Ein Rundgang am Mittag

  • Der Mercatus Urbis, mitten am Tag.
    Sollte sich je ein Reisender gefragt haben was wahre Hektik, Chaos und Menschenmassen bedeuten, hier wurde er fündig. Händler priesen lauthals ihre Waren an, dazwischen huschen Sklaven und Boten im Auftrag ihrer Herren herum, hin und wieder eine Patrouille der Stadtwache, da rannte ein herrenloser Hund umher, dort gackerte ein Hahn.
    Und zwischen all diesen Eindrücken schien halb Rom auf den Füßen zu sein, Körper an Körper drängte sich über den ganzen Markt.


    Und am Rand dieser Masse stand der junge Scipio, grinsend, und schaute sich das Treiben an. Niemals käme es ihm in den Sinn in den Strom aus Leibern einzutauchen, er mochte es nicht. Zuviele Menschen, zuviel Gedränge. Aber von außen fand er all das amüsant, es erinnerte ihn an einen Ameisenhaufen den er als Kind mal beobachtet hatte. Nur irgendwie schienen die Ameisen in all dem Chaos eine gewisse Ordnung zu haben, die man hier nur vermissen konnte. Mal vom Gestank abgesehen der hier an manchen Ecken herrschte, vor allem bei den Fisch- und Fleischhändlern konnte man kaum längere Zeit stehen.


    Ich möchte niemals hier einkaufen müssen, außer natürlich ich hätte eine Leibwache um mich die mir den Weg frei macht. Diese ganzen Sklaven müssen einem leid tun, gerade sie werden hin und her geschubst, kaum wahrgenommen. Ich frage mich wieviele hier bereits todgetrampelt wurden.


    Er gang an einer Wand entlang, kaufte sich bei einem Händler ein paar Datteln, lehnte sich gegen die Wand und schaute dem Treiben weiter zu. Die Datteln waren sehr süß, fast schon wie Aprikosen. Er beobachtete einen Sklavenhändler, der in einem Käfig neue Ware zu seinem Stand brachte.


    Arme Schweine, jedes Tier wird besser behandelt als die meisten von euch. Und doch seit ihr notwendig, kein wahrer Römer würde sich seine Hände auf den Feldern oder dem Steinbruch dreckig machen. Zum Glück werden wir nie die Sklaven sein...


    Da entdeckte er zwischen all den elenden Gestalten ein Mädchen, nicht viel jünger als er selbst. Rote Haare, blasse Haut, schmale Lippen. Sicher eine aus Germanien, wild, barbarisch. Scipio interessierten die Barbaren sehr, vor allem die Germanen. Irgendwann würde er sicher selbst einmal dort sein, vielleicht als Soldat. Und schon versank er in Gedanken und vergaß die Zeit...


    Sim-Off:

    Wer mag darf gerne einsteigen... wie ist egal :)

  • Tolmides mochte die Mittagszeit. Es war hell, die Straße war lebendig, und sein Lupanar erforderte erst gegen Abend wieder seine Aufmerksamkeit sodass er durch die Straßen Romas lief und sich nach der ein oder anderen Dame für sein Geschäft, aber auch nach anderen Gelegenheiten Ausschau hielt.
    Ebenfalls an eine Wand gelehnt beobachtete der Mann die Käfige und sondierte die Ware. Erst bemerkte er den Jungen gar nicht, aber nach einer Weile fiel ihm auf dass er einfach nur ins Nichts starrte, was auf dem Markt eine recht dumme Idee war, schließlich waren die Ganoven überall und der Junge, welcher weder sonderlich reich noch arm aussah, wäre seine Sesterzen los gewesen..
    "Es ist riskant der Gegenwart nicht die volle Aufmerksamkeit zukommen zu lassen." merkte der Mann mit dem gerissenen Grinsen an und folgte dem Blick des Jungen zu der jungen Nordfrau, welche ihm wohl im Alter des Burschen auch weiche Knie verschafft hätte, aber diese Jahre lagen schon eine Weile in der Vergangenheit zurück sodass diese Erinnerung auch getrübt sein konnte..
    "Interessant diese Nordmänner.. Und Frauen nicht wahr? Man könnte meinen sie wären ganz anders als die Römer, doch im Grunde unterscheidet uns nur die Seite auf der wir stehen."

  • Scipio schrag hoch, er war doch etwas tiefer in Gedanken versunken als gedacht. Neben ihm stand plötzlich ein Mann, der auch etwas gesagt hatte. Doch Scipio hatte nur den zweiten Satz verstanden. Nun, der war aber immerhin geeignet ein Gespräch anzufangen. Dass er etwas rot anlief merkte er dabei gar nicht, der Mann schien ihn wohl schon eine Weile beobachtet zu haben. Oder er hatte eine gute Beobachtungsgabe. Oder beides.


    "Ich kenne leider nicht viele Germanen. Aber ja, sie üben eine gewisse Faszination auf mich aus. Ich denke aber schon dass uns einiges von den Barbaren unterscheidet. Alleine schon das Aussehen, die Kleidung, diese Sprache.... Ich zumindest bin froh auf dieser Seite zu stehen. Auch wenn mir manche Sklaven leid tun."


    Er schaute nochmal der jungen Germanin nach, widmete sich dann aber seinem Gesprächspartner. Er war ein gutes Stück älter als Scipio selbst, es konnte aber auch täuschen. Zumindest schien er kein Römer zu sein, Grieche vielleicht oder noch weiter aus dem Osten? Schwer zu sagen, gerade die längere von Rom kontrollierten Provinzen hatten sich bereits so sehr angepasst dass es schwer fiel die genaue Herkunft der Menschen einzuordnen. Erst recht hier in Rom wo alle Völker des Imperiums zusammenkamen.

  • Tolmides grinste unweigerlich.. Barbaren.. Ein in Rom sehr weitläufiger Begriff und doch waren auch die Römer für das ein oder andere Volk Barbaren. Wenn sich Menschen zur Belustigung gegenseitig in den Arenen abschlachteten, so konnte sich das ein oder andere ebenfalls zivilisierte Volk wohl nicht gänzlich dafür erwärmen..
    "Nun Sprache, Kleidung, all dies macht eine Kultur aus, und ihre Unterschiede. Aber sie haben eine Sprache, sie haben Kleidung, ist das nicht eine Gemeinsamkeit?" vielleicht war es dem Griechen in ihm geschuldet dass er derlei philisophische Fragen stellte, oder aber dem nüchternden Geschäftsmann und Taktiker welcher diese ganze Bestimmung Roms für große Taten stets für eine Illusion hielt, eine Geschichte welche sich Römer gegenseitig erzählt haben bis sie dann selbst dran glaubten, aber eigentlich hatte Tolmides gar nicht vor gehabt den Jungen zuzuquatschen. Er hatte nur zu viel Zeit an diesem Mittag und suchte etwas Zerstreuung, sodass er diese Gelegenheit beim Schopf packte..
    "Wie ist dein Name Junge?" fragte er letztlich skeptisch denn er konnte den jungen Mann nicht einordnen. Wäre er Mitglied einer großen Familie gewesen wäre er nicht alleine hier unterwegs, andererseits sah er zu gepflegt aus um ein Herumtreiber zu sein, eine auch fürs geübte Auge gänzlich sonderbare Erscheinung also.

  • Dieses Grinsen, dann diese Frage. Grieche, ganz klar. Doch die Frage war nicht eine die man einfach überhören konnte, denn sie forderte regelrecht eine Reaktion heraus, kein Römer konnte solch eine Frage einfach ignorieren.
    "Sprache und Kleidung alleine machen keine Zivilisation aus. Ein Volk, ja das tut es, aber Zivilisation, nein. Schau dich um. DAS ist Zivilisastion. Unsere Bauwerke, unsere Kunst, unsere Überlegenheit."


    Er schaute dabei auf eine kleine Gruppe Soldaten die vorbei ging und lächelte.
    "Schau dir doch nur unsere milites an. Selbst sie haben mehr Kultur, stehen mehr für Zivilisation als jeder germanische Krieger. Jeder dieser Männer ist 10 Germanen wert wenn es in die Schlacht geht."


    Er sah den Soldaten noch kurz nach bis sie in der Menge verschwanden. Dann drehte er sich dem Griechen zu, seine Augen voller Eifer, Zuversicht und Stolz.
    "Ich bin Decimus Scipio. Und wer bist du?"

  • "Die Geschichte hatte viele Imperien kommen und gehen sehen. Alexander, die Perser, und die alten Dynastien in Aegyptus. Sie alle hielten sich für überlegen, doch sie sind fort, und die Barbaren sind noch immer da." erklärte Tolmides in ruhiger Stimme mit einem leicht provokanten Unterton, "Die Pragmatiker dieser Welt binden sich nicht an Imperien, oder an gesellschaftliche Gerüste. Dort wo es Möglichkeiten gibt, gibt es Pragmatiker, und Rom ist voll davon." fast schon zu nüchtern legte sich der Halbgrieche seine eigene Ideologie zurecht.
    Er war immer schon Geschäftsmann gewesen, und immer schon wollte er mehr als nur einen kleinen Laden, er wollte sein eigenes kleines Imperium, und wenn es dann untergehen würde säße er seelig grinsend auf einem Berg aus Geld..
    "Mein Name ist Tolmides. Decimus also? So wie der Praefectus Urbi oder entstammst du einer anderen Familie?" hakte der Mann interessiert nach, diese Begegnung, solche sie im positiven enden, könnte ihm mitunter doch noch von nutzen sein.

  • Eines musste man diesem Tolmides lassen. Er hatte den Mut einem Römer ins Gesicht zu sagen dass er nicht unbedingt viel von Rom hielt. Pragmatiker gab es überall, das war sogar Scipio klar in seinen jungen Jahren. Aber Rom mit Persien zu vergleichen? PAH.


    "Nun Tolmides, auch die Barbaren die wir heute sehen sind andere als früher. Und sie sind alle fort, denn Rom hat sie am Ende erobert. Und keines der von dir genannten Imperien kann mit der Größe Roms mithalten. Nicht einmal Alexander hat geschafft was Rom erreichen konnte. Selbst die stolzen Griechen, einst eine blühende Zivlisation voller Wissen, selbst sie verneigen sich nun vor Rom."


    Er konnte sich dabei einen leicht arroganten Ton nicht verkneifen, auch wenn dieser ihm bereits kurz darauf wieder leid tat. Scipio kannte einige griechische Schriften, hatte früh die Ilias und die Odysee von Homer verschlungen. Und auch von den Pyramiden in Ägypten hatte er gehört, den großen Bauwerken dieser alten, nun nicht mehr ganz so glorreichen Zivilisation.


    "Ja Decimus, wie der Praefectus Urbi. Mir wäre auch neu dass es noch eine Gens mit diesem Namen gibt."
    Dabei fiel ihm ein, dass er Serapio bereits schon lange nicht mehr gesehen hatte. Er war wohl sehr in seine Vorbereitungen für die Hochzeit vertieft. Das würde eine Feier werden... er freute sich sehr darauf.

  • Gerammelt volle Straßen, auf denen der einzelne zwischen hunderten – nein, tausenden! – Leibern nur so unterging? Ja, das war die Urbs Aeterna, wie sie leibte und lebte. Manche hatten das Glück, dem Trubel entfliehen zu können, wann immer sie wollten, so wie die Reichen, die sich in ihre Villen verzogen, um auf weichen Klinen an teurem Wein zu nippen. Bei anderen wiederum hatte man das Gefühl, sie tauchten gerne ein in das Meer aus Menschen, waren ein Teil davon … lebten darin. Und es gab diejenigen, die in der Masse mitschwammen, weil sie es mussten, manche weil sie schnellstmöglich und menschenleere Seitengassen meidend von A nach B wollten, andere, weil ebendiese vollen Straßen ihr tägliches Arbeitsumfeld darstellten. Unter letzteren fristeten die Soldaten der Cohortes Urbanae vermutlich ein recht angenehmes Dasein. So mochte es zumindest aussehen, wenn man seinen Blick auf die vorbeimarschierende Patrouille richtete. Während andere sich mühevoll ihren Weg duch die Massen bahnen mussten, wurde ihnen anstandslos Platz gemacht und wer nicht Platz machte wurde schlicht und ergreifend zur Seite befördert.
    Nachdem letztens der alte Krämer Casperius Verus sich als Schwindler entpuppt hatte, hatten die Cohortes Urbanae ihre Kontrollen des Marktgeschehens verschärft, vorerst jedenfalls, sodass heute eine Betriebskontrolle anstand und die Truppe Urbaner, die zuvor noch die Straße entlangmarschiert war, inzwischen vor dem Ladentisch eines Stoffhändlers Halt gemacht hatte.
    "Was soll das heißen, du hast deine Genehmigung schon wieder nicht da?"
    "Na dass ich sie vergessen habe, Centurio. Ich habe eine, bei den Göttern, Centurio, das schwöre ich!"
    "Vorgestern sagte ich, heute will ich die Tabula heute vorliegen haben. Glaubst du, ich habe Bock, jeden Tag meinen Hintern durch die halbe Stadt zu bewegen, nur weil du deinen Mist nicht gebacken kriegst?"
    "Wir kennen uns doch, Iunius. Du weißt, ich hab eine Genehmigung …"
    "Ich kenne fast jeden Händler, der hier einen fixen Stand hat. Trotzdem muss ich meine Arbeit machen."
    "Ich bitte dich, gib mir bis morgen", bat der Händler und zwang sich ein Lächeln auf die flehend dreinblickenden Züge, während seine Finger kratzend einen Denar über den Holztisch schoben.
    "Echt jetzt?" Avianus blickte erst unbeeindruckt zurück, schwankte innerlich aber hin und her. Nicht wegen des lausigen Denars. Er kannte den Händler tatsächlich. Nur hasste er es, Ausnahmen zu machen. Reichte man nur einmal den kleinen Finger, griffen sich die meisten gleich die ganze Hand. Schnaubend schnappte er sich schlussendlich mit einer wischenden Handbewegung das Silberstück vom Tresen. Wenn er im Grunde schon Überstunden machte, weitere Wege ging, weil er demnächst das dritte Mal bei ein und demselben Händler vorbeischaute, und unnötig Zeit verschwendete, dann bestimmt nicht gratis. "Bis morgen."
    Avianus wandte sich ab und marschierte davon, hintendrein seine Soldaten, und im Rücken vernahm er noch die dankenden Worte des Händlers.
    Und so wie er seine Augen und Ohren überall zu haben versuchte, registrierte er auch einen Jungen, der zusammen mit einem Mann am Rande des Geschehens stand. Heruntergekommen sah er nicht aus, aber auch nicht wie ein Kind übermäßig reicher Eltern. Aus dessen Mund hörte er im Vorbeigehen überraschend patriotische Worte und musste unwillkürlich lächeln. Und ob Rom das Imperium der Imperien war! Von dem Jungen blickte er zurück auf den Denar. Was soll's, er hatte die paar Kröten sowieso nicht nötig. Nach einem flüchtigen Schulterzucken warf er dem Jungen die Münze zu.
    "Schön gesagt, kleiner! Fang!"

  • Mitten in seiner kleinen Rede tauchten ein paar Urbaner auf, angeführt von einem Centurio. Erst nahm in Scipio gar nicht wirklich wahr, wozu auch? An ihm liefen in einer Minute duzende Menschen vorbei, selbst Soldaten waren keine Ausnahme. Nun, ein Centurio schon, die sah man eher selten, aber auch nichts besonderes.


    Doch plötzlich flog eine Münze auf ihn zu und der Centurio machte eine Bemerkung, er hatte wohl Scipio reden gehört. Schnell fing er die Münze, etwas ungeschickt, auf und erkannte dass es sich dabei um einen Denar handelte. Ein Denar war, selbst für einen Centurio, eine Menge Geld. Soweit Scipio wusste verdienten die Soldaten gerade einmal einen Denar pro Woche, vielleicht auch weniger. Er nickte kurz dem Griechen zu, machte zwei Schritte und rief dem Centurio nach


    "Centurio warte! Auch wenn dir meine Worte gefallen haben mögen, so mag ich doch kein Geld dafür haben. Ich mag zwar nicht besonders gekleidet sein, aber ich bin sicher nicht so arm und brauche das Geld."
    Tatsächlich hatte er selbst 2 Sesterzen dabei, aber das musste ja nun niemand wissen. Es war vielleicht sogar gar nicht so schlecht dass er nicht nach jemand aussah der Geld hatte, denn auch 2 Sesterzen konnten Grund genug sein dass man ihn überfiel.


    "Gib deinen Soldaten einen Wein aus. Hier, der Grieche, hat sicher einen guten Wein. Oder er kennt bestimmt jemanden, wo deine Soldaten für einen Denar einen guten Wein bekommen werden."
    Er konnte ja nicht ahnen dass Tolmides ein Lupanar besaß. Er stellte sich auch solche Herren anders vor, vor allem nicht so redegewandt.

  • Tolmides hörte sich die kleine Rede des kleinen Mannes an und wieder huschte ein flüchtiges Grinsen über sein Gesicht, auch diesem Burschen würde eines Tages klar werden was Wahrheit und Propaganda war, und dann müsste er sich entscheiden ob er diese hinterfragen würde oder nicht. Für Tolmides, nicht mehr in der Blüte seiner Jugend war die Wahrheit sowieso ein facettenreiches und biegsames Konstrukt welches immer mehrere Ebenen kannte, und er suchte natürlich stets die die sich zu seinem Gunsten wandte..
    Gerade als er dem Jungen noch eine Lektion fürs Leben mitgeben wollte, auch darüber dass es durchaus noch Decimi gab, entfernte, aus einem anderen Stamm oder eben gänzlich andere, erschien ein Centurio der Stadtwachen. Vorsicht war geboten, diese Burschen kannten nämlich auch immer mehrere Ebenen der Wahrheit und des Rechts, sodass Tolmides sich kurz notierte dass seine Bekanntschaft mit vielen einflussreichen Römern verwandt war, und wandte sich dem Centurio zu...
    "Nun in der Tat weiß ich das Centurio. Das Lupanar lubido et voluptas am Esquilin führt ausgezeichnete Weine und noch mehr." sagte er in einem vielsagenden Unterton und verhakte seine Hände ineinander...
    "Der junge Decimus wird sicher einmal ein guter Soldat Roms." befand der Grieche und schmeichelte damit beiden Gesprächspartnern gleichermaßen, auch wenn für ihn nicht die Soldaten im Mittelpunkt standen, diese waren nur Spielfiguren für die wirklich mächtigen, aber einen Draht zu den Decimern und einen Kontakt zu den Urbanern.. Möglichkeiten über Möglichkeiten.. Eventuell war es doch gut investierte Zeit.

  • Scipio beobachtete die Soldaten, die Aussicht auf etwas Wein hellte ihr Gemüt. Nun, wen konnte es verwundern? Es war ein warmer Tag und welcher Soldat konnte schon zu einem freien Becher Wein nein sagen?
    Während des Bürgerkrieges hatte solch ein Becher schon des öfteren geholfen sich die Soldaten etwas vom Leib zu halten, das hatte Scipio schnell gelernt. Manch einer würde es Korruption nennen, sicher auch Tolmides, aber er nennte das nur einen kleinen Dienst zu seinen Gunsten. Und außerdem schadete es nicht wenn man sich gut mit den Soldaten Roms stellte.


    Dann jedoch Tolmides zu und wurde rot. Dieser elende.... ein Lupanar! Sicher wollte er ihn dort auch haben, ein Jüngling der das erste mal in sein Lupanar geht, vermutlich am Ende noch ein Stammgast. Aber nein, nicht mit Scipio, zumal es sicher keines der sehr sauberen Lupanare war. Trotz allem war ihm das peinlich.


    "Ein Lu...pa...nar? Nun Centurio, ich dachte unser Tolmides hier hätte eine Taverne, an ein Lupanar habe ich natürlich nicht gedacht."


    Die Soldaten wiederum fingen an zu grinsen als das Wort Lupanar fiel. Auch das war kaum eine Überraschung.

  • Da schenkte man jemandem Geld und der wollte es gar nicht haben? Gut, ein Vermögen war es nicht, als Centurio verdiente er allein an einem Tag um ein Vielfaches mehr. Aber der Junge da hatte mit Sicherheit noch kein eigenes Einkommen und erst recht nicht seines.
    Gelassen blieb er stehen und musterte den Jungen noch einmal von oben bis unten. Ob dessen "Dankbarkeit" lächelte der Iunius erst mild und grinste erst recht, als er anscheinend lieber seinen Soldaten etwas Wein spendieren sollte, anstatt irgendwelchen Knirpsen Kröten zuzustecken. Klar, weil seine notgeile und chronisch durstige Truppe an Kindsköpfen es nötiger hatte ...
    "Wein also?", fragte er amüsiert zurück und seine Leute gleich darauf über die Schulter: "Das würde euch gefallen, oder?"
    "Ja, Centurio Iunius!", platzte es aus Maso, einem der Milites, heraus.
    Dass sich herausstellte, dass der Grieche statt einer Taverne ein Lupanar unterhielt, störte die Truppe Urbaner und ihren Centurio weniger. Nur bekam man dort für einen popeligen Denar praktisch nichts, erst recht nicht, wenn man ein ganzes Contubernium versorgt wissen wollte. Könnte ein verantwortungsvoller Offizier ihnen nämlich die Qual antun, nur mit einem Becher Wein ausgehungert zwischen vollbusigen Lupae zu sitzen, wenn sie nicht den Sold der letzten Wochen auf den Putz hauen wollten? Belustigt wegen seiner eigenen Gedankengänge zog er eine Braue in die Höhe. Die würden mehr ausgeben als nur den einen Denar, so viel stand fest - was ganz bestimmt auch das war, was der Grieche wollte. Avianus selbst hingegen zog es schon eine Weile nicht mehr in die Lupanare der Stadt. Weshalb auch, wo er doch das hübscheste Mädchen im eigenen Bett fand?
    Im Gegensatz zu dem vor sich hin stammelnden Decimus - wie er soeben erfahren hatte - blieb er gelassen.
    "Ich gehe davon aus, dass meinen Leuten ein Lupanar sogar noch besser gefallen würde ..."
    "Absolut, Centurio!"
    "... als eine einfache Taberna"
    , meinte er darufhin, "Aber solche Leistungen werden sie aus eigener Tasche bezahlen."
    Ob aus dem Decimus tatsächlich ein guter Soldat werden würde - oder überhaupt einer - würde sich noch zeigen, aber eines stand schonmal fest: "Ein Geschäftsmann wird jedenfalls nicht aus ihm." Möglicherweise aber auch eine Vestalin, so wie der kleine beim Thema Lupanare inzwischen rot angelaufen war.
    "Wie auch immer, behalt die Münze."

  • Ein Iunier also.... aber einer der ihn nicht für voll nahm. Dafür schien er aber zu wissen wie er seine Männer zu führen hatte. Ob dieser Iunier etwas mit dem Iunier zu tun hatte den Seiana an ihrer Seite hatte? Er sollte mal Serapio fragen, der würde sicherlich wissen wer dieser Iunier war. Die Chance dass es davon zwei gab die im Rang eines Centurios waren, das war doch sehr gering. Wobei, wieso warten?


    "Centurio Iunius? Mit welchem Centurio Iunius genau habe ich es denn nun zu tun?"


    Und dann, dann fasste er all seinen Mut zusammen. Noch vor wenigen Monaten wäre das was nun folgen würde für ihn eine Gefahr gewesen, ja vermutlich hätte er es mit dem Leben bezahlt, aber das spielte gerade keine Rolle. Erst kratzte der Grieche an seiner Ehre, nun dieser Iunier. Sein Kopf blieb rot, nun aber nicht mehr aus Scham.


    "Centurio Iunius glaub mir dass ich keine Almosen nötig habe. Du hast immerhin ein Mitglied der Gens Decima vor dir. Und ich denke ich muss nicht erwähnen dass wir hohes Ansehen genießen und das seit einigen Generationen. Ich mag vielleicht sehr jung sein, aber denke ja nicht dass ich es nötig habe von einem Centurio einen Denar zu erbetteln oder wie auch immer zu erhalten."


    Er fühlte sich besser, stark, zufrieden. Aber er war noch nicht fertig.
    "Und ich glaube kaum dass ein Centurio einschätzen kann ob aus einem jungen Mann ein guter Geschäftsmann wird. Dein Handwerk ist ein anderes und ich hoffe dass du zumindest gut darin bist einen guten Soldaten zu erkennen wenn du ihn siehst."


    Er musterte nun jeden einzelnen der Soldaten. Einige waren wirklich raue Burschen, kräftig. Aber da war auch einer dabei der ja beinahe noch schwächlicher wirkte wie er selbst.
    "Aber wenn ich den da so sehe hast du an diesem Tag wohl nicht aufgepasst. Er wirkt mir doch ein wenig schwächlich, wenn ich mir deine anderen Männer ansehe."


    So, das musste doch gesessen haben.
    Oder....?

  • Tolmides ahnte schon dass diese Konversation bergab gehen würde, schon als der junge Decimer den Mund öffnete wusste der Grieche dass dies auf eine Konfrontation hinauslaufen würde.
    Sowohl der Decimer als der Iunier waren interessante und mitunter nützliche Bekanntschaften sodass Tolmides versuchte die Wogen zu glätten und alle versöhnlich zurück in eine angenehme Atmosphäre zu führen..
    "Nun Centurio, auch der große Augustus soll erst in späteren Jahren zur wahren Größe gereift sein." merkte der Mann an und versuchte sich dann weiter am Balanceakt..
    "Ob nun Geschäftsmann oder Soldat, Iunier und Decimer sind recht einflussreiche Familien wenn ich dies so anmerken darf, geschichtsträchtig obendrein." formulierte er vorsichtig und fuhr fort, "Der junge Decimus hatte sicher nicht vor sich mit einer Patroullie der Urbaner und damit dem Kaiser sowie dem Praefectus Urbi, Decimus Livianus, persönlich anzulegen." törichter Bursche, aber mit einem lukrativen Namen, "Die erste Runde deiner Männer geht aufs Haus. Vielleicht möchte uns der junge Mann ja begleiten, die Taverne im unteren Stock ist gänzlich frei von... Anzüglichkeiten." er grinste und freute sich schon auf die sprudelnden Kassen durch Soldaten welche eventuell Stammkunden würden.

  • Humor war wohl echt Mangelware heutzutage, stellte der Iunier regelmäßig fest. Nur blöd, dass er seine blöden Witze dennoch in den seltensten Fällen für sich behielt. Dabei hatte er normalerweise gar nicht vor, irgendwen zu verärgern, und trotzdem passierte es ihm immer wieder, so wie heute.
    "Aulus Iunius Avianus, Sohn des Lucullus, Centurio der Centuria III, Cohors XII Urbana", antwortete er bereitwillig, "Wenn ich im Gegenzug erfahren dürfte, mit welchem Decimus ich es zu tun habe?" Der Name Decimus musste ja noch nichts heißen. Im Prinzip konnte sich jeder einfache Peregrinus, der sich das Bürgerrecht erarbeitete, Decimus nennen. Nicht jeder Decimus war also zwangsläufig mit dem Praefectus Urbi, dessen Sohn oder der Frau seines eigenen Cousins verwandt. So selbstbewusst, wie der Junge von seiner Gens sprach, befürchtete er aber, möglicherweise tatsächlich einen von den Decimern vor der Nase zu haben.
    Bevor er sich dann Tolmides zuwenden würde, wollte er aber erst noch dem jungen Decimer eine klitzekleine Lektion erteilen. So wie der eher schmächtige Villius, peinlich berührt am Vocale zupfend, zwischen seinen Kameraden stand, blieb Avianus ja gar nichts anderes übrig, als für seinen Miles eine Lanze zu brechen.
    "Du meinst unseren Miles Villius hier?", fragte er, behielt dabei sein Lächeln im Gesicht und setzte selbstsicher fort: "Nichts für ungut, aber erstens kann ich dir sagen: Ich bin es nicht, der entscheidet, wer tauglich ist und wer nicht. Ich suche mir meine Männer nicht aus, ich bin es nur, der sie ausbildet. Zweitens ist der Villius durchaus zäher als er aussieht. Dass er die Grundausbildung durchgestanden hat, ist dafür Beweis genug. Ein Soldat braucht kein muskelbepackter Riese zu sein. Masse und Kraft ist nicht alles, was einen römischen Soldaten ausmacht, sondern in erster Linie Disziplin und Loyalität."
    Nun, da er dieses Missverständnis aus der Welt geschafft glaubte, widmete er sich, zufrieden mit seinem kleinen Vortrag, dem Vorschlag des Griechen.
    "Eine Mittagspause?" Nach einem Vormittag voller Betriebskontrollen wären seine Soldaten sicher dankbar für eine kleine Pause. "Na gut. Und tatsächlich könntest du uns begleiten, dann haben wir alle etwas von dem Denar, und vielleicht haben wir dann die Gelegenheit, noch andere Missverständnisse zu bereinigen." Seine letzten Worte widmete er selbstverständlich dem Decimus.

  • Scipio bemerkte schon am Tonfall dass er sich wohl etwas zu sehr in die Offensive gewagt hatte. Und es schadete ihm sicher nicht, wenn er sich mit einem Centurio, dazu einem Iunier, gut stellen konnte. Rom war immerhin nicht eine kleine Provinzstadt, es schadete hier nicht ein paar gute Bekannte zu haben mit Einfluss.


    Er senkte kurz den Kopf und schaute wieder hoch
    "Nun Alus Iunius Avianus, ich glaube meine Worte waren etwas hart gewählt. Ich bin ein sehr stolzer Mensch und du hast durchaus an meiner Ehre gekratzt, wenn auch nur ein wenig. Um mich vorzustellen, mein Name ist Marcus Decimus Scipio, Sohn des Romanus, Enkel des berühmten Senators Meridius."


    Er musterte nun den milites und erkannte dass er unrecht hatte. Der Centurio hatte recht, es war nicht wichtig wieviele Muskeln einer hatte, entscheidend war wie er zu Rom stand. Und auch ob er fähig war seinen Dienst zu tun.
    "Loyalität zu Rom ist sicher das wichtigste was ein Soldat, alle Soldaten, verbindet. Auch wenn es damit noch vor nicht zu langer Zeit nicht weit her war. Vergib mir Miles Vilius, sollte ich dich gekränkt haben."


    Der Vorschlag des Griechen klang nicht so schlecht, Scipio hatte zwar keine Lust auf ein Lupanar und eigentlich hatte er auch nicht vor alleine in eine Taverne zu gehen. Aber mit dieser "Leibwache" fühlte er sich sicher genug, zumal er ja schon alles daran gesetzt hatte seine eigene Leibwache zurück zu lassen.
    "Nun Tolmides, dann zeig uns mal den Weg. Meine Kehle wird langsam trocken und wie es aussieht brauchen auch die milites und ihr Centurio eine Stärkung."

  • "Schön das wir alle wieder Freunde sind." merkte das griechische Schlitzohr an und freute sich als ausgerechnet der junge Decimer die Initiative ergriff, er breitete seine Arme aus und machte eine einladende Geste, "Es ist nicht allzu weit entfernt. Wenn die Herrschaften mir folgen würden." sagte er knapp und wandte sich von der Gruppe ab um voranzugehen wobei er sich nachdem er eben dies getan hatte ein kleines Grinsen nicht verkneifen konnte..
    Schnellen Schrittes führte er die Gruppe ins Lupanar lubido et voluptas.

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