Ein (un)erwartetes Aufeinandertreffen

  • Das Schreiben, dass Livianus am Vortag in die Casa geflattert war, hatte ihn, wie vom Verfasser schon darin vermutet, wirklich überrascht. Es war ein Brief des amtierenden Praetors Duccius Vala, der den Decimer darin um eine private Unterredung bat. Nichts also, dass anscheinend auf seine offizielle Funktion zurückzuführen war, sondern tatsächlich ein Gespräch von Senator zu Senator. Der Disput zwischen den beiden Männern, während des erst kurz zurückliegenden Consulats des Decimers, war wohl mittlerweile, dank der Acta und dem üblichen Geschwätz der Leute, in ganz Rom bekannt. Livianus hatte daher das Schreiben zweimal gelesen, ehe er den Inhalt und vor allem den Absender tatsächlich geglaubt hatte. Sein Blick war dabei auch immer wieder auf das, neben dem Brief liegende, Geschenk gewandert, das dem Schreiben beigelegen hatte. Eine private Unterredung zu Livianus Bedingungen - ein weiterer Schachzug des Ducciers, der alles daran gesetzt hatte, den Consular während seiner Amtszeit in ein schlechtes Licht zu rücken? Nein, er hatte im Schreiben ganz klar seine aufrichtigen Absichten bekundet und dieses Geschenk, ein edles und qualitativ hochwertiges Schmuckstück, als Beweis dafür beigelegt. Livianus sah also keinen Grund daran zu zweifeln. Warum der Duccier nicht einfach nach einer Senatssitzung auf ihn zugekommen war, sondern diese schriftliche Form des Kontakts gewählt hatte, blieb für Livianus vorerst fraglich. Am ehesten wollte der Vala ein großes Aufsehen um dieses Treffen vermeiden, dass zweifellos entstanden wäre, hätte sich die beiden Männer einfach vor den Augen aller Senatoren zusammengestellt und zu plaudern begonnen. Da rechnete man wohl eher damit, das einem der Himmel auf den Kopf fiel, wie es von einigen gallischen Stämmen bekannt war, zu denen der römische Glaube noch nicht vollends durchgedrungen war.


    Da Livianus es jedoch wiederum mitunter recht witzig fand die Senatoren, allem voran seine Kritiker unter ihnen, mit solch unerwarteten Handlungen zu überraschen und sie so eines besseren zu belehren, wenn sie glaubten alle seine Schritte voraussagen zu können, hatte er sich für den nächsten Tag genau das vorgenommen. Er wollte den Duccier nach dem Ende des heutigen Sitzungstages ansprechen und, um auch tatsächlich unter vier Augen mit ihm sprechen zu können und nicht von hunderten Ohren neugieriger Senatskollegen belauscht zu werden, zu einem kurzen Spaziergang einladen. Der Decimer war mittlerweile auch in ein Alter gekommen, wo man ein wenig Bewegung, nach einem im sitzen verbrachten Tag in der Curia Iulia, durchaus etwas abgewinnen konnte. Er unternahm daher recht oft solche Spaziergänge durch Rom, vor allem jetzt, wo das Wetter jeden Tag schöner und wärmer wurde und man noch die letzten Sonnenstrahlen genießen konnte, ehe der Abend über die Stadt hereinbrach.


    Er hielt also, als er die Curia verließ, in all dem Gewühl aus weißen Togen mit breitem Purpursaum, nach Duccius Vala Ausschau, den er während der Sitzung eben noch in seiner Bank sitzen gesehen hatte. Nachdem er ihn schließlich wieder ausmachen konnte, verabschiedete sich der Decimer noch rasch von einigen Klienten und Kollegen und ging dann zielstrebig auf den amtierenden Praetor zu, der sich ebenfalls im Gespräch mit anderen Senatoren befand, von denen Livianus überraschte und fragende Blicke erntete, als er sie unterbrach und den Duccier ansprach.


    "Praetor Duccius?"

  • Es war in der Tat schon eine deutliche Überraschung für alle Beistehenden, als der Decimus sich der kleinen Gruppe näherte in welcher der Prätor sich mit anderen Senatoren unterhielt und die vergangene Sitzung Revue passieren ließ. Das Gespräch erstarb nach und nach als die Umstehenden sich des nahenden Consulars gewahr wurden, bis schließlich auch der Praetor selbst diesen bemerkte.
    Er kam nicht umhin die Lippen schmal zu ziehen, denn auch wenn es letztlich nach der erhofften und von Vala explizit erbetenen Kontaktaufnahme aussah, war die Öffentlichkeit der Situation doch etwas, das ihn schlucken ließ. Denn noch war unsicher, worauf der Decimus es selbst anlegte... und vom besten bis zum absolut schlechtesten Fall war weiterhin noch alles möglich.
    Allerdings war Vala der bestmögliche Fall so derart wichtig, dass er die bittere Pille durchaus zu schlucken bereit war und das ganze jetzt hier annehmen würde... egal was dabei herauskam. Hauptsache, es ging voran... irgendwie...


    "Consular Decimus." , zwang Vala sich daher in eine möglichst neutrale und vielleicht sogar irgendwie offene Haltung, bevor er sich von den Umstehenden mit einem knappen "Wenn die Herren uns entschuldigen?" löste, auch wenn diese mehr oder minder unauffällig in direkter Nähe blieben... immerhin wollte jeder dabei sein, wenn es im decimisch-duccischen Kleinkrieg zu einer weiteren Schlacht kam.

  • "Meine Herren!" nickte er den Senatoren mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck zu, da sein unerwarteter Auftritt sein Ziel wohl nicht verfehlt hatte. Dann wandte sich jedoch sofort wieder an den zuvor angesprochenen Duccier, wohl bemerkend, dass sie hier vor der Curia wohl kaum ein ruhiges oder gar vertrauliches Gespräch führen konnten.


    "Verzeih mir die Unterbrechung Duccius. Ich hatte gehofft du könntest ein wenig Zeit für mich erübrigen."


    Bei seinen letzten Worten ließ er seinen Blick noch einmal kurz umherschweifen, wobei einige Augenpaare der Umherstehenden, die bis dahin neugierig und verstohlen die beiden Senatoren fixiert hatten, sich schnell nach einem anderen Ziel suchten. Er beschloss daher, dass sein Auftritt bereits zu viel des Guten war und er die erhaltene Nachricht des Ducciers hier nicht erwähnen würde. Schließlich verstand er trotz aller Differenzen, oder gerade wegen ihnen, nur zu gut, dass der nunmalige Praetor vor Klienten und Kollegen sein Gesicht wahren musste. Und eine Kompromittierung dieser Art war das letzte, das Livianus auslösen wollte, geschweige denn worauf er abzielte.


    "Würdest du mich vielleicht ein Stück begleiten?"

  • Commodus hatte seinen Senator natürlich zur Sitzung begleitet und war dementsprechend auch unter dem Gefolge gewesen als der Consular den Prätor ansprach.


    Das begrüßende Nicken erwiederte er natürlich umgehend mit einem leisen
    "Consular".
    Auf dem zweiten schweifenden Blick blieb er aber wo er war und wandte sich nicht ab. Zwar hielt er sich etwas im Hintergrund aber er entfernte sich auch keineswegs. So blieb er also quasi zwischen der ursprünglichen Gruppe und der neuen Zweiergruppe. Falls die beiden hohen Tiere gleich losgingen würde er ebenso folgen solange er keinen Wink bekam dies zu unterlassen.

  • "Natürlich." , sprach Vala und folgte der Einladung des Decimus von den anderen Senatoren weg... was ihn dann doch ein wenig beruhigte, da sein Gegenüber es offensichtlich nicht auf eine öffentliche Konfrontation anlegte, "Ich gehe nun davon aus, dass du meine Nachricht erhalten hast..."


    Sim-Off:

    Sorry für die Kürze, ich komm im Moment zu garnix und mach erstmal, dass es irgendwie weitergeht.

  • "So ist es und sie hat mich sehr überrascht, wie du dir sicher vorstellen kannst, Duccius. Natürlich möchte ich dir auch für das Geschenk danken, dass du deiner Nachricht beigelegt hast. Ein wunderschönes Stück. Wie du siehst, nehme ich dein Angebot für ein persönliches Gespräch also gerne an."


    Auch wenn der Duccier es in seinem Schreiben als Bitte formuliert hatte, so machte Livianus nun aus diplomatischen Gründen ein Angebot daraus. Das machte die Angelegenheit wohl für beide Seiten angenehmer und niemand würde sich unterlegen fühlen, geschweige denn sein Gesicht verlieren. Gespannt wartete der Decimer nun darauf, was genau der Grund für dieses Treffen warm, auch wenn er eine gewisse Ahnung hatte, in welche Richtung es gehen sollte.

  • "Und dafür gilt dir mein Dank, Consular Decimus..." , zeigte Vala sich offen und eben recht dankbar für diesen Moment, bevor er ohne Umschweife auf den Punkt kam: "Ich habe dich zu diesem Gespräch geladen, um dir meine ehrliche und aufrichtige Entschuldigung für mein Verhalten dir gegenüber im vergangenen Jahr anzubieten."
    Die Grundzüge so dargelegt, kam Vala nicht umhin gleich den Beweggrund für diese angebotene Entschuldigung anzuführen: "Mit zunehmender Distanz zu unseren Querelen im Senat fällt es mir immer schwerer, meinen Groll nachzuvollziehen mit welchen ich dich und deine Aktionen im Senat bedacht habe. Dass wir politisch nicht auf einer Linie lagen und sehr unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich vieler Dinge haben lässt mich erahnen WARUM wir aneinander geraten sind... doch das WIE ist mir unerklärlich. Ich habe mich unwürdig meiner Position und gegenüber deiner Person wie auch deiner Position verhalten und ich werde mich vor dieser Schuld nicht verstecken. Dementsprechend: ich habe mit meinem Verhalten Schande über mich und die meinen gebracht und dich sowie das Amt des Konsuls mit meinen Worten befleckt und beleidigt. Dafür entschuldige ich mich."

  • Commodus war natürlich damals nicht persönlich bei den Wortwechseln im Senat dabei gewesen. Aber er hatte inzwischen natürlich so einiges über den oder die Vorfälle gehört. Um so mehr war er doch von der umfassenden Entschuldigung seines Senators überrascht. Die allermeisten Versionen die er von den Streitigkeiten gehört hatte deuteten doch darauf hin das sich der Duccier eindeutig auf der richtigen Seite gefühlt hatte.


    Gespannt sah er nach der formulierten Entschuldigung zum Decimer hinüber.

  • Livianus wollte eigentlich schon zu einer Predigt ansetzen, doch als die Worte des Ducciers erst richtig eingesickert waren, nickte er nur verständnisvoll.


    "Es ehrt dich, dass du sie so aufrichtig und offen an mich richtest. Natürlich können weder du noch ich rückgängig machen was bereits gesagt oder getan wurde, jedoch bin ich gerne bereit einen Neuanfang darin zu sehen und die turbulente Vergangenheit damit gleichzeitig zu begraben.


    Die Decimer hatten seit der Heirat meines verstorbenen Bruders Magnus mit Duccia Venusia immer ein freundschaftliches Verhältnis zu deiner Gens. Ich denke darauf sollten wir uns zukünftig wieder besinnen und versuchen darauf aufzubauen. Ich nehme deine Entschuldigung daher gerne an Duccius."


    Der Decimer streckte dem Duccier die offene Hand entgegen.

  • Irgendwie hatte Vala mit einigem gerechnet... nur nicht damit. Weshalb er ziemlich dumm dreinschaute, als der Consular sein Friedensangebot ohne großes Aufsehen einfach annahm. Er hatte eine leise Ahnung davon, wie scheel er dabei aussah, als sein Blick sich samt Kopf abknickte und die ihm so unmittelbar und vollkommen unerwarteter Weise entgegengestreckte Hand anblickte.
    Ein reichlich dummer Augenblick, aus dem ihm nur das Räuspern seines Tiros wieder holte und ihn etwas schneller als auf Schneckengeschwindigkeit denken ließ: die Hand wurde ergriffen und fest geschüttelt.


    "Dies bedeutet mir viel, Decimus." , gab Vala frei zu, der sich vorgenommen hatte zur Schonung seiner eigenen Gesundheit auf gewisse Spielchen zu verzichten. Zudem schien in dieser Situation Ehrlichkeit das einzig opportune Mittel zu sein: "Ich hoffe, wir können diese... unangenehme Episode eben als solche und damit als abgeschlossen betrachten."


    Soweit, so gut, das lief alles viel besser als erwartet, da konnte Vala ja auch gleich mit einem Vorschlag rausrücken, den er eigentlich in das 'Best possible case'-Szenario gepackt hatte. Andererseits: was war das hier denn, wenn nicht das?


    "Für so unglaublich wie man das halten mag..." , begann Vala daher einen Vorschlag zu machen, "...hat unser Zwist über uns beide und unsere Sippen für Unfrieden und deutliche Irritationen gesorgt. Ich würde daher vorschlagen, dass wir ein öffentliches Opfer an Concordia darbringen um zu zeigen, dass man Auseinandersetzungen und Streit überwinden und zu einer neuen Basis für Koexistenz und Zusammenarbeit finden kann. Die Kosten für dieses Opfer würde selbstverständlich ich übernehmen..."

  • Livainus überlegte kurz, bevor er auf den noch überraschenderen Vorschlag des Ducciers antwortete.


    "Dazu bin ich gerne bereit Duccius. Es ist eine wirklich sehr gute Idee, die auch neben diesem persönlichen Gespräch bestimmt eine nich unbedeutende Wirkung auf unser Umfeld ausüben wird. Sowohl was unsere Familien betrifft, als auch unsere jeweiligen Anhänger im Senat. Zur Zeit bin ich nur leider sehr in meinem neuen Amt eingesetzt. Nebenbei laufen auch bereits die Planungen für die längst überfällige Heirat mit Aelia Vespa.


    Es wäre mir daher wirklich sehr geholfen, wenn du dich um die Vorbereitungen und die Organisation dieses Opfers kümmern könntest und ich stattdessen die Kosten übernehme."

  • "Ich habe von deiner Ernennung zum Praefectus Urbi gehört, meine Gratulation hierzu.", antwortete Vala wie selbstverständlich auf den verbalen Fingerzeig des Decimus. Neid dabei empfand er nicht, hatte er es doch nie auf das Amt des nach Kaiser und Prätorianerpräfekten mächtigsten Mann der Stadt abgesehen... so wie sich generell vieles in der näheren Umgebung seiner weiteren Zukunftsplanung entzog. Die Sache allerdings mit Aelia Vespa überraschte ihn, was ihm zu verbergen nicht ganz gelang.
    "Aelia Vespa? Eine... außerordentliche... eh... gute Wahl!", sprach Vala und sparte sich die vorabeilenden Glückwünsche auf, wusste er doch nicht inwieweit der Consular sich in Aberglauben erging. Natürlich kam ihm sein eigenes, recht spezielles Verhältnis zur Aelia in den Sinn, die versuchte Eheschließung als ihr Onkel, der Kaiser, noch gelebt hatte... und das vollkommene verfleuchen seines Interesses an einer weitergehenden Verbindung zur Aelia nachdem dieser gestorben war. Dass der Decimus dennoch genug Interesse an der Nichte eines toten Kaisers hatte, sprach wieder einmal dafür, dass er und Vala nicht wenige Dinge einfach komplett anders betrachteten.


    "Gerne übernehme ich die Organisation des öffentlichen Opfers.", fügte Vala sich schließlich dem Wunsch seines Gegenübers, wollte er doch nicht über die Details des zu erwartenden öffentlichen Spektakels streiten. Also tat er einfach wie geheißen und würde später die betreffenden zum Tempel der Concordia laden.

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