[Atrium] Besuch für die Hausherrin

  • Da sich noch nicht so richtig eingespielt hatte, wo Tiberia Albina ihre Besucher in der Casa Purgitia zu empfangen pflegte, da sie seit ihrem Einzug nicht allzu viel Besuch empfangen hatte, führte der Türsklave Aurelia Laevina erst einmal nur bis ins Atrium. Dort übernahm dann gewöhnlich ohnehin der Hausverwalter.


    "Tiberia Albina kommt sofort", verkündete dieser dann auch nur noch und verschwand, um die Hausherrin über den Besuch zu informieren.

  • Zufrieden folgte ich dem Türsteher ins Atrium. Für das Haus eines Plebejers war es wirklich sehr ansehnlich. Ich schaute mich unauffällig um und nahm einige Details der Inneneinrichtung wahr. Jetzt, da ich wohl bald selbst zur Einrichtung eines ordentlichen Haushalts beitragen würde, schaute ich mir solche Dinge mit ganz anderen Dingen an. Was war gerade in Mode, was sprach für guten Geschmack und natürlich auch: was gab es, was mir selbst wirklich gefiel!
    Ich setzte mich im Atrium und wartete darauf, dass die Tiberia erschien. Etwas nervös war ich schon, aber gleichzeitig sehr dankbar, dass ich jemandem von meinen Zweifeln und Fragen erzählen konnte, der selbst schon erfahrener war als ich selbst.

  • Albina hatte etwas länger gebraucht als erwartet, hatte doch eine der Sklavinnen gerade als sie loswollte eine Vase zerbrochen. Doch nachdem die größte Aufregung vorbei war, war sie ins Atrium geeilt, wo sie etwas verzögert eintraf.
    "Salve!" begrüßte sie die ihr noch Fremde. "Du mußt also Laevina sein." Ein Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen.

  • Nach einer halben Ewigkeit - wie es sich in meiner Nervosität anfühlte - traf endlich meine zukünftige pronuba ein.
    "Ja, ich bin Laevina! Ich freue mich, Dich kennen zu lernen, Albina!" Denn dass sie diese war, war ja offensichtlich.
    "Vielen Dank, dass Du bereit bist, meine pronuba zu sein. Ich bin sehr froh, dass ich eine so erfahrene Frau an meiner Seite haben werde."


    Und nach einigem Zögern vertraute ich mich ihr sogleich an. Was brachte es, sie würde doch schlussendlich alles über mich erfahren.
    "...ich bin ziemlich nervös... also seeehr! Ist das normal?", fragte ich nervös.

  • Ein wenig musste Albina schon über die Wortwahl der Aurelierin schmunzeln. Sooo erfahren war sie nun auch nicht- halt in erster Ehe verheiratet. Da gab es einige Römerinnen, die durchaus mehr Erfahrung im heiraten hatten.


    Sie war etwas von dem Gefühlsausbruch der jungen Patrizierin überrascht, wechselten sie doch gerade ihre ersten Worte miteinander. Andererseits hatte sie schon Verständnis dafür. Heiraten war kein leichter Schritt und für so junge, unschuldige Frauen durchaus furchteinflößend.
    Sie nahm Durus Verlobte bei den Händen und lächelte. "Ganz ruhig, meine Liebe." Sie führte sie sacht zu einer im Atrium befindlichen Sitzgruppe, goß ihr und Laevina in aller Ruhe etwas zu trinken ein und lehnte sich dann in ihrem Stuhl zurück.
    "Ich verstehe, dass du nervös bist. Es würde mich wundern, wenn du es nicht bist. Aber was genau ist es denn, was dich so beunruhigt, wenn ich fragen darf." Die Gründe für voreheliche Aufregung entschieden sich erheblich. Die einen hatten Angst vor ihrem künftigen Gatten, die anderen wollten ihr Zuhause nicht verlassen, wieder andere hatten Furcht vor der ersten Nacht. Bei ihr selbst waren es mehr die Erinnerungen an Verres gewesen und die Ohnmacht ihrem Schicksal gegenüber, die ihr die Hochzeit so schwer hatten werden lassen.

  • Die Fremde nahm meine Hände und obwohl ich erst etwas erschreckte, legte sich sofort Ruhe auf mein Gemüt. Diese Frau strahlte wirklich Erfahrung aus. Und vor allem lachte sie mich nicht aus.
    Aber schwierige Fragen konnte sie stellen!
    Weshalb ich genau Angst hatte, war mir gar nicht so besonders klar. Oder vielmehr wusste ich nicht, mit was ich anfangen sollte. Also legte ich ersteinmal drauf los, wie es mir einfiel und redete bald wie ein Wasserfall. Es tat gut, mich endlich jemandem anvertrauen zu können.


    "Naja, erstmal kenn ich ihn ja fast gar nicht. Er ist ein Fremder und schon so viel älter als ich. Wer weiss, ob er überhaupt was mit anfangen kann. Und was ist, wenn er stirbt und ich immer noch ganz jung bin!?" Das war ein ganz neuer Gedanke, der mich kurz in Schrecken versetzte, dann redete ich weiter.
    "Ausserdem bin ich noch so unerfahren. Weisst Du - was "es" angeht..." Hatte sie mich verstanden? Sicherlich... "Also klar hab ich Angst davor. Aber auch... auch dass ich vielleicht etwas verpasse! Ich bin doch noch viel zu jung um das zu beurteilen!" Diese Gedanken waren so intim und peinlich, dass ich puterrot wurde und meinen Blick senkte. So wirr wie sie in meinem Kopf waren, waren sie nun auch herausgekommen.
    "Ausserdem werde ich meine Freunde... und meine Cousinen so vermissen! Und die ganzen Feste... ICH soll die Frau des Konsuls sein - wo ich gerade erst nach Rom gekommen bin!" Natürlich war das übertrieben, es war ja nicht ganz so, dass ich keine Erfahrung auf Empfängen und dergleichen hatte. Aber in diesem Moment fühlte ich mich von meiner zukünftigen Position als fast-First Lady so überfordert, dass ich nicht fähig war, den gewöhnlichen Schein meines Selbstbewusstseins vor der pronuba aufrechtzuerhalten.
    Verzweifelt angesichts all dieser Zweifel und Ängste blickte ich auf in die beruhigenden Augen der Tiberia und konnte nicht verhindern, dass eine kleine Träne über meine Wange lief.

  • Albina, die selbst gerade Anfang 20 war, erkannte wie sehr die letzten Jahre sie geprägt hatten und wie reif sie geworden zu sein schien, als sie ihre junge Gegenüber reden hörte.
    "Zunächst einmal" begann sie ruhig in dem Bewusstsein, dass ihre eigene Ruhe auch auf die Jüngere übergehen würde "versichere ich dir, dass mein Vetter ein sehr guter Mann und Mensch ist. Ich bin mir sicher, dass er dich stets gut behandeln wird. Als nächstes ist es nicht unüblich, dass Männer sehr viel älter sind als ihre Frauen. Auch meine Ehemann ist beinahe doppelt so alt wie ich. Du wirst erkennen, dass die Reife und die auch die Stellung deines zukünftigen Ehemannes dir später Schutz und Geborgenheit bieten."
    Und erst als sie selbst so sprach, erkannte sie diese Tatsache. Sie fühlte sich tatsächlich mittlerweile an der Seite ihres Mannes wohl. Wo auch immer sie waren, an seiner Seite fürchtete sie nichts mehr. Und sie war sich sicher, dass es auch Laevina so gehen würde.
    Albina räusperte sich kurz, bevor sie weitersprach. "Was 'es' angeht... nunja... hab keine Angst. Wenn dein Bräutigam, und so kenne ich meinen Vetter, ruhig und sanftmütig Frauen gegenüber ist, so wird es gewiss nicht schlimm." Albina gedachte nicht ins Detail zu gehen. Das waren nun einmal einfach Themen, die nicht Salonfähig waren.
    "Was deine Freunde und Familie angeht, so sorge dich nicht. Du wirst sie weiterhin sehen können. Als Frau des Konsuls hast du nahezu grenzenlose Möglichkeiten. Natürlich nur sofern du dich deiner Stellung würdig in der Öffentlichkeit verhältst. Du wirst sie alle besuchen können und umgekehrt. Und auch in der Villa Tiberia leben mit meiner Cousine Arvinia und der Nichte Septima zwei sehr liebe Frauen, die dir gerne zu Freundinnen werden."
    Albina hoffte, dass sich die Verlobte von Durus besänftigen ließe. Sie verstand ihre Ängste durchaus. Doch einerseits waren in ihren Kreisen Hochzeiten nun einmal in der Regel keine Angelegenheiten, die man sich nach Belieben aussuchen konnte und andererseits glaubte sie wirklich, dass Durus ein guter Ehemann sein würde. Ebenso wie ihr eigener.

  • Schon die Anwesenheit der anderen jungen Frau und ihre offensichtliche Ruhe und die Erfahrung die ich da hinein interpretierte, gaben mir Ruhe. Doch natürlich reagierte ich zunächst zumindest innerlich mit vielen Zweifeln, Fragen und Widersprüchen auf ihre Ausführungen.
    Doch schliesslich liess ich mich doch beruhigen. Was half es schon, wenn ich mir unnötig Gedanken machte. Schliesslich würde es so oder so passieren, es war nun mal nicht wirklich so, als hätte ich gross die Wahl. Die Geborgenheit, die Albina mir versprach, konnte ich mir bei dem mir völlig fremden Durus kaum vorstellen. Andererseits strahlte er wirklich Ruhe und Selbstsicherheit aus.
    Es war mir klar, dass Albina nicht mit mir über den interessanten Teil der ersten Nacht im Eheleben reden wollte. Einerseits wäre es sicher interessant gewesen noch nähere Berichte zu hören - andererseits hatte ich dafür ja auch Prisca gehabt...
    Was meine andauernden Besuche bei meiner Familie angingen, nagten auch nachdem ich zur Ruhe gekommen war noch Zweifel in mir. Ob Durus das recht sein würde? Wie wohl würde ich mich ausserdem in dem mir dann fremden Umfeld zuhause fühlen, wenn ich längst nicht mehr dort lebte. Ich malte mir ein hässliches Szenario aus, in dem ich zwischen allen Stühlen und völlig heimatlos höchstens noch auf die starken Arme des gesichtslosen Durus setzen konnte. Ein leichtes Schaudern überkam mich.
    Gleichzeitig fasste ich mir aber ein Herz, schluckte meinen Kloss im Hals hinunter. Ich wollte nicht allzu schwach auf Albina wirken und es würde wirklich nirgendwohin führen, wenn ich meine Fassung nicht gewinnen würde. Also gab ich mir grösste Mühe.
    "Vielen Dank... dass Du für mich da sein willst." Konnte man so formulieren, was die Tiberia für mich tat und tun würde? Gute Frage. "Was genau wird eigentlich Deine Rolle bei meiner Hochzeit sein?" "meine Hochzeit" klang sehr fremd in meinem Kopf, sobald ich es ausgesprochen hatte, doch das war nun einmal Fakt. Damit musste ich mich endlich abfinden.

  • Für sie da sein? So recht verstand Albina noch nicht, worauf die junge Frau das bezog, fragte aber nicht weiter nach, sondern lächelte nur. Sie war wohl in ihrer jetzigen Lage für jede Form von Beistand dankbar.
    "Nunja, letztlich wird es meine Aufgabe sein, deine und Durus Hände mit dem Band zu umwickelten und dabei eure Eheversprechen zu überwachen. Für mich persönlich der schönste Teil der Hochzeit, wenn man es so nennen möchte..."
    Wie sehr erinnerte sie ihr junges Gegenüber sie an sie selbst vor ihrer Hochzeit. So unglaublich lang lag diese selbst noch nicht zurück und doch erschien ihr auch das schon wieder sehr weit fort.

  • Die andere stärkte mein verletzliches Selbstvertrauen mit dem was ich für ein vertrauliches Lächeln hielt und ich fühlte mich mit der Fremden immer wohler.
    Dass sie nur das Einbinden der Hände erwähnte, überraschte mich jedoch ein wenig.
    "Ist da noch mehr? Ich meine... wirst Du später... auch dabei sein?" Ich war mir plötzlich unsicher. Ich hatte fest damit gerechnet, dass sie in der Hochzeitsnacht zumindest am Anfang anwesend sein würde. Jetzt plötzlich kam mir das aber furchtbar absurd und peinlich vor. Vielleicht war das nur aus irgendeiner Sage oder ein griechischer Brauch, den ich in meiner Jugend von einem unserer Sklaven falsch aufgeschnappt hatte.

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