Über die Legierung des Sesterz

  • Für die heutige Sitzung hatten die Consulen das Thema eines amtierenden Magistrates auf die Agenda gesetzt, namentlich das Anliegen des Galeo Claudius Gallus, über die Münzprägung zu sprechen. "Wir hören nun Vigintivir Galeo Claudius Gallus, der uns einen Vorschlag aus seinem Aufgabenbereich unterbreiten möchte", lautete die Einleitung, bevor dem Claudier das Wort erteilt wurde.

  • Obwohl es heute nicht um Galeos politische Kariere ging und er sich auch nicht optimal präsentierten musste, um möglichst viele Wahlstimmen zu erheischen, trieb ihm die anstehende Präsentation den Angstschweiß auf die Stirn. Dabei redete er sich ein, dass es um nichts ging. Das stimmte natürlich nur begrenzt, denn er wollte auch nicht als Trottel gefeiert werden. Zum Schweiß gesellte sich ein bemerkenswerter Kloß, den er fortwährend wegzuräuspern versuchte.
    Als seine Ankündigung kam, spürte er zu seiner Überraschung Erleichterung. Die Wartezeit zuvor empfand er wie eine Marter.


    "Patres“ Er räusperte sich mehrmals, bis außer dem Kloß auch die Furcht wich.
    "Patres Conscripti, es ist zwar so, dass ich durch mein Amt ausgelastet bin. Trotzdem habe ich Zeit erübrigt, Recherchen geführt, mir ein paar Gedanken gemacht und einen Vorschlag entwickelt. Angefangen hat es damit, dass ich mich gefragt habe, warum die Sesterzen unterschiedlich groß und unterschiedlich schwer sind. Selbst in ihrer Farbe differieren sie."


    Galeo kam in Schwung. Er blendete die vielen auf ihn gerichteten Augen aus und konzentrierte sich auf seine Ausarbeitung. Wenn er hochblickte, dann sah er zu einer Wand, der Decke oder in ein bekanntes Gesicht.


    "Mir ist bei der Recherche nicht nur aufgefallen, dass es Wechsel bei den Legierungen gab, sondern auch dass diese Wechsel fast immer oder generell immer mit einem Kaiserwechsel einhergingen. Was ich damit sagen will, man kann ganz genau die verschiedenen Ausprägungen der Sesterze einer bestimmten Regierungszeit zuordnen.
    Ich habe neben den Erhebungen der Einzelelemente, aus denen eine Legierung besteht, auch überlegt, worin sich unsere Sesterze abheben könnte. Voraussetzung ist natürlich, dass Interesse an einer eigenen Sesterzenlegierung besteht."


    Er nahm allen Mut zusammen und blickte hoch. Vergrub aber gleich wieder den Blick in seine Unterlagen. Er wusste alles, was dort stand, aber er fand zusätzlich Halt.


    "Damit der einzelne einschätzen kann, was es für Möglichkeiten gibt, zunächst ein kleiner Abriss zur Zusammensetzung. Also, die Sesterzen bestehen allesamt, aber in Variationen, aus den Elementen Kupfer, Zink, Zinn, Blei, Antimon, Silber, Nickel, Eisen und Kobalt. All diese Stoffe werden in ein Zusammenspiel gebracht, allerdings schwankt ihr Gehalt. Wen es genau interessiert, dem kann ich pro Element sagen, in welcher Höhe es wo vorgelegen hat."
    Hier traute er sich den offenen Blick ins Publikum, weil er sich sattelfest fühlte.


    "Ich habe faktisch alle Zusammensetzungen angesehen und habe drei Vorschläge für eine eigene, unverwechselbare Sesterzenlegierung. Das wäre:
    1. Die erhöhte Zuführung von Kobalt. Der Anteil an Kobalt war nämlich bisher überall verschwindend gering. 2. Ein deutlich erhöhter Silbergehalt oder 3. die Rückbesinnung auf die Herstellung ohne das Einschmelzen von Altmünzen.
    Alles hat Vor- und Nachteile, ist unterschiedlich leicht, verschieden preiswert oder teuer, wie auch immer."

    Nun senkte er wieder den Blick.


    "Ich kann bei der Suche nach einer neuen Legierung behilflich sein. Ob sie aber gewollt ist, das möchte ich hier erfragen." Galeo hielt die Luft an. Er blickte zu seinem Vater, der sicherlich nicht zuerst antworten würde, aber ihn davon abhielt, weiter auf den Boden zu starren.

  • Der Kaiser saß heute wieder einmal zwischen den Consuln, um an der Senatssitzung teilzunehmen. Als der junge Claudier an die Reihe kam, hörte er auch diesem interessiert zu. Der ungewöhnlich alte Vigintivir hatte einen ähnlich sachlichen Stil wie sein Vater. Aber er gab zumindest sehr präzise Informationen. Nur eine fehlte: "Ich danke dir für deinen Vortrag, Claudius. Bevor wir in die Diskussion gehen, hätte ich doch eine Informationsfrage: Wie beläuft sich der preisliche Unterschied für die von dir vorgeschlagenen Varianten? Also welche Mehrkosten kommen etwa auf das Aerarium zu, wenn wir den Silbergehalt erhöhen? Oder wie stehen sie im Vergleich zu Kobalt?" Von diesem Metall hatte Severus noch nicht einmal gehört. Genauso wie Antimon.

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  • Die Nachfrage des Kaisers mobilisierte Galeo. Eifrig sortierte er seine Wachstafeln. Währenddessen erzählte er bereits aus seinem Wissensschatz.
    "Kobalt wurde bisher kaum verarbeitet und wenn, dann nur in Spuren. Ich habe dieses Erz nur bei wenigen Sesterzen gefunden. Das kann daran liegen, dass es extrem selten vorkommt oder weil es beim Erhitzen schlechte Gerüche abgibt." Das lag am Arsengehalt des Erzes. "Kobalterze kommen nie alleine vor, sondern sind Bestandteil von Nickel- oder Kupfererzen. Selten sind sie auch mit Silber vergesellschaftet.
    Als Mittel zur Unterscheidung von allen bisherigen Legierungen müsste nur ein minimalster Anteil zugefügt werden. Das würde die Kosten prinzipiell sehr überschaubar halten, zumal es zum Beispiel gegenüber Silber deutlich günstiger ist. Eine vergleichbare Menge des Edelmetalls Silber kostet sechsmal so viel wie das Kobalterz.
    Problematisch sind die wenigen Fundstellen, die auch noch weit weg liegen. Silber hätten wir sehr viel näher erreichbar durch die Minen in Laurion, Provincia Achaia."


    Endlich hielt er die gesuchte Tafel in der Hand.
    "Kobalt wurde nach meinen Recherchen früher über Händler in Aegyptus bezogen, die wiederum Handel mit Stämmen aus dem Hinterland* führen. Es handelt sich um Erzlagerstätten, wo das Kobalt mit dem Kupfer vergesellschaftet ist."

    Sim-Off:

    * Sambia und Kongo.


    Wahrscheinlich klang das alles verwirrend. Für Galeo hingegen war die Sachlage sowohl klar als auch leicht zu überblicken.


    "Was ich damit sagen will. Der preisliche Unterschied setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammen und der Materialpreis ist nur einer davon. Ich kann den Materialpreis miteinander ins Verhältnis setzen, aber es kommen auf alle Fälle Transportkosten, aber eventuell auch Vermittlungsgebühren dazu.
    Antimon zum Beispiel ist noch einmal um mehr als die Hälfte günstiger als das Kobalt. Es kommt zwar auch selten, aber trotzdem deutlich häufiger vor als Kobalt, allerdings verwendeten viele Kaiser dieses Halbmetall. Es eignet sich daher als Alleinstellungsmerkmal weniger, es sei denn, der herunter geregelte Gehalt würde wieder auf den Stand von vor Vespasian gebracht werden. Ich muss nachschauen."
    Er überflog die nächste Tafel. "Ja, Antimonerze müssten wieder von 0,2 auf 0,7 oder sogar 0,8 steigen, um sich abzugrenzen. Zum günstigen Materialpreis kämen nahe liegende Lagerstätten in verschiedenen Gegenden Germaniens gleich nördlich der Alpes *."

    Sim-Off:

    * Schwarzwald, Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald, Odenwald und Harz.


    Er war sich nicht sicher, ob er Verwirrung oder Klarheit schaffen konnte.

  • Es durchzuckte Galeo, denn er hatte etwas Wichtiges vergessen.


    "Zu den Kosten generell: Ich wollte so weit es geht, Mehrkosten durch die neue Legierung so gering wie möglich halten oder bestenfalls ganz vermeiden. Dazu habe ich mir schon etwas ausgedacht. Ein hoher Kupfergehalt erfordert hohe Schmelztemperaturen und damit einen erhöhten technischen Aufwand. Wenn wir den senken, sparen wir damit nicht nur Kosten bei der Herstellung, sondern auch bei den Rohstoffen, denn eine erhöhte Schmelztemperatur verursacht ein stärkeres Verdampfen des Zinks. Wir haben mehr unverdampftes Zink, setzen weniger Kupfer ein und haben weniger Aufwand durch die niedrigere Schmelztemperatur."
    Galeo lächelte zum ersten Mal, denn er fand seine Idee sehr gut.

  • Macer fand das Thema interessant, denn bisher hatte er sich über die Zusammensetzung von Münzen eher oberflächlich Gedanken gemacht. Zum Teil sogar im wörtlichen Sinne, was auch seine Wortmeldung erklärte: "Wie wirken sich die möglichen Änderungen denn praktisch aus? Du sagtest ja schon, dass unsere derzeit im Umlauf befindlichen Sesterzen nicht alle gleich aussehen. Zumindest bei denen in meiner Truhe kommt noch dazu, dass manche sauberer sind als andere, die eher stumpf erscheinen. Poliert sehen sie vielleicht gleich aus. Was würde sich ändern, wenn man deine Vorschläge umsetzt?"

  • Dem Kaiser schwirrte ziemlich schnell der Kopf, als der Claudier von allen möglichen Metallen zu reden begann. Offensichtlich hatte der Vigintivir ein Faible für Chemie. Ein Buch mit sieben Siegeln für den Aquilier. "Deine chemischen Fachkenntnisse in allen Ehren, Claudius, aber ich denke, um hier eine Entscheidung zu treffen, brauchen wir etwas konkretere Anhaltspunkte. Hast du Entwürfe für deine verschiedenen Vorschläge? Und kannst du uns Zahlen zu den Gesamtkosten der verschiedenen Varianten liefern?" Er wusste natürlich, dass verschieden alte Münzen unterschiedliche Farben hatten. Aber er hatte angenommen, dass das Varianzen beim abgebauten Metall waren. Oder der Umstand, dass die Kaiser immer mehr am Edelmetallgehalt ihrer Münzen gespart hatten. Man wusste ja, dass alte Münzen tendenziell wertvoller waren als jüngere.

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  • Galeo freute sich über das einsetzende Interesse. Es vergaß darüber sogar seine Aufregung, weil er sich auf die Nachfragen konzentrierte.
    "Abgesehen vom deutlich erhöhten Silbergehalt, bei dem die Münzen silberner werden, würde die Zufuhr von Kobalt oder von Antimon keine optische Veränderung mit sich bringen. Dafür ist die Konzentration dieser beiden Elemente zu niedrig und eine höhere Konzentration würde die gesamte Verarbeitung verhindern. Es sind eben keine Erze."
    Er überlegte, was eine farbliche Veränderung zur Folge hätte.
    "Besteht der Wunsch nach einer veränderten Färbung außer der silbrigen, gäbe es noch die messingfarbene Optik. Dazu müssten die Blei- und Zinngehalte allerdings unter 1 0/0 liegen und stattdessen Zink erhöht werden. Alternativ dann noch die kupfernen Sesterzen. Sie erreicht man durch erhöhten Kupfergehalt."


    Der Kaiser interessierte sich weniger für die Erscheinung als vielmehr für die Kosten.
    "Von meinen Vorschlägen ist die Erhöhung des Silbergehalts die teuerste."


    Silber: 455,25 x Menge*
    Kobalt: 77,59 x Menge*
    Antimon: 33,74 x Menge*


    Sim-Off:

    * Grundpreis pro Kiligramm x einer passenden Mengenangabe (An dieser Stelle bin ich überfragt.)


    "Eine Hochrechnung beim Verzicht auf das Einschmelzen von Altmünzen ist schwierig.
    Was ich weiß, ist der weitgehende Kostenausgleich bei der Variante Kobalt durch meine vorhin genannten Einsparideen. Höchstens wenn die Händler in Übersee ihre Preise anheben, sobald sie unsere gesteigerte Nachfrage erkennen, kann es zu einer geringen Zuzahlung kommen.
    Fällt der Zuschlag auf Antimon, dürfte eine Ersparnis herausspringen."

    Antimon hatte er ursprünglich gar nicht vorgeschlagen, weil die Erhöhung dieses Elements so wenig spektakulär wäre. Andererseits trafen auch früherer Kaiser ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Kosteneinsparung. Ein wenig Spannung baute sich auf, weil er absolut nicht wusste, wohin die Reise ging.

  • Der Kaiser runzelte die Stirn, als Gallus erklärte, dass die Zufuhr von Kobalt und Antimon eigentlich gar nichts änderte. Auch bei der Beziehung von Altmünzenschmelze und Preis kam er nicht ganz mit. Aber er war eben kein Fachmann in diesen Fragen.
    Nach einigem Nachdenken stellte er dann aber fest, dass er vielleicht den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht hatte. "Ich glaube, ich muss noch einmal zur Grundfrage zurückkehren, bevor wir über Preise nachdenken: Geht es bei der Entwicklung einer neuen Legierung um eine optische Veränderung unserer Sesterzen? Denn das wäre ja mit Antimon oder Kobalt nicht gegeben, wenn ich dich recht verstehe. Oder einfach darum, die Tradition unserer Vorväter fortzusetzen? Oder um Einsparungen durch die Verwendung unedlerer Metalle?" Kobalt und Antimon waren ja offensichtlich keine Erze. Ob sie dann Metalle waren, wusste der Aquilier nicht. Aber der Claudier ganz bestimmt. "Je nach dem scheinen mir nämlich andere Fragen wichtig."

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  • Zum Glück brach bei Gallus keine Panik aus, als er mit den Unklarheiten konfrontiert wurde. Er blieb bei der Sache, ohne lange nachzudenken.
    "Mir ging es um nichts anderes als die Tradition. Dabei lag es ganz und gar nicht in meinem Bestreben, eine augenfällige Veränderung der Legierung vorzuschlagen. Das wäre zweifelsohne eine Möglichkeit, ebenso die auffällige Veränderung von Gewicht und Größe, aber ich wollte vor allem darauf aufmerksam machen, dass annähernd jeder Kaiser seine eigene Legierung hervorgebracht hatte. Demzufolge habe ich mich verpflichtet gefühlt, darauf hinzuweisen und meine Unterstützung bei der Suche nach einer einzigartigen Legierung anzubieten, sofern diese gewünscht ist."


    Er wusste im Nachhinein nicht, ob er sich verständlich ausgedrückt hatte, also schob er nach.
    "Ich bin sicher, etliche Kaiser wollten Kosten sparen und haben deswegen eine andere Zusammensetzung der Legierung gewählt oder eben einfach die Sesterzen kleiner und leichter ausfallen lassen. Aber es gab auch Kaiser, die diese Entwicklung umgekehrt haben.
    Ein gutes Beispiel dafür ist das Element Blei. Es war zuerst in geringer Konzentration in den Sesterzen enthalten und verschwand schließlich ganz bis Domitian. Bei Traian stieg es dann wieder auf den nennenswerten Mittelwert von etwa 1 an. Das mag durchaus daran liegen, dass ein neuer Kaiser einfach andere Lagerstätten nutzte. Auffällig ist aber, dass immer ein Legierungswandel mit einem Kaiserwechsel einherging. Darin sehe ich ein Muster und die Frage ist, soll dieses Muster fortgeführt werden? Falls ja, soll es preiswert ausfallen, dann kämen Kobalt und Antimon ins Spiel, die wenig Kosten verursachen, aber einen innerer Ruck innerhalb der Legierungen bewirken. Oder darf es etwas kosten, dann könnte Silber deutlich erhöht werden, so wie es schon Nero und Nerva als bisher einzige praktiziert haben. Wie gesagt, es ging in der Vergangenheit nicht nur in Richtung Einsparung, sondern vor allem um Abgrenzung, ob nun bewusst oder gezwungenermaßen. Kein Kaiser übernahm den Sesterz seines Vorgängers. Zumindest bis Trajan."

  • Das Schweigen mochte Nachdenken ausdrücken, aber es konnte sich auch um Ratlosigkeit oder Interesselosigkeit handeln. Ganz gleich, was es war, jemand musste die Diskussion wieder in Gang bringen. Menecrates sah sich in der Pflicht, weil er zwar anfänglich seinem Sohn nicht den Auftritt stehlen wollte, aber mittlerweile ihm als Vater unter die Arme greifen sollte.


    "Ich halte die Überlegung, ob in eine neue Legierung investiert werden sollte, grundsätzlich für eine gute Idee. Alle Kaiser seit Iulianus waren nur kurz an der Macht. Rom musste sich immer wieder neu orientieren. Es wird Zeit, dass Beständigkeit einzieht. Alle diese Kaiser besaßen keine eigene Legierung, soweit ich weiß. Vielleicht sollte das so sein, weil ihr Wirken - bedingt durch die kurze Regierungszeit - schnell in Vergessenheit geraten wird. Wenn es nicht schon längst vergessen ist. Und vielleicht ist es nun an der Zeit, mit einem Legierungswechsel deutlich zu machen, dass Rom aktuell einen Kaiser besitzt, der gewillt ist, Geschichte zu schreiben, indem er lange und gut regiert."
    Menecrates blickte zum Augustus, bevor er seine Meinung kundtat.


    "Ich persönlich tendiere zu einer Kombination aus erstens mehr Antimon, um die Chemiker zufriedenzustellen, und zweitens - da die Variante Antimon offenbar die preisgünstigste ist - würde sicherlich zusätzlich eine im Gewicht oder Umfang vergrößerte Sesterze herausspringen, um auch diejenigen zu beglücken, die eine optische Veränderung bemerken wollen."

  • Macer konnte mit einigen der Angaben nichts anfangen, denn von Metallurgie hatte er nun wirklich keine fundierte Ahnung. Wenn er die Rückfragen den Kaisers richtig verstand, war er damit aber auch nicht alleine, so dass er diesem dabei gerne den Vortritt ließ. Die Wortmeldung von Claudius Menecrates regte ihn dann jedoch zu einem weiteren eigenen Beitrag an. "Claudius Menecrates mahnt einen wichtigen Punkt an: Beständigkeit. Verzeih mir, dass ich dir diesen Punkt sozusagen entführe, denn du wolltest damit etwas anderes ausdrücken als ich," leitete er dann an eben jenen Claudius Menecrates gerichtet seine Worte ein, "aber wäre es nicht gerade ein Zeichen von Beständigkeit, alles so zu lassen wie es ist? Immerhin reden wir hier über Münzen, die den Menschen als Gegenwert für Arbeit und Waren dienen. Praktisch jede Änderung, die wir hier beschließen können, ändert in gewisser Weise auch den Wert dieser Münzen, und doch werden sie dem Namen nach denselben Wert behalten. Sicher, die Änderungen sind nur marginal und wirken sich erst durch die große Menge an Münzen für die Staatskasse aus, während der einzelne nicht ernsthaft reicher oder ärmer wird durch den Tausch einer Münze einer Legierung gegen eine der anderen Legierung. Aber trotzdem erscheint es mir nur dann ein Zeichen von besonderer Beständigkeit zu sein, wenn wir eben keine solche Änderung vornehmen, auch und gerade wenn sie in der Vergangenheit häufiger vorgekommen sind", führte er seinen Gedanken aus. "Hinzu kommt, dass der eine oder andere Bürger sicher fragen wird, wozu wir überhaupt eine Änderung diskutieren, wenn sie keine nennenswerten Auswirkungen hat. Wohlgemerkt, ich mache mir diese Argumentation nicht zueigen, denn ich finde es wichtig, dass der Senat auch über scheinbar unwichtige Dinge spricht, anstatt sie fernab der Öffentlichkeit zu entscheiden, aber trotzdem mag der eine oder anderen Bürger nicht zu Unrecht die Frage stellen, ob der Senat keine wichtigeren Änderungen zu beschließen hat als eine, die keine praktischen Auswirkungen hat. Sollte unser Kaiser eine eigene Entscheidung für die ihm unterstehenenden Prägeanstalten treffen, so würde ich daher empfehlen, dass wir als Senat dieser Entscheidung in jedem Fall folgen", schlug er dann noch vor, um die Diskussion nicht unnötig in die Länge zu ziehen.

  • Gelao hob zögerlich den Arm, weil er sich zwar kaum traute, etwas zu erwidern, sich aber gleichzeitig in der Verpflichtung sah, die Senatoren aufzuklären. Wie es schien, gab es wenig Vorkenntnisse über die Geschichte der Sesterzenlegierung.
    "Wenn ich anmerken darf." Sein Kopf färbte sich rot und er begann zu schwitzen. "In Bezug auf Beständigkeit lässt sich aus der Vergangenheit resümieren, dass es vor allem eine regelmäßige Veränderung der Zusammensetzung von Münzen gab und das häufig genug innerhalb kurzer Zeiträume." Er verstummte, weil er erst den aufkommenden Kloß forthüsteln musste.


    "Ich hätte noch etwas anzumerken. Traian liegt nicht so lange zurück. Bei ihm kamen Sesterzen aus reinem Kupfer- und Zinkerz neben solchen vor, bei deren Herstellung bereits reichlich Altmetall verwendet wurde. Dabei besaßen die zinnfreien und bleiarmen Münzen keinen anderen Wert als ihre im Material geringwertigen Nachfolger."
    Galeo glaubte, die Entscheidung sei bereits gegen eine neue Legierung gefallen, aber er wollte nicht abtreten, ohne für ausreichend Klarheit gesorgt zu haben. Insgeheim hoffte er, recht bald aus der für ihn inzwischen unangenehmen Situation entlassen zu werden.

  • Der Kaiser strich sich nachdenklich durch den Bart. Der Tresvir war nervös. Vielleicht war hier auch ein Faible für Metallurgie mit ihm durchgegangen, was ihm nun etwas vor die Füße fiel. Severus überlegte einen Moment, dann erklärte er "Ich denke, die Frage der neuen Legierung ist nicht per se eine, die der Senat diskutieren muss. Relevant erscheint es mir in zwei Fällen: Entweder, wenn damit erhebliche Kostenveränderungen verbunden sind. Besonders, wenn es teurer wird. Oder, wenn mit einer Veränderung eine politische Aussage getroffen werden soll, die dann natürlich erkennbar sein muss. Wenn wir Veränderungen vornehmen, die nur für einen Chemiker erkennbar sind und kostenneutral sind, scheint mir diese Entscheidung eher pragmatisch durch die Tresviri fällbar. Sicherlich spielt es bei der Zusammensetzung der Legierung ja auch eine Rolle, woher man das Metall bezieht, ob und welche Altmünzen man mit einschmilzt und so weiter." Das nahm der Kaiser zumindest an. Er kannte sich ja nicht aus mit Metallen. Er schloss nur Analogien aus anderen Naturprodukten, die ja auch regional etwas unterschiedlich waren.


    "Ich könnte mir aber vorstellen, dass wir durchaus eine sichtbare Änderung ins Auge fassen. Purgitius und Claudius Menecrates haben hier schon zwei Vorschläge gemacht: Indem man das Gewicht der Münzen erhöht, könnte man der Bevölkerung vermitteln, dass Stabilität und Wohlstand ins Imperium zurückgekehrt sind. Ebenso könnten wir die Kontinuitäten zu meinen Vorgängern verdeutlichen, indem wir eben nichts ändern." Er sah in die Reihen der Senatoren. "Ich bin angetreten als Kaiser des Senats. Deshalb werde ich mit meiner Münzprägung gern dem folgen, was der Senat für seine Prägungen festlegt. Ich denke aber, dass wir dann zuerst klären müssen, welche Aussage wir transportieren wollen. Dann könnte Claudius Gallus uns vielleicht Vorschläge machen, wie wir diese Aussage möglichst kostengünstig umsetzen könnten." Er hoffte, er hatte die Idee des Claudiers damit nicht ruiniert. Aber wenn sie schon dabei waren, das zu diskutieren, erschien dem Aquilier diese Richtung der Diskussion am sinnvollsten.

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  • Münzen waren eine Causa, welche Gracchus noch ferner lag als Wirtschaftsgesetze, wenn auch nicht ganz so fern wie Factio-Gesetze. Als Junge hatte er einen Winter lang Münzen gesammelt, um die darauf abgebildeten Kaiser und ihre Rückseiten miteinander zu vergleichen, doch obgleich die Geldstücke einige Zeit lang eine gewisse Faszination auf ihn hatten ausgeübt schlichtweg ob der Tatsache, dass ihr Gebrauch für ihn eine regelrechte Seltenheit darstellte, war diese alsbald wieder verflogen. Bis zum heutigen Tage hatte sich nichts daran geändert - Münzen in ihrer Form oder auch ihrem Wert tangierten ihn kaum, liefen doch all seine Geldgeschäfte durch die Hände der flavischen Verwalter und Sklaven. Der Thematik folgte er darob zwar zuerst aufmerksam, verlor indes zwischen den einzelnen Metallbestandteilen schnell den Überblick und war darob durchaus erleichtert, als sich herauskristallisierte, dass die durch den Tresvir vorgeschlagene Änderung augenscheinlich kaum praktische Auswirkungen hatte. Die Entscheidung war somit eine patriotische, was sie in den Augen des Flaviers ein wenig erleichterte - zwar nicht im Detail, doch zumindest auf einer höheren Ebene.
    "Eine Erhöhung des Gewi'htes könnte indes auch als weltfremde Überheblichkeit ausgelegt werden"
    , gab der Flavier zu bedenken.
    "Die Ursachen des Aufstandes im Frühjahr sind zwar noch nicht abschließend ermittelt, es wurde jedoch erwähnt, dass katastrophale Zustände in der Subura damit in Zusammenhang stehen könnten. Man könnte dir leicht vor..werfen, Augustus, dass du den Wohlstand des Imperiums in schwere Münzen investierst ohne dass dies einen praktischen Nutzen hat, während Roms Bürger Not leiden."
    Eine Münze hatte immer zwei Seiten, und augenscheinlich auch die Änderung dieser.
    "Andererseits geht die Reichweite der Münzen weit über die Stadtgrenze hinaus, letztlich bis in alle Winkel der Provinzen und gar bis über die Grenzen unseres Rei'hes hinweg. Ich bezweifle indes, dass eine nicht geänderte Münze den Menschen dort auffallen wird, geschweige denn dass dies als Kontinuität interpretiert wird, sondern eher als Gegebenheit, über welche allfällig sich niemand Gedanken macht. Eine Änderung des Münzgewi'htes würde hinwieder zweifelsohne Aufmerksamkeit auf sich ziehen und hätte durchaus das Potential eine politische Aussage, respektive das unter Kaiser Aquilius Severus in Wohlstand erblühende Rom weithin zu transportieren."

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    IUS LIBERORUM

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  • "Eine wesentlich auffälligere und auch gebräuchlichere Methode, durch Änderungen an den Münzen eine Botschaft zu transportieren, dürfte jedoch die Änderung der Motive sein", warf Macer mit einer erneuten Wortmeldung ein. "Einen Unterschied im Gewicht, in der Färbung des Materials oder in der Dicke der Münze wird wohl nur derjenige bemerken, der mehrere Münzen zum genauen Vergleich nebeneinander legt oder derjenigen, der täglich so viel mit Münzen zu tun hat, dass er sie mit verbundenen Augen erkennen kann. Auf wie viele Menschen im römischen Reich und darüber hinaus trifft das wohl zu?" fragte Macer und war dabei überzeugt, dass die resultierende Personenzahl nicht allzu groß wäre. "Wenn es also unser erklärtes Ziel sein sollte, eine klare Botschaft zu vermitteln, dann lautet mein Vorschlag, uns über Motive und Worte auf den Münzen Gedanken zu machen. Ich hatte jedoch den Vigintivir so verstanden, als wenn dieses explizite Ziel gar nicht im Fokus seines Vorschlags liegt", versuchte Macer die Debatte dann nicht unnötig in eine Richtung laufen zu lassen, in die sie seiner Wahrnehmung nach gar nicht gehen sollte. Aber vielleicht hatte er den Vigintivir auch nur falsch verstanden, was jener dann jedoch zweifellos selber klarstellen konnte.

  • Galeo freute sich, als die Diskussion aufflammte. Es begann damit, dass der Kaiser eine mögliche Veränderung der Legierung in die Hände der Tresviri legte. Die Ansage richtete ihn um Zentimeter auf. Prompt meldeten sich auch Zweifel, ob er das richtig verstanden hatte.
    Geklärt werden sollte nicht von den Tresviri, sondern vom Senat, ob eine augenfällige Veränderung angestrebt werden sollte oder eben nicht. Gespannt wartete Galeo darauf, wer sich für eine politische Aussage und wer sich für eine höherwertige Zusammensetzung aussprechen würde. Er rechnete eher mit wenigen.
    Der nächste Redner befreite Galeo von der Pflicht, sofort antworten zu müssen. Was Senator Flavius Gracchus sagte, klang jeweils plausibel, obwohl er sich einmal für und einmal gegen eine Münzvergrößerung aussprach. Galeo konnte beiden Argumentationen folgen. Das Wortspiel mit den zwei Seiten einer Münze gefiel ihm.
    Ein weiterer Redner erhob sich, bevor Galeo etwas einwerfen konnte. Dessen Vorschlag beinhaltete eine Änderung der Prägung. Zum Abschluss wurde Galeo direkt angesprochen, was nunmehr eine Antwort seinerseits erforderte.


    "Ich habe ganz und gar nichts gegen eine neue Prägung. In diesem Zusammenhang, auch wenn es gänzlich herausgerissen ist, bin ich auf Fehlprägungen aufmerksam geworden. Ich wollte das ohnehin berichten, wusste nur nicht wem und wo, daher jetzt. Ich konnte auf Anhieb nicht klären, ob die Auffälligkeit bewusst durch eine Neuwahl von Buchstabenpunzen oder durch primitivere Stempel einer Falschmünzerwerkstätte zustande kam.
    Aber ich möchte nicht ablenken. Falls meine bescheidene Meinung von Interesse ist, dann halte ich thematisch eine Botschaft ins Reich für ausgesprochen klug, wenn sie von Stabilität und Wohlstand kündet. Das Antlitz unseres Kaisers würde als Motiv bestens geeignet sein, wenn er gleichzeitig Erfolge in dieser Richtung benennen kann. Eine Münze mit erhöhtem Silberanteil kündet ohne Worte von einsetzendem Wohlstand. Man könnte auch beides kombinieren.
    Die Kosten müssen deswegen nicht explodieren. Ich habe."
    Er stockte, weil er lange mit sich gerungen hatte, ob er einen noch nicht untermauerten Verdacht äußern sollte. Wie er es auch anstellte, es konnte falsch sein. Sagte er nichts, könnte man ihm Mithilfe unterstellen. Sagte er etwas und im Nachhinein stellte sich alles als Irrtum heraus, stand er blamabel da.
    "Mir ist etwas aufgefallen, was eine Untersuchung wert wäre. Zum einen die fehlerhaften Münzen und zum anderen weitere Ungereimtheiten. Wenn sich mein Verdacht bestätigt, kostet die Münzherstellung eventuell, also möglicherweise, wahrscheinlich zukünftig die Staatskasse weniger Geld als bisher. Ich bin mir weitgehend sicher, dass das zugeteilte Metallquantums von einem oder mehreren unredlichen Münzbeamten zum Zweck der persönlichen Bereicherung gestreckt wird."


    Nun war es heraus und er fühlte sich erleichtert.

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