Officium | MFG et TDV

  • Die Szenerie bot zweifellos das Officium des Senators Flavius Gracchus dar, jedes Detail in Perfektion ausgestaltet bis hin zu dem Senator, welcher hinter dem wuchtigen Schreibtisch saß, und dennoch war diese Szenerie ein Trug, ein Irrtum der Realität, eine Farce allfällig. Der Senator Flavius Gracchus war verlustig, im Laufe der letzten Monate entschwunden - allfällig als er als seine Kinder als Handelsware aus dem Hause ließ schmuggeln, allfällig als er im Gewande eines unfreien Libitinarius die Tore Roms durchschritt, allfällig seiner Identität beraubt auf dem Wege nach Mantua, allfällig als sein Name auf einer Proskriptionsliste erschien, allfällig als er seinen Erben allein zurückließ, im Versuch, seine Fehler zu revidieren, allfällig als er bereitwillig seine Person negierte, um seinen Gefühlen sich hinzugeben, allfällig auf der Flucht, allfällig in jenem Augenblicke als er den Verrat in seiner gesamten Dimension detektierte, allfällig irgendwo dazwischen, allfällig schon weitaus früher. Jener Genius, welcher nun die Hülle des Senators bewohnte, konnte kaum mehr eine Motivation dazu aufbringen, sich jener Pflicht zu befleißigen, welche ihm ob seiner Person, ob seiner Vergangenheit anhafteten, so dass er an diesem Tage bereits nicht mehr wusste, weshalb er diesem Gespräch hatte zugestimmt. Senator Titus Duccius Vala - dieser Name sagte Gracchus nichts, und es enervierte ihn ob dessen um so mehr, für diesen Senator den Senator mimen zu müssen.

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  • "Ich habe die erste Welt ganz vergessen...", murrte Vala während sie die Gänge der Villa durchstreiften, und der Ausdruck der kaum verhohlenen Bewunderung für das Interieur des Anwesens war nicht einmal Fassade.
    "Und wir hausen nicht einmal in einer eigenen Casa." , flötete Sirius mit der Arglosigkeit des passionierten Verrückten.
    "Ja, danke dass du mich dran erinnerst, ich hätte es fast vergessen...", gab Vala mit neidischem Blick auf eine kunstvoll bemalte Wand zurück, als sie auch schon den Ort erreichten an dem der Senator sie offensichtlich erwartete... dem Tonfall des Ianitors zu schließen länger, als Vala lieb gewesen wäre.


    "Senator Flavius...", grüßte Vala den Flavier nach ihrem Eintreten, um gleich darauf mit verschmitzten Lächeln eine Entschuldigung für die gefühlte Verspätung einzubringen, "...vielen Dank, dass du uns empfängst. Es ist mir unangenehm gleich mit Verspätung hier aufzutauchen, allerdings weicht das Volk auf den Straßen nicht halb so schnell zur Seite wenn man keine Rüstung mehr trägt."

  • Wie die ganze Zeit schon dackelte Aquila einfach hinter dem duccischen Senator her, und obwohl er eigentlich wenig Lust darauf hatte... hatte er sich trotzdem zähneknirschend auf den Besuch vorbereitet. Naja, was hieß vorbereitet: er wusste wen sie besuchten, und was da so in etwa los gewesen war mit den Flaviern, konkret mit diesem Flavier. Auch wenn er das etwas öde fand, hatte er bei den bisherigen Besuchen doch gemerkt, dass es etwas brachte, die Leute einfach zu kennen – mal abgesehen davon, dass es ein wenig peinlich wäre, wenn der Duccius ihn irgendwas fragte und er als sein Tiro wusste nicht Bescheid. Man wurde durch alle Mühlen der Politik und Gesellschaft geschleift, die man sonst im aktuellen Status nie erleben würde... im Gegenzug war man billige Hilfskraft. So einfach war das.


    Dem Senator – seinem Senator, sozusagen – zu antworten vor der Porta, dazu war er nicht mehr gekommen, weil ein ziemlich griesgrämiger Ianitor schon die Tür öffnete und sie ohne große Umstände hinein komplimentierte. „Kochen auch nur mit Wasser...“, murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart auf dem Weg durch die Villa, als seine Begleiter den Prunk hier kommentierten. Meistens ignorierte er die Tatsache einfach, aber es waren Momente wie dieser hier, wo es ihn einfach wurmte, dass die Casa Decima geplündert worden war... nicht dass sie wohl je an das hier hätte heran reichen können, aber jetzt war sein Heim weiter davon entfernt denn je, und würde es wohl auch einige Zeit bleiben.


    Als sie dann schließlich das Officium des Flaviers betraten, blieb Aquila zunächst mal da, wo er sich wohl am besten machte: im Hintergrund.

  • Durchaus sichtbar hob Gracchus' linke Braue sich ein wenig empor, zögerte er doch ob einer angemessenen Reaktion, denn obgleich er Verzug - sowohl jenen seiner eigenen Person, wie auch den seines Gegenübers - missbilligte, so war er doch nicht sich dessen gewahr, dass der Senator sich hätte verspätet, führte dies jedoch auf eine Aberration seines eigenen Zeitempfindens zurück.
    "Auctoritas ist nur eine der Tugenden, welche unter den Ereignissen der jüngsten Ver..gangenheit gelitten haben"
    , bemerkte er beiläufig, ohne näher darauf einzugehen, ob er dies auf den Duccius oder das Volk bezog. Sodann bot er dem Senator an Platz zu nehmen, wies einen der beständig unscheinbar herumstehenden Sklaven mit einem Wink an, einen weiteren Stuhl für Decimus Aquila an den Tisch heran zu stellen, da dieser, wenn auch nicht vorgestellt, so doch in die Dankesworte des Senators inkludiert, augenscheinlich durchaus beachtenswert war.
    "Was also führt euch - dich, Senator Duccius, und deinen Begleiter - zu mir?"
    suchte er sodann ohne Umschweife zu erfahren, war der Austausch belangloser Nebensächlichkeiten im Vorfeld zielgerichteter Konversation ihm doch stets lästig, und dass der Senator nicht zu unverbindlichem Geplauder in die Villa Flavia gekommen war, konnte wohl vorausgesetzt werden. Darüber hinaus prüfte Gracchus, nun mit einem Bild der Person vor Augen, ob der Duccius ihm bekannt schien, doch mehr als eine generelle Idee eines in seinen Kreisen unbedeutenden Kandidaten des Cursus Honorum wollte ihm nicht in den Sinn gelangen.

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  • "Wenn ich meinen Begleiter vorstellen darf?", griff Vala den Hänger im Prozedere auf und wies auf seinen Begleiter, "Dies ist Marcus Decimus Aquila, ein Enkel des Maximus Decimus Meridius. Er leistet gerade sein Tirocinium Fori bei mir, und ich zeige ihm... nun... das Tagewerk eines Senators."
    Während der junge Decimus selbst eine Begrüßung sprechen konnte nahm Vala Platz: "Senator Flavius. Ich komme um nichts andere als deine Unterstützung im Senat zu erbitten.. einerseits für die kommenden Wahlen, andererseits für das eine oder andere... Projekt... das ich in den Senat einzubringen gedenke. Der Kaiser hat sich öffentlich zu einer Stärkung des Senats bekannt, und ich möchte meinen Beitrag dazu leisten. Allerdings brauche ich dafür Unterstützung... wie die eines Senatsgranden wie dich, Flavius."

  • „Salve, Senator Flavius. Es ist mir eine Freude, dich kennen zu lernen“, nutzte Aquila die kleine Pause, die der Duccius ihm ließ, nachdem er ihn vorgestellt hatte. Erst dann setzte auch er sich, nachdem ein weiterer Stuhl extra für ihn geholt worden war, und hielt erst mal die Klappe. Er war ein bisschen gespannt darauf, wie dieses Gespräch laufen würde – er hatte inzwischen gehört, dass der Flavier offenbar in den letzten Monaten des Bürgerkriegs im Haus seiner Familie Zuflucht gefunden hatte, dass sein Onkel Serapio ihn beschützt hatte anstatt ihn zu verpfeifen. Wenn das wirklich stimmte, dann war er zur Abwechslung mal nicht einfach nur ein mehr oder weniger lästiges Anhängsel seines Senators, sondern seine Anwesenheit würde hoffentlich irgendeinen Bonus bringen. Aquila hätte es vorher ja nicht geglaubt, aber die ersten Tage seines Tirociniums Fori waren anstrengender, als er erwartet hätte... und er fühlte sich nutzloser, als er erwartet hätte. Mochte auch daran liegen, dass er quasi ins kalte Wasser geworfen worden war, weil der Senator mit ihm von Tag eins an sofort mit dem Wahlkampf durchgestartet war... in jedem Fall störte ihn das ein bisschen. Was allerdings seinen Ehrgeiz weckte – ob er nützlich war oder nicht, war ihm letztlich völlig egal, aber er wollte unbedingt einen guten Eindruck, und deswegen strengte er sich an, passte auf wie ein Luchs, wenn er den Duccius begleitete, und bereitete abends noch bis in die Nacht hinein Gespräche nach, die gelaufen waren, und vor, die noch anstanden.

  • Selbstredend erweckte der Name des Decimus Meridius einige Reminiszenzen in Gracchus' Innerstem, doch weit mehr als zu jenem Triumphator schweiften seine Gedanken zu einem anderen Decimus, woraufhin das Herzen ihm regelrecht blutete ob der Tatsache, dass er noch immer nicht wusste, wie es Faustus im Carcer erging, dass er noch immer keine Antwort von Cornelius Palma hatte erhalten, welcher zweifelsohne einer der wenigen Männer war, welche seinen Geliebten noch würden retten können.
    "Decimus"
    , erwiderte Gracchus den Gruß eher knapp, war es doch weitaus beachtenswerter, was Duccius Vala sprach. Während er dies tat ruhte der Blick des flavische Senator in recht indifferenter Art und Weise auf ihm, wiewohl seine Gedanken durchaus rege die angesprochenen Punkte sondierten, zum Abschluss hin er gar beinah gewillt war eine Braue zu heben ob der exorbitierten Schmeichelei. Zweifelsohne war Senator Duccius unter der Aegide des Vescularius in den Senatorenstand erhoben worden, denn tatsächlich hatte Gracchus niemals sich als einen besonders observablen Senator gesehen, wiewohl unbezweifelt jeder Mann, welcher mit ihm Zeit in den Hallen dieses Gremiums hatte verbracht, würde dies gleichwohl so sehen müssen.
    "Und was genau, Senator Duccius, bringt dich zu der Annahme, ich könnte ein Interesse daran hegen, dir meine Unter..stützung zukommen zu lassen?"

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  • "Einerseits, so lau das klingen mag, des lieben Friedens willen den Rom nun nach dem verheerenden Krieg nötig hat.", spulte Vala sein Wahlkampfprogramm ab, "Der Princeps hat es sich zum Programm gemacht den Senat zu stärken, und wer wäre ich diesem nicht zu folgen? Dementsprechend wichtig ist es mir im Senat keine Gräben zu ziehen, sondern diese zu überwinden... das neue Rom wird so auch im Senat gestaltet, und ich würde meine Hilfe all jenen anbieten die dazu beitragen, so eine Hand die andere wäscht."

  • Keine Reaktion auf seinen Namen. Und ein wenig... distanziert wirkte der Mann auch. Gut, wäre wohl auch etwas zu viel erwartet gewesen, dass er sie gleich mit offenen Armen empfing, aber ein bisschen mehr...? Aquila machte sich eine gedankliche Notiz über den Beginn dieses Gesprächs und wartete dann erst mal ab, wie es weiter ging, wenn der Duccius seine Pläne offen gelegt hatte.

  • Alles in allem schien Gracchus das Ansinnen ein wenig substanzlos, hinwieder dies nicht eben unerwartet war, da selten genug Kandidaten ein Wahlprogramm präsentierten, welches tatsächlich exzeptionell war - er selbst eingeschlossen. Letztlich blieb somit nur zu eruieren, ob der Duccius als Person ihm viabel erschien, und ob es Verbindungen gab, welche zu stärken es sich lohnte, wiewohl welche Implikation dies für ihn selbst würde bedeuten - denn dass der Senator ihm würde etwas anbieten können, das ihm wahrhaftig zum Vorteile gereichte, nahm er nicht an.
    "Nun, wir befinden uns jedoch nicht mehr im Kriege, wiewohl der Senat kein Schla'htfeld ist. Keine Gräben zu ziehen bedeutet darob nicht zwangsläufig eine Allianz zu forcieren, der Feind meines Feindes muss nicht mein Freund sein, und selbst zwischen Pro und Contra eines Votums liegt eine Ent..haltung. Die Curia sollte ein Ort des Staats-Friedens sein, dies mag ich konsentieren, doch so alle Senatoren stets konform würden gehen, so bräuchte es keinen Senat, so könnten wir einen aus unserer Mitte erkiesen, welcher alle Ent..scheidungen trifft und uns allfällig angenehmeren Dingen des Lebens widmen."
    Dies wäre durchaus eine Option, welcher Gracchus würde zustimmen, denn letztlich hegte er selten Interesse an den Details politischer Spitzfindigkeiten, wie sie allzu oft im Senat wurden debattiert.
    "Wer ist dein Patron, Senator Duccius?"

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  • "Wiewohl deine Worte wenig Hoffnung auf Unterstützung deinerseits machen, Senator, zeugen sie doch von einer ernsthaften Besonnenheit die nur für dich sprechen kann.", versuchte Vala die eigene Enttäuschung über die Aussage des Flavius doch noch irgendwie in Limonade zu verwandeln, "Der Consular Marcus Vinicius Hungaricus ist mehr als zehn Jahren mein Patron, Senator, auch wenn ich nichts über seinen Verbleib oder sein Befinden berichten kann. Nachdem er vom Usurpator ins Exil nach Mauretania verbannt wurde sind haben Nachrichten seiner Seite quasi nicht stattgefunden. Ich hoffe das Beste und befürchte das Schlimmste."

  • "Meine Worte besagen weder ein Für, noch ein Wider, Duccius, sie bringen schli'htweg zum Ausdruck, dass 'des lieben Frieden willens' mich nicht von deiner Befähigung für ein Amt überzeugt."
    Vinicius Hungaricus war kein schlechtes Argument, allerdings auch kein zwingendes - nicht nur da er nicht in Rom weilte, doch obgleich die Vorschläge des Consulars ihm zumeist recht sinnvoll erschienen waren, so verband Gracchus mit ihm wenig.
    "Was hast du während der vergangen Zeit getan, während des Bürgerkrieges, res..pektive in jener Zeit seitdem dein Patron ins Exil wurde verbannt?"

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  • "Der liebe Frieden ist auch die Speerspitze meines politischen Programms, das dafür sorgen soll, dass der nachrückende Rest überhaupt erst zum Einsatz kommt, und nicht in uralten Gräben im Senat versackt, Senator.", erklärte Vala mit leisem Lächeln ob der Erwiderung des Flavius, welcher sich offensichtlich nicht mit der Vorspeise zufrieden geben, sondern gleich die Hauptspeise serviert bekommen wollte. Dass der Senator dann tatsächlich nach Valas Aktivitäten fragte überraschte diesen dann nicht zu schlecht... in welchem Loch hatte der Mann sich vor dem Vescularier verkrochen, dass er nicht von ihm gehört hatte?
    "Vor und während des Bürgerkriegs...", fasste Vala seine Tätigkeiten sehr, sehr grob zusammen, "...war ich an der Erhebung der Stadt Alexandria und der Provinz Aegyptus gegen das Regime des Vescularius beteiligt, wurde hierfür von diesem proskribiert und führte schließlich im Feldzug des Annaeus Modestus und Flaminius Cilo als Tribun die achte Legion über die Alpen um meinen Teil zum Sturz des Vescularius beizutragen. Und wie man sieht, da ich hier vor dir stehe, was ich erfolgreich."

  • Durchaus beeindruckt ob der Taten des Duccius vor und während des Bürgerkrieges - von welchen er wie von allen anderen Taten und Geschehnissen des Bürgerkrieges weder währenddessen, noch hernach hatte Kunde erhalten, noch an jenen Interesse gehegt - nickte Gracchus anerkennend, denn mochte auch der Feind seines Feindes im Senat nicht zwangsläufig sein Freund sein, so war dies außerhalb der Curia und insbesondere während der jüngsten Vergangenheit doch ein wenig divergent gewesen, wiewohl dies immerhin mehr für den Senator sprach als gegen ihn.
    "Nun, dies ist zweifelsohne eine reliable Basis, aufgrund derer ich durchaus könnte den Ent..schluss fassen, dir meine Stimme zumindest für die kommende Wahl zukommen zu lassen. Bist du dessen ungea'htet bereit, ein wenig mehr den nachrückenden Rest deines Programmes, wiewohl deine Projekte im Senat zu kon..kretisieren?"
    Fade Politik - Männer des Cursus Honorum, welche jene Aufgaben zu erfüllen gedachten, welche ihr Amt ihnen gebot, Diskussionen über das Hundertste ins Tausendstel bezüglich der Ausformulierung detaillierter Gesetzestexte, oder Dispute über Traditionen, auf welchen die Fundamente Roms ruhten - interessierte Gracchus nicht im Geringsten, doch ein gewisses Maß an Neugier konnte er selbst in diesen Zeiten nicht verleugnen.

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  • "Selbstverständlich bin ich das, Senator..", fügte diensteifrig an ohne die Erleichterung über die vorsichtige Bekanntgabe der Unterstützung durch den Flavier verhehlen zu können, und schwenkte zu seinem politischen Programm der nächsten Monate, wobei er schon beim ersten Anliegen einen gewissen Eifer in der Stimme auflegte, da ihm trotz der seitdem vergangenen Zeit die Erinnerung an die Mühen mit seinem Vorgänger noch gut in Erinnerung geblieben sind, "..ich strebe, neben der zuverlässigen Erfüllung meiner Pflichten als Aedil, zwei Projekte im Senat an... das eine kleiner, das zweite größeren Ausmaßes. Das kleinere, wenn ich damit beginnen darf, dreht sich um eine verpflichtende Dokumentation der Tätigkeiten jedes Magistrats in Rom, eine Art detaillierteren Rechenschaftsbericht gegenüber den Nachfolgern... abseits der Res Gestae auf dem Forum. Eigene Erfahrungen haben mir gezeigt, dass dies vonnöten ist um eine Einarbeitung der Nachfolger zu erleichtern und diesen damit mehr Zeit für die Anliegen ihrer eigenen Amtszeit haben. Ich selbst, um nur mein Beispiel zu nennen, durfte als Vigintivir einen Großteil der nichtdokumentierten Arbeit oder eben nicht geschehenen Arbeit meines Vorgängers aufarbeiten, bevor ich mich um die Anliegen meiner eigenen Amtszeit kümmern konnte... ich möchte einerseits nachfolgenden Magistraten dies Schicksal ersparen, andererseits die Verfolgung derartiger Pflichtverletzungen erleichtern.."

  • Die Worte verpflichtende Dokumentation führten mit ihrer Aussprache zu einer Art von Apathie in ihm, war Gracchus doch kein Freund hispanischer Verhältnisse, obgleich er ohnehin niemals in die Verlegenheit würde kommen, eine solche Dokumentation zu verfassen - denn selbst so er sich jemals wieder zu einer Amtszeit sollte entschließen, hätte er für solcherlei Aufgaben seine Scribae und Sklaven.
    "Womöglich würde eine geregelte Übergabe der Amtsgeschäfte an den designierten Magistraten, wiewohl allfällig eine Re'henschaftsablage vor dem Senat ebenso genügen, derartige Säumnisse zu unterbinden, respektive zu ahnden. Eine Dokumentation würde letztlich nur bedingen, dass eine Prüfungs..instanz, allfällig gar eine Prüfungskommission diese würde auf ihre Korrektheit hin verifizieren müssen, denn wie gesprochene Worte vergänglich sind, so tragen auch geschriebene Worte nur so viel Wahrheit in sich wie ihr Verfasser bereit ist, ihnen zu..zugestehen."
    Wenn selbst das Testament eines Kaisers konnte mit einfachsten Mitteln gefälscht werden, wie leicht würde es dann sein, einige magistratische Tätigkeiten zu fingieren?
    Kaisermörder!
    , flüsterten auf diesen Gedanken hin die Lemuren aus den Ritzen zwischen Wand und Grund, zwischen Wand und Decke, und Gracchus' Nackenhaare richteten sich auf bei der Erinnerung an jene Tat und ihre Folgen, wiewohl bei dem Geräusch, welches das Kratzen der langen Krallen der Totengeister über die Gedenksteine der gefallenen Römer erzeugten.
    Kaisermörder!
    Für einen Augenblick presste Gracchus seine Kiefer aufeinander, dass seine Wangenknochen deutlich hervor traten, sodann fuhr er fort, die Couleur seines Tonfalles ein wenig abweisender nun.
    "Gleichwohl ist die Außenwirkung dieser Forderung nicht ohne Brisanz. Die Magistrate des Cursus Honorum sind per Definition ehren..hafte, tugendvolle Männer, der Cursus Honorum per se die Ehrenlaufbahn. Ab und an mag ein schwarzes Schaf diese Institution unterwandern, doch die Konse..quenz seines Handelns, respektive seiner Tatenlosigkeit wird die politische Ächtung sein. Willst du wahrlich eine Dokumentation, eine Überprüfung dieser Männer installieren, welche implizit im Volk den Anschein wird erwecken, dass eine solche Prüfung notwendig ist, da allent..halben Magistrate ihre Arbeit nicht recht ausführen?"
    Kaisermörder!
    Konsequenz seines Handelns, Tatenlosigkeit, politische Ächtung. Wer würde ihn zur Rechenschaft ziehen für die Konsequenzen seines Handelns, wer würde ihn verurteilen für die Tatenlosigkeit, mit welcher er die Konsequenzen hatte geduldet, wer würde die politische Ächtung über ihn aussprechen? Titus Duccius Vala? Gracchus' Augen verengten sich ein wenig und fixierten den Senator.

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  • "Hhmhmhmh..", brummte Vala im Anschluss nur, denn die Worte des Praetoraten stimmten ihn sehr nachdenklich. Der erste Teil war dabei kaum mehr als ein Fallenlassen der ursprünglichen Forderung, der sich Vala ohne größeres Nachdenken verweigern könnte, und dem weitaus einfacher zu entgegnen war: "Demnach wäre ebenso die Dokumentation der Tätigkeiten eines Aedils hinfällig und obsolet, welche sich aber seit je her bewährt hat um eben einen Nachvollzug seiner Tätigkeiten zu gewährleisten. Sich an diesem Beispiel orientierend wird man kaum verhehlen können, dass eine Ausweitung der Dokumentationspflicht auf andere Ämter des Cursus Honorum ebenso sinnvoll wäre.. und vor allem auch vertrauensstiftend. Eine detaillierte Einführung der Nachfolgemagistrate scheint mir ebenso wenig sinnvoll, da sich schon in der Vergangenheit gezeigt hat, dass eine solche so gut wie nie geschehen ist, zumindest nicht durch die Vorgänger. Und die Prüfungskomission... nun, ist es nicht die Aufgabe der Konsuln, die Arbeit der Magistrate zu überwachen? Ich bin mir sicher, eine detaillierte Dokumentation nach Art der Aedile dürfte ihnen auch bei der Kontrolle der anderen Magistrate helfen..."


    Der zweite Part war dagegen schon schwerer zu knacken, und es gab Vala zu denken, dass der Flavius der einzige Senator war, der sich solchen Bedenken.. und solchen Idealen... hingab. Und die Regung in der Mimik verhieß nichts gutes, hatte Vala gerade implizit die Senatorenschaft beleidigt?


    "Nein, ganz im Gegenteil.", versuchte er sich daher in einem argumentatorischen Manöver, "Allerdings haben die letzten Jahre gezeigt, dass eine politische Ächtung der von dir erwähnten schwarzen Schafe nicht stattgefunden hat.. und willst du tatsächlich behaupten, dem Senat seien die schwarzen Schafe abhanden gekommen? Ich denke eher, dass der aktuelle Usus sich nicht bewährt hat und es schwarzen Schafen nur allzu leicht gemacht wird sich unter ihren Vergehen an der Res Publica und ihren Pflichten als Ehrenmännern hinwegzuducken! Das färbt doch zweifellos auch auf jene ab, die ihre Arbeit vernünftig und den Tugenden entsprechend erledigen, zu denen du zweifellos ebenso gehörst, Flavius. Das Volk hat nicht erst in der Zeit des Usurpators das Vertrauen in die Instanzen eben dieser Ehrenlaufbahn verloren, wenn sich oft genug NICHT zeigt, dass Menschen an dieser Laufbahn scheitern, weil sie eben mit Ansprüchen an Leistung und Ordnung eines Ehrenmannes einhergeht. Es sollte den Aspiraten und dem Volk wieder klar werden, dass der Cursus Honorum nicht schlafwandlerisch zu beschreiten ist, sondern eine detaillierte Vorbereitung und tugendhafte Ausführung des nächsten Schritts mit sich bringen MUSS um voran zu kommen. Und eine Dokumentation nach Art der Aedile wäre nicht nur für die Senatoren eine Hilfe und Stütze, sondern auch für das Volk Roms ein Zeichen der Erneuerung und Zuverlässigkeit!"

  • Deutlich verhärteten sich Gracchus' Züge weiter mit jedem Wort des duccischen Senators über die Ächtung der schwarzen Schafe, respektive deren Ausbleiben, über Vergehen an der Res Publica, über Ehrenmänner und seine eigenen Einordnung zu eben jenen, über den Usurpator und das Vertrauen des Volkes. Als hätte Vala eine Lawine losgetreten auf dem Gipfel Gracchus' Gedanken rollten diese in unkontrollierbarer Masse über den flavischen Senator hinweg, suchte er unzählige Möglichkeiten abzuwägen, suchte er Gegebenheiten zu sondieren, an welchen er keinen Anteil hatte gehabt, suchte er die Wahrheit zu ergründen, welche hinter diesen Worten lag. Was wusste Vala? Was wusste er über die Konspiration, über Gracchus' Beteiligung an eben dieser, über die Tugenden, welche er mit Füßen hatte getreten? Die Worte tönten einer subtilen Anspielung gleich durch den fragilen Raum der Lügenkonstrukte, in welche sein Leben war eingewoben, gleichwohl mochte er nicht glauben, dass einer der anderen Konspiranten sich einem Fremden hatte anvertraut. Mochte es allfällig möglich sein, dass auf Seiten der ursprünglichen Verschwörung mehr Männer beteiligt gewesen waren als der Vescularier und Tiberius? War Vala nur deswegen nicht durch den Usurpator beseitig worden, da er zur gefahrvollen Zeit im Norden hatte geweilt und sich rechtzeitig der anderen Seite hatte angeschlossen? Langsam drehte Gracchus seinen Kopf zur Seite hin, fixierte argwöhnisch die Kante zwischen Grund und Wand, ließ seinen Blick bis zur Decke hin wandern, doch obgleich das leise Scharren und Kratzen in seinem Kopfe nicht zum Erliegen kam, war dort nichts zu sehen. Allfällig war der Sinngehalt der Worte des Ducciers schlichtweg zu subtil, so dass es nicht vonnöten war, darauf einzugehen, womöglich sucht er auch nur zu verifizieren, wessen er sich nicht sicher war. Der Flavier wandte sich wieder seinem Gegenüber zu und beugte sich ein wenig vor.
    "Allfällig hast du Recht. Tatsächlich habe ich keinerlei Kenntnis darüber, wie der Senat derzeit gestaltet ist, in Anbetra'ht der letzten Jahre jedoch gibt es womöglich mehr Pferde darin als Schafe, ihre Farbgebung indes bleibt schwarz. Das Volk täte gut daran, keinem Manne im Senat mehr Ver..trauen zu schenken."
    Ein wenig resigniert, bezwungen durch die eigene Unzulänglichkeit, lehnte Gracchus sich zurück, legte seine Fingerspitzen aneinander und suchte die Schemen und Schatten zu ignorieren, welche er in seinem Nacken wähnte.
    "Von diesem Standpunkt aus betrachtet mag jede Maßnahme, dieses Ver..trauen wiederherzustellen, opportun sein. Was ist das größere Projekt, welches du anvisierst?"

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  • Des Gedankenlesens unkundig, blieb Vala nichts anderes übrig als die kaum positiv zu verstehende Mimik des Senators auf sich selbst zu beziehen... und sich hinter jedem Quentchen politischer Professionalität zu verstecken, dass die kurze Zeit nach seiner Rückkehr ins politische Tagesgeschäft hergab. Warum genau der Senator derart abweisend auf seine Worte reagierte erschloss sich Vala nicht im geringsten, dementsprechend war es der sprichwörtliche Eiertanz den Vala hier begehen musste um den Flavier nicht bei seiner Bitte um Unterstützung ausgerechnet seinem Anliegen widersprechend zum Feind zu machen. Als ihr Gastgeber dann auch noch den Mund aufmachte und zu dem Schluss kam, dass der Senat als ganzes wohl nicht mehr vertrauenswürdig war, verlor Vala schon jegliche Hoffnung auf Erfolg in dieser Sache, bis der Senator dann letztlich doch zu verstehen gab, dass Anliegen zur Wiederherstellung dieses Vertrauens opportun seien. Was man natürlich so oder so verstehen konnte, aber Vala wollte sich in diesem Fall einfach nicht geschlagen geben... konnte es nicht, und so griff er beherzt nach dem dargebotenen Strohhalm: "Und auf nichts anderes zielt eine umfassende Kontrolle der Arbeit der Magistrate durch eine ausführliche Dokumentation derselben ab, Senator.", gab er vielleicht schon eine Spur zu erleichtert von sich. Dass es ihm weniger um das Vertrauen der Bevölkerung in den Senat ging als um die Tatsache, dass er nie wieder solche Waschlappen im Amt vor sich erdulden wollte, ohne dass diese im Nachhinein dafür zur Rechenschaft gezogen wurden war letztlich gleich: das Ergebnis war das gleiche, und wenn dabei das Volk zum Vertrauen in den Senat zurückfand würde es sich vielleicht auch an jenen erinnern, der den Stein ins Rollen brachte.


    "Mein zweites Projekt zielt auf eine umfassende Bildungsreform ab, die sich an den Idealen und Traditionen der augusteischen Zeit orientiert.", kam Vala, ob der Ambivalenz der Situation einerseits hoffnungsvoll, andererseits recht vorsichtig auf das bisherig größte Ding seiner Zeit als Senator zu sprechen, "Eine Rückkehr zum alten Verständnis von Bildung, welche die Bürger des Reichs sich selbst aneignen und von freien Lehrern und Rhetoren aneignen lassen."
    Soviel zur Idee dahinter, welcher er gleichsam die profan wirtschaftlich-politischen Erwägungen hinterherwarf: "Seit die Schola Atheniensis sich auf ihre Kernaufgabe, die Vermittlung von Wissen, konzentriert und nicht mehr aktiv in die Wirtschaft eingreift ist deutlich geworden, dass sich die staatliche Bildungsinstitution so nicht halten lässt. Zwar sind ihre Geldmittel aus den Zeiten des teuren Buchverkaufs noch reichlich vorhanden, allerdings zeigte sich, dass dies ein Ist-Zustand ist der sich kaum verändern wird. Mein Ansinnen zielt darauf ab, die aktive Bildung durch die Schola Atheniensis dem alten Ideal der Republik und der Principes entsprechend einzustellen und diese den freien Schulen und Lehrern zurückzugeben.. immerhin hat diese zahlreiche große Römer hervorgebracht, und das ohne staatliche Lenkung.. und der großen Bibliothek in Alexandria gleich eine Bibliothek als Sammlung des Wissens beizubehalten, an welche sich all jene freien Lehrer und Lernenden wenden können um ihren Horizont zu erweitern."
    Was de facto bedeutete: die Schola eindampfen.

  • Aufmerksam, ein wenig lauernd gar, folgte Gracchus der Erläuterung des duccischen Senators bezüglich seines zweiten Projektes - der Bildungsreform -, während der jedoch kein weiteres Anzeichen von Tücke zu erkennen war, so dass er schlussendlich leicht nickte.
    "Diesem Ansinnen mag ich meine Zustimmung gewähren. Mir ist der Sinn dieser Einri'htung ohnehin nie gänzlich verständlich geworden."
    Gezwungenermaßen hatte er ein paar Kurse an der Schola absolviert - weshalb diese als Erforderlichkeiten bestimmter Ämter galten, jedoch die umfassende Ausbildung, welche er in Athena hatte genossen, nicht, hatte er dabei nie nachvollziehen können. Das Ansinnen des Duccius, die Bildung wieder in private Hände zu legen, würde indes zweifelsohne auch den patrizischen Stand stärken, denn letztlich war die Möglichkeit, ohne weitere Verpflichtungen sich auf Erziehung und Ausbildung konzentrieren zu können, doch eines ihrer wertvollsten Privilegien.
    "Was indes gedenkst du bezüglich der Voraus..setzungen zu Ämtern, welche derzeitig durch Absolvieren diverser Kurse an der Schola erlangt werden, zu tun? Willst du diese ersetzen oder gänzli'h abschaffen?"

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