Leben und Sterben in Rom

  • Am frühen Morgen jenes Tages, der auf die Nacht folgte, in der Claudia Antonia ihren Sohn Titus Gracchus zur Welt gebracht hatte, stieg Sciurus zum zweiten Mal in kurzer Folge hinab in den Keller unter der Villa Flavia. Nachdem der Medicus Kosmas festgestellt hatte, dass das flavische Neugeborene keine offensichtlichen Schäden durch den Sturz erlitten hatte, blieb der Amme Ariadne eine Kreuzigung erspart. Der Tod jedoch musste sie trotzdem ereilen. Sie war kaum bei Bewusstsein als Sciurus sie aus dem Loch zog, in das er sie einige Stunden zuvor hineingesteckt hatte, doch kümmerte das den Sklaven wenig. Hätte sie eine andere Strafe als den Tod erhalten, so hätte er dafür Sorge getragen, dass sie jeden Augenblick davon intensiv wahrnahm. So jedoch war es ihm einerlei, denn ihren Zweck würde sie hauptsächlich für den Rest des Haushaltes erfüllen. Dazu verhinderte ihr Delirium, dass sie zu Jammern begann oder sich wehrte. Mit einem Messer, das er explizit für solche Zwecke besaß, schnitt Sciurus der am Boden liegenden Sklavin ohne den Anflug einer Emotion von hinten die Kehle durch. Er legte dabei die gleiche Professionalität zu Tage wie sein Herr, wenn dieser seinen Göttern ein Tier opferte.


    Es dauerte einige Zeit bis kein Blut mehr aus der Wunde in den festgetretenen Kellerboden sickerte, während der Sciurus abwartend neben den beiden Leichen - der Amme und ihrem Kind - verharrte. Zuletzt legte er Ikarus auf ihre Brust, band ein einfaches Stofftuch um Ariadnes Hals und fasste sie unter den Schultern, um sie den Gang entlang zurück nach oben zu ziehen, wo bereits ein Karren stand. Nachdem die Tote auf diesen aufgelegt war, bedeckte Sciurus die Ladung mit einem hellen Tuch, bevor er sie auf direktem Weg zu den Stallungen zog, in der die flavischen Pferde untergebracht waren. Das tote Kind packt er in einen Sack, den er einem anderen Sklaven übergab, um ihn draußen vor der Stadt zu verbrennen und beizusetzen. Die übrigen Sklaven brauchten nichts von dem Verbleib des Jungen zu wissen.


    Nachdem Sciurus schlussendlich seine Hände vom Blut Ariadnes gereinigt hatte, wies er einige Sklaven an, dem gesamten Sklavenhaushalt mitzuteilen, dass alle, die nicht etwas überaus dringendes für ihre Herren zu erledigen hatten, sich nach der Aufwartung der Klienten zur hora quinta bei den Ställen einzufinden hatten. Vor dem Karren ließ er einen Sklavenjungen zurück, der achtgeben sollte, dass niemand sich daran zu schaffen machte, bis dass er selbst dorthin zurückkehrte.


    Kurz vor der achten Stunde scheuchte Sciurus die Sklavenschaft seines Herrn in den Hof vor den Ställen, ließ den Karren hinausziehen und wartete, dass auch die Sklaven der anderen Bewohner sich zahlreich einfanden - denn Gracchus würde nicht zögern, von seinen Verwandten den Tod eines Sklaven zu verlangen, wenn dies notwendig war.

  • Luca hatte kaum etwas mitbekommen von den Geburten zwei Kinder in diesem Hause. Wie sollte er auch. Er war entweder in Germanien oder an der Seite seines Dominus. Aber mitbekommen hatte er schn von den Schwangerschafften, irgendwie und es freute ihn, machte ihn aber auch traurig. Er selber hatte zwei Kinder gehabt und die Zeit seiner Frau freudig miterlebt.


    Und noch weniger hatte er natürlich von dem entsetzlichen Drama in der Nacht nach der Geburt von Claudia Antonia Sohn Titus Gracchus mitbekommen, oder eher gesagt, das tragische Schicksal einer Amme, welche ihren Sohn auf so schreckliche Weise verloren hatte, wie dann auch ihr Leben. Und vielleicht war es auch gut so, dass Luca zumindest vorerst nichts davon wusste. Doch wahrscheinlich würde er die ganze Wahrheit eh nicht erfahren. Dagegen machen konnte er nun eh nichts mehr. Und so kam Luca der Aufforderung am frühen Morgen sofort nach, sich in den Ställen einzufinden. Nicht einmal Gerüchte waren an sein Ohr getragen worden. Irgendwie hatte Luca leider eh nicht sehr viel mit der Sklavenschaft und noch weniger mit den anderen Herrschaften zu tun, mal abgesehen von dem Zusammentreffen im Hortus mit Senator Piso, aber das war vor der Germanienreise gewesen.
    Inzwischen waren sie zurück und Luca hatte sich von dem heimtückischen Überfall der Strauchdiebe so fern erholt, dass er wieder seinen Arbeiten nachgehen konnte. Zwar sah er immer noch leicht lädiert aus und ihn zierten auch noch einige Verbände, aber Luca war zäh. Er jammerte nicht und es war sogar Flaccus, der ihn zur Ruhe ermahnt hatte, damit sich Luca ausruhen sollte und der Sklave gab seinem Herren ja auch Recht: Als Leibwächter nutzte er seinem Herren nicht, wenn er sehr verletzt war.


    Nun aber ging es Luca zumindest gut genug, dass er an der Zusammenkunft aller Sklaven teilnehmen konnte und er war einer der ersten, denn es interessierte ihn auch, warum. So etwas gab es selten. Er kannte die wenigsten unter ihnen, da er irgendwie immer ständig ausser Haus gewesen war.


    Und so trat Luca zu den Stallungen. Ein paar Sklaven waren schon anwesend, Menschen, die er mal gesehen hatte, aber kaum kannte. Erst wollte er noch fragen, was denn denn Anlass wäre, doch dann sah er den Karren mit der toten Frau, deren Haut sehr dunkel war. Sie war tot, das erkannte der ehemalige Kämpfer sofort. Der Anblick war ihm nichts neues, aber ihm viel sofort auf, dass der Frau wohl die Kehle aufgeschnitten worden worden war. Was um der Götter Willen, war hier nur geschehen??? Luca wollte Fragen stellen, hielt sich aber zurück. Er war noch neu hier. Aber ihm fiel ein anderer Sklave neben dem Karren auf. Wie war noch sein Name? Sciurus? Ein harter Bursche, ohne Gefühl, wie Luca fand, aber eigentlich hatte er mit ihm nie etwas zu tun gehabt.


    Und so fragte Luca ganz offen, auch wenn noch nicht alle da waren, aber er konnte seine Neugierde nicht anders befriedigen. Selbstbewusst wie er nun einmal war, fragte er: »Was liegen an, Sciurus? Warum die tote Frau auf dem Karren?« Das es sich um die Amme handelte, von einer Herrin aus dem Haus, wusste er nicht. Aber Luca wollte wissen, was das alles sollte.

  • Pünktlich zur achten Stunde fand sich auch Tilla ein und folgte nichtsahnend den anderen einberufenen Sklaven. Sie hoffte, dass Freund Hektor Zeit gefunden hatte und asbald zu ihr stoßen würde. Bis auf Luca und einige ehemalige aurelische Sklaven, die mit in die Villa Flavia umgezogen waren, kannte sie keinen der flavischen Sklaven näher. Der Hof vor den Ställen war ihr nicht bekannt. Sie hatte keine Gelegenheit sich mit der neuen Umgebung vertraut zu machen, denn ein Karren wurde hervorgezogen und zum Stehen gebracht.


    Mit prüfendem Blick musterte sie die auf dem Karren liegende ihr ebenfalls unbekannte Person. Ihr wurde heiss und kalt zugleich. Das konnte dich nicht wahr sein! Nein, absolut nicht! Cimons Haut war uim Nuancen heller. Sie würde es wissen, wenn der Sklave von Aurelii Ursus zu Besuch kam, auch wenn sie nie miteinander gesprochen oder zu tun hatten. Nervös auf den Lippen kauend, musterte sie Sciurus und fuhr leicht zusammen, als Luca Fragen zu stellen begann. Ihr Herz begann etwas schneller zu klopfen und ein ungutes, von klein auf altbekanntes, Gefühl breitete sich in ihr aus. In was für eine Versammlung war sie denn jetzt hineingeraten? Hoffentlich wurde sie bald aufgeklärt was das alles zu bedeuten hatte und sollte. Tilla war froh, dass sie nicht ganz vorne stand und sich am linken Rand der versammelten Gruppe Sklaven befand. Bestimmt war sie schon ganz blaß um die Nase..

  • Nach und nach traten mehr und mehr Sklaven in den Hof, währenddessen Sciurus vor dem Karren mit der Leiche stand und emotionslos über sie hinweg blickte als ginge ihn diese Versammlung nicht das Geringste an. Keinen einzigen der Männer, Frauen und Kinder kannte er näher als mit ihrem Namen und der Aufgabe, die sie üblicherweise im Haus verrichteten. Doch von jedem einzelnen wusste er, wer sein Besitzer und von welcher Güte er war, wie auch welche Verfehlungen er in der Villa Flavia bereits begangen hatte. Die meisten Anwesenden warteten stumm und in sich gekehrt, denn für viele der altgedienten flavischen Sklaven war es nicht das erste Mal, dass sie derart versammelt wurden.


    Einer jedoch ließ sich von seiner Ungeduld übermannen, Luca, ein Sklave des Herrn Flaccus, ein Eingefangener. Sciurus konnte nicht verstehen, weshalb sich die flavischen Herren immer wieder darauf einließen, eingefangene Sklaven zu kaufen, anstatt sich auf bewährte Zuchten zu verlassen. Diese mochten zwar ein wenig kostspieliger sein, doch am Geld mangelte es der flavischen Familie schließlich nicht, und am Ende zahlten sich diese Investitionen oft um ein vielfaches aus. Doch dem Vilicus stand ihm nicht zu, darüber zu urteilen. Er war nur derjenige, der sich letztenendes mit den Marotten der Eingefangenen auseinandersetzen musste - Aufmüpfigkeit, Drang nach Freiheit, Ungeduld, Renitenz und fehlgeleitete Wahrnehmung. Wie bei Luca, der anscheinend glaubte, eine Sonderrolle unter allen anderen einzunehmen, dass Sciurus ihm alles einzeln erklären würde.
    "Du wirst dich gedulden wie alle anderen auch", antwortete der Vilicus kühl und fixierte Luca dabei mit einem Blick aus seinen hellgrauen Augen ohne dass sich sonst auf seiner Miene ein Anzeichen seiner Verachtung zeigte.


    Sciurus wartete noch einige Augenblicke, dann wandte er sich mit nüchterner Stimme an die versammelten Sklaven.
    "Heute Nacht hat die Herrin Antonia ihren Sohn Titus Gracchus zur Welt gebracht."
    Er trat ein Stück zur Seite, so dass alle den Leichnam auf dem Karren sehen konnten. Das helle Tuch, das Ariadne bedeckt hatte, war bis unter die Brust zurück geschlagen. Das Tuch um ihren Hals war von dunkelrot, beinahe braun geronnenem Blut durchtränkt, das sich in Spuren auch auf ihrer Brust zeigte.
    "Dies ist die Amme, die sich um den Jungen kümmern sollte. Doch sie hat das Neugeborene in fahrlässiger Weise fallen lassen. Titus Gracchus ist nichts passiert, andernfalls würden wir uns nicht hier, sondern vor einem Kreuz im Garten einfinden."
    Mit der Ausgestreckten Hand deutete er auf die tote Sklavin und hob seine Stimme ein wenig an, einen drohenden Unterton beimischend.
    "So wird es einem jeden von euch ergehen, der achtlos eines der flavischen Kinder in Gefahr bringt. Wer es dagegen mit Absicht tut, der wird sich wünschen, dieses Stadium bereits erreicht zu haben."

  • Zu welchem Zweck rief man Sklaven wohl zusammen, anstatt sie ihre Arbeit nachgehen zu lassen? Meist waren es Bestrafungen eines oder einer der ihren, denen die übrigen Sklaven beiwohnen sollten. Als abschreckendes Beispiel sozusagen. In etwa also das, was uns heute zur achten Stunde erwarten sollte. Ich kannte solche Versammlungen und dementsprechend unwohl war mir, als ich zur achten Stunde den Hof vor den Stallungen betrat.


    Als erstes ging mein Blick suchend über die anwesenden Köpfe hinweg, bis ich schließlich Tillas Gesicht darunter ausmachte. Da war sie! Zum Glück ist sie wohlauf, war mein erster Gedanke und den Zweiten setzte ich sofort in die Tat um, indem ich mich unauffällig - zwischen den anderen Sklaven hindurch - zu ihrem Standpunkt durch arbeitete. Dabei vermied ich es tunlichst, meine Freundin zur Begrüßung in den Arm zu nehmen und sie zu küssen, oder sonst wie unsere Beziehung nach außen hin kund zu tun (auch wenn mir dies unendlich schwer fiel). Es wäre sicherer für uns beide! Ich stellte mich lediglich so nah neben sie, dass sie meine Nähe würde spüren können. Das musste genügen.


    Wie gerne hätte ich ihr das hier erspart, aber es blieb uns nicht anderes übrig als den Worten des Sklaven names Sciurus zu folgen. Ein seltsamer Kerl wie ich fand, ganz spontan und ohne ihn näher zu kennen. Vielleicht, weil er stets Distanz zu den übrigen Sklaven wahrte oder, weil er es war, der uns nun mit drohender Stimme klar zu machen versuchte was uns blühen würde wenn wir "achtlos eines der flavischen Kinder in Gefahr bringen würden"....


    Fast hätte ich amüsiert aufgelacht über diese Drohung, wenn nicht der Anblick der Toten mir augenblicklich die Kehle zugeschnürt hätte. So würde es jedem ergehen, wie der Amme ... wie hieß sie denn gleich? Ihr Name war so unwichtig wie ihr Leben, welches ihr genommen wurde weil sie "achtlos" gewesen war. Pah! Was für ein Leben war das eigentlich, das wir Sklaven zu leben glaubten? War es das wert? Ein Leben, das uns so einfach so genommen werden konnte. Warum nur hingen wir an diesem Leben, wenn das Jenseits doch so vielversprechend erschien? Wäre es nicht besser dort zu liegen, wo Ariadne bereits lag - so friedlich und jenseits aller Schmerzen und Trauer?!... Genau! Ariadne war ihre Name, fiel mir just ein, wie mein Blick - aus den Augenwnkeln heraus - zuTilla huschte. Meiner großen Liebe ...


    Oh ja! Wegen ihr wäre es wert zu leben, ... wegen ihr allein ...

  • Wenn Luka ehrlich war, hatte er sich bisher niemals Gedanken darüber gemacht, wie sein Eindruck bei den anderen Sklaven war und wenn er ehrlich war, war ihm das auch herzlich egal. Er war immer auf seine, wen manchmal auch stille Art freundlich. Und wie sollte er sich bitte als Sklave verhalten? Er kannte es nicht, diese demütigende und unterwürfige Haltung. Er war frei geboren und ja, er würde dann eingefangen ... und daher war er neugierig und nahm sich sein Recht heraus, so lange es im Rahmen war. Er fiel sonst nicht auf.
    Aber es war fast schon klar, dass dieser herzlose Sklave namens Sciurus anders war. Weil er eine besondere Stellung hatte, so glaubte er eben, oder weil er eben einfach kein Herz hatte. Luca kannte ihn natürlich nicht. Er war ihm kaum begegnet, aber wenn, dann spürte Luca die Kälte und Arroganz, die von ihm ausging. Aber vielleicht war es auch nur pure Verbitterung. Doch egal was es war, es lag nicht in Luca's Händen und auch nicht in seiner Mutmassung. Aber er mochte den Mann nicht, der irgendwie in Lucas Augen kalt und berechnend wirkte. Aber er würde wohl schon seinen Grund dafür haben.


    Daher verwunderte es Luca auch nicht, als Sciurus ihn nur fest anschaute, ohne offen seine Abneigung gegen den neuen Sklaven zu zeigen, diesen aber zurecht wies. Doch als Sciurus Luca kühl fixierte, konnte dieser sehen, dass Luca sich davon nicht im Geringsten einschüchtern liess und er seinem kühlen Blick eben so standhielt. Luca kannte solche Menschen vielleicht nicht, aber er hatte viel gelernt im Kampf. Und er dachte sich seinen Teil über Sciurus. Und so schmunzelte Luca nur leicht, ohne sich von ihm einschüchtern zu lassen. Und weil es gerade so schön lief, konnte Luca natürlich auch seinen Mund nicht halten, nur um vielleicht das letzte Wort zu behalten: »Natürlich, ich mich werden gedulden!! Und verzeih, meine Ungeduld, wollten dich nicht stören in wichtiger Arbeit ...«
    Lucas Worte strotzen nur so vor Sarkasmus und er funkelte den Sklaven nun zwar nicht kühl, aber leicht angriffslustig an. Nein, sie waren hier alle Sklaven und Luka fühlte sich nicht als etwas besseres. Dieser Sciurus allerdings wohl schon. Und alleine deshalb mochte Luca ihn nicht.


    Inzwischen waren weitere Sklaven und Sklavinnen gekommen unter anderem auch Tilla. Aber Tilla hatte Luca, der in der ersten Reihe stand, leider nicht wirklich bemerkt. Luca war eher nun entsetzt, auch wenn er es nicht zeigte, was nun folgte. Diese Frau hatte nur den Säugling fallen gelassen und wurde mit dem Tod bestraft?? Verdammte Römer, arrogantes Pack, nichtsnutziges Volk, dass sich über alle Menschen erhob. Erst nun wieder wurde sich Luca bewusst, dass er hier nicht hergehörte. Das konnte doch nicht wahr sein ... und doch war es es. Sklaven waren nicht mehr wert als ein Schiss auf der Strasse. Lucas Muskeln spannten sich an. Am liebsten wollte er nur weg hier. Selbst sein Herr war ihm für den Moment egal, so gut er auch sein mochte. Aber wusste er von solchen Praktiken? Luca würde ihn fragen.


    Ohne eine bestimmte Mimik aufzusetzen schaute Luca nun die tote Frau an und schüttelte leicht seinen Kopf. NEIN, dass durfte doch nicht wahr sein. Und diese Menschen nannten sich den Nabel der Welt? Luca spuckte aus, in Gedanken. Aber dann konnte er nicht anders, und tat es wirklich. Er spukte vor sich auf den freien Boden. Es war ihm egal, was passiere würde, aber immerhin tat er ja keinem "flavischen Kind" etwas zu leide. Aber Luca konnte nicht anders. Und das spucken tat ihm gut. Verdammt sollte er sein. Luca war beim Anblick der toten Frau angewidert und auch wie Sciurus alles so nüchtern von sich gab. Aber er nahm dessen Worte wahr. Aber Lucaa beeindruckten dessen Worte nicht. Luca hatte zu viel Leid und Tod gesehen, da machten ihm diese Worte nichts aus, zumal er eh mit den Kindern nichts zu tun hatte.


    Und in einem kurzen Augenblick auch, wie ein Mann sich zu Tilla durch bugsierte. Aber er kannte ihn nicht. Luca war noch neu und überlegte seine Worte ganz genau. Er überlegte, ob er überhaupt etwas sagen sollte. Wegen der Drohung, welche Sciurus ausgesprochen hatte, welche sicherlich den meisten Sklaven hier Angst einflösste. Aber Luca war den Anblick solcher Toten gewohnt, dennoch war er nicht ohne Mitgefühl. Und er war innerlich sehr erbost. Weil dieser Sciurus einfach ohne Gefühl sprach. Abgestumpft wie wohl sein Herr oder so.
    Und Luca konnte nicht anders und sprach dann: »Und wurden mal gefragt, warum Amme haben Kind fallen gelassen? Wurden geklärt, ob sein Absicht??? Und wer haben der Frau die Kehle durchschnitten? Waren es der Herr wenigstens selber? Ach, was ich sagen, diesem Gegenstand? Das sie ja wohl nur waren. Ein Gegenstand, weniger als das. Wo sein Mensch, der das haben getan? Ach, was ich sagen, wo sein Untier, denn das sein kein Mensch, der dies tun.« Luca wollte das wirklich wissen, denn er war innerlich wirklich entsetzt. Und vollkommen aufgebracht. Und er merkte nicht, wie er in Rage kam. Es machte ihn wütend. Sehr wütend und er stierte den Sklaven nun sehr feindlich an und seine Sehnen dehnten sich unter seiner Haut. Luca war sehr angespannt.


    Luca wagte sich weit vor, aber es war ihm egal. Das war nun mal seine Ehre. Denn er fand dies hier einfach nur widerlich. Unmenschlich. Aber er war ja auch noch nicht lange ein Sklave dieser Gesellschaft.



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    Signatur für Luca's Sprache in Posts: Luca spricht griechisch | Luca spricht gebrochen Latein

  • Übertriebene Emotionalität war ebenfalls oft ein Problem der Eingefangenen, und dass sie ihre Gefühle nicht im Zaum halten konnten und ihnen hilflos ausgeliefert waren. Auch Luca schien diesem Muster verfallen sein, denn obwohl Sciurus nicht weiter auf ihn achtete - für Sarkasmus, Spott und Schmähungen gegen seine eigene Person war der Vilicus so gut wie unzugänglich, wusste er doch genau um seine Position in der Welt -, behielt er ihn doch im Auge. Glücklicherweise war es nicht seine Aufgabe, diesen unflätigen Sklaven zu domestizieren und er hätte wohl ohne Umschweife zu dem freudigen Teil der Versammlung übergehen können, hätte nicht Luca seinem Naturell nachgegeben.


    Von keiner der abstrusen Fragen des Sklaven ließ sich Sciurus aus der Ruhe bringen, auch nicht von der Anspannung, die auf Lucas Äußerem zu erkennen war. Seine Stimme war beherrscht und nicht sonderlich laut, so dass die übrigen Sklaven still schweigen mussten, um die Worte zwischen den beiden mitzuhören.
    "Hast du jemals die Mücke, die dich gestochen hat, gefragt, warum sie das getan hat, bevor du sie erschlagen hast? Hast du jemals den Hund, der dir ans Bein gepinkelt hat, gefragt, warum er das getan hat, bevor du ihm einen Tritt versetzt hast? Ob sie das Kind mit Absicht fallen lassen hat, ist völlig irrelevant, und ich kann dir nicht sagen, ob mein Herr danach gefragt hat. Ich bezweifle es jedoch, denn andernfalls würde sie sicherlich noch lange nicht so ruhig hier liegen."
    Sciurus sprach die Worte als würde er mit einem begriffsstutzigen Kind sprechen, denn die Art der Fragen schien ihm auf gleichem Niveau, die Antworten gänzlich eindeutig.
    "Kein Mensch hat ihr die Kehle durchtrennt. Ich habe es getan. Wenn du lange genug überlebst, wirst du vielleicht herausfinden, dass das weite Feld der Sanktionierung eine Kunst für sich ist, die Präzision und Erfahrung voraussetzt. Meinen Herrn reizt diese Disziplin nicht, er widmet sich bedeutsameren Professionen."
    Nicht erst seit seiner Zeit in der Villa Flavia hatte Sciurus diese Kunst beständig verfeinert, obwohl er zugeben musste, dass erst Sica, der Sklave des Flavius Felix ihn gelehrt hatte, jeden seiner Handgriffe präzise und gekonnt auszuführen. Es war nicht etwa so, dass er Spaß daran hatte - Spaß war nichts, was einem Sklaven zustand -, oder Lust an der Bestrafung oder dem Töten empfand - auch Lust gehörte nicht zu Sciurus' Dasein -, es war schlichtweg eine Notwendigkeit und Sciurus strebte in allem, was er tat, stets nach Perfektion.

  • Zuerst kam die gute Nachricht. Heute Nacht hat die Herrin Antonia ihren Sohn Titus Gracchus zur Welt gebracht. Darauf folgte die schlechte Nachricht. So wird es einem jeden von euch ergehen, der achtlos eines der flavischen Kinder in Gefahr bringt. Wer es dagegen mit Absicht tut, der wird sich wünschen, dieses Stadium bereits erreicht zu haben. Tilla wünschte sich, ihr Magen würde sich umdrehen und sie wünschte sich, dass sie sich übergeben müsste, aber nichts davon geschah. Hatte sie schon so viel von früher vergessen? Oder schaffte sie es irgendwie diese Grausamkeiten nicht mehr an sich ranzulassen? Heilte die Liebe ihre Ängste?? Auf einmal spürte sie eine allzugut vertraute Nähe und griff unbewusst nach der Hand ihres allerbesten Freundes und Geliebten. Sie brauchte nicht irgendeinen, sondern genau seinen Halt.


    Luca fragte wieder und Sciurus antwortete. Auf dem Rücken raste eine Gänsehautschauer nach dem anderen rauf und runter. Meine Güte, es war die Amme und eine ihr unbekannte Frau gewesen, die einen Fehler gemacht hatte. Tilla fuhr sich mit der Hand über die Augen und schluckte hart. Luca fragte wieder und Sciurus antwortete erneut. Kein Mensch hat ihr die Kehle durchtrennt. Ich habe es getan. Wenn du lange genug überlebst, wirst du vielleicht herausfinden, dass das weite Feld der Sanktionierung eine Kunst für sich ist, die Präzision und Erfahrung voraussetzt. Am liebsten hätte sie sich die Ohren zugehalten und ohnmächtig zu Boden gesunken, aber nichts von dem tat sie. Die stumme Sklavin hielt sich weiter, nun etwas kräftiger drückend, an Hektors Hand fest und versuchte standhaft zu bleiben. Nein, sie war nicht in der Vergangenheit, sie war im Hier und Jetzt. Hier unter dem Dach der riesigen Villa gab es einen Grausamkeiten-kundigen Sklaven, vor welchem sie zukünftig Angst haben sollte und musste. Oh, sie würde Priscas künftige Kinder niemals fallen lassen, schwor sie sich und griff nach der Kette um ihren Hals, wo die Figur eines springenden Delphines hing. Tilla suchte für ein paar Momente Hektors Blick, um wieder nach vorne zu sehen. Sie würde Luca eine Hand auf die Schulter legen und ihm einen Blick zu sagen, dass er besser die Klappe halten sollte. Doch sie konnte nicht, sie wollte nicht. Alles in ihr sträubte sich dagegen, irgendwie Aufsehen oder Aufmerksamkeit des vorne neben dem Karren stehenden Sklaven zu erregen.

  • Ich spürte wie Tilla meine Hand ergriff und drückte und ich drückte sie wiederum, sanft und doch so stark, dass sie sich bei mir geborgen fühlen konnte. Der Anblick der Toten und die Worte dieses wahren Musterobjekts an flavischer Zuchtkunst nahmen Tilla sichtlich mit und ich konnte aber nicht mehr tun, als ihre Hand zu halten und ihr das Gefühl zu geben sie wäre nicht allein. Mein Blick indes war weiter ausdruckslos auf das Geschehen gerichtet. Keiner wagte zu sprechen, keiner außer … ich blickte kurz zu Luca, der es als Einziger den Mut hatte diese Tat anzuprangern und dann wieder zu Sciurus, dem Vollstrecker des Todesurteils von Ariadne. Dieser Sklave war zweifellos ein "Musterobjekt" befand ich für mich. Oder sollte ich besser "abschreckendes Beispiel" sagen? Nur mit was sollte ich ihn vergleichen? Vielleicht am besten mit einem Soldaten, wie ich es einmal gewesen war?


    Er führte schließlich nur den Befehl aus, den sein Herr ihm aufgetragen hatte, genau so wie ich damals die Befehle meiner Feldherren ausgeführt hatte. Ich hatte getötet und mir dabei nicht viel gedacht. Auf dem Schlachtfeld hieß es ohnehin nur: "Ich oder er", wenn man Auge in Auge dem Feind gegenüber stand.


    Doch im Gegensatz zu diesem Sklaven hatte ich nie den Skrupel verloren, einfach so einen Wehrlosen zu töten, geschweige denn eine Frau oder ein Kind. Sicher gab es auch solche unter uns Soldaten, denen es Spaß machte Wehrlose regelrecht abzuschlachten und Frauen und Kinder zu schänden. Für diese Kerle hatte ich nur Verachtung übrig! Doch dies mochte ich Sciurus nicht einmal unterstellen. Er hatte keinen Spaß daran. Er tötete nur, wenn sein Herr es verlangte. Dann aber ohne zu zögern und ohne darüber nachzudenken was er da tat. Wie sollte er es auch anders kennen? Im Gegensatz zu uns, die wir einmal frei gewesen waren, hatte er wohl nie etwas anderes kennen gelernt, außer dem Willen seines Herrn bedingungslos zu gehorchen. Eigentlich war er zu bedauern, war er im Grunde doch ein seelenloses Wesen, ein "Mustersklave" aus bester Zucht! Nein Danke! Da wäre ich schon lieber an der Stelle von Ariadne …


    Flüchtig fing ich einen Blick meiner Freundin auf und ich rang mir ein wages Lächeln ab. Nur für sie! Wie schön es doch war Gefühle zu haben und diese auch zeigen zu können. Das Gefühl zu Leben! Und sei es nur ein Leben, das ein Anderer einfach so beenden konnte. Ob Siurus zögern würde, sich selbst zu richten, würde sein Herr es wollen? Ich hatte keinen Zweifel daran.


    "Vielleicht sollte man sich lieber die Frage stellen was es letztendlich bringt die Mücke zu erschlagen, die einen sticht, oder den Hund zu treten, der einen anpinkelt, handeln diese doch nur mit dem Verstand eines einfachen Tieres. … Sind wir also nicht besser als Tiere?", spuckte ich meine Worte zusammen mit einer mundvoll Speichel auf den Boden vor meinen Füßen, noch ehe mir selbst bewusst wurde, was ich da eigentlich völlig impulsiv von mir gegeben hatte. Natürlich waren Sklaven nicht mehr wert als Tiere. Wir waren keine Menschen. Aber wem sagte ich das? Sei´s drum! Im Gegensatz zu Tieren hatten wir einen Verstand und eine Stimme, die zu nutzen man nicht einmal uns Sklaven verwehren konnte, außer, ... man schnitte uns die Kehle durch ...

  • Das Aufbegehren des vorlauten Luca war anscheinend ansteckend, denn nun erhob sich nicht nur eine weitere Stimme, sondern sie beendete ihre Worte ebenfalls mit einem feuchten Klumpen auf dem Boden. Hektor, ein Sklave aus dem Haushalt der Aurelia Prisca, zeigte Sciurus damit, dass die aurelische Zucht anscheinend auch nicht sonderlich ausgereift war.
    "Wenn ich mir die Art eurer Speichelabsonderungen ansehe, dann entdecke ich wirklich keinen Unterschied zu einem Tier", kommentierte Sciurus das Gebaren. "Ganz egal, auf welcher Stufe die Herren ihren Besitz generell sehen, ihr verfrachtet euch selbst an das untere Ende. Die Entscheidung liegt also bei euch. Stellt euch auf die Stufe zu der Mücke, die sich am Tod der anderen nicht stört, dann stecht und sterbt wie diese. Stellt euch auf die Stufe mit dem Hund, dann lernt aus dem Tritt und pinkelt euren Herren nicht ans Bein."


    Er drehte sich wieder zu Luca. "Wenn ihr dann noch stubenrein werdet, folgt und euch bewährt, dann gibt es ab und an sicherlich auch ein paar Streicheleinheiten."
    Den Hinweis, dass die flavischen Sklaven in weit besseren Verhältnissen lebten als ein Großteil der freien Bevölkerung Roms, erwähnte Sciurus nicht, denn ein Eingefangener würde dies sowieso nicht verstehen. Regelmäßige Mahlzeiten, ein trockener Platz zum Schlafen, medizinische Versorgung und eine bezahlte Bestattung - das alles zählte für sie nicht. Vermutlich würde auch Luca lieber in einem stinkenden Loch in der Gosse wohnen, brackiges Tiberwasser trinken, als einzige Mahlzeit des Tages ein Stück altes Brot essen und sich den Tag über auf einer der freien Baustellen abschuften, nur um sich der Illusion hingeben zu können, frei zu sein.

  • Luca war einfach nur angewidert. Aber er wollte nun nicht in Rage geraten, denn er war an sich ein sehr umgänglicher und geduldiger Mann. Aber was dieser Sklave da von sich gegeben hatte, regte ihn innerlich auf. Luca war das Sklavendasein nun einmal nicht gewöhnt. Und waren die Sklaven hier nicht unter sich und alle gleichwertig? Nein, natürlich nicht. Luca war nicht naiv. Natürlich gab es auch hier Unterschiede, warum sollte es nicht anders sein?
    Dennoch war es ihm herzlich egal, wie dieser andere Sklave über ihn dachte. Er hatte keine Angst vor ihm. Dennoch konnte er verstehen, dass andere der ihnen Angst vor dem Mann hatten. Besonders jene, die unter seinem Herren und dessen Frau dienten. Aber dennoch war Luca angewidert. Und nicht umsonst war er einst ein Rebell gewesen, auch wenn er erst einmal nur für die Seinen und seine Heimat gekämpft hatte. Und über Sciurus wusste er so gut wie gar nichts. Ausser dass dieser sehr abgebrüht und kaltherzig war. Aber was wusste Luca schon? Er war noch ganz neu hier in Rom, wusste nicht wirklich, was man von ihm als Sklave erwartete. Wer wusste also schon, was dieser Mann vor ihm alles erlebt hatte und warum er so war, wie er war oder sagte, was er sagte. Abe Luca war auch nicht hier, um alles und jeden zu verstehen.
    Aber als er dann von der Mücke und dem Hund anfing ... kochte Luca innerlich. Was war denn das bitte für ein beschissener Vergleich? Wollte er sie nun mit einer Mücke und einem Hund vergleichen? Wie erbärmlich war dieser Mann nur gesunken? Oder verstand Luca auf Grund seiner nicht perfekten Sprachkenntnisse etwas nicht?
    Man konnte Luca ansehen, dass es ihm schwer fiel, sich zurück zuhalten.


    Und am schwersten fiel es Luca, zu hören, dass Sciurus der Frau die Kehle durchschnitten hatte. Und er dazu auch noch ohne Reue oder Gedanken zu stand. War er eine Art ... Mensch, der keinerlei Bedenken mehr hatte, sondern nur noch das tat, was sein Herr oder seine Herrin von ihm wollte? Innerlich schickte Luca ein Gebet an die Götter, dass er niemals so weit kommen wollte.


    Und dann dieser seltsame Satz, bei dem Luca Schwierigkeiten hatten, ihn wirklich zu verstehen, weil er die Sprache einfach nicht gut genug beherrschte: "Wenn du lange genug überlebst, wirst du vielleicht herausfinden, dass das weite Feld der Sanktionierung eine Kunst für sich ist, die Präzision und Erfahrung voraussetzt. Meinen Herrn reizt diese Disziplin nicht, er widmet sich bedeutsameren Professionen."


    Luca wollte aufbegehren ... er war auch etwas näher an Sciurus herangetreten, doch immer noch trennten sie einige Schritte, doch so bekam er nicht wirklich mit, was hinter ihm dein den anderen Sklaven geschah. Bis er die Stimme von Hektor vernahm ... und Luca freute es, dass er nicht der Einzige war und nickte nur auf dessen Worte, wobei er Sciurus nicht aus den Augen liess. Luca hatte kein Mitleid mit diesem Sklaven, der sehr pflichtbewusst schien. Wahrscheinlich musste er so viel in seine m Leben ertragen, dass ihm nichts mehr anderes übrig blieb, als immer den Anweisungen seiner Herrschaften zu folgen. Oder aber Luca lag vollkommen falsch. Er wollte sich kein zu großes Urteil bilden, kannte er diesen Mann doch nicht.


    Und dieser antwortete schliesslich auch. Als dieser dann aber Lucas und Hektors Spucke mit dem Verhalten von Tieren verglich und meinte, dass sie zwei nichts anderes als diese wären, da spannten sich Lucas Muskeln sichtbar an. Seine Kiefer mahlten aufeinander, so dass auch dies deutlich zu sehen war. Was bildete sich der Mann eigentlich ein? WIE nur konnte man so ohne Gefühl und Verstand sein?


    Luca aber liess den Mann zu Ende reden, auch wenn er ihm am liebsten an die Kehle gesprungen wäre. Denn je mehr er von sich gab, je mehr versteifte sich Luca ... sie verfrachteten sich selbst ans Ende? An welches Ende? Luka hatte einfach wirklich Schwierigkeiten, alles richtig zu deuten. Aber der Mann verhöhnte sie doch nun?! und welche Entscheidung? Ach, nun hatten sie also doch eine Entscheidung? Anders als die Mücke? Der Hund. Und überhaupt, nun wurde Luca richtig sauer, denn er hatte seinen Herren niemals ans Beingepinkelt, der hatte ihm das Leben gerettet, auch wenn das hier niemand wusste.


    Und dann kam die Krönung, die Luca vielleicht auch nicht richtig verstand, aber das war kein Grund, nicht auszurasten. Stubenrein? Was wollte dieser arrogante Arsch? Für was hielt der sich eigentlich? Nun reichte es Luca. Und da er eh schon etwas weiter vorne stand, trat er nun ziemlich schnell auf Sciurus zu, wollte ihn am Kragen seiner Tunika packen. Doch er hielt sich noch rechtzeitig zurück, denn es hatte ja eh keinen Sinn und obwohl Luca mal ein Kämpfer war, hasste er Gewalt. Also tat er es mit Worten und seine Augen funkelte den Mann gefährlich böse an.


    »Wer du eigentlich glauben, wer du bist? Du sein genauso Sklave, wie wir und du mir aufhören, zu reden, dass wir nicht besser sein, als Tiere, du haben mich verstanden?« Luca hatte seine Hand erhoben, griff aber nicht zu oder an. Aber er streckte Sciurus seine Faust entgegen, hielt diese vor dessen Gesicht. »Und ich geben Mann Recht, er haben gut gesprochen ...« Damit meinte er Hektor, doch nun funkelte er den Sklaven wieder vor sich an.
    »Du nichts wissen von mir. Du nichts wissen von den anderen ... weil es nicht tun dich interessieren. DU doch nur tun, was man dir auftragen. DU nicht denken nach, sondern nur gehorchen. DU sein wie Hund, der uns pinkeln an Bein! DU sein Mücke die saugen aus. Ich dich also fragen: Oder du doch sein Mensch?« Luca deutete auf die Sklaven hinter sich. »Du doch nur denken an Dich und dein Leben. Du sein ohne Skrupel. Oder du sein voller Angst, dass du töten einfach so Mensch, weil man dir haben befehlen aus Angst vor ...« Nun kam er nicht auf das richtige Wort und das ärgerte Luca sehr. Er wollte so etwas sagen wie Repressalien, Bestrafung, aber Luca war zu aufgeregt und es fiel ihm einfach nicht ein. Aber er war in Rage.


    Luca wollte noch mehr sagen, wie erbärmlich er ihn fand, aber dadurch, dass ihm nicht mehr die richtigen Worte einfielen, brachte es ihn einfach aus dem Konzept.
    Notfalls würde sich Luca mit ihm prügeln, aber nun war Luca einfach in Rage ... dennoch kämpfte er erst nur mit Worten. Luca funkelte Sciurus weiterhin aber sehr feindselig an. Aber er legte keine Hand an. Noch nicht ....


    Und Luca hatte keine Angst. Er war noch ganz neu als Sklave, hatte hier niemals Sanktionen oder Strafen erleidet. Da war er eben noch im Vorteil ...


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  • Tilla war froh, dass Hektor bei ihr war und in dieser, für sie schreckliche Errinnerungen weckenden Situation mit seinem festen Händedruck Halt gab. So wusste sie, dass sie im Hier und Jetzt war und nicht im Damals. Zudem erwiderte er ihren Blick. Tilla nickte leicht, eine wortlose Begrüßung nachholend. Nichtsahnend, was Hektor dachte und fühlte, bemühte sie sich die Situation durchzustehen und keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen.


    Luca lieferte sich mit Sciurus einen wörtlichen Schlagabtausch. Tilla dachte über das Gehörte nach. Nein, sie hielt sich nicht für ein Tier... sie war ein Mensch mit fast kompletten Sinnen und Gefühlen. Trotzdem nahm sie sich das Recht summenden Mücken zu erschlagen. Und ans Bein pinkelnden Hunden ging sie schnellstens aus dem Weg. Plötzlich erhob Hektor die Stimme. Tilla sah ihn erschrocken an.


    Sciurus Antwort hatte es in sich... und wieder musste sie nachdenken. Ganz egal, auf welcher Stufe die Herren ihren Besitz generell sehen, ihr verfrachtet euch selbst an das untere Ende. Die Entscheidung liegt also bei euch. Stellt euch auf die Stufe zu der Mücke, die sich am Tod der anderen nicht stört, dann stecht und sterbt wie diese. Stellt euch auf die Stufe mit dem Hund, dann lernt aus dem Tritt und pinkelt euren Herren nicht ans Bein. Sie würde sich für den Hund entscheiden.. sie machte zwar wenige Fehler und wenn diese passierten, so gab sie diese zu und bemühte sich, es wieder gut zu machen Denn aus Fehlern oder Schnitzern lernte sie, wie sie es das nächste Mal besser machen konnte. Sie hatte von klein auf miterlebt, was es hiess, Fehler zu wiederholen.


    Wenn ihr dann noch stubenrein werdet, folgt und euch bewährt, dann gibt es ab und an sicherlich auch ein paar Streicheleinheiten Nun, sie lechzte nach Streicheleinheiten und bekam sie auch von ihrer Herrin. Sei es als Lob oder als Zuwendung in Form von Münzen oder schönen Dingen für ihre kleine Kammer. Die stumme Sklavin merkte, wie sie gedanklich abschweifte und zwang ihre Aufmerksamkeit zurück zum Geschehen vor ihr.


    Luca redete sich immer mehr in Rage und trat sogar vor dem flavischen Sklaven. Wer du eigentlich glauben, wer du bist? Du sein genauso Sklave, wie wir und du mir aufhören, zu reden, dass wir nicht besser sein, als Tiere, du haben mich verstanden? Langsam wurde es brenzlig. Du doch nur denken an Dich und dein Leben. Du sein ohne Skrupel. Oder du sein voller Angst, dass du töten einfach so Mensch, weil man dir haben befehlen aus Angst vor ... Wenn einer aufbegehrte, würden alle wegen jenem eine Strafe bekommen. ...Zurückweisung. flüsterte sie, dass ihrer Meinung nach passende Wort, welches Luca fehlte. Tilla liess Hektors Hand los und verschränkte die Arme vor der Brust. Ob Sciurus Angst hatte nicht mehr wahrgenommen zu werden, wenn er sich Befehlen und Wünschen widersetzte?

  • So so, wir mussten also erst noch stubenrein werden und rangierten in der Hierarchie am untersten Ende, wahrscheinlich noch hinter der Schmeißfliege, wenn man Sciurus' abfälligen Bemerkungen so zu hörte. Ausspucken war sicher nicht die feine Art, da musste man dem flavischen Mustersklaven sogar recht geben, aber es war eben ein Mittel um Gefühle oder seine Meinung zum Ausdruck zu bringen (sofern man welche hatte). Zu vergleichen vielleicht mit dem Rülpser am Tisch, um zu zeigen, dass es einem geschmeckt hat und dem Entleeren des Magens durch Gaumenkitzeln mittels einer Feder, damit noch mehr hinein passt. Auch nicht gerade sehr appetitliche Verhaltensweisen, dachte ich so bei mir als ich meinem Speicheltropfen auf dem Boden beim eintrocknen zu sah. Aber gut, hier ging es weder um dies guten Sitten der Römer noch derer irgendwelcher anderer Völker.


    Im Grunde konnte man Sciurus seine Worte und sein Verhalten nicht einmal übel nehmen. Er war ein Musterbeispiel 'flavischer Sklavenzuchtkunst'. Aus ihm sprach sozusagen die Stimme und der Verstand seines Herrn, nicht die seine und er handelte stur danach, ohne es je zu hinterfragen. Dienen! Nicht denken! Und das bis zum Tod. Ihm machte das nichts aus, er kannte es schließlich nicht anders und wenn man die Vorzüge bedachte, die einem Sklaven hier zu kamen, konnte man durchaus nachvollziehen, dass ihm die Freiheit nicht fehlte. Regelmäßiges Essen, anständige Kleidung und üblicherweise eine einfache Bestattung. Was wollte man als Sklave mehr, wenn man das Gefühl, frei zu sein und sein eigner Herr, niemals kennen gelernt hatte.


    Ich blieb also ziemlich gelassen und verkniff mir jede weitere Bemerkung da diese Diskussion sicher zu nichts führen würde, außer vielleicht zu einem Aufruhr. Und das wollte ich um jeden Preis vermeiden. Tilla zuliebe. Nicht, dass sie am Ende darunter zu leiden hätte. Hoffentlich machte Tilla jetzt keine Dummheit, dachte ich nur kurz als sie meine Hand los ließ, ohne mich jedoch nach ihr umzusehen. Stattdessen sah ich Sciurus weiter direkt in die Augen und nickte nur leicht, wobei mein abfälliges Lächeln auf den Lippen alles andere als Zustimmung zeigte.


    Luca hingegen ließ sich durch die Worte dieses Mustersklaven sehr wohl provozieren und das war nicht gut. Ich konnte ihn gut verstehen und ich war absolut seiner Meinung. Doch wie gesagt, es würde zu nichts führen: "Lass es gut sein!", sprach ich ihn deshalb vernehmbar an und legte kurz meine Hand auf seine Schulter. Seinen Namen kannte ich bis dato nicht und natürlich würde ich ihn nicht davon abhalten können zu tun, was er zu tun gedachte, aber dennoch versuchte ich ihn zu beschwichtigen: "Es bringt nichts, mit diesem Kerl da über den Wert und den Sinn des Lebens diskutieren zu wollen …", demonstrativ nickte ich zu Sciurus und meine Stimme klang bedauernd: "Aus ihm spricht und handelt kein geringerer als der Herr, der ihn geschaffen hat. Nimm es ihm also nicht übel! Er ist anders als wir Tiere",sprach ich fast schon sarkastisch von uns selbst als Tiere und brachte damit meinen Unmut darüber zum Ausdruck, dass dieses 'Wesen' da vor uns einer unschuldigen Frau einfach so das Leben genommen hatte. Da wäre ich lieber ein Tier, als eine seelenlose Hülle, wie dieser Mustersklave da ...


    "Was geschieht nun mit der Frau?", richtete ich noch im selben Atemzug eine Frage an eben jenes Wesen, namens Sciurus. Nicht um abzulenken, aber um zu erfahren ob dieser Frau wenigstens ein halbwegs würdiges Begräbnis zukommen würde. Egal ob sie nun begraben oder verbrannt werden würde, ich wollte nur sicher gehen, dass dieser Sklave sie nicht in den Tiber werfen lassen wollte, oder gar noch schlimmeres zur Abschreckung mit ihrem Leichnam vor hätte:"Ich stelle mich zur Verfügung um sie zu beerdigen. In Ordnung?", sagte ich deshalb schnell und hoffte, dass Sciurus mir diese Aufgabe einfach so übertragen würde. Wer begrub schon gerne die Toten? ...

  • Die inneren Konflikte des Sklaven Luca waren deutlich auf seinem Gesicht und an seinem Körper abzulesen, denn er spannte mehr und mehr seine Muskeln an, schnellte sogar ein Stück nach vorne und hob seine Hand. Innerlich vollkommen ruhig und in höchstem Maße konzentriert bereitete Sciurus sich darauf vor, einem Ausbruch des Vulkans zu begegnen. Luca hatte ohne Zweifel mehr körperliche Masse als er, sicherlich auch größere Muskelkraft, doch Sciurus' Stärke war die Kontrolle seines Handelns und das Wissen um die vollkommene Bedeutungslosigkeit seines eigenen Lebens. Würde der andere ihn beschädigen oder gar töten, so würde das Bedauern hauptsächlich seinem Herrn zufallen und andere würden Lucas Disziplinierung übernehmen. Sciurus dagegen würde leben oder sterben - und es war ihm einerlei, denn er existierte für das eine wie für das andere. Ohne eine Miene zu verziehen ließ er die wirre Tirade des Sklaven über sich ergehen, aus der dessen vollkommene Unkenntnis über seinen Status sprach. Nur eine Antwort gedachte der Vilicus ihm zu auf seine letzte Frage, um Luca darauf zu stoßen, dass er die Antworten in seinen Worten längst selbst gefunden hatte.
    "Du hast es doch bereits verstanden. Ich bin kein Mensch, ich bin ein Sklave wie du, ein Sklave wie alle hier."


    Anschließend wandte er sich Hektor zu, dessen Frage ihn ebenfalls etwas verwirrte.
    "Sie erhält die gleiche Bestattung wie alle anderen Sklaven dieses Haushaltes." Nicht ganz sicher, ob Hektor wirklich daran zweifelte, fügte er an: "Sie hat einen Fehler begangen, doch sie hat ihre Strafe dafür erhalten."
    Selbst wenn Hektor nicht darauf abgezielt hatte, so war dies für Luca sicher eine neue Information. Nur wer auf der Flucht starb oder etwa seinen Herrn tötete, hatte sein Anrecht auf eine ordentliche Bestattung verwirkt - die meisten anderen Vergehen waren spätestens mit der Hinrichtung als Bestrafung abgegolten.
    "Du kannst dich darum kümmern." Er blickte zu Luca, dann zurück zu Hektor. "Und wenn sein Herr momentan keine Verwendung für ihn hat, dann nimm ihn mit, dass er sieht, wie eine Bestattung hier abzulaufen hat."

  • Luca war wirklich aufgebracht. Er war nun mal so, wie er war und verstand das alles nicht. Er war frei geboren und aufgewachsen, er war stets ein freier Mann. Und nun bekam er all diese Grausamkeiten hier mit. Er ertrug es kaum. Aber er hatte sich zurückgehalten. Denn in dem Sklaven vor sich sah er nur einen Untoten. Er war nicht er selbst. Und wenn doch, dann tat ihm der Mann nur leid. Und das meinte er nicht böse. Aber dieser Mann schien einfach aufgegeben zu haben und Luca wollte sich kein Urteil bilden. Er wusste nichts über Sklaven in Rom. Dem anderen Sklaven hatte er dann noch dankbar zu genickt, als dieser ihn in einigem bestätigte, aber Luca spürte auch, dass er einfach keine Ahnung hatte.


    Er kannte seinen Namen, ohne das Hektor den seinen kannte und so drehte er sich kurz zu diesem tapferen Mann um und schenkte ihm einfach nur ein dankbares Lächeln. Was konnte denn Lucca dafür, dass er frei geboren war? Was nur war das für eine Welt. Doch dann schaute er Sciurus wieder an. Diesmal sanfter. Er hatte Mitgefühl mit dem Mann, kein Mitleid.
    »Ich SEIN ein Mensch, auch wenn du das nicht mehr glauben können. Und auch DU sein ein Mensch, du nicht nur sein Sklave. Denn Sklave sein, bedeuten für mich nicht, dass ich sein kein Mensch. Wenn das so sein für dich, dann ich wollen verstehen und wollen mitfühlen. Aber auch wenn wir sein Sklaven .. aber wir sein auch Menschen. Und ich niemals aufgeben, daran zu glauben. Wir alle sein Menschen ... auch du Sciurus ...« Auf einmal war Luca irgendwie viel ruhiger. Er hatte sich beruhigt, auch wenn er vieles hier falsch fand. Aber in Sciurus sah er eben genau das, was er niemals werden wollte: Kein Mensch mehr.


    Dann wandte er sich an Hektor. »Ich dir danken. « Doch mehr sprach er nicht. Er wollte nachdenken. was nur war das für eine Welt? Luca verstand es nicht.


    Auf den Vorschlag wegen der Bestattung ging Luca nicht mehr ein. Innerlich war er verzweifelt und verbittert. Er wollte nur noch weg. Dennoch wusste er, dass es einfach keinen Sinn hatte, nun noch mehr rebellisch zu sein. Denn er dachte nach und begann zu verstehen.


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  • Hektor sprach aus, was sie Luca sagen würde. Lass es gut sein! Tief atmete sie ein und aus, als sie hörte, was Hektor da gerade gesagt hatte, Sciurus war ein gezüchteter Sklave. Davon gehört hatte sie schon, nur denen begegnet, geschweige denen näher gekommen, war sie diesen noch nicht. Brrr... Sciurus war ein gefühlskalter Mann, der Befehle ausführte! Sie würde ihn meiden, genauso wie den ehemaligen majordomus namens Matho der aurelischen Villa, der dann von einer Mitsklavin erstochen wurde, die dann zur Strafe auf ein von Rom weit entferntes Gut geschickt wurde.


    Nun wurde es für sie wichtiger zu erfahren, was nun mit der weiblichen Leiche geschehen würde. Der flavische Sklave erklärte, dass diese wie alle anderen Sklaven dieses Haushaltes eine Bestattung bekommen würde. Mehr Details verriet er nicht. Hektor bot sich inzwischen dafür an, die Bestattung zu übernehmen. Sie blieb stumm und hielt die Arme weiterhin vor ihrer Brust verschränkt. Ob ihr Geliebter ihre Hilfe bei dieser traurigen Arbeit annehmen würde? Der flavische Sklave musste ja nicht wissen, dass sie mitgeholfen hatte. Wenn Hektor nicht wollte, dass sie ihm half, war das für sie vollkommen in Ordnung. Allerdings würde sie ihm später Fragen stellen, wo und wie er die dunkelhäutige Frau begraben hatte.


    Luca sah immer noch ziemlich wütend aus. Sollte sie irgendetwas für ihn tun? Tilla sah sich um. Die mitanwesenden Sklaven reagierten nicht, sagten nichts und taten nichts. War diese Reaktion hier Standard? Wenn Tilla an damals zurück dachte, so war das ebenfalls üblich gewesen.. bloß nicht auffallen. Aber damals war sie ziemlich verschreckt und verängstigt gewesen und heute war sie verliebt. Langsam löste sie die verschränkten Arme vor der Brust und bahnte sich einen Weg durch die Gruppe nach vorne, um sich schließlich neben Hektor zu stellen. Ohne seine Hand zu suchen. Wenn Luca nicht kann, dann springe ich für ihn ein und helfe Hektor. flüsterte Tilla und wagte einen Blick zur Seite in Hektors Augen. Kaum, dass sie ihn gefunden hatte, sah sie Sciurus an, aber auf dessen Brust und nicht ins Gesicht.

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