Noricum

Aus Theoria Romana
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Lage und Geografie

Noricum war ein keltisches Königreich (lat. Regnum Noricum) im heutigen Österreich und später eine Provinz des Römischen Reiches. Es umfasste ungefähr die heutigen österreichischen Bundesländer Kärnten, Salzburg, Oberösterreich und Steiermark sowie Südostoberbayern mit dem Chiemgau. Im Westen bildete der Aenus (heute Inn) die Grenze zu Raetia. Im Norden reichte das keltische Königreich im Gegensatz zu späteren römischen Provinz über die Donau hinaus. Erst unter der Herrschaft Roms bildete die Donau die Grenze des Imperiums und somit auch der Provinz. Im Osten verlief die Grenze zu Pannonia superior dem Kamm des Wiener Waldes nach nach Süden, dann weiter hinunter bis zum Murus (heute Mur), umschloss Celeia (heute Celje) und folgte dann den Karnischen Alpen nach Westen. Im Südosten grenze Dalmatia an, gefolgt vom italienische Kernland weiter westlich.

Vorrömische Geschichte

Die ursprüngliche Bevölkerung war heterogen und scheinbar wie in den weiter südöstlich gelegenen Gebieten dominiert durch den Illyrern nahestehende Stämme. Im 3. Jahrhundert v. Chr. erfolgte von Nordwesten eine Zuwanderung keltischer Bevölkerung, die die Kultur des Norcium nachhaltig prägten. Um 200 v.Chr. schlossen sich unter der Führung der Noriker und dem Einfluss der Römer dreizehn keltische/illyrische Stämme zum Königreich des Noricum zusammen. Acht dieser Stämme sind namentlich bekannt: Ambidraven, Ambilinen, Ambisonten, Helveter, Laianken, Noriker, Saevaten und Uperaken. Die Lage der Hauptstadt Noreia ist bis heute nicht eindeutig geklärt, aber es könnte sich dabei um das umfangreiche oppidum auf dem Magdalensberg im heutigen Kärnten handeln.

Bereits etwa 170 v. Chr. wurde zwischen dem römischen Reich und dem regnum Noricum ein hospitium publicum geschlossen, dass beiden Seiten gegenseitiges Niederlassungsrecht gewähte. Als direkte Folge davon wurde Aquileia in Oberitalien zu einer der wichtigsten römischen Handelsniedlassungen für den östlichen Alpenraum. Als 113 v. Chr. die Kimbern und Teutonen das norische Königreich heimsuchten, leistete Rom daher wohl nicht nur die vertraglich zugeischerte Waffenhilfe, sondern sicherte auch seine eigenen wirtschaftlichen Interessen.

Seit dem 1 Jh. v. Chr. ist auch eine direkte römische Handelsniederlassung am oppidum auf dem Magdalensberg nachgewiesen, ohne dass das Gebiet damit schon zu einer römischen Provinz wurde. Das regnum Noricum behielt als Klientelstaat lange eine eingeschränkte Autonomie und wurded erst unter Kaiser Claudius um 40 n. Chr. endgültig eine römische Provinz.

Römische Geschichte

Südlich des Magdalensberges auf dem sog. Zollfeld wurde eine römische Siedlung namens Virunum errichtet, in die die Bewohner des römischen handeslpostens sogleich umgesiedelt wurden und die die Hauptstadt der neuen Provinz wurde. Da die neue Provinz über keine Legionsbesatzung verfügte, wurde sie nur von einem ritterlichen procurator Augusti geführt, der zur Rangklasse der ducenarii gehörte.

Erst seit den flavischen Kaisern erfolgte ein schrittweiser Ausbau der Donaulinie als Grenze mit zahlreichen Kastellen für Hilfstruppen, ohne dass die Grenze jeodch bis in die 2. Hälfte des 2. Jh. n. Chr. ernsthaften Belastungsproben ausgesetzt gewesen wäre. 167 n. Chr. erfolgte dann ein gemeinsamer Ansturm der Markomannen, Quaden und Naristen, die bis nach Aquileia vordrangen. Als direkte Folge daraus wurde 170/171 n. Chr. die neu ausgehobene legio II Italica zunächst nach Celeia und bis 205 n. Chr. nach Lauriacum (heute Enns-Lorch) verlegt. Damit erhielt die Provinz auch einen senatorischen legatus augusti pro praetore, der im unmittelbar benachbarten Ovilava residierte, während in der alten Provinzhauptstadt Virunum noch ein Finanzprokurator zurück blieb, der dort bereits seit der Errichtung der Provinz seinen Sitz hatte.

Die Truppenverstärkung brachte jedoch keine unmittelbare Ruhe. Erst in der zweiten Hälfte des 3. Jh. n. Chr. nahmen mehrere militärische Operationen im Vorfeld der Grenze wieder etwas Druck von der Provinz. Bei der unter Kaiser Diokletian vorgenommenen Verwaltungsreform wurde Noricum in den nördlichen Teil Noricum ripense entlang des Donauufers mit der bisherigen Provinzhauptstadt Ovilava sowie den südlichen Teil Noricum mediterraneum mit Hauptstadt Virunum geteilt, die beider der dioecesis Pannoniorum zugeschlagen wurden. Die Grenzprovinz erhielt dabei auch eine weitere Legion, um dem steigenden Druck gewachsen zu sein.

Im Jahr 395 n. Chr. überqueren erneut die Markomannen die Donau, wenig später folgen die Vandalen und dann die Ostgoten und Westgoten. 451 und 453 ziehen dann die Hunnen zweimal durch Noricum ripense, das schließlich 488 komplett geräumt wird. Noricum mediterraneum fällt dagegen erst im 6. Jh. n. Chr. an die Slawen.

Wirtschaftliche und strategische Bedeutung

Dem Noricum kam zum einen als Grenzprovinz die wichtige Funktion zu, das italische Kernland zu schützen, während andererseits ein gut ausgebautes Straßennetz das rasche Fortkommen von Händlern für den Handel mit dem nordöstlichen Barbaricum ermöglichen sollten. Die Provinz war von zahlreichen Straßen und Straßenstationen durchuogen, die sich in ihrer Richtung meist auf Aquileia in Oberitalien ausrichteten. Gläser, Bronzegefäße, Tonlampen und verschiedene Nahrungsmittel wurden auf diesem Weg importiert, während Wolle und Lederwaren exportiert wurden.

Von besonderer Bedeutung waren Bergwerke, in denen zum einen Gold abgebaut wurde, zum anderen das bei Plinius ausdrücklich erwähnte ferrum Noricum (Historia Naturalis 34.41), das als besonders hochwertiges Eisen galt. Seit flavischer Zeit führte daher auch ein ritterlicher procurator ferrariorium die Aufsicht über die kaiserlichen Bergwerke.

Literatur:
Lexikon
Tilmann Bechert, Die Provinzen des römischen Reiches, Mainz, 1999