... und reise deiner großen Liebe ins Ungewisse nach, … um dort mit ihr glücklich bis ans Ende eurer Tage zu leben?! So in etwa? Oh wie romantisch das wäre ..., schwärmte Prisca in ihren Gedanken so dahin. Allerdings war ihr auch bewusst, dass so eine Beziehung nur im Märchen ein schönes Ende haben konnte. Die harte Realität sah leider anders aus und sie hätte sich wohl nirgends besser abzeichnen können, als in dem Gesicht des niedergeschlagenen Flaviers.


    Natürlich lehnte er das Angebot, ihm beizustehen ab. Zum Glück - oder? So wie Piso sie eben ganz vertraut beim Namen genannt hatte war es fast so, als hätte ihr ein nahestehender Verwandter sein Leid geklagt. Prisca fühlte ehrlich mit Piso und es tat ihr aufrichtig leid für ihn. Obwohl sie mit ihrem eigenen unerfüllten Schicksal genug zu hadern hatte. Er hatte seine einzige Liebe längst gefunden und trauert ihr auf ewig nach, während ich einer unerfüllten Liebe nach renne, ohne diese je einholen zu können. Ach ja. Es war zum verzweifeln.


    Prisca seufzte ergeben. Die große Lust aufs einkaufen wollte irgendwie gar nicht so recht aufkommen. Aber es wäre vielleicht eine gute Ablenkung - für sie beide. "Ja, ich wollte eigentlich einkaufen gehen ...", entgegnete Prisca deshalb gedehnt und mit einem nachdenklichen Blick in Pisos Augen. Er klang fast so als wolle er sich mit dieser Frage von ihr verabschieden. …um mit seinem Schmerz allein zu sein?. Da gab sich Prisca einen Ruck und hakte sich vorsichtig bei Piso unter. "… und ich danke dir, dass du mich begleiten willst. ", vollendete sie gleichzeitig den Satz mit einem schüchtern wirkendem Lächeln. Ganz sanft zog sie ihn am Arm, damit sie sich zumindest schon mal in Bewegung setzten. Wohin genau? Das war der Aurelia vorerst egal. Hauptsache fort aus jener Gasse in die sie das Schicksal hinein geführt hatte.


    Am meisten freuten sich die beiden aurelischen Leibwächter im Hintergrund darüber, dass es endlich weiter ginge und so schritten die zwei Germanen sichtlich gutgelaunt hinter den schweigenden Herrschaften einher. Saba hingegen eilte geschäftig immer ein paar Schritte voraus, auf der Suche nach einem passenden Gewand für ihre Herrin. Schon nach einigen hundert Metern wurde sie fündig und rief ganz aufgeregt: "Herrin sieh doch nur! ...Hier! Diese seidenen Stoffe sind wundervoll anzusehen und von edelster Qualität." Und sie sind besonders teuer. Genau richtig für eine Wiedergutmachung, fügte die Sklavin stumm und mit einem vielsagenden grimmigen Blick zu dem Flavier hinüber hinzu.


    Prisca horchte bei Sabas Worten auf und für einen flüchtigen Moment verspürte sie große Lust, sich einfach auf die wundervolle Auslage zu "stürzen". Allerdings kam ihr gleichzeitig in den Sinn, dass dieser gemeinsame Einkaufsbummel für Piso eventuell eine besondere Qual darstellen könne, weil es ihn noch mehr an seine große Liebe erinnerte. Dementsprechend hielt sich die Aurelia vorerst zurück. Sie warf eher gelangweilt einen Blick auf die vielen bunten Stoffe, ehe sie sich ganz zu Piso drehte und ihm eingehend in die Augen sah. "Ist wirklich alles in Ordnung mit dir … Piso? ", fragte Prisca mit fürsorglicher Stimme seien Namen betonend und hoffte, sie würde wenigstens auf seinem Gesicht ablesen können, was von seinen folgenden Worten der Wahrheit entspräche ...

  • Piso blickte kurz auf, in den Himmel, gen Sonne – was er schnell sein ließ, als er geblendet von ihr wurde. Sein Blick legte sich wieder auf Prisca. Ein paar Mal blinzelte er, bevor die Schlieren wieder verschwanden. Das kam davon, wenn man bedeutsame Posen zu setzen versuchte. Piso versuchte sich also gar nicht mehr daran, sondern musterte nur die Aurelierin, als diese scheinends überlegte, welche Antwort sie auf seine Frage geben sollte. Tatsächlich war jene, wie ihm erst auffiel, als er sie gestellt hatte, sehr offen gewesen. Sie hätte ihn auch dastehen lassen können. Was eigentlich nicht seine Absicht gewesen wäre. Er wollte heute durchaus noch ein paar Trosteinheiten.
    Also strahlte ein Antlitz, als sie ihn einlud, mitzukommen. Was eigentlich seltsam war, wenn man bedachte, dass ihm anfangs diese Idee nicht ganz geschmeckt hatte. Doch in den paar Minuten, in denen er sich mit Prisca unterhalten hatte, hatte er etwas festgestellt – sie verstand ihn, und war somit die erste überhaupt, die dies tat. Vor ihr musste er seinem ganzen Verdruss nicht herunterschlucken, so schien es ihm. Und die Geste des Einhakens, durchaus vertraulich, sogar eine Spur vertraulicher als das, was Piso vernünftigerweise annehmen hätte können, sorgte dafür, dass sich ein relativ wohliges Gefühl in ihm ausbreitete. Er hatte eine Person gefunden, die sich auf gleicher Wellenlinie wie er selbst befand. Dies glaubte er zumindest. Und dieses Lächeln, das konnte sowieso Steine erweichen. Wer konnte da nein sagen? Außerdem hatte er da noch eine Verpflichtung. "Gern.", teilte er ihr also schmunzelnd mit.
    So setzte er sich gemeinsam mit ihr in Bewegung, aus der verruchten Gasse heraus, zu einem besseren Teil des Markts. Pisos Blicke tasteten die Stände ab. Eine gewisse weibische Ader in ihm genoss das extensive Einkaufen. Irgendwann sollte er einem wohlhabenden Familienmitglied einen haufen Geld abschwatzen und ihn auf den Märkten verschleudern, als ob es sein letzter Tag wäre.
    An jenem Tag schien es aber der Aurelierin Aufgabe zu sein, dies zu tun. Tatsächlich erblickte die Sklavin der Aurelia einen Stand, und feuerte ihm, als sie ihrer Herrin gegenüber verlautbarte, welch Qualität die Stoffe hatten, einen giftigen Blick auf Piso ab. Jener konterte dies mit einem Blick, der all den Grant und die negativen Gefühle, die er in den letzten paar Wochen herumntergeschluckt hatte, ziemlich akkurat widerspiegelte. Wenn Blicke töten könnten... Die Sklavin war genau das richtige Objekt, um als Pisos Ventil zu dienen.
    Jetzt, da ein wenig seiner negativen Gefühle abgebaut waren, blickte er wieder zum Stand hin. Welch exquisite Seide! Welch wunderbare Qualität. Wie schade, dass er als Mann sich nicht in solch wundervollen Kleidern öffentlich blicken lassen konnte.
    Das schloss ja nicht aus, dass er mal privat darüber herfallen könnte.
    Wie dem auch sei, ein ein bisschen zuversichtlicheres Lächeln erwartete Prisca, als sie ihm frage, wie es ging. Die Benutzung seines Cognomens war mehr als nur offensichtlich – das wichtigste Zeichen, dass die initiale Distanz zwischen ihnen wohl weitgehend abgebaut war. Und dass sie es ihm nicht übel nahm, dass er ihren Cognomen, wenn auch nicht wirklich bewusst, verwendet hatte.
    „Alles in Ordnung, Prisca. Danke.“ Er verwendete den Namen Prisca nun wissend und ohne Zögern. „Ich meine... diese Kleider hier sind ganz wundervoll.“ Er musterte die Klamotten vor ihm. „Besonders das Blaue würde dir stehen, denke ich. Aber das Gelb-Schwarze - ebenfalls hervorragend.“, ließ er ihr wissen. Er hatte – zumindest war er selber davon überzeugt – doch mehr als nur ein bisschen Ahnung von Kleidung, wodurch er sich merklich von anderen Männern unterschied. Aber Piso war es sehr wichtig, dass er nicht mit einem Bauern vom Lande verwechselt werden würde.
    Er war schließlich Patrizier. Dass manche sagten, sie müssten ihren Stand nicht durch prunkvolle Kleidung zeigen, verstand Piso, stets en vogue, nicht. Ein paar protzige Ringe sollte er sich vielleicht zulegen, dachte er sich. Wenn er erst einmal in den ordo senatorius erhoben werden würde. So als eine Art Ersatz von Ritterringen.

  • Ja wenn Blicke töten könnten … wäre Saba wohl augenblicklich tot umgefallen - oder zumindest in Ohnmacht. Lautlos nach Luft schnappend senkte die Sklavin sofort den Blick vor dem Flavier, der sie in einer Art und Weise ansah, dass es ihr eiskalt den Rücken herunter lief. "H.H...Herrin … oder doch lieber d.das Kleid … da vielleicht? Hm??", wisperte sie schnell nach Ablenkung suchend und zog wahllos eines von den billigeren Kleidern heraus, welches prompt auf Ablehnung stieß. Wolle? Noch dazu dunkelgrau? … "Pfui! Das soll ich anziehen? Du dummes Ding! Willst du das ich aussehe wie Eine … na du weißt schon! Tzz… Los geh mir sofort aus den Augen!", tadelte Prisca ihre Sklavin mit strenger Stimme und würdigte die einfach geschnittene Tunika und Saba keines Blickes mehr. "Verzeih mir Herrin… Herr", piepste Saba daraufhin nur noch, beschämt über ihren eigenen Fauxpas, um sich mit einer tiefen Verneigung vor den beiden Herrschaften zurück zu ziehen. Egal was sich die Sklavin dazu denken mochte - jedenfalls vermied sie es tunlichst, den Flavier dabei anzusehen ...


    Im Vergleich zu Saba´s "modischer Katastrophe" bewies der Flavier einen erstaunlichen Geschmack bei der Auswahl und auch ein gewisses Maß an Interesse und Engagement - zumindest - was das Einkaufen anging. Hatte er gar Spaß daran gefunden? Erstaunlich! … für einen Mann, warf Prisca einen bewundernden Blick zu Piso, ehe sie die beiden Kleider näher begutachtete:"Oh! Die sind beide wirklich schön! … Fühl doch mal, Piso, wie leicht und geschmeidig die Stoffe sind", lud sie ihn mit einem sanften Lächeln kurz darauf ein näher zu treten. Piso´s Gemüt schien sich wirklich gebessert zu haben, so wie er es ihr versicherte und deshalb widmete sich die Aurelia nun mit gesteigerter Lust dem gemeinsamen Einkaufsbummel.


    War das der Beginn einer wundervollen Freundschaft? … Gut möglich. Zumindest fühlte sich Prisca von Anfang an sehr wohl in Pisos Nähe, ohne es genauer definieren zu können warum sie ihn so sympathisch fand. Lag es an seiner etwas labilen Gemütsverfassung, die ihn so verloren und hilfsbedürftig wirken ließ, oder war es sein guter Geschmack, seine angenehm klingende Stimme, sein Ausehen? … Sein Stand?! … Gut möglich, dass es eine Kombination aus diesen und noch anderen Faktoren war, die hier zusammen spielten. Sein "kleiner" Ausrutscher von vorhin war jedenfalls längst vergeben und vergessen.


    "Findest du wirklich das Gelb-Schwarze könnte mir stehen?", hakte Prisca leicht verunsichert nach während sie das erste Kleid vor den Körper hielt und an sich selbst herunter sah. Naja über diese Farbkombination könnte man geteilter Meinung sein. Das Zweite, das blaue Kleid, gefiel ihr da persönlich deutlich besser. Zumal auch der Schnitt des "kleinen Schwarzen" pardon… "Gelb-Schwarzen" - bei näherem Hinsehen - sich als ein wenig gewagt heraus stellte. Hatte Pisos Kennerblick etwa genau dieses "kleine" Detail in die Entscheidung mit einbezogen? "Was meinst du, soll ich die beiden Kleider einmal anprobieren?... Welches soll ich zu erst anziehen?... Na?, hörte sich Prisca in dem Moment auch schon mit erregter Stimme rufen. Ein übermütiges Lächeln huschte dabei über ihre Lippen, welches gleich darauf von einem leicht verlegenen Erröten umrahmt wurde.Du meine Güte was rede ich denn da? tadelte die Aurelia sogleich den vertrauten Tonfall, den sie angeschlagen hatte und im selben Moment erklang eine bislang unbekannte Stimme neben den Beiden.


    "Aaaah Du wolle Kleid probiere? Wolle kaufe?… isse gar kei Problem", schaltete der geschäftstüchtige Händler, ein Parther, schnell. Schon wuselte er lächelnd und sich hektisch verbeugend herbei und klatschte dabei mehrmals in die Hände. Für die wohlhabende Kundschaft hatte er extra ein blickgeschütztes Umkleide-Zelt neben seinen Auslagen aufbauen lassen. Schließlich war er nicht irgendein billiger Straßenverkäufer, sondern er hatte einen guten Ruf zu verlieren. "Bitte guckst du hier schöne Herrin. Isse alles da was du brauche. Habe sogar zwei Sklavinnen extra, um dir zu helfe bei ziehe um. Sind´e schöne Ägypterinnen! … Bitte kommst du hier entlang" Schon tauchten zwei dunkelhäutige Schönheiten wie aus dem Nichts hinter dem Händler auf und dirigierten die Aurelia mit sanfter Bestimmtheit in das Zelt hinein. Der Vorhang wurde zugezogen und der Händler baute sich wie ein Türsteher vor dem Zelt auf. Mit einem breiten Grinsen wandte er sich an Piso während aus dem Zeltinneren leises Rascheln, tuscheln und kichern zu hören war: "Ah ah ah! Du musse leider drauße warte Herr", meinte er mit gespieltem Tadel obwohl es selbstredend war, dass die Frauen beim Umkleiden ungestört bleiben würden. "Geht´e aber ganz fix, versproche Herr! … Wolle du so lange Tee trinken? Oder wolle du auch was kaufe? Ich´e habe da schöne Ringe, feine Schuhe für edles Mann wie dich!" Mit seinem geschulten Auge analysierte der Händler den Flavier von oben bis unten und legte dabei tippend die Finger an die Lippen. Gleichzeitig huschten zwei weitere Sklave herbei. Einer öffnete eine kleine Schatulle, welche mit edelsten Schmuckstücken gefüllt war, der Andere präsentierte ein Paar feine Ledersandalen mit Zebrafell-Applikationen …


    Ob diese modischen Accessoires den Geschmack des Flaviers trafen? Schwer zu sagen. Oder war es doch eher das Kleid seiner Wahl, in dem Prisca kurze Zeit später aus dem Zelt trat, um sich Pisos Urteil zu stellen. ...

  • Hach, wie die Sklavin doch auf seinen bedrohlichen Blick reagierte. Eigentlich wäre es zum Zerkugeln gewesen, wäre Piso wirklich danach gewesen. Die Sklavin stotterte nur noch, was Piso doch nun recht aufheiterte und seine miese Laune weiterhin vertrieb. Als sie dann noch diesen grässlichen Fetzen herausholte, wusste Piso, wie er von nun an mit Sklaven umzugehen hatte. Man musste sie gar nicht hart anfassen – einfach nur anglotzen, bis sie kuschten. Eine wichtige Erkenntnis, deren Philosophie Piso für sich in seinem Gehirn behalten würde. Wie Prisca die Sklavin dann noch anging, dachte Piso mit einer gewissen Missmut, dass es doch eine Schande war, dass es noch keine Geräte zum Aufzeichnen gab. Die Verbeugung der Sklavin auf jeden Fall offenbarte ihre gymnastische Geschicklichkeit, und nur mit Mühe und Not verbiss er sich ein Lachen. Ja, diese kleine Episode hatte ihn doch aufgeheitert. Und es hatte ihm gezeigt, dass es Leute gab, denen es noch schlechter ging als ihm, was durchaus eine gewisse Schadenfreude beim jungen Patrizier auslöste. Piso verkniff es sich erst einmal, ihr weitere Blicke zuzuwerfen, das arme Ding sollte ja nicht vor Schrecken tot umfallen.
    Piso schien eine glücklichere Hand zu beweisen als die Sklavin, als er das Kleid ausgesucht hatte. Mit fachmännischem Blick nickte er lächelnd, als sie seine Auswahl gut hieß – uff, Aulus, da hast du Massel gehabt, da hättest du auch tüchig ins Wasser hauen können, kommentierte eine Stimme in ihm drinnen – und strich mit den Fingern seiner linken Hand über den Stoff. Hohe Qualität, da hatte er sich doch nicht getäuscht. Seine rechte Hand legte er nun auch auf den Stoff und brummte dabei leise: „Ja... sehr interessant... sehr schön.“ Ja, fachkundig musste man halt einfach sein. Hie und da rannte er ja auch in einem dermaßen überkanditelten Fummel herum, dass es unsäglich war. Da musste er zwangsläufig auch über diese Sachen Bescheid wissen, zumindest ansatzweise.
    Sie verwunderte ihn doch ein wenig mit ihrer Frage. „Aber Prisca!“ Ein wenig Bestürzung war ihm anzuhören. „Gelb-Schwarz ist eine wundervolle Kombination, gerade wegen seiner Extravaganz!“ Eine großzügig angelegte Geste unterstrich seine Meinung. Nicht zu vergessen, es waren die Vereinsfarben der ehrenwerten musikalischen Gemeinschaft von Colonia Pompeia*, deren Ehrenmitglied er war. Die Gesangsvereine von anderen Städten hatten ihn leider nicht genommen, einzig und allein der Verein in diesem Kaff in Asia war desperat genug gewesen, ihn zu nehmen. Und, was dazu kam, der Schnitt sprach für sich. Piso war, egal wie metrosexuell er sich auch oft gab, der weiblichen Anatomie doch zugetan. Obwohl, das Blaue war ebenfalls schön.
    Als sie plötzlich begeistert auf ihn einzureden begann, musste er nun aber doch, endlich, erheitert grinsen, ein klein wenig. Ganz enthusiastisch war sie wohl dabei, wenn es darum ging, das Familienvermögen zu verschleudern. Irgendwie war sie eine wirklich Liebe.
    „Ich denke... hmm.“ Er beäugte beide genau. „Das Blaue. Und dann erst das andere.“ Das Beste zum Schluss, würde sein Onkel Calpurnius Valens sagen, wenn er zuerst das Gemüse, dann das Fleisch und dann erst die Soße als Mittagessen aß.
    Seine Augen verfolgten Prisca, als jene in ihrem Umkleideraum verschwand. Auch die Ägypterinnen musterte er kurz. Hmm, nicht schlecht. Notiz im Kopf – ägyptische Sklavin kaufen, wenn er wieder einmal liquide wäre. Aber das könnte noch dauern.
    Und genau in diesem Moment sprach ihn der Parther an. Piso blickte auf ihn mit einem Blick, der jene kennzeichnet, die man gerade aus Tagträumen herausgerissen hatte.
    „Oh. Ähm. Joa. Sicherlich.“, gab er verdattert zur Antwort. „Tee? Nun, warum nicht?“ Dieser Tage war es ja auch leider nicht mehr so glühend heiß wie im Sommer. Er stutzte, als ihn der Parther auf Ringe ansprach. „Ringe? Hmmm. Ja, mal sehen!“ Wiewohl er den musternden Blick des Parthers nur schwerlich aushielt. Er blickt mich an wie einen Sklaven am Markt, dachte er sich, und wandte seinen Blick zu dem Kistchen hin, welches ein kleiner Sklave dahertrug und ihm entgegenhielt.
    Piso fielen fast die Augen aus dem Kopf, als der die Ringe sah. „Boa... Klunker... Bona Dea!“, flüsterte er ehrfurchtsvoll, vor lauter Aufgeregtheit nicht gerade patrizische Sprache benutzend, und zog einen Ring heraus, ihn bestaunend. Ein nicht gerade ungewaltiger Stein war darin eingefasst. Er hab ihn nach oben und drehte ihn herum, sodass der Edelstein in der Sonne sich reflektierte. Ohne Zweifel war dies ein echter Rubin.
    Er wandte sich wieder an den Parther. „Die Sandalen brauche ich nicht.“ Nun, er wollte sie, doch gleichzeitig wollte er seine Geldbörse nicht überbeanspruchen. Geldmangel war doch was Schäbiges. „7 Ringe bräuchte ich, in den Regenbogenfarben, stellen jene doch die natürliche Harmonie der Farben dar.“, erklärte er. „Für jeden Finger einen, außer bei den Daumen und dem rechten Zeigefinger. Also, einen mit einem Rubin, einen mit einem Smaragd, dann mit... ja, was es sonst noch für Edelsteine gibt in Gelb – genau, Bernstein – und dann noch Orange, Indigo, Violett und Blau.“, wies er an. Dafür würde er seine Ersparnisse ordentlich plündern müssen, aber das sollte es wert sein.
    In genau diesem Moment trat Prisca heraus. Piso wandte sich von seinen Ringen weg und blickte sie an. Sie hatte das Blaue an, wie vorgeschlagen. „Wunderschön!“, rief er und lächelte breit. „Dreh dich mal herum. Wenn möglich.“


    Sim-Off:

    *^ebinkarahisar in der Türkei.

  • "Du wolle also keine Sandalen Herr? … Gut!... Verschwinde! ..." Der Händler schubste den einen Sklaven augenblicklich beiseite. Ringe wollte der reiche Römer! Und das in Hülle und Fülle. Gleich sieben Stück?! "Ah ah ah!… Du! Gib mir Schmuckkasten und … verschwinde ebenfalls! … ", mit leisen zischenden Lauten und einem eindeutigen Kopfnicken scheuchte Mithridates auch den zweiten Sklaven fort und nahm das Kästchen und damit die Beratung des offensichtlich kaufbereiten Kunden lieber höchstpersönlich in die Hand! "Du wolle gleich sieben Stuck??! … Aaah du wolle Harmonie, wolle haben Farben der Natur und des Himmels tragen an deiner Hand! Aah versteh! … Oh gutes Wahl Herr! Sehr gutes Wahl! … Hab ich´e alles hier, was begehrt dein Herz´e." Mithridates Lächeln erstrahlte so hell, dass selbst die Edelsteine in dem Kästchen daneben verblassen mussten. Er gab sich zumindest alle Mühe zu verstehen, was der Römer damit ausdrücken wollte.


    Es interessierte ihn allerdings wirklich, was den Kunden dazu bewegen mochte, die Bewegungsfreiheit seiner Finger derart einzuschränken zu wollen. Denn erstens war Mithridates auf Kunden wie Piso angewiesen und zweitens mochte er die Römer durchaus, auch wenn sie sein Heimatland überfallen und besetzt hatten. Der Krieg hatte dem Händler nämlich nur Vorteile und Reichtum gebracht angesichts der Tatsache, dass er hier als Händler die Reichtümer Parthiens verkaufen konnte anstatt selbst als Sklave zum Verkauf zu stehen.


    "Ein Rubin, ein Smaragd … hab ich sogar Bernstein mit und ohne Fliege drin. … und da ein Amethyst …" Mit spitzen Fingern holte der Parther sogleich die gewünschten Farbringe aus dem Kästchen und steckte diese zunächst in der genannten Reihenfolge von links nach rechts auf die Finger des Flaviers. "Hmmmmmmmm … was du meinen, gut so? Gefalle dir? Oder wolle Ringe durch tauschen? Rot nach da, Blau nach da … Orange nach da oder da. Weiss nich wie besser wäre", ging der Händler alle möglichen Farbkombination durch, tippte mit seinen Fingern wahllos auf den Ringen herum und starrte dabei konzentriert auf die überladenen Hände des Kunden. Schließlich sollte dieser ja von seiner Wahl überzeugt sein, vor allem, da der Preis für dieses Edelstein-Arrangement zweifellos nicht gerade niedrig ausfallen würde ...


    … und billig wäre die beiden ausgesuchten Kleider mit Sicherheit auch nicht, von denen Prisca mittlerweile - dank der geschickten Hände der beiden Ägypterinnen - das Blaue trug. Davon brauche ich unbedingt zwei Stück! … , überlegte Prisca vor sich hin, während sie sich in einem bereitstehenden Silberspiegel betrachtete. Gemeint war allerdings nicht jenes Kleid sondern jene Ägypterinnen, die nicht nur schön anzusehen waren, sondern auch hervorragende Dienste leisteten, indem sie hingebungsvoll jede Falte des Kleides akribisch ordneten. "Genug! Ich danke euch …" Mit diesen Worten trat die Aurelia schließlich nach draußen, wo sie hoffentlich die ganze Aufmerksamkeit des Flaviers für sich allein hatte.


    "Aaaah ..isse wirklich wunderhubsch … ", echote Mithridates sofort auf Pisos folgenden Ausruf hin. Er trat ein Stück zur Seite, da der Ringe-Kauf vorerst warten musste. Stattdessen musterte er kritisch die Frau in dem langen blauen Kleid. Der leichte Stoff, der sich wie eine zweite Haut um den schlanken Körper legte, dazu die Farbe und der elegante Faltenwurf - sehr harmonisch! Fand Mithridates und hatte damit das Stichwort für sein Urteil gefunden: "Blau!!! Isse blau sehr harmonische Farbe der Natur! Nicht wahr Herr?… Guckst du hier, Kleid isse wie tiefes Wasser das umgibt scheene hugelige Insel … Ahh isse herrliche Hugel, guckst du?!", schnalzte Mithridates (vielleicht ein wenig ungeschickt in der Wahl seiner Worte) schwärmerisch mit der Zunge, während er das Kleid und seine Trägerin in den höchsten Tönen lobte.


    Prisca fühlte sich von den Komplimenten des Händlers allerdings nur wenig geschmeichelt, weshalb sie Mithridates nur einen abfälligen Blick zu warf, ehe sie ihn völlig ignorierte. Zweifellos zählte für sie nur Pisos Meinung. "Wie findest du es Piso, ... steht es mir?" hakte sie sicherheitshalber nach und wiegte sich dabei bereitwillig vor dem Flavier im Kreis. Ganz langsam, so wie im Tanz und in der Überzeugung, Piso würde sein Urteil mit mehr Feingefühl wählen als dieser einfache Händler. Direkt vor dem Flvier blieb Prisca dann stehen. Sie lächelte ihn offen und herzlich an und als ihr Blick auf die vielen Ringe fiel, griff die Aurelia spontan nach seinen Hände und hob diese mit sanfter Bestimmtheit an."Darf ich? … Oh das sind aber wundervolle Farben! … Sie leuchten wie ein Regenbogen, der sich weit über das Land hinweg erstreckt. Gefangen zwischen Regen und Sonne. Wo mag sein Anfang und wo sein Ende liegen? … , sinnierte Prisca spontan über den Regenbogen, während sie mit der Spitze des Zeigefingers sanft den Bogen auf den Fingerknöcheln des Flaviers nach zeichnete. Kurz darauf löste sie die Berührung und lächelte Piso erwartungsvoll an, so als ob er darauf eine Antwort wüsste ...

  • Der Parther fasste seine Sklaven augenscheinlich hart an, ein bisschen zu hart in den Augen des doch nicht ganz so hartherzigen Piso. Aber gut, wenn es Banausen waren, konnte man das wohl tun. Der Parther schien nicht einmal ein solcher zu sein, denn er bot genau die richtigen Klunker an. Pisos Herz öffnete sich gleichsam wie die kleine Truhe, die der Parther vor ihm aufmachte. Welch wundervolle Steine dies waren. Er konnte seinen Blick gar nicht davon nehmen. „Gleich, 7 Stück.“, bestätigte er trozken, doch der Enthusiasmus trahlte aus seinen Augen. Wundervolle Ringe waren dies. Er streckte seine beiden Pratzen vor, um sie sich vom Parther anstecken zu lassen. „Ohne Fliege, bitte, ich verabscheue Krabbeltiere.“, gab Piso dem Parther zu verstehen, als er nach und nach das Gewicht der Ringe zu verspüren begann. Nicht ohne Gefallen blickte Piso auf seine neu erworbenen Ringe. Der flavische Siegelring würde sicherlich gut dazu passen.
    Letzteren hatte er in seinem Beutel, welcher wohlweislich von seinen Gürtel herunterhing. Sicherlich hatten dort auch die Ringe Platz, wenn er sie einmal nicht brauchte. Fürs Schreiben und echte Arbeiten waren die sicherlich mehr als nur unpraktisch, aber Piso war durch seine noble Geburt ja davon ausgenommen. Worauf er nicht böse war, denn harte Arbeit empfand er als unästhetisch.
    Er blickte noch immer gebannt auf seine neuen Ringe und drehte seine Hände affektiert im Sonnenlicht herum, was zur Folge hatte, dass die Steine fröhlich-farbenfroh aufblickten. Ja, das waren wirklich schöne solche.
    Der Pather fragte, ob das Arrangement so passte. „Nun, vielleicht den Amethysten und den violetten... wie heißt er... genau, Sugilithen, das ist er doch, oder?... vertauschen. Dann ist es in der Reihenfolge des Regenbogens.“ Er wartete, bis der Partherdies getan hatte, und dann streckte er die Hände aus. Uff, welch Gewicht! Wer schön sein will, muss eben leiden. Aber er war sehr zufrieden. Zwischen den linken 4 und den rehcten 3 Ringen prunkte eine Lücke, sein frei gelassener rechter Zeigefinger. Hier würde der flavische Siegelring seine Heimat finden. Natürlich nur, solange er nicht am Amt zu arbeiten hatte.
    „Wieviel kostet dies?“ Doch kaum war seine Frage ausgesprochen, entsprang Prisca eben der Umkleidekabine. Der Parther war sehr schnell darin, ein Urteil abzugeben. Schrecklicher hätte es nicht einmal Piso ausdrücken können, dachte er sich ein wenig selbstironsich und warf ihm einen Blick zu, der wohl „Wenn du nicht die Klappe hälst, kriegst du auch einen Hügel, und zwar in Form einer Beule“ ausdrücken mochte.
    Die Umdrehung, die Prisca bereitwillig ausführte, endete direkt vor Piso, der nun ein erwartungsvolles Lächeln und eine Frage bekam. Piso lächelte zurück, und zwar ehrlich. Nein, traurig war er schon lange nicht mehr, im Gegenteil, aufgrund eines seiner legendären Stimmungsumschwankungen fühlte er sich nun so pudelwohl wie seit langem nicht mehr.
    Durch die Erfahrung, wie blöd ein dummes Kompliment klingen kann, gewitzigt, ließ Piso sich ein wenig Zeit in der Wahl seiner Worte, als sie ihn fragte, wie es ihr stand.
    „Nun... hervorragend – ist kein Ausdruck dafür, Prisca. Dieses Kleid ist umwerfend, das will ich ehrlich sagen. Mein Leben lang strebte ich nach Ästhetik, doch solch eine Harmonie und Schönheit habe ich nur selten gesehen. Es steht dir wunderbar.“, meinte er ernst zu ihr, bevor er wieder lächelte. „Doch, ich frage mich fast, ob das andere, das Zweifarbige, dies noch übertrumpfen kann. Unwahrscheinlich, doch einen Verusch wert – was denkst du?“
    Priscas Blick fiel auf die Ringe des Piso, und gerade wollte er sie stolz hinhalten, da fühlte er sie ergriffen von Prisca. Sein Erstaunen verbergend, ließ er zu, dass sie ihn examinierte.
    „Ja, sie sind wunderschön, nicht wahr?“, bestätigte er ihre Worte, und hätte fast seine Augenbraue typisch flavisch in luftige Höhen gehebelt, als sie plötzlich ganz philosophisch wurde. Doch er unterließ dies, und nahm stattdessen einen verträumten Gesichtsausdruck an, passend zur gestellten Frage. Die durchaus angenehme Berührung von Prisca half dabei immens.
    „Wenn ich dies wüsste... Regenbögen, nie auffindbar sind ihre zwei Enden... unauslotbar ihre Höhe, welche sich in die obersten Himmelsphären empor ranken... gerade deshalb sind sie so schön – und mysteriös. Und, ihre Anfänge und Enden zu kennen, würde das Mysterium, das sie umrankt, verstören. Genau aus diesem Grund, so denke ich, sollte man auch nie erkennen, wo ein Regenbogen aufhört... und wo er anfängt. Dieses Nicht-Wissen, diese Unmöglichkeit der Erkenntnis – ein integraler Grund ist es, warum Regenbögen das sind, was sie sind.“ Hoffentlich war die Antwort halbwegs brauchbar.

  • Der Römer fragte prompt nach dem Preis der Ringe und von da an war sich Mitridathes ziemlich sicher, dass dieser heute ein kleines Vermögen bei ihm lassen würde. "Oh lasse mich kurz rechnen Herr. Das seien Sieben Stuck, … Einer ohne Fliege … das machen …hmm" Natürlich kannte der Händler seinen Preis, doch ehe er diesen nannte musterte er den Flavier schnell von der Seite . Oh ja, doch. Der Römer schien liquide genug zu sein, um einen kleinen Zuschlag zugunsten von Mithridates zehnköpfiger Familie verkraften zu können. "Ach was solle ..", winkte er mit einem gönnerhaften Lächeln ab, nachdem er arg mit sich gerungen hatte. "Weil bist du, gebe ich´e dir alle Ringe susammen für, sag ma, ... 20 Aurei" Der Händler klang dabei so gönnerhaft, als würde er seine Ware glatt verschenken. 20 Aurei? Zweifellos ein stolzer Preis, selbst für so erstklassige Ware, die Mithridathes zweifellos zu bieten hatte. Ob der Römer das Gebot überhört hatte? Vorerst schien es ihn nicht weiter zu interessieren, da die ganze Aufmerksamkeit des Flaviers nunmehr dem Kleid und der Römerin galt, die sich darin gut gelaunt vor ihm zeigte.


    "Schone …Hug ...Huh??...Oh, ehm .." Der Blick des Flaviers sprach Bände. Mitridathes biss sich augenblicklich auf die Zunge und schluckte schnell eine weitere zweideutige Bemerkung über die eindeutigen Formen und Farben herunter. Mit einer demütigen Verbeugung in Richtung Piso, trat er zu Seite und überließ das komplimentieren lieber dem Kunden. Verbale Ästhetik war ohnehin nicht die Stärke des Händlers und er wollte keinesfalls riskieren, dass das Geschäft am Ende daran noch scheitern würde. Schließlich galt es ja noch die beiden Kleider an den Mann oder - besser gesagt - an die Frau zu bringen.


    Prisca war indes sehr angetan von Pisos Kompliment und das merkte man ihr deutlich an. Es klang weder übertrieben noch plump wie das des Händlers, noch aufgesetzt, oder gar gelogen. Zudem waren Pisos Blicke, mit denen er seinen Worten etwas Nachdruck gab, alles andere als unangenehm durch den leichten Stoff hindruch zu spüren."Danke sehr Piso.", erwiderte Prisca mit einem verlegenen Lächeln, ehe sie ihn wieder etwas kecker angrinste: "Nun wenn du meinst, dann werde ich den Versuch wagen und das Zweifarbige ebenfalls anprobieren. Was gab es schließlich schöneres als einem Mann zu gefallen, der offensichtlich Geschmack bewies und ein Auge für Schönheit und Ästhetik besaß?! … Oh nein, er ist doch nicht etwa???... Die Aurelia beschlich ein unbegründeter Verdacht, den sie jedoch sofort wieder verwarf. Nein, nein. Er macht gar nicht den Eindruck als wäre er … Oder doch?


    Aus den Augenwinkeln heraus musterte Prisca den Flavier verstohlen während sie ihr Hauptaugenmerk weiter auf die vielen schönen Ringe legte. "Ja die Ringe sind wirklich wunderschön und sie stehen dir sehr gut. Darf ich fragen zu welchem Anlass du sie zu tragen gedenkst?!", antwortete sie ehrlich und dachte bei ihrer Frage an so etwas wie eine Senatssitzung oder eine ähnlich repräsentative Veranstaltung, bei der sie sich den Flavier gut vorstellen konnte. Oder waren die Ringe doch ein weiteres Indiz dafür, dass er ...? Hmm, ich kann mich nicht entsinnen, dass Ursus oder Marcus jemals ihre Hände derart verziert hätten, … Oder doch?


    Wie auch immer - jedenfalls gefiel es Prisca, dass ein Mann Wert auf sein Äußeres legte und auch nicht damit geizte, seinen Reichtum offen zu zeigen. Innerlich hatte die Aurelia andereseits längst damit abgeschlossen jemals einen Mann zu finden, der alle Tugenden in sich vereinen würde. Wobei jener Flavier ihrem persönlichen Ideal doch recht nahe kam. Seine Antwort auf die Frage nach den Regenbogen befriedigte die Aurelia allerdings nicht ganz, ohne genau sagen zu können was sie eigentlich erwartet hatte. "Ja in der Tat. Irgendwie schade, dass wir nie die Wahrheit erfahren werden, die hinter diesem Mysterium stecken mag. … Aber so können wir jedenfalls träumen und uns in unserer Phantasie ausmalen, was wir dort vorfinden wollen, nicht wahr? ... ", Einen Schatz, oder gar eine verlorene Liebe …? Prisca seufzte ergeben und ließ die angenehm warmen Hände ihres Gegenübers langsam wieder sinken. Die Anprobe des zweiten Kleides stand noch aus und so verabschiedete sie sich mit einem sanften Lächeln auf den Lippen und verschwand erneut in dem Zelt, dessen Eingang die Ägypterinnen sogleich mit einem Tuch verhüllten.


    Wieder hörte man es rascheln, wobei das leise Getuschel und Gekichere dieses Mal noch stärker überwog.


    Mithridates nutzte indes die Gelegenheit und huschte unauffällig an die Seite des Flaviers zurück, wo er sich mit einem unaufdringlichem Hüsteln sogleich bemerkbar machte. Im Kopf hatte der geschäftstüchtige Parther derweil schon ausgerechnet, welchen Betrag er inklusive der Kleider nennen wollte. "Ehm, zahle du für Frau mit?", versicherte er sich dennoch. Nicht das es am Ende doch getrennte Rechnungen gäbe. Just in dem Moment erschien auch der Sklave mit dem Tee und so deutete Mithridates einladend auf eine Ansammlung plüschiger Kissen im orientalischen Stil. Sozusagen sein Verkaufsbüro. "Wolle du nicht Platz nehme Herr, während warten? Isse angenehmer trinken Tee im sitzen ..." und das Verhandeln ginge auch leichter, sofern der Römer ans feilschen dachte. ...

  • Der Preis also. Hätte Pisos Börse sprechen kennen, hätte jene nun ob ihres unverantwortlichen Besitzers gejammert, doch ebendieser schien so eingenommen von seinen Ringen (und vielleicht nicht nur von jenen), dass er gar nicht darüber nachdachte, wieviel er zur Verfügung hatte. Doch der Preis, den Piso für die Ringe ausgeben sollte, würde selber einer dickeren Geldbörse schmerzen. Er feuerte einen warnenden Blick auf den Händler ab, doch bevor er etwas sagen konnte, trat ja schon Prisca hervor, Ein Ereignis, das dazu einlud, herzuschauen und nicht mit dem Parther eine Debatte zu beginnen.
    Mit großer Genugtuung hörte der Flavier das Gestammel des orientalischen Dampfplauderers (den Piso trotz des ursprünglichen guten Eindruckes immer mehr für einen Banausen hielt) versiegen, und mit Erleichterung sah er, dass Prisca ihn ob seiner Worte nicht ohrfeigte oder heulend davonrannte. Puh, gerade noch einmal durchgeschlitzt, Aulus, Schwein hast du, dachte er für sich selbst, als er ihr Lächeln registrierte. Es sah... echt aus. Ganz leicht, kaum hörbar, atmete er aus. Komplimente machen war immer eine heikle Sache, zur allzu leicht konnte man auf diesem schlüpfrigen Parkett ausrutschen. Doch bisher schien es ja ganz ordentlich zu laufen... eigentlich.
    Sie stimmte mit ihm überein, dass sie wirklich das zweite Kleid anprobieren wollte, und zwar mit einem Gesicht, welches Piso veranlasste, Hitze in seinem Gesicht heraufsteigen zu fühlen. Verdammt! Er konnte jetzt nur hoffen, man sah ihm keine Röte an.
    Wenn man sich Pisos Verhalten so ansah, konnte man durchaus verstehen, dass es Verdachtsmomente bei Prisca gab. Piso war ziemlich eitel und metrosexuell (in seiner Kindheit fing das schon an, als er sich in Mädchenkleidung gefiel) , doch er war der „griechischen Krankheit“, wie man es nobel nannte, nicht anheim gefallen. Was man unschwer daran sehen konnte, dass er von seiner unglücklichen Liebe gejammert hatte. Dass sich vor allem in letzter Zeit häufiger diverse Frauen fragten, ob er wirklich ein Frauenliebhaber wäre, lag wohl daran, dass es kein wirkliches Verständnis gab für... nun, empfindsamere Männer. Was schade war, wenn es nach Piso ging.
    Prisca belobigte seine Ringe, und Pisos Brust schwoll vor Stolz. „Danke! Ich habe dasselbe gedacht... aber ich brauchte eine andere Meinung dazu.“, lächelte er. Vor allem, weil er dann und wann doch ziemlich ins Wasser haute. „Deine Meinung war mir wichtig.“, fügte er, ihr versichernd, hinzu, als er sie weiter auf seine Ringe blicken ließ.
    Sie fragte ihn, wozu denn die Ringe gut wären, und Piso dachte kurz nach, bevor er eine ädequtae Formulierung zusammengestöpselt hatte. „Nun, du musst dazu wissen, vor kurzem erreichte mich die Nachricht, dass ich in den ordo senatorius erhoben worden bin.“, verkündete er. Haha, wie er sich gefreut hatte, als er sich in der Kanzlei selber ernannt hatte, wie ein Kind. „Wir vom senatorischen Rang, die aber noch keine Senatoren sind, können keine äußeren Kennzeichen unseres Standes zeigen. So habe ich mir gedacht, diese Ringe könnten als Ersatz dafür dienen. Ich denke, für öffentliche Anlässe wären sie sicherlich geeignet.“ Er schielte auf seine Ringe runter. Die würden sicherlich Eindruck schinden, dachte er frohen Mutes. Denn er wäre beileibe nicht der einzige Mann, der seine Hände dermaßen aufbrezeln würde (auch wenn solche Leute zu einer aussterbenden Rasse von Kavalieren der alten Schule gehörten; das dachte Piso einmal).
    Der Enthusiasmus auf seine Antwort war nicht gänzlich überschäumend, doch Piso beschloss, diesen Umstand fürs erste außer acht zu lassen. Immerhin hatte er es geschafft, durch seine Antwort nicht alles zu zertrümmern. Wieso fragte ihn Prisca eigentlich so viel? Vielleicht hielt sie ihn für einen Mann, der alle Antworten parat hatte. Oder war dies eine Art... Test? Wozu?
    Gleichzeitig bemerkte er, dass es ihm... unangenehm war, als Prisca seine Hände wieder losließ.Piso blickte erstaunt eine Sekunde herunter und dann wieder zu Prisca hin, die, ihn lächelnd anschauend, wieder zur Ankleidekabine sich hin begab und ihn stehen ließ... alleine. So fühlte er sich irgendwie, als sie in der Kabine verschwunden war.
    Einige Sekunden blieb er so stehend, auf einen imaginären Punkt starrend, den er selber nicht hätte bestimmen können. Das Hüsteln des Händlers riss ihn so dermaßen aus seinen Gedanken, dass er fast erschrocken herumfuhr.
    Er blickte zum Parther hin, welcher ihm eine Frage stellte. Ob er fürs Kleid zahlen wolle? Pisos Verstand sagte nein. Doch sein Bauchgefühl veranlasste ihn dazu, zu nicken. „Sicher mache ich das.“, meinte er. Zum ersten wollte er nicht als Knauserer dastehen, nachdem er sich selber schon so reichhaltig mit Ringen versorgt hatte. Zum zweiten dachte er noch immer, es wäre nur recht und billig, würde er für seine Fahrlässigkeit auch büßen. Und zum dritten wollte er Prisca eine Freude bereiten... auch wenn ihm nicht klar war, wozu. Ging vielleicht das Leben weiter? Auch ohne Decima Serrana? Vielleicht?
    Aus den Augenwinkeln sah er, dass endlich der lang ersehnte Tee kam. Na Herrschaftszeiten, Zeit wars, dachte er sich und ließ sich auf eines der Kissen nieder. Er sank in dem Kissen unerwartet tief ein, und wäre fast umgefallen, wenn er sich nicht geistesgegenwärtig in Balance gebracht hätte. „Danke für den Tee. Was ist also dein Preis für die Ringe, das Kleid und den Tee?“ Um letzteren konnte er sich wohl schlecht drücken. Hoffentlich kam jetzt nicht noch einmal ein so unmögliches Angebot wie bei den Ringen. Es würde seine arme Börse ausbrennen. Auch schon wurscht. Er blickte erwartungsvoll den Parther an, als sein Tee eingefüllt wurde und Piso pflichtschuldigst ein Schlückchen heraussüppelte.

  • Ach wie dumm von mir anzunehmen, er sei ...!, schalt sich Prisca im nachhinein selbst über ihre absurde Vermutung bezüglich der Neigung des Flaviers. Nein nein! Wie komme ich nur darauf, schließlich trauerte Piso gerade seiner großen und einzigen Liebe nach und diese war (ohne Zweifel) weiblicher Natur gewesen. Oder ist er am Ende gar beiden Geschlechtern zugetan?...Naja denkbar, obwohl .... sie das im Grunde auch nichts anginge. Warum also machte sich Prisca überhaupt so viele Gedanken und stellte entsprechend viele Fragen? Hmm...Vielleicht, weil sie ihn interessant und sympathisch fand (und das nicht nur wegen seines guten Namens)? Gut möglich.


    Piso schien jedenfalls sehr ehrgeizig und erfolgreich zu sein, da er zurecht mit Stolz verkündete in den ordo senatorius erhoben worden zu sein. "Oh wie schön! Da gratuliere ich dir recht herzlich und wünsche dir für deine weitere Karriere alles Gute, Piso!", freute sich Prisca sichtlich mit ihm. Ein Mann mit Sinn für Ästhetik, der gleichzeitig Ehrgeiz hinsichtlich seiner beruflichen Karriere bewies. Da konnte frau schon mal ins schwärmen geraten, obwohl sie es eigentlich nicht zu deutlich zeigen sollte, war Piso doch gerade inmitten in tiefer Trauer um seine verlorene große Liebe.


    Wobei der Flavier in der letzten halben Stunde seine Traurigkeit zunehmend verloren hatte. Oder bilde ich mir das nur ein. Er hat doch Gefallen an unserem gemeinsamen Einkaufsbummel, oder nicht? Ein wenig Zeit zum nachdenken blieb nun beiden, während Prisca erneut in dem Zelt verschwand und dort von geschickten Händen umgekleidete wurde. 'Gelb-schwarz' Eine wundervolle Kombination, gerade wegen seiner Extravaganz, hallten Pisos Worte in Priscas Kopf während sie, mit leicht schief gelegten Kopf, kritisch ihr Spiegelbild begutachtete und ihre Gedanken ständig um den Flavier kreisten. Sie ahnte natürlich nicht, dass sie darin gewissermaßen die Vereinsfarben seines Lieblings-Gesangsvereins repräsentierte. Na hoffentlich war das dies nicht der einzige Grund gewesen, warum Piso dieses Kleid vorgeschlagen hatte. Vom Schnitt her war es allerdings wirklich sehr schön, der Stoff angenehm leicht und die Farben flossen regelrecht durch die vielen Falten ineinander. Das leuchtende Gelb und das Schwarz, welches statt tiefer Dunkelheit eher durch seine Transparenz bestach.


    Nun gut, dann will ich mal hören wie ich ihm darin gefalle, beendete Prisca voller Neugier die eigene Begutachtung im Spiegel. Hie und da zupfte die Aurelia noch eine Falte zurecht und ließ sich dann von den beiden Ägypterinnen wieder nach draußen begleiten. Und sie kam gerade rechtzeitig um mitzubekommen, wie Piso von dem parthischen Händler regelrecht zugetextet wurde ...


    … denn in der Tat war der Parther ein richtiger "Dampfplauderer", wobei Mithridates es selbst eher als geschäftsfördernde Kommunikationstechnik bezeichnet hätte. Reden gehörte eben zum Geschäft und viel reden noch viel mehr.


    "Keine Ursache Herr! Könne du trinke so viele Tee wie du wolle", winkte Mithridates auf Pisos Dank hin lächelnd ab. Das Getränk fiel bei dem Preis für die Ringe und die Kleider zusammen ohnehin nicht ins Gewicht. Der Händler rechnete schnell im Kopf den Preis zusammen, wog diesen mit der äußeren Erscheinung des Kunden nochmals ab und nannte ihn dann, nicht ohne dabei tief seufzend die Mitleidsmasche oben drauf zu setzen: "Musse du wisse Herr, habe ich´e zehn Kinder zu ernähren…" Mithridates streckte demonstrativ alle Finger hoch: "Zehn!!", betonte er nochmals tief durchatmend: "Aber weile du bist gutes Kunde und willst beschenken so schöne Frau ich´e mache dir gutes Preis … Also, alles susammen für… " Gleichzeitig beugte sich der Parther weit zu Piso herüber und senkte dabei die Stimme deutlich: " 50 Aurei"


    "Wieviel will er?", meldete sich Prisca im selben Augenblick zu Wort und sah Piso fragend an. Die entscheidenden Worte des Händlers hatte sie leider nicht mehr verstanden. Doch ehe der Flavier ihr antworten konnte, nutzte die neugierige Aurelia noch schnell die Gelegenheit, ihm das zweite Kleid vorzuführen. "Na wie findest du es?", fragte Prisca neugierig und drehte sich diesmal unaufgefordert im Kreis, damit Piso sie von allen Seiten begutachten konnte."Und?" Erwartungsvoll blickte Prisca ihren Begleiter wieder an, während sie auf die Sitzgruppe zu schritt und sich kurzerhand neben Piso in den weichen Kissen nieder ließ. Den direkten Augenkontakt suchend, versuchte Prisca insgeheim zu ergründen welchen Eindruck sie wohl auf ihn machte. "Findest du nicht, dass es ein wenig sehr gewagt ist? … Zu welchem Anlass könnte ich wohl so ein Kleid tragen?!", wollte sie abschließend von ihm wissen. Nur kurz blickte die Aurelia abfällig zu dem Händler hinüber, ehe sie dem Flavier wieder ein offenes Lächlen schenkte. Eingangs hatte Prisca zwar nach dem Preis gefragt, doch war ihr klar, dass sie in die Preisverhandlungen diesmal nicht eingreifen durfte, da sie in männlicher Begleitung war.


    Mithridates hingegen vermied diesmal (wohlweislich) jeglichen Kommentar zu dem Kleid und dessen Trägerin. Stattdessen richtete auch er den Blick nun erwartungsvoll auf den Kunden und wartete auf (s)eine Reaktion. … 50 Aurei!!! Ich bitte dich! Für sieben Ringe, zwei Kleider und … eine Frau …, sprach sein Blick hingegen Bände, so wie er es eben aus seiner Heimat her gewohnt war zu handeln ….

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