[VESTIBULUM] Der Empfangssaal

  • VESTIBULUM
    DER EMPFANGSSAAL


    Das Vestibulum des Atrium Vestae ist ein großer Raum, der zwischen der Porta und dem Peristylium liegt. Der komplett überdachte Raum besitzt sechs Fenster nach außen, zwei nach Norden, zwei zum Süden hin. Dies sorgt dafür, dass der Raum immer gut belichtet ist. Der Boden wird von einem reichen Mosaik verziert. Der Raum ist sehr hoch und besitzt eine gewölbte Decke, die luxuriös bemalt ist. Hier können Vestalinnen ihre Gäste empfangen.

  • Bei der Kline angekommen, lastete noch immer Milichas Blick auf sie. Romana bedeutete Serrana, sich zu setzen oder auch hinzulegen und zu beginnen. Doch genau in der Sekunde, als sie sich selber hinlegen wollte, hörte sie ein Knarren von hinten. Es war Milicha. Sie sprach Romana an – und zwar nicht auf Latein, sondern auf etruskisch, der alten Sprache Etruriens, die heutzutage kaum einer noch konnte. Für Lateinsprecher hörte sich Etruskisch vermutlich an wie ein sinnloses Zusammenreihen von Konsonanten, voller lispelnder und gutturaler Laute. Milichas norditalisches Etruskisch hörte sich ratternd, abgehackt, kantig an. “Was ist das für eine? Warum hast du sie reingeführt?“ Romana seufzte, machte eine entschuldigende Geste zu Serrana hin und wandte sich um. “Das ist Iunia Serrana, eine Freundin, die geistigen Beistand braucht.“ Ihr Etruskisch war das des etrurischen Kernlandes – es klang etwas weicher, melodiöser als Milichas Art zu reden, vielleicht auch etwas knödelnd. “Und das braucht sie hier, in unseren heiligen Hallen?“ “Ja, hier. Findest du diesen Raum nicht beruhigend, die Präsenz unserer Göttin?“ “Wenn du meinst.“ Ihre Worte klangen etwas zischend, um so mehr in der vokalarmen alten etrurischen Sprache. Romana seufzte abermals und wandte sich Serrana zu. “Verzeih. Also?“

  • Was für ein wundervoller Raum! Hätte sie selbst sich in diesem Moment nicht so ungemein elend und alles andere als erhaben gefühlt, dann hätte Serrana es vermutlich wesentlich mehr genossen, ihren Fuß in das Vestibulum der ehrwürdigen Vestalinnen setzen zu dürfen. So ging ihr Blick nur kurz über die großen Fenster und blieb für ein paar Sekunden auf dem prachtvollen Bodenmosaik hängen, während Serrana selbst sich auf den Rand der angebotenen Kline setzte. Und als wäre sie nicht schon nervös genug, begann jetzt auch noch die alte Vestalin herumzuzetern. Die Iunia verstand zwar kein einziges Wort von der Unterhaltung der beiden Sacerdotes, aber der schnarrende Tonfall der Älteren war ja eindeutig genug. Serrana folgte dem kurzen Gespräch mit einer Mischung aus Faszination und Unbehagen und zuckte leicht zusammen, als Romana sich dann wieder ihr zuwandte. Kurz sah sie die Claudia an und starrte dann auf ihre Hände, die sie reichlich verkrampft in ihren Schoß gelegt hatte. Wo sollte sie denn jetzt nur anfangen? Ganz am Anfang? Nein, schließlich wollte sie Romana für deren Geduld nicht auch noch mit endlosen Familiengeschichten langweilen. Serrana überlegte einen kurzen Moment fieberhaft hin und her, suchte verzweifelt nach einer geeigneten Einleitung um schließlich genau das auszusprechen, das jetzt schon seit etlichen Tagen ihr gesamtes Denken und Fühlen beherrschte.


    "Ich...ich...ähm...ich hab Angst, dass ich bald sterben werde.

  • Serrana schien mehr als nur irritiert über die Konversation zwischen Romana und Milicha. Sie beschloss aber wohl, nicht nachzufragen, was die beiden gesagt hatten. Es erschien Romana nicht einmal so, dass sie sich enorm wunderte, dass Romana die Sprache beherrschte, und sich auch nicht fargte, was das für eine Sprache war. Nun ja, vermutlich hatte Romana es ihr irgendwann gesagt, und es dann vergessen. Das konnte den Besten passieren.


    Es war jetzt also alles geklärt, zumindest mit Milicha, die noch immer etwas unglücklich war, aber keinen Gast einer Vestalin aus dem Vestibulum rauswerfen wollte. So konnte nun Romana sich das anhören, was Serrana zu sagen hatte. Die Mitteilung war kurz, aber unverhofft. In ihrem Gehirn arbeitete es. Was sollte sie antworten? Sie schien kurz in sich reinzuhorchen, während sie Serrana ungläubig anstarrte.


    Die Verständnisvolle würde sagen: Ach komm, es wird doch nicht so schlimm sein. Beruhige dich erst mal.
    Die Zynische würde sagen: Das tun wird doch alle irgendwann einmal.
    Der Witzbold würde sagen: Hast du was geraucht?
    Die Erschrockene würde sagen: Um Himmels Willen, warum dies?
    Die Zweiflerin würde sagen: Das bildest du dir doch nur ein.
    Die Schweigerin würde nur ihre Stirn runzeln.
    Die Philosophin würde sagen: Das ist nun einmal eine interessante Feststellung.
    Die Dumme würde starren und nur eines sagen: Höh?


    Es sprach wohl nicht gerade für Romana, dass sie nach ihrem Starren nur ein “Höh?“ hervorbrachte.

  • Höh? Serrana kannte natürlich besagte Liste nicht, aber unterbewusst hatte sie schon mit einer Reaktion irgendwo zwischen verständnisvoll, erschrocken und zweifelnd gerechnet. 'Höh' traf diese Erwartung nicht ganz und zwang die Iunia zudem, die Sache unmissverständlich auf den Punkt zu bringen, etwas, was der immer ein wenig ausweichenden und zaudernden Serrana so gar nicht lag. Vielleicht hatte sie in ihrem Innersten gehofft, die von Vesta geleitete Romana würde ihr das Problem ungefragt an der Nasenspitze ansehen und sie im Handumdrehen mit dem passenden Segen von ihren Nöten erlösen, aber ganz so einfach gestaltete es sich dann leider doch nicht.


    "Ich bin nicht krank, das ist es nicht..." sagte sie schnell, da diese Vermutung für einen Aussenstehenden vermutlich am naheliegendsten war. "Ich...ähm...es ist schwer, dass zu erklären, weil ich bislang noch mit niemandem darüber gesprochen habe..." Angestrengt zupfte sie an ihren Fingern herum und wich dabei, so gut es ging, Romanas Blick aus. "Also....ähm...ich bin schwanger, glaub ich zumindest..." Eigentlich wollte sie ja noch weiterreden, aber der Umstand, dass sie gerade zum ersten Mal nicht nur laut ausgesprochen, sondern auch sich selbst eingestanden hatte, was sie bereits seit etlichen Tagen mit zunehmender Sicherheit vermutete, führte dazu, dass Serrana jetzt erstmal ein paar mal tief ein- und ausatmen musste.

  • Vielleicht tut es an dieser Stelle Not, Romana für ihre fehlende Eloquenz zu rechtfertigen. Wer würde denn sofort die passenden Worte auf dem Servierteller bereit halten, wenn eine Freundin einfach hereinschneit und ihren imminenten Tod ankündigt? Romana starrte noch immer, ganz sonderbar, bis Serrana endlich zu sprechen begann.


    Sie ließ sie ausreden, wieso auch nicht? Die Claudia hätte ohnehin kein Wort herausgebracht. Und dann, endlich, war es heraus. Das Wort schwanger. Sie war schwanger, von Sedulus. Ihrem Ehemann, setzte eine boshafte kleine Stimme in ihrem Kopf hinzu. Das verständnislose Starren wich einem Gesichtsausdruck, den für gewöhnlich Pudel (sofern es damals schon solche gab) hatten, nachdem man ihnen unvermittelt einen Kübel Wasser über den Kopf geschüttet hatte. “Oh.“ Jawohl, Romi, oh, keifte die gehässige Stimme von gerade eben weiter, oh, du kriegst jetzt richtig alles hineingerieben, was dich je an deinem Beruf gestört hatte. Nie wirst du Mutter werden, im Gegensatz zu allen anderen. Nie wirst du einen Mann heiraten können, der dich liebt, mit dem du Kinder haben kannst, und schon gar nicht Sedulus, denn die Frau, die ihn dir weggeschnappt hat, steht jetzt vor dir und vertraut dir ihre Schwangerschaft an!


    Mit einem energischen Kopfschütteln brachte sie die Stimme in ihrem Kopf zu verstummen. Serrana kann nichts für deine kleinen Problemchen, die andere gerne hätten, schimpfte eine zweite Stimme in ihr, eine überlegtere, eine vernünftigere. Romana atmete tief ein und blickte dann Serrana an.


    “Weißt du das? Hast du dich schon von einem Arzt untersuchen lassen?“ Wohl nicht, glauben hieß nämlich nichts wissen. “Und selbst wenn du schwanger bist, wieso glaubst du, dass du daran sterben wirst?“ Ihre Fragen klangen noch immer ziemlich verwundert, ein wenig inquisitiv wohl.

  • Da Serrana nach wie vor angestrengt auf ihre Finger starrte und es vermied, Romana direkt anzusehen, entging ihr deren doch mehr als betroffener Gesichtsaudruck. Letzten Endes kam das dem ohnehin schon mehr als angeschlagenen Seelenfrieden der Iunia zu Gute, denn sie hätte jede negative Reaktion automatisch als Bestätigung ihrer eigenen Ängste und Vorahnungen gewertet.


    "Nein, bislang hab ich noch mit niemandem darüber gesprochen, auch nicht mit einem Arzt." Sie schüttelte den Kopf, während eine verlegene Röte langsam ihr Gesicht überzog. "Ich..ähm...hab die ganze Zeit gehofft, dass ich mich irre, und dass, wenn ich lange genug warte...nun ja...aber es ist nicht passiert" Götter, war das schwer, über diese intimen Dinge zu sprechen und noch dazu in Gegenwart einer Vestalin, die weit über all dem schwebte. Ein Grund mehr, Romana dafür dankbar zu sein, dass sie soviel Zeit und Geduld für sie aufbrachte. Serrana warf einen verstohlenen Blick zu Romana hinüber und atmete innerlich auf, denn ihre Freundin wirkte zwar immer noch ein wenig zurückhaltend (was bei einem solchem Thema auch kein Wunder war) aber nicht unwillig oder ablehnend. Was auch gut so war, denn sonst hätte Serrana sich vermutlich nicht überwunden, auch die zweite Frage zu beantworten. "Es ist so, dass....also meine Mutter, die ist bei der Geburt meines Bruders gestorben, und ich war dabei, und es war ganz furchtbar..."Serrana spürte, wie ihre Stimme immer zittriger wurde und atmete erneut ein paar mal ein und aus. "Ich hab deswegen häufig Albträume, und jetzt, wo....also jetzt hab ich Angst, dass es bei mir genauso sein wird." Es kostete sie einiges an Überwindung, doch dann schaffte sie es doch endlich, Romana in die Augen zu sehen, während sie weitersprach. "Romana, ich weiß ja, dass das albern ist, aber ich kann einfach nichts dagegen tun. Ich schäme mich so furchtbar..."

  • Irgendwie schien Serrana sie nicht anzblicken. Scham? Nein, sie wusste doch nicht einmal etwas von... na eben von der Sache, die Romana schon längst vergessen hätte sollen! Vielleicht würde sie einmal der Vesta im Privaten opfern, mit einer Bitte um eine geistige Katharsis.


    Es verwunderte Romana, dass gerade sie es war, über die Serrana als allererstes über ihre vermutete Schwangerschaft war. Schließlich war sie ziemlich genau so ziemlich am wenigsten dafür qualifiziert von allen im Umkreis von Serrana, fundiertes Wissen darob zu zeigen. Doch es rührte sie irgendwie, dass Serrana deswegen gekommen war. Es zeigte ihr, dass sie nicht egal war. Dass es auch ein Leben nach Calvena gab. Dass sie nach wie vor geschätzt wurde. Das war etwas, was man nicht verbauen sollte, indem man sich nicht benahm wie eine echte Freundin.


    “Aber du bist dir trotzdem sicher...“, meinte Romana also einfühlsam, fast schön mütterlich. “Hmm.“ Es war natürlich eine ganz eigene Situation für ein so junges Mädchen wie Serrana. In diesem Alter schon die enorme Verantwortung zu tragen, schwanger zu sein, das musste ein schweres Gewicht sein, das auf ihrer Schulter lastete. Tatsächlich, wenn Romana erst einmal ihren Anteil an Frust, dass sie selber nie Kinder zur Welt bringen würde, überwunden hatte, war sie imstande, das Problem ohne falsche Prüderie oder Schamhaftigkeit anzugehen.


    Was Serrana bekümmerte, das wurde Romana aber erst jetzt klar, als die Iunia es aussprach. “Hmm“, wiederholte sie, und suchte sich innerlich nach passenden Worten für Serrana ab. Das Problem war, dies war nun das erste Mal, dass sie mit einer solchen Situation konfrontiert war. “Äh.“ Sie umfasste mit der linken Hand gedankenlos eine ihrer herunterbaumelnden Locken, umzwirbelte sie und ließ sie wieder wie eine Feder zurück in ihre ursprüngliche Form springen. Zeitgewinnung.


    “Das tut mir sehr Leid. Wegen deiner Mutter. Das muss schrecklich gewesen sein... meine Mutter ist gestorben an einem Unfall. Immerhin habe ich das nicht ansehen müssen.“ Die Erinnerung an ihre Mutter war verblasst, vage, schwach. Sie war ohnehin immer ein Vatertöchterchen gewesen, solange sie sich zurückerinnern konnte. Die Erwähnung der Albträume zeichneten das Bild von Serrana, wie sie sich bot, noch viel schlimmer.


    “Ach, Serrana...“ In Ermangelung von Worten breitete sie ihre Arme aus und umarmte still die Iunia, während sie ihr Hirn noch immer nach passenden Worten durchforstete.

  • Ob sie sich sicher war? Nein, hundertprozentig war sie das nicht, aber mit jedem Tag der verging, wurden die möglichen Alternativen unwahrscheinlicher. Serrana schüttelte erneut den Kopf, während Romanas Handbewegungen beobachtete und wunderte sich selbst, dass sie in einer solchen Situation so etwas wie Neid auf die schönen Naturlocken der Vestalin empfinden konnte. Ihr eigenes Haar war immer schon glatt gewesen, und es kostete stets Unmengen an Zeit, ein paar Locken in ihre Frisur zu zaubern.


    "Naja, ganz sicher bin ich mir nicht." antwortete sie dann und die Röte vertiefte sich noch ein bisschen mehr."Aber ich... ähm..hätte schon vor über einem Monat bluten müssen, und da kommt einfach nichts." Serrana biss sich kurz auf die Lippen und in dem Blick, mit dem sie Romana ansah, glomm noch einmal ein kleines bisschen Hoffnung auf. "Oder meinst du, es könnte doch etwas anderes bedeuten?"


    Serranas Selbstbeherrschung, die meistens ohnehin nur auf tönernen Füßen stand, geriet massiv ins Wanken, als Romana ihr Mitgefühl kundtat, dann wurde ihr wieder einmal bewusst, dass auch die Familiengeschichten der anderen nicht frei von Tragödien waren. "Ein Unfall? Was denn für ein Unfall?" fragte sie denn auch ziemlich betroffen, doch dann öffnete Romana ihre Arme, und die Iunia versank förmlich in einer Umarmung aus weichem, weissen Stoff. Kein Lachen, keine ungläubigen oder missbillgenden Äusserungen oder Fragen, einfach nur Wärme. Serrana rückte instinktiv so eng wie möglich an die viel größere Vestalin heran, wie sie es vor etlichen Jahren vermutlich auch bei ihrer Mutter gemacht hatte, schlang ihrerseits die Arme um sie und genoss mit geschlossenen Augen das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit, das Romana ihr so unerwartet bot, und das Serrana, zumindest für den Augenblick, gegen alles andere abschirmte.

  • Wie tiefrot Serrana anlaufen konnte, wunderte sich Romana fast nebenher. Es tat ihr fast Leid, dass sie deswegen nachbohrte, doch es musste sein, zumindest dachte sich die resche Patrizierin das selber. “Seit einem Monat also...“ Serrana hätte sich wahrlich eine bessere Beraterin in diesen Dingen aussuchen können als Romana, welche ja einen Schwur zur Keuschheit abgelegt hatte. Die Regel hatte sie selbst, aber noch nie war etwas unregelmäßig dabei gewesen, und selbst mochte sie auch nicht darüber reden. Ein Monat war sogar ein relativ normaler Zyklus, das bedeutete wohl also, dass sie, wenn sie recht hatte, schon seit geraumer Zeit schwanger sein musste. “Hast du denn sonst etwas verspürt? Überlkeit? Lust auf ganz komische Sachen zum Essen?“, bediente sie sich in Ermangelung besserer Ideen oder irgendeiner Erfahrung mehr oder minder wahre Klischees, die sie irgendwann einmal aufgeschnappt hatte. “Ich habe keine Ahnung, ich bin keine Medizinerin.“ Wie sollte sie das auch sein? Sie war ja keine Superfrau, dass sie alles wissen konnte.


    Romanas Gesichtsausdruck wandelte sich ein wenig, als Serrana sie nach dem Unfall fragte, an dem ihre Mutter starb. Er wechselte zu einem leicht traurigen Blick, den man sich von der Vestalin, deren Heiterkeit so unerschütterlich manchmal wirken mochte, eher weniger oft sah. “Es ist schon Jahre her. Ich war damals noch klein. Ein Kutscher hatte die Kontrolle über seinen Wagen verloren... und hat sie überfahren...“ Sie schüttelte kurz ihren Kopf, als wollte sie das ganze abschütteln. “Es ist etwas, was einem überall passieren kann, jederzeit. Wie auch der Tod, an dem deine Mutter starb.“ Mir nicht, vermerkte sie in ihrem Hirn, mit einer Selbstzufriedenheit, die sie selber überraschte, die sie aber nicht nach draußen durchdringen ließ.


    Eng umschlungen war sie nun mit Serrana, und Romana streichelte über den Rücken der (zumindest aus ihrer Position aus gesehenen) kleinen Iunia, doch tröstende Worte kamen noch immer nicht. Sosehr sie sich auch einen Gedankenblitz wünschte, der ihr die passenden Worten in den Mund legte... das hier war eine sehr komplizierte Sache.


    Vielleicht ging sie es nur falsch an, dachte sich Romana, die in ihrer wie üblich sehr pragmatischen, fast hemdsärmeligen Art versucht hatte, eine greifbare Lösung für Serrana zu finden. Allerdings gab es keine solche. Es blieb nur, ihrer Freundin weiterhin etwas Geborgenheit und Freundschaft zu schenken, dachte sie, Serrana nicht loslassend.

  • Einen Moment lang runzelte Serrana die Stirn, dann schüttelte sie den Kopf. "Nein, sonst ist da eigentlich nichts Ungewöhnliches. Naja, ich hab in letzter Zeit sehr wenig Appetit, aber das liegt vielleicht auch an dem ungewohnten Essen." Schäm dich, das Essen im Haus deines Ehemannes in der Öffentlichkeit schlecht zu machen, mahnte sofort ihr schlechtes Gewissen an, doch Serrana war noch immer zu sehr auf der Suche nach einem Schlupfloch, als dass diese innere Stimme sie wirklich erreicht hätte. Auch Romanas nächste Bemerkung sickerte erst mit einiger Verspätung durch und sorgte dafür, dass sich die beeindruckende Gesichtsfarbe der Iunia noch ein wenig länger hielt. "Oh nein, natürlich nicht. Als Dienerin der Vesta hast du mit solchen Dingen ja auch nicht viel zu tun." Ob eine solche Priesterschaft nicht vielleicht doch auch etwas für sie selbst gewesen wäre? dachte Serrana kurz, bevor sie erneut das schlechte Gewissen packte. Was bist du nur für eine Ehefrau, die sich nach wenigen Wochen Ehe schon Gedanken über die Vorzüge ewiger Keuschheit macht! Gut, dass Sedulus von diesem Gespräch und vor allem von ihren Gedanken nichts mitbekam, er würde sich zweifellos fragen, ob er die richtige Frau geehelicht hatte. Da dachte sie doch sogar lieber über den Tod von Romanas Mutter nach, auch wenn dieses Thema ausgesprochen bedrückend war. "Das ist so traurig." bekam sie noch heraus, bevor sie in Romanas Umarmung versank. Wie lange die beiden jungen Frauen so engumschlungen sitzen blieben, hätte Serrana im nachhinein nicht sagen können. Es tat einfach unendlich gut, von jemandem gehalten zu werden, der nichts von einem erwartete. Auch in Sedulus Armen fühlte Serrana sich geborgen und sicher, trotzdem machte sie sich selbst in solchen Augenblicken ständig Gedanken darüber, ob sie auch schön, aufregend und unterhaltsam genug für ihren Ehemann war. Serrana seufzte leise und drückte ihr Gesicht in den Stoff von Romanas Vestalinnengewand. Allein die Tatsache, sich endlich einem anderen Menschen offenbart zu haben und offen über ihre Angst gesprochen zu haben, nahm dieser schon ein wenig den Schrecken und Romanas Umarmung tat ein übriges, so dass Serrana allmählich ruhiger wurde und sich ziemlich widerwillig soweit von ihrer Freundin löste, dass sie diese ansehen konnte. "Das ist ja das Schlimme, dass ich vor etwas Angst habe, dass jeden Tag passieren kann. Das macht die Angst irgendwie noch armseliger. Und weißt du...." Serrana schob sich eine gelöste Haarsträhne zurück hinters Ohr, bevor sie auch diese Hand wieder um Romana legte, "ich schäme mich fast, meinen Dienst im Tempel zu tun. Schließlich hat Iuno doch unser Opfer bei der Hochzeit angenommen, und trotzdem reicht mein Vertrauen in die Götter nicht aus, um diese elende Angst zu besiegen. Wie kann ich eine gute Priesterin sein, wenn ich selbst nicht genug Glauben besitze?"

  • Die Claudia runzelte ihre Stirn leicht. “Ungewohntes Essen?“ Kurios – war ein so großer Unterschied zwischen dem Essen bei den Iuniern und den Germanicern? Sie kannte das Essen eigentlich nur von der Villa Claudia (purer Luxus) und dem Atrium Vestae (auch purer Luxus, aber auf Staatskosten). Aber es war gut möglich, dass bei den Germanicern was Dubioses im Essen war – schließlich hatte sie nach dem Festmahl bei der Fontinalia auch den Dünnpfiff gekriegt! Etwas, was sie natürlich nicht öffentlich herumposaunte, ausschließlich Arvinia wusste davon, und diese würde es sicher nicht herumplappern. Ach, Arvinia, sie hatte Romana auch schon einige Zeit nicht mehr gesehen! Aber nur hatte sie immer wieder das unangenehme Gefühl, Avarus wusste, wer die Sauerei an der Latrine veranstaltet hatte, durch eine eigenartige Fähigkeit, Gedanken zu lesen... ach, welch Unsinn. So nickte sie nur verständnisvoll.


    “Nicht viel zu tun? Jaaaa... so könnte man es nennen...“ Sie versuchte sich an einem kurzen Lächeln. Kinder kriegen, wie das bloß war... wie es sich anfühlen musste, schwanger zu sein. Sicher war es ein schönes Gefühl, das Leben im eigenen Bauch heranwachsen zu spüren. Und das Kinder Machen an sich war sicherlich auch nicht zu verachten!


    Sie sagte nichts mehr zum Tod ihrer Mutter, sondern dachte nur, eng an Serrana geschmiegt, kurz an sie. Obwohl es schon lange her war, konnte sie sich noch gut an ihre Mutter, Manlia Grata, erinnern. Sie war dankbar dafür, dass sie den verstümmelten Fleischbrocken, der ihre Mutter gewesen war, nach dem Unfall nicht zu Gesicht bekommen hatte – man hatte ihr nur vage Andeutungen gemacht, die aber genug gewesen waren für sie, um sich ein Bild zu machen. Es kam ihr auch vor, als wäre Vater nach ihrem Tod ein anderer Mensch geworden – zurückgezogen, wortkarg, kränklich anmutend. Vielleicht war es aber auch nur die Heirat mit Ofella, die ihn so angeschlagen hatte... vielleicht war diese Umarmung nicht nur für Serrana, sondern auch für sie. Der Gedanke an ihre Mutter hatte doch das Bedürftnis in ihr ausgelöst nach etwas körperlicher Nähe.


    Irgendwann lösten sie sich wieder voneinander, und Romana hörte Serrana zu. Sie seufzte. “Kennst du die Geschichte vom Mann, der starb? Nein? Eines Tages bekam er vom Orakel in Cumae eine unmissverständliche Prophezeihung – sein Tod würde an den Nonen des Martis kommen. Tief verstört kehrte er nach Rom zurück. An den Nonen des Martis beschloss er, daheim zu bleiben, er beschloss, nichts würde ihm passieren können, wenn er einfach im Bett bliebe. Er blieb also in seine Decke eingemummelt, in der Hoffnung, es würde schon nichts passieren, wenn er das Haus nicht verließe. Und... die Decke stürzte über ihm zusammen und erschlug ihn.“ Sie zuckte die Schultern und lächelte vage. “Du kannst dir nicht aussuchen, wann dir die Parzen zugedacht haben, zu sterben. Dein Lebensfaden hat eine gewisse Länge. Wenn er bei der Geburt, die du vor dir hast, zu Ende ist, dann ist es mit dir zu Ende. Dein Leben würde dann auch vorbei sein, wenn du nie schwanger geworden wärst. Es ist einfach das Schicksal. Wir können nichts daran ändern, nichts. Also sehe es ruhig, gelassen, ohne Furcht. Was kommt, das kommt.“ Sie blickte Serrana mit ruhigen Augen an, schlug jene dann hernieder, presste kurz die Lippen zusammen, als würde sie überlegen, bevor sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht zeigte.


    “Ich habe eine Idee, wie deine quälende Ungewissheit erleichtert werden könnte. Wir können herausfinden, wie es aussehen wird mit dir – ich bräuchte dazu ein Lamm.“

  • Serrana, die bei der Frage nach der Geschichte automatisch den Kopf geschüttelt hatte, hing während Romanas Erzählung wie gebannt an deren Lippen und musste bei dem drastischen Ende schlucken, bevor sie schließlich nickte. Natürlich wären ihr in dieser Situation aufbauende Worte und die Versicherung, dass schon alles gut gehen würde, lieber gewesen. Aber im Grunde war es auch Serrana klar, dass selbst Romana, Vestalin hin oder her, ihr eine solche nicht geben konnte. Ganz abgesehen davon, dass es für die Claudia sprach, dass sie nicht den für sie beide vermutlich angenehmeren Weg wählte, sondern ihre Freundin mit der unangenehmen Wahrheit konfrontierte und sie dadurch zwang, sich damit auseinanderzusetzen. Fast übergangslos wurde Serrana von einer erneuten Welle der ihr mittlerweile schon so vertrauten Angst überrollt und es dauerte eine ganze Weile, bis sich auch ein anderer Gedanke seinen Weg in ihren Verstand gebahnt hatte, welcher im Moment sehr erfolgreich von gänzlich irrationaler Panik blockiert wurde.
    Ja, es konnte durchaus sein, dass sie bei der Geburt ihres Kindes starb. Und ja, sollte dieser Fall eintreten, dann würde sie noch vor Ablauf eines Jahres tot sein und niemals älter werden als sechzehn. Aber es musste ja nicht zwangsläufig geschehen. Ja, ihre Mutter war verblutet, aber andere Frauen taten das nicht. Ihre Großmutter zum Beispiel war immer noch gesund und munter, und die hatte immerhin drei Kinder zur Welt gebracht. Und Axilla hatte sowohl ihre gescheiterte Abtreibung als auch eine Fehlgeburt überstanden, auch wenn es zumindest im ersten Fall eine Weile nicht danach ausgesehen hatte. Und die war von ihrer Konstitution her auch nicht unbedingt robuster und gesünder als sie selbst.
    Langsam und geräuschvoll stieß Serrana die Luft, die sich in ihren Lungen angesammelt hatte, wieder aus und nickte dann erneut. „Ja, ich weiß, was du meinst, und du hast sicher Recht. Ich muss irgendwie einen Weg finden, mit dieser unseligen Angst fertig zu werden. Die führt ohnehin zu nichts, und ich schade damit nur mir selbst.“ Das war natürlich leichter gesagt als getan, denn das eigentlich so grausame an der Angst war ja, dass sie sich nicht nach den Regeln des vernunftbegabten Denkens richtete, sondern ihre Opfer immer wieder in unbedachten Momenten überfiel und alles andere ausschaltete.
    Und dann tat sich plötzlich und eigentlich gar nicht mehr erhofft doch noch eine Tür auf, und Serrana starrte Romana kurz voller neu erwachter Hoffnung an.


    „Ein Lamm?“ fragte sie überrascht nach und ließ den Blick einmal quer durch das Vestibulum der Vestalinnen gleiten, als könnte besagtes Tier jeden Moment in einer der Ecken des großen Raumes auftauchen. „Und damit könnest du herausfinden, ob….oh, aber wo bekommen wir jetzt so schnell ein Lamm her?“

  • Sorgsam betrachtete Romana Serrana. Würde diese, nun vor schonungslose Tatsachen gestellt, zu heulen anfangen? Sie wusste, Serrana konnte manchmal recht empfindlich sein, doch sie hatte keine Ahnung, wie das mit diesem Thema war – sie hatten noch nie über den Tod geredet, es war nicht der Fokus eines angebrachten Gespräches zwischen zwei noch nicht einmal Zwanzigjährigen gewesen.


    Zu ihrer Erleichterung hörte sie aber ein Ausschnaufen und Worte, die bezeugten, dass die Iunia ihr Recht gab. Romana nickte dabei. Jawohl, eine Art und Weise zur Bekämpfung der Angst zu finden tat Not. Und die Claudia beglückwünschte sich selber zu der Idee, die sie gehabt hatte. Wozu hatte sie jahrelang als Vestalinnenschülerin gebüffelt, wenn sie das dort angeeignete Wissen nicht auch praktisch unter Beweis stellen konnte? Denn wenn es einmal nötig gewesen war, zu solchen Mitteln zu greifen, dann jetzt.


    Romana folgte irritiert dem Blick der Iunia, und dachte an den Tag ihrer Prüfung zurück – wie sich der Pontifex Flavius Gracchus amüsiert hatte, als sie die Vorstellung, ein Opfertier könnte im Atrium Vestae untergebracht werden, aufs Tapet gebracht hatte.


    “So schnell? Natürlich nicht jetzt sofort. Ein Lamm bekommst du vom Forum Boarium. Wir können uns ja übermorgen deswegen treffen – am besten nicht hier im Atrium Vestae, sondern... was haltest du von der Casa Iunia? Dort wären wir ungestört.“ Axilla hatte ja jetzt auch ihren Archias geheiratet – de beiden wollte sie auch einmal besuchen, aber zuerst einmal wollte sie ihre Freundin kalmieren.


    “Also. Als Vestalin habe ich auch die Haruspizin gelernt, die Zukunftsvorhersage durch die Leberschau. Von der Leber eines Lammes weg kann ich die Zukunft ablesen. Und damit könnte ich dir auch sagen, was mit dir geschehen wird.“ Sie blickte Serrana zuversichtlich an. Das könnte sie ohne Probleme machen, sie selber war ja auch schon gespannt auf das Ergebnis.

  • "Übermorgen erst? Oh..." Serrana, deren Körper sich durch die plötzliche Hoffnung gestreckt und gestrafft hatte, fiel wieder in sich zusammen. Zwei ganze Tage noch mit dieser Ungewissheit? Andererseits, wenn Romana ihr nicht half, dann würde sie noch viel länger warten und bangen müssen. 'Reiss dich am Riemen, verdammt!' rief sie sich selbst zur Ordnung. 'Romana hat es nicht verdient, dass du dich hier aufführst wie ein kleines Kind. Sei froh, dass sie dir helfen will und es scheinbar auch kann.' "Ja, natürlich, wie dumm von mir." nickte sie nach kurzem Räuspern und hielt sich wieder etwas gerader."Das mit der Casa Iunia ist eine gute Idee, ich werd das Lamm bis übermorgen besorgen. Gibt es noch irgendetwas, das du dafür brauchst?" Serrana betrachtete Romana mit einer Mischung aus Bewunderung und auch ein wenig Befangenheit. Die Haruspizin beherrschte sie also auch? Was für ein Glück, dass sie mit jemandem befreundet war, der eine so enge Verbindung zur Welt der Götter besaß. Zwei Tage noch, dann würde sie erfahren, wie es mit ihr weiterging. So oder so, wie es Serrana bewusst wurde, als sie den Gedanken zu Ende dachte. Sie schluckte erneut und bemühte sich um einen einigermaßen zuversichtlichen Gesichtsausdruck.

  • Romana hob abwehrend leicht die Hände. “Wenn dir morgen lieber ist, können wir es gleich morgen machen! Nur musst du bis dahin halt ein Lamm besorgen.“ Sicher, bis morgen konnte man das auch machen, nur würde Serrana dazu einfach weniger Zeit haben. Sie selber war ja auch schon ziemlich gespannt auf das Ergebnis, also machte es ihr nichts aus, das ganze schon morgen anzupacken. “Was ist dumm von dir?“, fragte sie etwas verständnislos, als Serrana das sagte. Romana, die sich noch nie durch besonders ausgeprägte Subtilität ausgezeichnet hatte, hatte keine Ahnung, wieso Serrana so etwas sagte. Sie hatte sich durch nichts besonders angegriffen gefühlt – in den meisten belangen hatte Romana eine dicke Haut, doch in anderen, wie zum Beispiel bei Angriffen – oder auch nur gefühlten Angriffen – auf ihre Ehre, die Ehre ihrer Familie oder ihres Standes als Patrizierin oder als Vestalin, konnte sie schnell ihre Fassung verlieren.


    “Ich brauche sonst gar nichts von dir. Was ich sonst noch brauche, werde ich mitnehmen. Mache dir keine Sorgen, ich habe die nötige Ausrüstung für die Haruspizin“, versprach sie ihr. “Also, morgen dann, kein Problem. Am Besten nach der Mittagszeit, zur siebten Stunde vielleicht“, schlug sie vor.


    Natürlich wusste sie, dass die Leber vom Lamm enorm üble Omen heraufbeschwören konnte, und den kurz bevorstehenden Tod ihrer Freundin prophezeien könnte. Aber wenn Serrana bereit war, das Risiko einzugehen, gut. Und was, wenn die Vorhersage schlecht war? Dann... sie dachte einfach gar nicht daran.

  • Und ob ihr morgen lieber war! "Oja, bitte! Wenn du es wirklich schon morgen einrichten könntest wäre ich dir sehr dankbar." Serrana nickte eifrig und gestikulierte wild mit ihren Händen herum. "Ich werd auch jetzt sofort zum Forum Boarium gehen und das Lamm kaufen. Adula wird mir helfen, es zur Casa Iunia zu bringen, sie wartet ja draussen auf mich." Vor lauter Aufregung hatte sie sich bereits halb von ihrem Platz erhoben. Morgen zur siebten Stunde also...Dann würde sie endgültig Bescheid wissen, denn auf die Idee, das Ergebnis einer Leberschau in Zweifel zu ziehen, würde Serrana niemals kommen. Ganz kurz tauchte in Serranas Überlegungen der Gedanke auf, wie es weitergehen würde, wenn das Omen schlecht ausfallen würde, und erneut ballte sich die kalte Angst in ihrem Magen zusammen. Dann würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als sich mit ihrem nahenden Tod abzufinden und sich darauf vorzubereiten...Eine erneute Panikwelle rollte durch Serranas Körper und sie zwang sich, ein paar mal tief ein und auszuatmen. Wollte sie die Wahrheit wirklich wissen? Ja, denn ein weiteres halbes Jahr mit dieser Ungewissheit würde sie niemals durchstehen können.


    "Die Zeit geht in Ordnung, ich werde dort sein und auf dich warten." brachte sie schließlich mit einem etwas bemühten Lächeln heraus.

  • Romana zuckte nonchalant mit ihren Schultern. “Sicherlich. Ich muss ein wenig mich vorbereiten, aber das geht schon in Ordnung. Niemand will schließlich, dass du noch weitere schlaflose Nächte verbringst.“ Sie lächelte die Jüngere fast liebevoll an, doch leider hatte sie nicht das selbe liebe Lächeln wie ihre Vestalinnenfreundin Papiria Occia, um welches sie ihre frühere Mentorin immer beneidet hatte. So einem Lächeln mussten die Herzen wahrlich zufliegen!


    “Gut, dass du eine so kompetente Sklavin hast. Meine Parthenope verläuft sich ja schon auf dem Weg von der Küche zu meinem Cubiculum.“ Sie seufzte. “Wie dem auch sei. Dann solltest du jetzt wirklich gehen, denn du musst das Lamm kaufen, und ich muss mich angemessen für die Haruspizin vorbereiten. Ich werde vorher auch noch Minucia Milicha zu Rate ziehen, du hast sie ja schon kennen gelernt... sie hat Erfahrungen in der Haruspizin, um die sie so manche Haruspices beneiden.“ Sie lächelte. Schon kurz stieg in ihr die Vorfreude darüber auf, dass sie mit dem Erlernten einer Freundin von ihr zu Diensten sein konnte. Auch wenn das Ergebnis unsicher war. Doch am Besten dachte sie vorerst gar nicht daran.


    “Sehr gut. Ich werde dann auch dort sein.“ Sie nickte bestätigend. Sicherlich würde sie das nicht vergessen. Dienste an Privatpersonen gehörten eher nicht zum Betätigungsfeld der Vestalinnen – außer bei großen Festlichkeiten wie die Vestalia –, wie es zum Beispiel der Fall war bei Haruspices oder Auguren. Nun, sie würde ihre Dienste nicht als Vestalin verrichten, sondern als Freundin. Und hoffte, dass Serrana das genügend würdigen würde.


    “Dann sehen wir uns morgen.“

  • "Nun, es kommt vermutlich darauf an, was man unter kompetent versteht." antwortete Serrana, die sich trotz ihrer angespannten Stimmung beim Gedanken an ihre Leibsklavin eines kleinen Schmunzels nicht erwehren konnte. "Auf diesem Weg würde sich Adula tatsächlich nicht verlaufen, aber das auch nur, weil sie die Küche niemals freiwillig betritt. Und ich würde es ihr in meinem eigenen Interesse nicht befehlen." Als Romana ihre Mitvestalin Minucia Milicha erwähnte, ging Serranas Blick automatisch in die Richtung, in die die ältere Frau verschwunden war, bevor sie nickte. Da blieb ihr wohl nur noch zu hoffen, dass das Omen morgen positiver ausfallen würde, als die heutige Laune der Minucia....
    Bevor dieser Gedanke sie wieder zu anderen, noch unerfreulicheren führen konnte, stand Serrana nun endgültig auf und ergriff zum Abschied die Hände ihrer Freundin. "Romana, ich möchte, dass du weißt, dass....dass ich dir das nie vergessen werde, ganz egal, wie die Leberschau morgen auch ausfallen wird. " Ein letzter kurzer Händedruck, dann eilte Serrana schnell aus dem Vestibulum hinaus, bevor Romana die erneut hervorschießenden Tränen zu Gesicht bekommen konnte.

  • Romana hörte zu und legte ihren Kopf leicht schief. “Aje...“ Sie hatte gedacht, in der Küche wären Sklaven gerne, weil es dort was zu Essen gab? Nun gut, Romana, von Natur aus Gourmet, konnte nicht so leicht von sich auf andere schließen, das wusste sie allzu gut.


    Plötzlich jedoch, beim Abschied, fühlte sie ihre Hände genommen und gedrückt. Etwas baff blickte sie auf, als Serrana ihr beteuerte, dass sie nun bei ihr etwas gut hatte. Sie nickte nur, murmelte etwas von selbstverständlich, da war auch schon Serrana verschwunden. Sie blickte der – von ihrer Warte aus gesehen – kleinen Iunia nach, seufzte dann leicht und stand auf. Es gab allerlei Sachen zu tun, Vorkehrungen zu treffen, Gespräche zu führen. Romana würde sicher nicht unvorbereitet zu den Iuniern kommen.

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