[Triclinium] Quintilius Sermo et Caelyn

  • Sermo hatte Schmerzen gelitten. Und zwar ganz ordentliche Schmerzen, wenn man die Stelle bedachte, an der Caelyns Knie ihn getroffen hatte. Seine Weichteile waren mindestens einen halben Tag nicht nutzbar gewesen und hatten ihm unglaubliche Schmerzen bereitet, sodass er den Rest des Tages im Zimmer verbracht hatte und sich nicht in der Casa zu blicken wagte. Am Tag darauf konnte er zum Glück wieder normal gehen und daher auch seine Tagesgeschäfte erledigen. Nachmittags fand er den Weg zurück zur Casa Quintilia und genoss dort die Stille im Triclinium bei einem Glas Wein und einem Imbiss vor der Cena. Draußen würde bald die Sonne untergehen und der Quintilius genoss die Ruhe, die er hier erfuhr. Vor der Tür herrschte noch immer reges Treiben, doch in den eigenen Vier Wänden war es immer noch am schönsten. Am gemütlichsten eigentlich. Hier hing er seinen Gedanken nach. Seinen Gedanken, die seit dem vorangegangenen Tag des Öfteren bei jener keltischen, blonden Sklavin waren, die ihn so demütigend auf die Bretter geschickt hatte...

  • ...und genau eben diese keltische, blonde Sklavin tauchte jetzt im Türrahmen auf, nachdem sie dem Haussklaven zum triclinium gefolgt war....


    Als ich triclinium gehört hatte, knurrte mir schon wieder der Magen. Die Ausbeute war heute nicht besonders groß gewesen. Eigentlich hatte ich heute noch gar nix zu beißen gekriegt. Die Leute wurden auch immer geiziger! Am Anfang war´s noch schlimm gewesen, aber irgendwann schluckte man den Hunger einfach runter oder versuchte, etwas trinkbares zu ergattern, dann war wenigstens der Magen gefüllt.
    Jetzt aber knurrte der Magen wieder und auch das dumpfe Hungergefühl war wieder zurück. Nicht die besten Voraussetzungen, um die eigene Zukunft zu planen, nämlich außer Hunger hatte ich nicht viel, was ich Sermo hätte anbieten können, damit er mir half.


    Diomedes war vor mir hergegangen. Er klopfte kurz an der Tür, die sowieso schon offen stand, einfach um auf sich aufmerksam zu machen, damit er mich melden konnte. In meiner Ungeduld schob ich mich einfach an ihm vorbei, so dass ich es war, den Sermo als erstes zu sehen bekam, sobald er zur Tür schaute. Mein Grinsen ersparte ich ihm, denn nach Grinsen war mir ehrlich gesagt nicht zumute, nicht nach den letzten Tagen.
    Mannomann, ich war richtig auf den Hund gekommen, die Haare struppig, die Klamotten total versifft und an manchen Stellen sogar zerrissen. Naja, wenigstens das Gesicht hatte ich mir immer mal wieder gewaschen, wenn ich an ´nem Brunnen was getrunken hatte.
    "Salve, Sermo!", meiner Stimme war mein schlechtes Gewissen deutlich anzuhören. Ohne aufgefordert zu sein, trat ich einige Schritte näher. "Hey, tut mir echt leid! Tut´s noch weh?" Ich meinte das so, wie ich´s gesagt hatte. Hoffentlich schmiss er mich jetzt nicht hochkant raus! Irgendwie hatte ich so´n komisches Gefühl. Inzwischen war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob das ´ne gute Idee war, wieder hierher zurückzukommen.

  • Der so unverfänglich Adressierte, der sich selbst in Caelyns Gossenjargon gewiss zur Fraktion der nicht besonders einfallreichen und auch nicht wirklich findigen Römer zählen würde, schaute desinteressiert auf, als es an der Tür klopfte. Er erwartete Diomedes mit einer Frage, beispielsweise ob er lieber vom Schwein oder vom Huhn essen wollte. Aber nein, was sahen seine Augen? Das freche keltische Biest stand in der Tür, von Diomedes zunächst keine Spur! Sermo straffte sich augenblicklich und starrte Caelyn überrascht an. Sie trat auch sofort unaufgefordert näher und fing an zu quatschen. Sermos Miene versteinerte sich und ein stirnrunzelnder Blick bedeutete dem griechischen Haussklaven sich schleunigst zu verpieseln. "Salve, Sermo!" Das Miststück erdreistete sich gar, ihn mit seinem Cognomen anzureden, nach dem was vorgefallen war. Am liebsten hätte er ihr glatt eine gescheuert. Rechts, links, nochmal rechts und am besten gleich nochmal links, aber dass es so richtig klatschte. Natürlich entschuldigte sie sich auch noch, wobei sie wenigstens so klang als bereute sie ihren schmerzhaften Abgang vor ein paar Tagen.


    Ihre Entschuldigung stand noch im Raum, während der Quintilius einfach nichts sagte. Statt dessen musterte er Caelyn eingehend. Ihr Gesicht war halbwegs sauber, was man abwärts des Halses allerdings nicht mehr behaupten konnte. Bona dea, die Kleine musste in den letzten Tagen einfach auf der Straße gelebt haben. Wie ein reudiger Straßenköter! Sie war schmierig, abgerissen und stank nach Gosse. Für Sermo war das in diesem Augenblick ein wundervolles Bild, das er mit ungemeiner Schadenfreude und Häme genoss. Caelyn musste sich vorkommen wie damals auf dem Verkaufspodest des Sklavenhändlers, der sie an den Mann gebracht hatte.


    Doch jetzt stand sie hier, im Triclinium der Casa Quintilia, und entschuldigte sich. Was wollte sie? Im Grunde genommen konnte sie von Sermo nicht viel erwarten. Er könnte sie an ihren Herrn ausliefern, was vermutlich in einer üblen Prügelstrafe endete. Oder er prügelte sie eigenhändig und erntete am Ende womöglich noch Lob dafür, wenn er sie ihrem Herrn zurückbrachte. Oder er erschlug sie gleich und wurde im schlimmsten Fall zu einer Schadensersatzzahlung verdonnert wegen Sachbeschädigung am Eigentum des Aureliers. Oder hatte sie etwas ganz anderes vor? Er wusste es nicht, doch wollte er es erfahren. So waren Sermos Worte, ihre Frage ignorierend: "Was willst du?"

  • Ein bisschen hatte das hier von dem beschissenen Verkaufspodest, auf dem ich vor Jahren gestanden hatte, als dieser miese Drecksack von Sklavenhändler mich an Ursus verscheuert hatte. Allerdings war jetzt niemand bei mir, der über mich das Blaue vom Himmel erzählte, was ich doch für ein fleißiges und braves Mädchen war. Das musste ich jetzt schon selbst erledigen.


    Na Klasse! Er war immer noch auf mich sauer. Naja, ich hatte ihn ja mit meinem Tritt ganz schon tief und fest getroffen, das waren nicht nur körperliche Schmerzen, auch seelische, weil man automatisch auch den Stolz eines Mannes dabei traf, wenn man da hin trat, wo ich hingetreten hatte.
    Also ich ignorierte jetzt einfach mal Sermos scharfen Ton, den er gegen mich anschlug. Klar er war total stinkig auf mich und hätte mich wahrscheinlich liebend gerne erwürgt. Nur seine gute Erziehung hielt ihn vermutlich zurück und natürlich auch weil er ein total anständiger Kerl war. Klar, ich war die Böse in diesem Spiel, weil ich abgehauen war, ohne mich richtig zu verabschieden und ihm stattdessen Schmerzen zugefügt hatte. Jetzt probierte ich es einfach mal auf die nette Tour. Mal gucken, wie weit ich damit kam. Deswegen sagte ich auch nicht, Sermo, du musst mir helfen, denn dann fühlte er sich bestimmt von mir überfallen. Caelyn, sagte ich zu mir, jetzt nur keinen dummen Fehler machen!
    "Ich wollte dich um etwas bitten. Bitte hilf mir, Sermo! Ich weiß sonst nicht mehr weiter." Jetzt noch einen Hundeblick aufsetzen, der allerdings von ganz alleine kam und Sermo hätte eigentlich von selbst dahin schmelzen müssen.
    Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, entdeckte das Hundebaby in mir den Imbiss, der auf dem Tisch vor Sermo stand. Was es genau war, konnte ich gar nicht sagen. Es war etwas kleines, handliches, was man leicht mit den Fingern essen konnte und mir den Mund wässrig machte, denn es roch auch noch so gut! Mein Magen meldete sich nun auch noch lautstark zu Wort, was mir nicht im mindesten peinlich war, weil ich Kohldampf schob ohne Ende!

  • Tiefe Falten legten sich auf Sermos Stirn, während Caelyn ihre Bitte vortrug. So saß er auch noch gefühlte fünf Minuten später da, nur seine Augenbraue hatte sich etwas gen Decke bewegt. Sie wollte also seine Hilfe. Dass sie sich an ihn wenden musste beudetete, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sah, denn wer würde sich an jemanden wenden, der sie eiskalt ihrem Besitzer zurückbringen wollte? Er hatte in dieser Situation also die Oberhand, er konnte entscheiden ob die Sklavin ins Unglück stürzte, oder ob ihr ein halbwegs lebenswertes Leben erhalten bliebe. Nach einiger Zeit räusperte er sich und lehnte sich etwas nach vorn. Caelyn musste weiter stehen bleiben, als er endlich etwas sagte.
    "Ich soll dir also helfen? Wie stellst du dir das vor?" Mehr sagte er nicht und brauchte er auch gar nicht sagen. Er wollte hören was Caelyns Problem war und wie sie dachte, dass er ihr helfen konnte. Und vor allem: Was für einen Nutzen würde er daraus haben? So lehnte er sich wieder zurück und setzte einen erwartungsvollen Blick auf, der ein klares 'Ich höre' signalisierte. Ganz nebenbei schob er sich noch einen Happen in den Mund, denn ihm war das Magenknurren keineswegs entgangen. Sollte die Göre bloß schmachten, das geschah ihr ganz recht.

  • Das dumme war, von Schmelzen konnte keine Rede sein! Männer! Nie machten sie das, was sie sollten! Und da war´s total egal ob es Römer, Gallier oder Germanen waren. Naja, das mit den Germanen war jetzt nur mal so ´ne Vermutung. Darin hatte ich noch keine Erfahrungen gemacht.
    Die tiefen Falten auf Sermos Stirn und der ganze Gesichtsausdruck waren weit davon entfernt, schmelzen zu wollen. Der Mann war einfach zu negativ eingestellt! Ich dachte schon, ihn hätte der Schlag getroffen oder er hätte ´ne Gesichtslähmung gekriegt, weil er ´ne halbe Ewigkeit nur so da saß und nix sagte.
    Und als er dann endlich wieder zu sprechen begann, lag da auch nicht unbedingt Begeisterung drin, geschweige denn so was wie Erbarmen. Wie konnte einer nur so nachtragend sein!?
    Dass Sermo noch immer sauer auf mich war, sah man ihm an. Sein Blick, sein ganzes Gehabe und was für mich das schlimmste war, als er sich genüsslich noch ´nen Happen reinzog, obwohl mein Magenknurren unüberhörbar gewesen war, sagte doch alles! Vielleicht war er doch nicht so ´n netter Kerl, wie ich gedacht hatte.
    "Also ich… öhm, du… äh, nein. Ich meine, die suchen nach mir. Heute hätte mich einer von Ursus´ Sklaven beinahe erwischt, aber ich konnte noch rechtzeitig abhauen." Bestimmt würde er jetzt fragen, ob ich Cimon auch eins mit dem Knie verpasst hatte. "Noch sind es nur Ursus´ Sklaven, die hinter mir her sind. Morgen sind´s vielleicht aber schon die Vergiles oder noch kränkere Typen. Bitte hilf mir, unbemerkt aus der Stadt zu kommen, danach schlag ich mich auf eigene Faust durch. Oder wenn du das nicht willst, dann versteck mich hier bitte, bis keiner mehr nach mir sucht. Ich brauch nicht viel, nur´ n Platz zum schlafen und ein bisschen was zu essen. Ich kann mich auch nützlich machen, in der Küche oder so. Danach mach ich mich wieder vom Acker und ich werde dich nie wieder belästigen."
    Bei der Erwähnung von Essen und Küche protestierte mein Magen wieder lautstark. Mir war schon ganz schlecht.
    "Könnt ich ´n bisschen was ab haben? Ich hab solch einen Hunger! Bitte!" Naja, vielleicht hatte er´s ja noch nicht mitgekriegt. Männer standen ja manchmal schon etwas länger auf ´m Schlauch.

  • Nein, Sermo war absolut nicht der nette Kerl. den Caelyn sich eingebildet hatte. Im Grunde genommen war er ein richtig fieses Arschloch. Aber das störte den Quintilius natürlich kein bisschen und so hörte er sich das Gestotterte der verzweifelten Sklavin an. Ein süffisantes Grinsen konnte er dabei nicht vermeiden. Als die Keltin geendet hatte, ließ Sermo sein Essen liegen und lehnte sich mit zweifelnder Miene vor, wobei er Caelyn eindringlich musterte. Nein, er würde ihr so gewiss nicht helfen. Statt auf ihre erste Bitte eine antwort zu geben, wies er gönnerhaft auf die Zwischenmahlzeit auf dem Tablett: Ein einfaches Mahl aus Brot, Oliven, etwas Speck und Käse. "Hm," machte er nur und beobachtete verblüfft wie Caelyn über das Essen herfiel. Die hatte offenbar wirklich nicht sonderlich reichhaltig gegessen in letzter Zeit.


    Sermo hatte derweil sämtliche anderen Worte der Keltin ignoriert. Oder anders gesagt: Er hatte ihre Worte registriert, den Sinn dahinter fast verstanden...doch so richtig gewillt ihre Bitten zu erfüllen war er keineswegs. Daher gab er nach kurzer Denkpause folgende Erwiderung auf Caelyns Bitte hin ab:
    "Caelyn... ich kann und werde dir nicht zur Flucht verhelfen." Fast schon wehleidig schüttelte Sermo den Kopf und setzte eine halbwegs mitfühlende Miene auf. "Hör mal Caelyn... du bist deinem Herrn weggelaufen, hast mir Schmerzen zugefügt... und erwartest jetzt, dass gerade ich dich rette? Wohl kaum..."
    Allerdings kam ihm im selben Moment eine Überlegung in den Sinn, die Sermo stutzen ließ. Plötzlich sah er Caelyn fragend an und ließ sich aufklären: "Sag...ich kann dich nicht ohne Probleme zurückgeben. Aber wenn du mir ohnehin schon allerlei Sklavendienste anbietest...warum sollte ich dich deinem Herrn nicht einfach abkaufen?" Tja. Jetzt war Sermo äußerst gespannt, wie die Kleine auf seine ziemlich klare Andeutung reagieren würde. Komme was wolle, der Quintilius hatte sowieso Entscheidungsgewalt inne.

  • Bittend, oder besser gesagt bettelnd stand ich da, wie der bereits erwähnte Dackel, dessen Blick Sermo nicht die Bohne beeindruckt hatte. Er starrte mich nur an. Aus seiner Miene wurde ich echt nicht schlau. Erst dieses Grinsen, dann das Zweifeln in seinem Gesicht. Ein riesiges Fass Cervisia für seine Gedanken!
    Schließlich bot er mir die Reste seines Essens an, auf die ich mich dann auch prompt vor lauter Hunger und Verzweiflung stürzte. Ich stopfte alles in mich rein was ging. Dabei war´s mir ziemlich egal, was es war und wie ich´s im mich reinstopfte. Hauptsache mein Hunger wurde gestillt. Als ich fertig war, strich ich mir für´s erste zufrieden mit dem Handrücken über den noch kauenden Mund. Jetzt ging mir´s besser. Wenn jetzt noch Sermo mitspielte, dann war alles wieder im Lot.
    Aber so einfach ging das nicht! Ich hätte mir denken können, dass er sich auf so was nicht einließ, denn schließlich war Fluchthilfe auch nicht so ohne, wenn das erst mal raus kam. Und mich aus der Stadt zu schleusen oder mir Obdach zu gewähren, war eben nichts anderes als Fluchthilfe, auch wenn ich ursprünglich gar nicht abhauen wollte.
    "Ich wollte doch gar nicht abhauen!" ,begann ich deshalb auch einfach drauf los zu jammern. Sermo war doch meine letzte Hoffnung gewesen! "Ehrlich nicht! Das … das ist einfach so passiert. Mann, ich hab dir das doch schon alles erzählt! Das hat alles gestimmt, was ich dir in dieser Nacht erzählt hab. Ich lief in diesem besch… dämlichen Brautzug mit und dann musste ich ko.. naja du weißt schon… und als ich fertig war, da waren die alle schon weg! Und jetzt will ich nicht mehr zurück! Und das mit dem Tritt in die... naja du weißt schon wohin, wollte ich auch nicht! Wirklich, ich wollte dir nicht weh tun! Aber das kam so überraschend für mich, da konnte ich nicht anders. Wir hatten doch so ´ne schöne Nacht miteinander. Scheiße! Du kannst mich doch jetzt nicht einfach…" Nur eins hatte mich jetzt noch aufhalten können, nämlich das, was Sermo dann zu mir sagte. Da war ich erst mal fertig mit der Welt. Mit so was hatte ich ja als allerletztes gerechnet. Ich sollte ihm sagen, er solle mich von Ursus abkaufen? Verstand ich das richtig? Dann hätte ich ja auch gleich sagen können, Sermo schlag mich doch mal ans nächste Kreuz, damit es Ursus nicht machen muss!
    "Du willst mich Ursus abkaufen? Das ist doch jetzt nur ´n Scherz? Du willst mich nur veräppeln, oder so!" Mir schwante langsam, dass Sermo es genau so gemeint hatte, wie er´s gesagt hatte. Mal abgesehen davon, dass ich die Schnauze voll hatte vom Sklavinnendasein, das wäre ´ne Möglichkeit gewesen, nie wieder zu Ursus zurückgehen zu müssen.

  • Es war schon amüsant zu sehen wie der Kleinen die Gesichtszüge entgleisten, als er seinen Vorschlag als Frage formulierte. Caelyn schien das zuerst für einen Witz zu halten. War Sermo etwa ein Komiker? Er schüttelte den Kopf, so wie Erwachsene den Kopf über die Naivität oder die Dummheit eines Kindes schüttelten. "Ich scherze keineswegs, Caelyn." Er sah wie die Erkenntnis zu ihr Vordrang und schmunzelte dabei leicht. "Hör mal, wir haben eine schöne Nacht miteinander erlebt. Aber das ist für mich keinesfalls ein Grund, einer aurelischen Sklavin zur Flucht zu verhelfen und dabei meine Zukunft auf's Spiel zu setzen." Das wollte er sagen, doch tat er es nicht. Statt dessen erklärte er wortkarg wie schon zuvor: "Du hast die Wahl: Du gehst wieder raus auf die Straße und wirst eines Tages von den Häschern deines Herrn geschnappt, gepeitscht und höchstwahrscheinlich umgelegt, wenn du nicht zur Arbeit in den Steinbruch geschickt wirst, was schlimmer wäre." Er machte eine Pause um diesem Horrorszenario genügend Zeit zu bieten sich in Caelyns Kopf großräumig zu entfalten. Dabei nippte er am Wein, bevor er weitersprach. "Oder aber du gehst mit mir zu deinem Aurelius und lässt dich mit etwas Glück, Verhandlungsgeschick und deinem Bettelblick von mir kaufen." Dass an diesen Kauf selbstverständlich einige Bedingungen geknüpft waren, das würde er ihr erst später offenbaren. Auf ihr Geheule und die Entschuldigungen war Sermo bis hierher genauso wenig eingegangen wie auf ihre Beteuerungen, dass sie doch die Wahrheit gesagt hätte. Er hatte auch nicht vor zu diesem Zeitpunkt ein weiteres nettes Wörtchen mit der Keltin zu wechseln. Wenn er sie wirklich würde kaufen können, würde er sie vernünftig erziehen müssen und das ging nur mit Zuckerbrot und Peitsche. Schlecht für Caelyn, denn momentan war Peitschenzeit.

  • Auch wenn ich´s immer noch nicht so recht wahr haben wollte, ich war jetzt am Ende angelangt. Sermo hatte nicht gescherzt. Er schien auch sonst nicht unbedingt der Witzbold schlechthin zu sein. Denn das was er mir jetzt mit düsteren Bildern auszumalen versuchte, war alles andere als lustig. Naja, das dumme war, er hatte ja recht! Entweder ich ging jetzt wieder und wurde von wem-weiß-wer geschnappt oder ich machte das, was Sermo wollte.
    Gepeitscht und umgelegt oder sogar in den Steinbruch. Allein davon bekam ich schon´ne richtige Gänsehaut von. Würde Ursus so was mit mir machen? Ich hatte ihn noch nie so richtig wütend erlebt, nicht mal, als ich damals den beiden Pennern von der Classis die paar läppischen Kröten geklaut hatte. Wie es jetzt war, nachdem ich getürmt war und Cimon auf so freche Weise übers Ohr gehauen hatte, konnte ich nur vermuten. Wahrscheinlich würde er mich nicht in die Steinbrüche schicken. Dann eher schon nach Sardinien auf die Olivenplantage, falls er nicht doch noch meinte, ´ne Kreuzigung wäre ´ne prima Alternative.
    Na und wenn schon, was sprach eigentlich dagegen, sich von Sermo kaufen zu lassen und in Zukunft seine Sklavin zu sein statt Ursus´? Eigentlich war´s doch Jacke wie Hose. Ob ich jetzt bei Ursus war, für den ich ohnehin nur noch Luft war oder von jetzt an bei Sermo blieb, der vielleicht sogar was für mich empfand...
    "Na schön! Aber du kaufst mich dann wirklich! Ich meine, du bringst mich nicht nur zurück, um erst ´ne Belohnung abzukassieren und dann ohne mich abzuhauen." Sicher war sicher, nicht dass er noch auf dumme Gedanken kam.

  • "Du wirst mir vertrauen müssen," sagte Sermo nur und erhob sich dann auch direkt. An Caelyn vorbei ging er ins Atrium und rief Diomedes herbei. An die Keltin gewandt erklärte er dann: "Geh ins Balneum und wasch dich ausgiebig. So nehme ich dich nicht mit." Sein Blick wanderte noch einmal demonstrativ an ihr herunter, dann trat er zur Seite und gab den Weg frei. Hätte er Caelyns Gedanken lesen können, er wäre vermutlich vor Lachen umgekippt, als es um Gefühle ging. So konnte er jedoch ohne großartige Gefühlsregungen dastehen und ihr noch ein Stück hinterherschauen, als sie zum Balneum geführt wurde.

  • Vertrauen, das war gut gesagt! Trotzdem wurde ich irgendwie das Gefühl nicht los, einen riesen Fehler gemacht zu haben. Aber mal ehrlich, was für Alternativen hätte ich denn sonst gehabt? Also musste ich Sermo vertrauen.


    Waschen war echt ´ne gute Idee! In dem Dreck fühlte ich mich nicht wirklich wohl. Diomedes war herbeigeeilt, hatte mich ganz schön verdattert angestarrt, führte mich aber dann ins balneum. Dort hatte ich mich ausgiebig, ich glaube, so hatte sich Sermo ausgedrückt, gewaschen. Das tat richtig gut, den Staub von der Haut und aus den Haaren zu waschen.
    Der Sklave hatte mir sogar ´ne frische Tunika gegeben, damit ich mein altes Teil, das sowieso nur noch ´n Fall für die Mülltonne war, nicht mehr anziehen musste. Die neue Tunika war ziemlich einfach gehalten, aber das war nicht weiter schlimm. Jetzt sah ich wenigstens wieder wie ´n Mensch aus und so ging ich auch zurück ins atrium, wo Sermo schon wartete. Tja, und dann gingen wir...

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