Konversatorium zum Cursus Iuris

  • Kann man das nicht praxisbezogener auf das römische Recht beziehen? Der Codex Iuridicialis sollte demzufolge auch auf dem römischem Recht beruhen. Z.B. kannten die Römer keine Freiheitsstrafen. Auch die Unterschiede zwischen Patriziern und Pleibejiern sollten im Recht herausgestellt werden.


    Ansonsten hast du dir sehr viel Mühe gegeben. 3 Bienchen sind das mindeste. ;)

  • Bezüglich dem römischen Strafrecht hab ich hier schon was gesagt. Aber natürlich hast du recht. Der Cod Iur so wie wir ihn haben ist nicht besonders römisch, aber die Gesetze kann man ändern, die Systematik dahinter - und eigentlich um die geht es mir auch in der Vorlesung - ändert sich nicht.


    Im übrigen: Danke für die Lorbeeren.:) Ich bin gespannt, ob meine Schüler mich nach dieser Vorlesung und nach der Prüfung noch mögen. :D

  • Ganz sicher ebenso sehr wie vorher, verehrter Dozent.


    Sag, wirst Du auch noch auf die Schwierigkeiten eingehen, die lückenhafte Informationen für die Rechtsfindung bedeuten?
    Gerade Dein Beispiel wäre ja ein Gutes: „Gaius tötet Lucius in seiner Casa“
    Weder wissen wir, weshalb und wie Gaius besagten Lucius tötete, noch können wir anhand dieser Aussage genau bestimmen, wo die Tötung stattfand. In Gaius Casa, oder in Lucius’ Casa?
    Würde ich mit so einem Fall betraut, wie sollte ich da entscheiden ob hier ein Mord, ein Totschlag oder eine Körperverletzung vorliegt? Die Frage an Dich: Wie kann ich auf Basis eines solch knappen Sachverhaltes einen Tatbestand subsumieren? Bzw., wie behelfe ich mir in so einem Fall?

  • Ah, eine sehr gute Frage.


    Die Antwort ist hierzu sehr einfach, nämlich: man ermittelt.
    Ein solcher Satz, wie eben: Jemand ist getötet worden, erfährt man in aller Regel als erstes. Doch erst, wenn die Umstände zu einem Fall ermittelt wurden, kann man tatsächlich erst subsumieren.


    Doch ich warne gleich vorher: Nur selten kann man alle wirklich relevanten Umstände erfahren, am wenigsten erfährt man über das, was im Inneren des Täters vorgeht. Denn was er sagt vor Gericht und was er tatsächlich denkt sind zwei verschiedene Paar Caligae.


    Was tut man in so einer Situation? Nunja, man muß logische Schlüsse ziehen und nicht selten auch seiner Menschenkenntnis vertrauen.


    Ich werde auch noch in der Vorlesung drauf eingehen (wenn ich nicht vergesse).


    Ich hoffe, ich konnte deine Frage beantworten.

  • Teilweise, dafür danke.


    Ich frage auch deshalb, weil es zu meinen derzeitigen Aufgaben gehören kann, zu ermitteln. Das ist ja ein Grund mit, weshalb ich diese Vorlesung besuche. Denn um relevantes Material zu einem Sachverhalt sammeln zu können, muss man eine Ahnung haben, was relevant ist.


    Doch was tut man, wenn man nur unzureichende Informationen zusammen bekommt. Folgt daraus immer ein Freispruch aus Mangel an Beweisen?
    In unserem Beispiel ist das ja nicht möglich, denn fest steht ja, dass Gaius den Lucius umgebracht hat und das muss bestraft werden. Wenn wir also nicht mehr als das wissen, müssen wir dann automatisch von der für ihn günstigsten Annahme ausgehen, nämlich das es Totschlag war?

  • Man sollte auch prüfen, ob der Lucius dem Gaius oder einem Angehörigen seiner Famile die Ehre verletzte.
    Auch ist zu prüfen, ob der Lucius ein Sklave oder ein Freigelassener des Vaters des Gaius war. Im ersteren Fall wäre der Gaius unschuldig, im zweitem Fall würde es strafmildernd sein.
    Auch könnte die Frau des Gaius mit dem Lucius Ehebruch begangen haben.
    Das augustische Ehebruchsgesetz hat hier ausdrücklich vorgesehen, daß der durch Ehebruch Geschädigte den Schädiger zwanzig Stunden festhalten kann, wenn er ihn nicht auf der Stelle töten konnte oder wollte. Zudem ist in dem Falle, wo eine Tötung bei Ehebruch straffrei bleibt, auch jedwede Mißhandlung gestattet. Hätte der Gaius allerdings den Lucius in der Nacht ohne den voraus gegangenen Ehebruch mit ins Ehebett genommen und ihn dort zu homosexuellen Handlungen genötigt, hätte eine harte Strafe für Beide verhängt können. Der Gaius hätte den Ehebrecher noch bis zu sechzig Tage nach dem Ehebruch anzeigen können, während die Frist für Außenstehende ganze sechs Monate betrug. Die für Ehebruch verhängte Strafe waren in der Regel die Verbannung und teilweise Konfiszierung des Vermögens der honestiores.
    In diesem Falle wäre Gaius wieder unschuldig zu sprechen.


    Handelte Gaius in Notwehr,oder stand einem Bedrängtem bei und tötete den Lucius so ist er auch hier unschuldig.


    Schuldig wäre er allerdings, wenn er aus niederen Motiven heraus, wie z.B. das Begehren der Ehefrau des Lucius, Raub etc.pp den Mord verübte.

  • Ich werf mal eine andere Frage in den Raum.


    Hat Gaius Lucius wirklich getötet oder war es eventuell ein Sklave von ihm. So wäre dann zu klären wie sich hier der Sachverhalt darstellt.
    Dann würde Gaius nur eine Strafe für Anstiftung zum Mord bekommen oder würde er gar freigesprochen da der Sklave es tat und Gaius davon gar nichts wußte?

    Pater Familias der Gens Germanica


    Academicus Milititaris Cursus Numero II

  • Zitat

    Original von Traianus Germanicus Sedulus
    Ich werf mal eine andere Frage in den Raum.


    Hat Gaius Lucius wirklich getötet oder war es eventuell ein Sklave von ihm. So wäre dann zu klären wie sich hier der Sachverhalt darstellt.
    Dann würde Gaius nur eine Strafe für Anstiftung zum Mord bekommen oder würde er gar freigesprochen da der Sklave es tat und Gaius davon gar nichts wußte?


    Wußte Gaius von dem Mord des Sklaven an dem Lucius, so wird er gerichtet, als wenn er selber den Mord ausübte. (der Sklave nat. auch ;))


    Stellt sich während der Untersuchung heraus, daß der Gaius von dem heimtückischem Mord seines Sklaven nichts wußte, liegt die Strafe für den Gaius im Ermessen des Gerichtes. Der Sklave wird in beiden Fällen ans Kreuz geschlagen.
    Wäre Gaius Pleibejier (und kein neupatrizischer Emporkömmling), wäre er höchstwahrscheinlich in beiden Fällen zu Zwangsarbeit als Unfreier verurteilt worden.
    Wäre Gaius Patrizier, würde wahrscheinlich im ersteren Fall die Verbannung erfolgen und im Zweiterem Freispruch.
    (Wobei nat. die Fragen ob der Schuld immer vorher geprüft werden müssen.)

  • Zitat

    Original von Decius Germanicus Corvus
    Wie kann ich auf Basis eines solch knappen Sachverhaltes einen Tatbestand subsumieren? Bzw., wie behelfe ich mir in so einem Fall?


    Ähem, ich traue mich mal.


    Ganz allgemein: Gibt’s keine Zeugen, bleibt eigentlich nur die Tatortanalyse. Hast du das oder eine Befragung mit „ermitteln“ gemeint, Hungaricus? Mir ist nur völlig unklar, wie man die Tatortanalyse hier im IR umsetzen könnte. ;)


    Also nachsehen, in welche Richtung die Blutspitzer flogen, in welche Richtung das Messer in den Körper eintrat, war’s ein Raubüberfall müsste man aufgerissene Schubladen finden, war’s ein Verbrechen aus Leidenschaft, würde das Opfer nicht nur mit einer sondern mit vielen Verletzungen vorzufinden sein, gab es Kampfspuren, muss das Opfer wach gewesen sein, lag es im unzerwühlten Bett, dann muss es geschlafen haben. Dazu müsste der Täter auf normale Weise in die Casa gekommen sein, also Schlussfolgerung ein Bekannter oder Freund.
    Also wenn man will, kann man wirklich reichlich Schlüsse aus allem ziehen, welche dann wiederum klären, ob es Notwehr, Totschlag oder Mord war.


    Sim-Off:

    Das war jetzt eine ganz unrömische Antwort. :) Vielleicht bietet sich Deandra demnächst ja der Schola als freie Mitarbeiterin an. :D Ich kenne mich damit nämlich aus. ;)

  • Interessant, was da für Einwürfe kommen...


    Mit Ermitteln meine ich beides: sowohl Tatortanalyse als auch Befragung.


    Warum steht fest, daß wir Gaius bestrafen müssen, weil er Lucius getötet hat? Was ist, wenn er in Notwehr gehandelt hat? In diesem Fall nämlich ist er straffrei. Aber dazu komm ich noch in der Vorlesung.

  • Hmmm entweder ist der Cursus so schwer, daß niemand versteht, was ich sage, oder er ist so leicht, daß niemand Fragen hat...


    Vielleicht sollte ich die Schwierigkeitsstufe erhöhen und damit das Interesse am Conversatorium: Wenn jemand in - seiner - Prüfungszeit eine Frage im Conversatorium stellt, die mit seinem Sachverhalt direkt zu tun hat, wird er vom Cursus ausgeschlossen.


    So, ich hoffe, daß ich jetzt nicht ausgebuht werde...:D

  • Sim-Off:

    Ich persönlich werde sobald der Kurs fertig ist (oder ich Lust hab das stückweise zu machen) alles ausdrucken und mit Leuchtstift und so bearbeiten. Vielleicht versteh ich dann was ;)

    QUAESTOR CONSULUM
    DIRECTIVUS SCHOLAE ATHENIENSIS PHOEBI APOLLONIS DIVINIS

  • Also ich habe mir auch vorgenommen, das auszudrucken und zu bearbeiten, denn es ist auch für mich Akademiker ziemlich kompliziert, aber das liegt vermutlich an der Materie, nicht an Hungaricus.

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    CIVIS

    SODALIS FACTIO ALBATA - FACTIO ALBATA

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