Flavius Flaccus zu Besuch

  • Der junge Flavier wurde mitsamt seiner Begleitung ins Atrium der helvetischen Casa geführt, die einen durchaus netten, wenngleich verglichen mit dem flavischen Atrium, doch einen eher schlichten und bescheidenen Eindruck machte. Auf die Worte des germanischen Sklaven nickte er nur, sagte aber nichts weiter, sondern musterte eine der besonders schönen Pflanzen, die hier im Atrium wuchsen, und von der er erst vor kurzem in der Naturalis Historia des älteren Plinius gelesen zu haben glaubte.


    Sim-Off:

    Der Anlass besteht natürlich noch, ich bin nur momentan selbst ziemlich im Stress.

  • Kurze Zeit später schon kam Wulfried wieder ins Atrium geeilt. Die Römer wussten ja zum großen Teil schon zu leben, aber diese Kleider waren furchtbar! Er mochte es einfach nicht, genauso herumzulaufen wie eine Frau, aber daran hatte er sich immerhin schon soweit gewöhnt, dass er sich dessen nicht mehr erwehrte. Mögen tat er es dennoch nicht. "Der Herr ist informiert, er wird sofort hier sein!" erklärte er dem wartenden Patrizier und hastete sogleich weiter zum Eingansbereich der Villa.

  • Kurz darauf betrat der Senator sein Atrium. Er hatte vergessen, dass er es früher immer sehr gerne gehabt hatte. Er war noch nicht lange genug wieder in Rom, um sich wieder an die Stadt und sein Haus gewöhnt zu haben.


    Er hätte nicht gedacht, dass jemandem seine Wiederkehr so schnell, oder überhaupt auffallen würde. Besuch hatte er wirklich nicht erwartet. Geminus war sehr gespannt darauf, den Grund zu erfahren.


    "Salve, mein Freund, womit kann ich dienen?"


    Der Mann betrachtete gerade die leider etwas ungepflegte Flora des Empfangsbereichs und drehte sich um, als der Senator ihn begrüßte.

  • Von der Betrachtung der durchaus netten floralen Gestaltung des helvetischen Atriums durch die Stimme des Senators selbst weggerissen, wandte Flaccus sich um und erwiderte den Gruß freundlich lächelnd: "Salve, Senator. Ich danke dir, dass du dir ein wenig Zeit nehmen möchtest ..." Begann er höflich und kam, da die Spannung des Helvetiers ob des unerwarteten Besuches jenem durchaus anzumerken war, schnell auf den Grund seiner Anwesenheit zu sprechen. "Ich bin gewissermaßen im Auftrag des Consuls Purgitius Macer hier. Er möchte, dass ich ein Bild über das Engagement der ehrwürdigen Senatoren in öffentlichen Bereichen gewinne. Dieser Auftrag hat mich auch zu dir geführt, der du dem Imperium ja schon seit längster Zeit im Senat dienst.", begann er das Gespräch in allgemeiner Weise einzuleiten, jedoch kontinuierlich zu fokussieren, "Nun möchte ich mich erkundigen, ob es Dinge gibt, die dich in besonderer Weise beim Volk in Erscheinung treten lassen, etwa die Patronanz für gewisse Städte oder etwa die Priesterwürde ..."

  • Geminus hörte aufmerksam zu. Als sein Gegenüber geendet hatte, konnte der Senator gerade noch ein Lachen unterdrücken. es war schon mehr als paradox gerade ihm diese Frage zu stellen. Wo im öffentlichen Leben tauchte er am ehesten auf und wo war sein Engagement am deutlichsten zu erkennen. Dies einen Senator zu fragen, der seit Jahren nicht mehr im Senat erschienen war, der seit Jahren kein öffentliches Amt mehr bekleidet hatte, dessen Einfluss gegen Null ging und den faktisch niemand mehr kannte, war schon mehr als grenzwertig. War das ein Scherz oder war es simpel ein vorgeschobener Grund? Oder rannte dieser Mann mit einer nackten Namensliste herum, auf der schlicht alle standen.


    "Wenn ich es richtig verstanden habe, so bist Du Dominus Quintus Flavius Flaccus. Im Dienste von Purgitius Macer ... allein das sollte deine Integrität belegen. Ich schätze den Consul sehr."


    Geminus wandte sich kurz ab und ging einige Schritte, sich über das Kinn streichend.


    "Mir ist nicht bekannt mit welchem Vorwissen du ausgestattet bist und wie genau du unterwiesen wurdest. Aber ..... man kann mich getrost als einen Senator im Ruhestand bezeichnen."

  • Erfreut nahm Flaccus die Aufmerksamkeit des alten Senators zur Kenntnis, mit welcher jene seinen Worten folgte, nur um wenige Augenblicke später durch die leichten Anzeichen von Amüsement, welche im Antlitz des ansonsten so gravitätsvollen Mannes sich manifestierten, etwas irritiert zu werden. Zu kurz war tatsächlich seine Zeit gewesen, um über das Durchsehen des album senatorium hinaus, einen Überblick über die Männer des Senats sich zu verschaffen. So hatte er auch nicht die geringste Ahnung, dass jener Helvetier, dem er sich nun gegenüber sah, schon seit Jahren keine honores bekleidet, ja nicht einmal an den Sitzungen des Senats partizipiert hatte, worüber ihn Geminus jedoch schon nach einigen Augenblicken aufklärte. Zunächst jedoch sprach er seine Achtung vor Purgitius Macer aus, was der Flavier zum Anlass nahm, durch die Bekräftigung der Worte des Alten, seine eigene Meinung von diesem seinem politischen Tutor kundzutun. "Zurecht. Purgitius Macer ist ein überaus fähiger Mann von höchster Rechtschaffenheit, wahrhaft römisch ...", griff er die Möglichkeit zum quasi mikropanegyrischen Consul-Lob auf. Als der Senator sich daraufhin abwandte und einige Schritte ging, folgte Flaccus ihm mit seinem Blick, während sich seine Stirn in Falten legte, welche sich bei den nächsten Worten noch vertieften. "Senator im Ruhestand?", vergewisserte er sich, Geminus richtig verstanden zu haben. Senator im Ruhestand - davon hatte er ja noch nie gehört. Er musterte den Helvetier intensiv, nur um zum Ergebnis zu kommen, dass jener, wiewohl Anzeichen fortgerückten Alters zeigend, nicht sonderlich gebrechlich erschien - sein Rückzug aus der Politik und dem öffentlichen Leben, musste also gänzlich andere Ursachen haben.

  • "Nicht anders habe auch ich ihn kennen und schätzen gelernt."


    Er konnte mit dem Begriff Senator im Ruhestand ganz offensichtlich nichts anfangen. Beziehungsweise wollte dies nicht. Dies kam auf seinen tatsächlichen Auftrag an.


    "Ein Senator, der dies auf dem Papier ist, aber an den tatsächlichen Obliegenheiten des Senates nicht mehr teilnimmt. Dies hat es in unserem Land doch zu allen Zeiten gegeben .... aus verschiedensten Gründen. Alter und Gebrechlichkeit mag der häufigste gewesen sein .... manch anderer verlor die Lust oder den Elan. Wieder andere sahen im Senat keine handlungsfähige Organisation mehr. Und wieder anderen soll diese Abstinenz sogar nahegelegt worden sein."


    Den auf ihn zutreffenden Grund gab er damit nicht an. Er gedachte nicht sich vor einem Boten zu rechtfertigen.

  • Stirnrunzelnd nickte Flaccus. "Ich verstehe.", wenngleich er im Grunde gar nichts verstand. Was konnte den Helvetier nur von seiner ehrenvollen Pflicht und Aufgabe, Rom als Senator zu dienen, abhalten? Die pietas des Flaviers mochte in durchaus hohen Sphären angesiedelt sein, doch hatte er sich nie so weit weg von der Realität geglaubt. Offenbar schien es für Geminus wichtigere oder jedenfalls angenehmere, erfreulichere, willkommenere Dinge zu geben, als seine Stimme im Senat zu erheben, um die Geschichte Roms zu schreiben.


    Flaccus blickte den alten Mann aus seine dunklen Augen an, eine Spur von Ungläubigkeit lag in seinem Blick. "Aber gibt es auch keine anderen Dinge, die dich ... wenngleich du dein officium als Senator zurückgelegt hast ... in die Öffentlichkeit führen? Unterstützt du junge Menschen auf ihrem Weg in den Senat?", stellte er dem Helvetier gleich zwei Fragen, nicht begreifen könnend, wie man sich nur gänzlich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen konnte, vergessend, dass sein eigener Vater ja nichts anderes hatte getan.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!