• "Istud vinum bonum vinum vinum generosum - reddit virum curialem probum animosum." Lautstark dröhnte der raue Chorus durch die schmalen Gassen, brach sich an heruntergekommenen Gemäuern und wurde bekräftigend zurückgeworfen, als müssten die von der Abendsonne noch warmen Steine den Sinn durch ihre Autorität bekräftigen. "Bache bene venies gratus et optatus. Per quam noster animus fit laetificatus.", durchdrang nun eine einzelne etwas näselnde Männerstimme die nächtliche Stille, ehe der gesamte Chor erneut erscholl, kräftiger und übermütiger als zuvor. "Istud vinum bonum vinum vinum generosum ..." Nun erst kamen die Urheber des akustischen Spektakels ins Blickfeld, als eine Gruppe von einigen jungen Männern aus einer schmalen Gasse hervorbrach. Voran stolzierte eine etwas dickliche Gestalt, die nun ihren schmetternden Tenor in dem neu gewonnenen offenen Raum erklingen ließ. "Iste cyphus concavus, de bono mero profluus, siquis bibit saepius satur fit et ebrius." Kehliges Gelächter erscholl unter den anderen wagemutigen Nachtschwärmern, ehe sie abermals gemeinsam zu singen anhoben, während sie, sich gegenseitig stützend und vorwärts stoßend, das schiefe Pflaster der etwas breiteren Straße entlangstolperten. "Istud vinum bonum vinum vinum generosum ..." So bewegte sich das muntere Grüppchen aus jungen Männern, die allesamt in durchaus edle Stoffe gewandet waren, ihren Bacchushymnus laut vor sich her schmetternd weiter durch jene etwas abschüssige Straße, die offenbar gen Tiber führte.


    "Diomedes' Feste sind wahrlich stets einen Besuch wert!", stellte eine tiefe, etwas erheiterte Stimme fest, der jedoch sofort eine etwas höhere energisch entgegnete: "Aber viel zu schnell vorüber! - Die Nacht ist noch jung, Bacchus ist uns hold, auf, wir wollen uns seiner Gunst als würdig erweisen!" - "Was schlägst du vor?" - "Bei Umidius Myrtilus ist gewiss noch ein Gelage im Gange ..." - "Mag sein, aber die Frauen dort sind so hässlich wie er selbst ...", brummelte eine Stimme aus dem Hintergrund. "Was ist mit Considius Pera?" - "Nein, der beginnt doch immer aus seinen eigenen Werken zu rezitieren, wenn er betrunken ist. - Und seine Prosa ist beinahe so grauenhaft wie Plinius' Secundus' Lyrik!" - "He, pass auf was du sagst. Plinius ist ein guter Mann." - Ein hämisches Grinsen. "Das mag ja sein, aber der Höhepunkt seiner Feste ist meistens irgendein blasses Griechlein, das schlechte Elegien vor sich her stammelt. Der Mann sollte mal ne Nacht mit ner anständigen lupa verbringen. Diese Tomyris aus dem Lupanar am Aventin würde einen echten Mann aus ihm machen." - Anerkennendes Raunen durch die Runde. - "Für diese Frau könnte man morden. Sie ist eine verdammte Venus.", murmelte eine etwas kratzige Stimme, ehe sich die dazugehörige Gestalt an die ebenfalls nur schemenhaft erkennbare Person neben sich wandte, um sie in vertrauter Weise an der Schulter zu fassen. "Was ist mit dir Schlappohr, welche Schönheit hält dein Herz denn gerade gefangen?" Und als keine Antwort folgte, sondern der Angesprochene lediglich in Gedanken versunken zu Boden starrte, verbunden mit einem unsanften Rütteln, "He du, welche würdest du jetzt gerne nehmen, wenn du die Wahl hättest?" Die Augen der anderen Männer gespannt auf den nunmehr aus seinen Gedanken Hochgeschreckten gerichtet, kratzt sich der kurz an der Sirn, um dann etwas durcheinander zu brummen. "ähm ... Iotape ist ganz nett." - Mit der Antwort sichtlich zufrieden klopft der Mann dem durch die Frage unweigerlich in den Mittelpunkt gerückten Freund anerkennend auf die Schulter. "Ah ... das ist doch eines von Glaukus' Mädchen! Dann da lang, das ist ganz in der Nähe." Und gekonnt dirigiert er seine torkelnden Freunde in eine der angrenzenden Gassen, wo sie im Dunkel verschwinden.


    Sim-Off:

    Reserviert

  • Keine Kinderbetreuung... ab dem späten Nachmittag bis zu Mitternacht hatte sie 'Wölfchen-frei'. Sontje stärkte sich, bereits aufbruchbereit eingekleidet, mit einem Imbiss in der Küche und verabschiedete sich von Diomedes. Sie verliess die Villa nicht wie sonst durch den Haupteingang und nutzte den Nebeneingang für Sklaven und Lieferanten als Ausgang. Mit schnellen Schritten entfernte sie sich und stürzte sich ohne Scheu ins Getümmel. Zuerst stattete sie einem bestimmten Markt einen Besuch ab. Eben jenem, welchen sie mit Nero besucht hatte. An einem Stand kaufte die junge Germanin eine Fibel, welche wunderbar zu ihrem Mantel passte. Sie trug einen blauen Mantel. Auf dem Rücken konnte man einen heulenden Wolf als Stickerei erkennen.


    Nach dem Kauf setzte sich Sontje in eine dunkle Gasse ab und zog sich um. Nach mehreren Minuten trat dort, wo eben noch eine junge blonde Frau verschwunden war, ein burschikos gekleideter junger Mann heraus. Sontjes blonde Haare wurden von einer eng sitzenden Kappe verborgen. Die Brust hatte sie mit einer Bandage flach gewickelt. Ihre Kleidung war aus Baumwolle, sah ziemlich neu aus und wurde vom blauen Mantel verdeckt. Leise pfeifend warf 'er' den Beutel über die Schulter und wanderte weiter. Es war eine Wohltat sich zu verkleiden und sich so zu verhalten, wie 'er' wollte. Bei einem der fliegenden Bauchhändler kaufte 'er' Wein und Becher. Unschlüssig wohin sie nun gehen sollte, wurde 'er' einer Gruppe näherkommender junger Männer gewahr.


    'Er' lehnte sich an eine Häuserwand und tat so, als würde in in 'seinem' Beutel nach etwas unheimlich wichtigem suchen. Heimlich lauschte 'er' den Worten. Diomedes Feste? Interessant. Die reden bestimmt nicht vom quintillischen Diomedes. Sontje lauschte weiter und schüttelte den Kopf, als das Gespräch sich im die Lupanare und deren Frauen drehte. Von diesen Einrichtungen hielt sie gar nichts. Trotzdem merkte sie sich den Namen von der Frau, welche die jungen Männer als Venus bewunderten. Iotape? Was für ein merkwürdiger Name! In Rom war ohnehin so ziemlich alles merkwürdig. Die Gruppe verschwand in einer der dunklen Gassen. Nein, 'er' würde denen gewiss nicht hinterhergehen So groß war 'seine' Neugier auch nicht.


    'Er' beschloß den Weg zum Tiber zu suchen und sich dort einen Platz zum Hinzusetzen zu suchen. "Istud vinum bonum vinum vinum generosum - reddit virum curialem probum animosum." murmelte 'er' den Text und dachte darüber nach wie er in 'seiner' Muttersprache heissen würde. "Ich beschimpfe Dinge wenn sie nicht tun was ich will.. äh.. Mist, mir gehen die Worte aus!" stöhnte die verkleidete Sontje. Soweit kam 'er' mit seinen Überlegungen und beschloß jemanden anzusprechen, ob er ihr den Rest des Textes übersetzen konnte. Mit aufmerksamen Blick musterte sie die Passanten.

  • Die Zahl der Passanten, die der junge Mann mit den auffallend fein geschnittenen Gesichtszügen aufmerksam musterte, hielt sich zu der mitternächtlichen Stunde durchaus in Grenzen, und doch sollte er schon kurz darauf Gelegenheit bekommen, eine dem geneigten Leser bereits bekannte Gruppe junger Männer genauer zu betrachten. Nach einer Weile kamen besagte Jünger des Bacchus nämlich aus einer gänzlich anderen als jener Richtung, wohin sie zuvor verschwunden waren, zum Vorschein, einen nicht gänzlich orientierten Eindruck abgebend. Tatsächlich waren sie bereits dermaßen den Freuden des jugendlichen Gottes erlegen, dass sie sich in der dichten Dunkelheit, die lediglich die nächtliche Diana mit fahlem Licht erhellte, schlichtweg verirrt hatten. "Beim Iupiter, ich hätte schwören können, es wäre die richtige Gasse gewesen..." - "Ihr hättet auf mich hören sollen - das hier ist ja nicht mal die richtige Richtung - dort liegt der Esquilin." - "Na wunderbar, hier gibts nichtmal ne verdammte caupona!", drang das Stimmengewirr teils aufgeregt, teils etwas eingeschnappt, teils erheitert durch die finstere Stille. "Schaut mal da drüben!", einer der jungen Abenteurer hatte offensichtlich den bisher unbeteiligten Betrachter im blauen Mantel bemerkt. "Hey du! - Weißt du wo's hier zum alten Glaukus geht?", trat er auf den vermeintlichen jungen Mann zu und sprach ihn in jovialem Ton an.

  • Tatsächlich hielt sich die Zahl der Passanten, die 'ihm' beim Übersetzen vom Lateinischen ins Germanische weiterhelfen konnten und mochten in Grenzen. Der erste hatte es eilig, der zweite sah nicht sehr vertrauensselig aus, der dritte trug eine noch stärkere Weinfahne spazieren. Mit sich ringend, ob 'er' weitergehen oder zurück zu den Märkten laufen sollte, wurde 'ihm' die Entscheidung abgenommen. Amüsiert schmunzelnd erkannte 'er' die trunkene Gruppe wieder und hörte die Diskussion über die richtige Richtung mit. Bei dem Wort caupona musste 'er' nachdenken. Laut Erklärungen galt der Begriff caupona als Oberbegriff für eine Vielzahl von Arten römischer Gaststätten und wurde auch für Herbergen verwendet. In einzelnen Fällen war damit eine Weinschenke gemeint, in der man einen einfachen Imbiss zu sich zu nehmen konnte. Diesen sogenannten Gaststätten, Kneipen und Garküchen spielen eine bedeutende Rolle für die Versorgung der immensen römischen Bevölkerung. Denn neben Getränken kann man dort eine warme Mahlzeit erwerben.


    Nun wurde 'er' von einem aus der Gruppe angesprochen. "Salve! Hm.. was weiss ich denn wer der alte Glaukus ist. Ich kann euch das thermopolium von Mamiliusi empfehlen. Es ist nicht weit von hier. Ihr müsstet zwei Mal links und einmal rechts abbiegen." Unter dem neuen Namen versteckte sich sich eine weitere Art von Gaststätte oder Bar, in der warme Speisen und Getränke als Schnellimbiss verkauft wurden. Diese waren meist kleine Räumlichkeiten, die gegen die Straße hin mit einer gemauerten Theke versehen waren. In diese mit Marmorbruchsteinen bunt belegte Theken waren Vorratsgefäße sowie Wasser- und Kochtöpfe eingelassen, deren Inhalt durch ein darunter liegendes Feuer warm gehalten werden konnte. Im Innern der Bar befand sich ein Herd, auf dem die Gerichte vorgekocht wurden. Da 'er' es neulich besucht hatte, hatte 'er' gesehen, wie die Gäste ihr Essen gleich im Stehen verzehrten. Mamiliusi's Thermopolium beinhaltete als Schmankerl Gästezimmer in der darüberliegenden Etage, welche als Bordell dienten. "Soll ich euch hinüberführen? Ich heisse Lamy... und wer seid ihr?"

  • Genauer musterte nun auch Flaccus, der bisher, umringt von seinen Freunden, die genaue Ursache des plötzlichen Stillstands der Gruppe noch nicht zu eruieren imstande gewesen war, den jungen Mann in dem seltsamen blauen Mantel und blieb einen Moment lang an den auffallend weichen Zügen hängen, die ihm so ungewöhnlich für einen römischen Mann erschienen. Noch interessierter betrachtete er die seltsame Erscheinung allerdings, als sie auch noch zu sprechen begann, da die Worte ungewöhnlich hoch klangen und einen seltsam fremdländischen Akzent trugen. Zweifellos schien dieser Mann nicht aus Rom zu stammen, und doch war es in dem düsteren Zwielicht des späten Abends beinahe unmöglich, die Herkunft etwa an seiner Gestalt auszumachen. „Mamilius?“, wiederholte jener junge Mann, der das Gespräch begonnen hatte brummend, „Kenn ich nicht. Aber wenn Mamilius dein Freund ist, dann ist er auch unser Freund!“, tat er, lautstark bekräftigt vom Rest der wackeren Truppe, seine vertrauensselige Einstellung kund, nur um nach einem kurzen Moment der Überlegung beinahe ertappt anzuschließen, „Er ist doch dein Freund, oder?“


    Doch schon hatte der Rest der Gruppe Gefallen an dem Vorschlag des jungen Fremdlings gefunden, und forderte ihn zwar durchaus kräftig, aber nichtsdestotrotz fröhlich und freundlich auf, sich doch ihrer munteren Gesellschaft anzuschließen. „Klar, führ uns hin, sonst landen wir noch im Tiber!“, prustete einer vergnügt, ehe ein erstauntes Raunen durch die Runde ging, als der Fremde seinen Namen nannte. Dieser klang für römische Ohren nämlich durchaus ungewöhnlich. Dennoch fragte keiner weiter nach, waren doch in ihrem Kreis ohnehin sämtliche gesellschaftlichen Hierarchien seltsam aufgeweicht und kraus ins Gegenteil verkehrt. Der großgewachsene Jüngling, der es sich offenbar zur Aufgabe gemacht, hatte, die edlen Gefährten zu führen, übernahm es nun auch, sie dem Neuen im Bunde kurz vorzustellen. „Also, ähm, das hier ist Sulca, der hier Urbicus, Ruso, Nerva und Florus hier, der dort heißt Fulvus, das hier ist Flaccus und ich bin Pollio.“ Seiner knappen Vorstellungsrunde schloss er eine etwas lächerlich anmutende künstlich-vertrackte Verbeugung an, ehe er seinen Arm vertraulich um Lamy legte. „Also, wo geht’s nun hin?“

  • "Klar ist er mein Freund." log 'er' ohne Umschweife und ohne zu Zögern. Nunja, so gut kannte sie ihn nicht aber dennoch gut genug, um persönlich begrüßt zu werden, wenn 'er' sich in seinem Laden blicken ließ und einen Imbiß kaufte. Manchmal setzte 'er' sich in eine Nische, wo 'er' keinen störte und beobachtete die Gäste. Auf diesem Weg hatte 'er' herausgefunden, welche besonderen Räume sich im ersten Stock befanden. "Gut, ich führe euch zu Mamiliusi." fügte 'er' gelassen hinzu. 'Er' nickte zu jedem Namen. "Hallo zusammen, es freut mich eure Bekanntschaft zu machen." grüßte 'er'.


    Ein schwerer Arm landete um ihren Schulter herum auf dem blauen Mantel. "Na, ist die Wegbeschreibung schon total untergegangen? Zwei Mal links und einmal rechts abbiegen. Ich dachte, du willst nicht zum Fluß, Pollio? Gehen wir..." neckte 'er' den Mann. Lamys Augen streiften zufällig die Augen von Flaccus und sahen wieder weg, als 'er' zusammen mit Pollio losging. 'Er' hatte blaue Augen und diese Färbung gab es selten. Grüne Augen waren noch seltener auf dieser Welt. "Ich hörte euch vorhin singen. Euer Lied hat mir gefallen. Damit uns der Weg nicht so lang wird... singt es nochmal." forderte 'er' Pollio und die übrige Gruppe trunkener junger Männer auf. Vielleicht fielen 'ihm' dann die restlichen Würter für die komplette Übersetzung ein. "Mamiliusi wird uns dann hören und seine Leute antreiben, einen großen Imbiss für alle zuzubereiten. Ihr habt bestimmt Hunger? Ich lade euch ein..."


    An die aktuelle Zeit dachte 'er' nicht, dass Mitternacht schon vorüber war und 'er' deswegen eigentlich zurück in der quintillischen Villa sein musste. Während dem Weg löste sich die vorwitzige Strähne trotzig aus 'seiner' eng sitzenden Kappe und hüpfte bei jedem Schritt munter hin und her. "Seht, da vorne sind die Fackeln zum thermopolium von Mamiliusi. Und diese Frauen.. seht euch satt." Leise zu Flaccus sprechend sprach Lamy eine Empfehlung aus. "Ginger ist die Schönheit mit den roten Haaren... sie weiß zu überzeugen. Soll ich euch einander vorstellen?" Mit einer abrupten Bewegung schob 'er' die blonde Strähne hinters Ohr und wartete auf Antwort des attraktiven flavischen Jünglings mit den abstehenden Ohren.

  • *****


    Spät am nächsten Morgen wachte der junge Flavius auf und fühlte ein unerbittliches Hämmern in seinem Kopf, gepaart mit dem dumpfen Dröhnen ferner Hörner und dem grellen Schmettern von Trompeten gegen seine Schädeldecke. Erst auf den zweiten blinzelnden Blick erkannte er den Raum als sein eigenes Cubiculum, versuchte sich der Geschehnisse der letzten Nacht zu erinnern - vergeblich. Ein gewaltiges schwarzes Loch, gleich einem bodenlosen Abgrund, schien sich dort auszubreiten, wo sich eigentlich die Erinnerungen an die vergangene Nacht befinden sollten, und so sehr Flaccus sich auch anstrengte, er war nicht fähig, auch nur eine einzige Begebenheit der vergangenen Nacht aus jener finstren Schlucht wieder in die bewussten Sphären seines Gedächtnisses heraufzuziehen, um sie im Licht des fortgeschrittenen Tages zu begutachten. "Patroklos, wann bin ich nach Hause..." ... gekommen , wollte er eigentlich den jungen griechischen Sklaven fragen, der sich sicherlich irgendwo in der Nähe herumtrieb, kam allerdings nicht dazu, den Satz zu vollenden, da ihm mit einem Mal war, als trachte sein Magen danach, geradewegs den Schlund hinauf zu wandern um den flavischen Körper zu verlassen, wenngleich letztlich doch nur der Inhalt desselben den Weg fand.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!